Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • @ Retro 79
    es ist richtig, dass Architekten Trendsetter sind. Ich persönlich finde jedoch, dass Architektur ( ästhetisches Bauen) niemals nur ein "Trend" sein darf. Dafür sind Bauwerke zu lange Bestandteil unserer Umgebung. Bauwerke müssen einen zeitlosen und damit allgemein gültigen Bestand haben. Die Mode ist der größte Feind der Schönheit. Wie viele Bauwerke von unschätzbarem kulturgeschichtlichem und ästhetischem Wert sind dem Trendwandel geopfert worden?

    Architekten, die heute dem Ornament in ihren Entwürfen wieder eine Chance geben, werden von ihren Kollegen belächelt, ja sogar ausgelacht. Das ist schade... aber da muss man drüber stehen. :)

    Die "moderne" Architektur ist seit fast 100 Jahren schon Usus und damit lange nicht mehr zur Avantgarde zu zählen wie unsere "Elite" immer so gern behauptet. Es verhält sich eher umgekehrt! Moderne Architektur ist angepasste Architektur. Rekonstruktion und historische Anklänge in der Architektur bedeuten dagegen fast immer ein Kampf gegen die Obrigkeit.

  • Sehr geehrter Oktavian,

    die Fassadensimulation von 1993/94 war ja auf die vor dem 'Palast' aufgestellten Gerüste beschränkt (wobei ja auch ein großer Spiegel eingesetzt wurde, um die Lustgartenfassade optisch zu verlängern) und durfte - wohl - gar nicht an 'Erichs Lampenladen' angebracht werden - möglicherweise wegen der Asbestverseuchung im Innern ?! Und möglicherweise wäre die Standfläche für ein Gerüst zwischen der rückwärtigen Passage am Palast und der Spree einfach zu schmal gewesen, um ein standsicheres Gerüst mit den gemalten Fassaden von Herzoginnenhaus, Grünem Hut, etc. anzubringen. Daß die 'vierte Fassade' somit von Anfang an nicht eingeplant gewesen wär, läßt sich somit aus der Zahl der Atrappen von 1993 nicht zwingend schließen.
    Und wenn man bedenkt, daß nicht wenige Entwürfe der diversen Wettbewerbe, sich mit der Ausgestaltung der östlichen Schauseite des Humbolt-Forums an das historische Vorbild anlehnten (und wenn es nur die Kubatur mit dem markanten Versatz war), so wird man von einem definitiven Ausschluß der Ostfassade aus den Planungen schon ab 1993 wohl doch eher nicht sprechen können.

    Aber hier lasse ich mich gerne eines Besseren belehren...

  • Die Narben des Krieges werden über Jahrhundert sichtbar bleiben.


    Leider auch die Narben der Nachkriegsmoderne, sowohl in West als auch in Ost. Die Kahlschlagsanierungen haben daß geschafft was der Krieg niht ausrichten konnte. Hätte man damals die Schloßruine erhalten, müßten wir heut nicht über den Neubau diskutieren und es wär bereits längst wieder hergerichtet worden.

  • @ Retro 79
    es ist richtig, dass Architekten Trendsetter sind. Ich persönlich finde jedoch, dass Architektur ( ästhetisches Bauen) niemals nur ein "Trend" sein darf. Dafür sind Bauwerke zu lange Bestandteil unserer Umgebung. Bauwerke müssen einen zeitlosen und damit allgemein gültigen Bestand haben. Die Mode ist der größte Feind der Schönheit. Wie viele Bauwerke von unschätzbarem kulturgeschichtlichem und ästhetischem Wert sind dem Trendwandel geopfert worden?

    Architekten, die heute dem Ornament in ihren Entwürfen wieder eine Chance geben, werden von ihren Kollegen belächelt, ja sogar ausgelacht. Das ist schade... aber da muss man drüber stehen. :)

    Die "moderne" Architektur ist seit fast 100 Jahren schon Usus und damit lange nicht mehr zur Avantgarde zu zählen wie unsere "Elite" immer so gern behauptet. Es verhält sich eher umgekehrt! Moderne Architektur ist angepasste Architektur. Rekonstruktion und historische Anklänge in der Architektur bedeuten dagegen fast immer ein Kampf gegen die Obrigkeit.

