Beiträge von Bentele

    Zu dem roten Mobiliar um das Schloss:

    Beabsichtigt oder nicht, über 40 000 Spender, welche die kostbaren Fassaden den Berlinern und der Welt geschenkt haben, trifft man ins Mark wie mit der ganzen dissonant abweisenden Gestaltung der Umgebung.

    Aber die meisten waren ja Monarchisten oder Nazis! Wie Henry Kissinger, der das alles nicht mehr erleben muss.

    Schon mal gesagt - aber immer wichtig, dass man sich daran erinnert:

    Bei der Debatte um die Rekonstruktion des Goethehauses in Frankfurt nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg waren die beiden GRÖßTEN GEGNER - beide hatten dort wichtige stadtplanerische Funktionen - zwei Nazis, enge Mitarbeiter von Albert Speer!

    Hitler selbst wollte die Frankfurter Altstadt zerstört liegen lassen: Sie sollte auf Jahrhunderte Hass säen gegen die Alliierten. Letztlich war er dankbar für die Bombardierungen der verwinkelten Zentren der deutschen Großstädte: Er wollte erklärtermaßen die autogerechte Stadt, wie sie dann einer seiner feurigen Anhänger als Stadtplaner in Hannover mit barbarischer Planung verwirklicht hat.

    Als erstes soll jetzt geprüft werden, was die Statik zu den möglichen Veränderungen an der Fassade sagt. Ist alles in Ordnung, kann man erst an die Gestaltung der Rekonstruktionen gehen - das wird dann spannend!

    Der Architekt der Restaurierung des Hauses ist schon sehr betagt, hat aber seine Mitarbeit zugesagt: Er kennt die damaligen Befunde wohl am besten und hat viele Restaurierungen durchgeführt, z.B. das Kachelsche Haus in der Schieringerstraße.

    Die Dokumentation der Befunde am Hornmoldhaus, die er damals vorgenommen hat, befindet sich im Bietigheimer Stadtarchiv.

    So weit ich weiß, wurden im 2. Weltkrieg die geschnitzten Relieftafeln des Salzhauses am Römerberg abgenommen und bis heute eingelagert. So überstanden sie die Zerstörung der Innenstadt. Erhalten und in den modernen Wiederaufbau des Hauses mit einbezogen blieb das steinerne Erdgeschoss aus der Zeit der Renaissance.

    Das Haus galt vor der Zerstörung als eines der wertvollsten bürgerlichen Gebäude der Renaissance in Deutschland.

    Seine Rekonstruktion könnte auf die wichtigsten Teile der Fassaden im Original zurückgreifen.

    Ein Bietigheimer Galerist, der immer wieder Projekte durch Bilder-Auktionen fördert, wird eine solche im kommenden Jahr 2024 zur Rekonstruktion der Fenstererker machen! Er denkt dabei an eine Anschubfianzierung und wird die Auktion so bestücken, dass sie ca 50 000 € bringen wird, eine Summe, die ausschließlich für die Fenstererker verwendet wird. Er hat auch bereits davon gesprochen, dass weitere Auktionen folgen können.

    Als Auktionator hat bereits der Bietigheimer OB zugesagt, er steht damit voll auf der Seite des Projekts!!! Die Anschubfinanzierung soll vor allem den Bietigheimer Gemeinderat überzeugen. Der Galerist will auch eine Projektion an der Fassade des Hornmoldhauses zur Veranschaulichung der Erker für die Öffentlichkeit finanzieren.

    Weiß jemand im Forum Bescheid über derartige Projektionen? Riegel?

    Von Waldemar Otto steht in meiner Heimatstadt Bietigheim die Bronzefigur Adam isst die Frucht. Als ausdrucks- und ausstrahlungsstarke Plastik behauptete sie sich jahrzehntelang sehr selbstbewusst in unmittelbarer Nachbarschaft von Rathaus und Hornmoldhaus und bereicherte die Altstadt. Aus äußeren Gründen hat man sie vor einiger Zeit in einen Park versetzt, wo sie für mich etwas verloren wirkt.

    Ich halte Waldemar Otto für einen bedeutenden Künstler. Freilich finde ich in dem Bremer Brunnen, den ich aber nur von den Bildern hier kenne, sehr wenig von der Erlebniskraft des Bietigheimer Adams.