    Ich stimme dir da völlig zu und ich bin auch der Meinung das Architektur sich eben nicht als Trendsetter geben darf. Gerade die modernen Entwürfe zeigen doch oft das sie nicht mal 20 Jahre überzeugen können und verkommen damit zu einem Wegwerfartikel! Die Stilelemente die sich die Architekten seit mehr als 2000 Jahre bedienen und immer wieder miteinander vermischen haben sich als das Optimum herausgestellt. So langsam muss ein Umdenken stattfinden, denn mit jeden trostlosen Neubau wird wieder eine Chance vertan die Krankheit namens Bauhausstil zu heilen! Die wenigen Architekten, die mittlerweile die alte Kunst wieder aufgreifen, müssen durch unser Forum die höchstmögliche Unterstützung erfahren. Ich bin immer noch der Meinung das ein Forum sich ebenfalls ein Netzwerk von Architekten zulegen kann bzw.sollte und immer wenn irgendwo der Wunsch nach Rekonstruktionen oder Stadtreparatur im allgemeinen aufflammen einen Entwurf präsentieren. Eventuell enstehen durch gute Visualisierungen dann auch der eine oder andere Auftrag. Aber jetzt zurück zum Stadtschloss! ;)

  • Das zweite Portal
    einfach monumental

    Schön, daß wir es wiederhaben !
    (In Abwandlung eines auf die Garnisonkirche gemünzten Satzes des unvergessenen Potsdamer Pastors Wilhelm Stintzing)
    cclap:)

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (31. August 2016 um 10:14)

  • Weiß einer aus dem Forum, warum es an Portal 3 so schleppend voran geht?
    Was ist mit der rechten Säule? Über dem großen Torbogen tut sich fast nichts, obwohl ständig Arbeiter herumwoozeln.

    Auckland bei Nacht

  • "Fakt ist, dass die Moderne europaweit nicht einen einzigen Platzraum hervorgebracht hat, der in seiner städtebaulichen Qualität mit dem Place des Vosges, der Piazza Navona oder auch nur mit dem unter dem damaligen Oberbürgermeister Walter Wallmann schon 1983 wiedererrichteten Rathausplatz der Stadt Frankfurt, dem [lexicon='Römerberg'][/lexicon] mit seinen giebelständigen Fachwerkhäusern, vergleichbar wäre." Christoph Mäckler in der heutigen FAZ in dem sehr lesenswerten Artikel "Von Haus aus missglückt".

    Hinzufügen könnte man den Gendarmenmarkt in Berlin oder das gesamte Forum Fredericianum. Zu erinnern wäre auch an den Marktplatz in Hildesheim mit dem Abriss des fürchterlichen Hotels Rose und den Rekonstruktionen um das Knochenhauer Amtshaus, den Neumarkt in Dresden mit seinen Abstrichen durch die erschreckenden "Zutaten" moderner "Baukultur".

    Ich meine Werderhof wird hier sehr schön bestätigt.

    Wie der Raum rund um das Schloss aussehen wird, das werden wir in wenigen Jahren sehen: Entweder als Rekonstruktion des alten Schlossumfelds oder als die übliche Armutserklärung moderner Stadtraum- Straßen- und Platzgestaltung. Und Ich denke, dass es unsere Pflicht ist, uns konsequent für das alte Umfeld einzusetzen.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    Einmal editiert, zuletzt von Bentele (1. September 2016 um 12:22)

  • Schloßumfeld

    Einst ist sicher: Je mehr vom originalen Schloßumfeld zurückkehrt, desto besser wird die Aufenthaltsqualität im Herzen Cöllns werden.

    Was bedeutet das konkret ?

    Angefangen mit den begrünten und von Balustraden begrenzten Schloßterrassen auf allen drei Seiten, über das Wettterhäuschen, den Neptunbrunnen mit seinen beiden begleitenden 'Grüninseln', die Arkaden des Nationaldenkmals, die Adlersäule, die Oranier-Standbilder und Rossebändiger bis hin zum - leider zu oft vergessenen - Denkmal für Gaspard de Coligny, sollte uns jedes Element der historischen Platzgestaltung wert sein, um es zu kämpfen !


    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (1. September 2016 um 12:15)

  • Baumfrevel verhindern !

    Auf einen Aspekt der Umfeldgestaltung sollte noch besonders hingewiesen werden: Soweit ich das sehe, ist geplant eine größerer Baumgruppe an der Stelle anzupflanzen, wo einst der Apothekenflügel stand. Diese Gruppe soll dann sozusagen die Kubatur des Apothekenflügels nachzeichnen. Würde dies so realisiert, würde man auf lange Sicht die Rückkehr des Apothkenflügels verhindern, denn wer haut schon gerne schön gewachsene Bäume um ? ich jedenfalls nicht ! Um somit die Bäume zu schonen und keinen Frevel an ihnen begehen zu müssen, andererseits aber auch den städtebaulichen Druck aufrechtzuerhalten, der in diesem Bereich einfach nach dem Apothekenflügel verlangt (und das unabhängig davon, ob das Heilig-Geist-Quartier in absehbarer Zeit zurückkehrt), sollte man die Baumgruppe auf jeden Fall dort anpflanzten wo schon vor der Zerstörung Bäume standen, nämlich auf dem Platz um das Coligny-Denkmal.

    Mit anderen Worten: 'Colygni ab ins Grüne' - der Umwelt zuliebe !

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (1. September 2016 um 13:48)

  • "Fakt ist, dass die Moderne europaweit nicht einen einzigen Platzraum hervorgebracht hat, der in seiner städtebaulichen Qualität mit dem Place des Vosges, der Piazza Navona oder auch nur mit dem unter dem damaligen Oberbürgermeister Walter Wallmann schon 1983 wiedererrichteten Rathausplatz der Stadt Frankfurt, dem [lexicon='Römerberg'][/lexicon] mit seinen giebelständigen Fachwerkhäusern, vergleichbar wäre." Christoph Mäckler in der heutigen FAZ in dem sehr lesenswerten Artikel "Von Haus aus missglückt".

    Hinzufügen könnte man den Gendarmenmarkt in Berlin oder das gesamte Forum Fredericianum. Zu erinnern wäre auch an den Marktplatz in Hildesheim mit dem Abriss des fürchterlichen Hotels Rose und den Rekonstruktionen um das Knochenhauer Amtshaus, den Neumarkt in Dresden mit seinen Abstrichen durch die erschreckenden "Zutaten" moderner "Baukultur".

    Ich meine Werderhof wird hier sehr schön bestätigt.

    Wie der Raum rund um das Schloss aussehen wird, das werden wir in wenigen Jahren sehen: Entweder als Rekonstruktion des alten Schlossumfelds oder als die übliche Armutserklärung moderner Stadtraum- Straßen- und Platzgestaltung. Und Ich denke, dass es unsere Pflicht ist, uns konsequent für das alte Umfeld einzusetzen.

    Nicht zu vergessen der Hauptmarkt von Trier !

  • In Berlin sind doch in zwei Wochen Wahlen zum Abgeordnetenhaus.

    Schlossbrunnen, Pferdebändiger: Mit den Kandidaten reden. Zu Wahlveranstaltungen gehen, Schlossumfeld thematisieren, Fragen stellen, Leserbriefe schreiben und vieles mehr!

    Ich nehme an, das geschieht schon seit Wochen. Aus der Ferne lässt sich trefflich raten.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Zitat von Bentele

    (...) Christoph Mäckler in der heutigen FAZ in dem sehr lesenswerten Artikel "Von Haus aus missglückt". (...)


    Aus Herrn Christoph Mäckler werde ich manchmal nicht schlau. Im Grunde mag ich ihn und seine Haltung. Hin und wieder produziert sein Architekturbüro aber ebenso fiese Bausünden wie der größte Teil der Architektenschaft. Wie der Beitrag zur Erweiterung des Gutenberg-Museums in Mainz. Das passt irgendwie nicht zu dem, was Herr Mäckler erzählt.

  • Eosander von Göthe wollte sich ohne Zweifel von seinem - wenn auch mittlerweile wegen des gescheiterten Münzturm-Projekts gestürzten - Konkurrenten Schlüter abheben. Bei der westlichen Erweiterung der Lustgartenfassade hielt sich Eosander zwar zunächst noch exakt an die Vorgaben Schlüters. Sechs Fensterachsen westlich des Portlas IV jedoch springt die Fassade vor, und Eosanders Risalit beginnt. Hier realisierte Eosander seine eigene architektonische Ästhetik, wonach die "majestätische Pracht in der Simplizität" bestehe. Daher die schlichteren Fensterrahmungen. Dieses Zitat ist nachzulesen in Lieselotte Wiesingers Schloss-Monographie auf Seite 200.

  • Die Spendenuhr auf der Seite des Fördervereins wurde aktualisiert. Nach derzeitigem Stand wurden bisher 61 Mio. Euro an Spendengeldern eingeworben. Damit fehlen noch 44 Mio. Euro.

    Was mich sehr verwundert ist, dass in den letzten 3 Monaten offenbar nur 1 Million Euro gesammelt wurde (alter Stand 02/2016: 58 Mio., neuer Stand 05/2016: 59 Mio.). Ist das Spendenaufkommen etwa derart eingebrochen, dass nur noch ca. 4 Mio. in diesem Jahr zu erwarten sind? Bei einer Million im Quartal ist das Geld ja in 10 Jahren noch nicht zusammen...

    Damit wurden seit der letzten Aktualisierung nur 2 Mio eingenommen. Ich glaube nicht, dass vor der Fertigstellung die gesamte Summe zusammenkommt. Und wenn die Fassaden erst mal stehen, spendet doch ohnehin fast niemand mehr oder? Dann werden wieder Kritiker auf den Plan treten und behaupten was das alles für ein Desaster war und wie viel der arme Steuerzahler für solch eine hirnrissige Idee draufzahlen muss. Dadurch könnten auch andere Rekonstruktionsprojekte torpediert werden.

    Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.

  • DAS sollte nun nicht so pessimistisch gesehen werden! Freilich werden auch nach Fertigstellung Spenden eingeworben. Das kommt ganz auf die mediale Spendenwerbung an! Die Frauenkirchenstiftung nahm und nimmt auch nach Fertigstellung der Frauenkirche Spenden ein!
    Welches Bauprojekt ist denn schon zur Gänze selbstfinanziert! So wird nun mit einem Teilkredit von Vater Staat gebaut, der dann durch Spenden abbezahlt wird! Geht doch!
    (PS: mein Gefühl ist allerdings, Baustart einige Jahre früher hätte dem Schloßprojekt gut getan! Wenn man bedenkt wieviele Jahre seit dem Bundestagsbeschluß 2002 vergangen sind. Gut, man brauchte diese Jahre für die umfangreichen Recherchen und Vorbereitungen seitens Fassadenarchitektur und Bildhauerei.)

  • Der Jahresbericht 2015 ist mittlerweile veröffentlicht (berliner-schloss.de unter Verein -> Jahresabschlüsse). Demnach betrug das Spendenaufkommen 2015 insgesamt 15.703.812,19 €, wovon 13.730.599,73 an den Bauherren (die Stiftung) weitergeleitet wurde, der Rest sind Verwaltungs-, Werbungs- und Betriebskosten. Nur der weitergeleitete Teil wird in der Spendenuhr ausgewiesen.
    Im Jahre 2014 wurden von 15.449.593,05 € eingenommener Spenden 14.168.857,98 € weitergeleitet,
    in 2013 waren es 8.959.005,62 € Spenden und 8.096.440,17 € Überweisung.
    Bei anhaltendem Niveau der Wirtschaftskraft in diesem Land könnte man also m. E. davon ausgehen, dass sich das jährliche Spendenaufkommen auf max. etwas mehr als 15 Mio. eingependelt hat, also etwa 14 Mio. jährlich weitergeleitet werden können. Damit könnte dann am Eröffnungstag knapp die "schwarze Null" erreicht werden, einschließlich Bezahlung aller Sonderoptionen.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Die Spenden für das Berliner Schloss kranken letztlich daran, dass in den Medien bis jetzt überwiegend ein negatives Bild der Rekonstruktion gezeichnet wurde. Medial war der Bau immer wieder als Desaster dargestellt - bis hin zur völligen Verzeichnung des Spenden- wie des Baugeschehens.

    So konnte sich in der Bevölkerung insgesamt eher kaum eine positive Stimmung etablieren, die zu Engagement und Solidarität aufgefordert hätte. Ein gesamtdeutsches Bewusstsein für das Schloss kann,wohl nicht konstatiert werden: Aus Süddeutschland gibt es eher wenige Spenden.

    Fast ein Wunder, dass dennoch so Erkleckliches zusammenkommt!

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Fast ein Wunder, dass dennoch so Erkleckliches zusammenkommt!

    Ich denke das liegt, wie bei der Frauenkirche, an den ausländischen Spendern. Diese bringen doch, aus ihrer anderen Perspektive, mehr Interesse für das Projekt auf (hier wird immerhin ein ziemlich großes und historisch bedeutendes Schloss teilweise wieder aufgebaut) als der allgemeine deutsche Bürger.

    Bei der Finanzierung habe ich absolut keine Sorgen, dass Geld kann auch 2 Jahre nach der Eröffnung eingetrieben sein. Schöner wärs für einen runden Abschluss natürlich, wenn Herr von Boddien am Tag der Eröffnung die vollständige Finanzierung bekannt geben könnte. :)

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.