    Nicht vergessen darf man bei den rekonstruierten Fassaden deren Schmuck: über dreitausend figürliche Bildhauerarbeiten von höchster künstlerischer Qualität sowie größter handwerklicher Meisterschaft! Sie weisen weit über eine bloß äußerliche Rekonstruktion der Fassaden hinaus und machen den Eindruck der Gesamtrekonstruktion eigentlich erst authentisch. Der Gesamteindruck des heutigen Bauwerks ist in allerhöchstem Maße derselbe wie der des Originalschlosses, von dessen Alterserscheinungen abgesehen, so dass wie bei der Frauenkirche in Dresden von der „Frauenkirche“ hier vom „Berliner Schloss“ gesprochen werden muss.

    Gestern war eine Begehung der Stadt mit dem Denkmalamt und mir zu dem Povisorium in der Sommerstube; vor allem aber zum Hauptthema, der Frage der Rekonstruktion der zur Diskussion stehenden umlaufenden Fenstererker des 1. und 2. OG. an der Nordostecke des Hauses. Das Ergebnis ist höchst erfreulich: Wenn die Stadt die Rekonstruktion beabsichtig, wird das Denkmalamt zustimmen!

    Die Sache wird sehr teuer: Herr, schick Sponsoren!

    Ich denke nicht, dass die angebotenen Ofenkacheln glasiert sind - meiner Ansicht nach sind sie grafitiert. Das war die übliche Technik, Kachelöfen schwarz zu färben. Dies geschah vor allem, um ihnen ein metallisches Aussehen zu geben! Aus diesem Grund waren auch die Kachelöfen in den Nebenräumen des Goldenen Saals in Augsburg grafitiert und nicht glasiert. Und so wurden oder werden diese nach ihrer Zerstörung im 2. Weltkrieg auch wieder rekonstruiert.

    Vor allem die Arbeit der ersten Kachel scheint mir nicht für ein Schloss geschaffen: Auf mich wirkt sie recht rustikal. Freilich müsste man zu einer Beurteilung das Original sehen.

    Ich warte täglich auf folgende Meldung und kann es kaum erwarten:

    Papst Franziskus hat endlich reagiert und gewährt den deutschen Ministerinnen Baerbock und Roth eine private Audienz. Damit steht nun nach langen, geheimen, aber nachhaltigen Verhandlungen fest, Deutschland bekommt seine Raubkunst aus dem Dreißigjährigen Krieg zurück: die weltberühmte Bibliotheca Palatina!

    Nach der Einnahme Heidelbergs 1622 durch Tilly hat dieser die damals schon weltberühmte - man nannte sie Mutter aller Bibliotheken - Büchersammlung in der Heilig Geist Kirche an sich genommen und soll sie 1623 Papst Gregor XV. geschenkt haben, um in den Himmel zu kommen, für Feldherren kein leicht zu erreichendes Ziel! In Wirklichkeit geschah das aber auf Befehl des Papstes durch Herzog Maximilian I. von Bayern, der die gestohlenen Bücher gerne für sich selbst in München hatte behalten wollen. Dennoch Raubkunst, wann, wo und wie auch immer, kann ja nicht in Besitz verwandelt werden.

    Zwar waren die deutschsprachigen Bücher aus der Palatina schon 1816 zurückgeben worden, doch gegenüber den fremdsprachigen bedeutete das eine Diskriminierung - wollte man das Ausländische in Deutschland nicht haben?

    Aber nun haben die beiden Ministerinnen Tatsachen geschaffen: Sie ihrerseits gaben die aus Benin geraubten „Kunststücke“ (Originalton Baerbock) zurück. Sie entschuldigten sich sogar für den Raub, den weder sie noch Deutschland begangen hatten. Der Papst habe darüber seine Tränen der Rührung nicht verbergen können, so wird aus inneren Kreisen des Heiligen Stuhls berichtet!

    Diese Geste der Ministerinnen wird es wohl gewesen sein, die den lange abweisenden Papst bewegt hat.

    Die Große Heidelberger Liederhandschrift, sog. Manessische Handschrift, seit wenigen Tagen Weltdokumentenerbe, war nie Raubkunst - Dr. C. Beyer, der Verfasser des obigen Textes von 1871 unterstellt das wie damals viele Deutsche. Tatsächlich wurde schon 1815 die Rückgabe der Handschrift von vielen Wissenschaftlern verlangt. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. weigerte sich sinngemäß: Wir sind keine Räuber. Die tatsächlich geraubte Quadriga vom Brandenburger Tor wurde wie viele andere Objekte zurückgefordert und kam wieder nach Berlin.

    Die Manesse war keine Raubkunst. Ihr Weg durch die Jahrhunderte ist nur lückenhaft bekannt. Sie war zu Beginn des 17. Jhdt. in Heidelberg im Besitz des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz und wurde von ihm, nachdem er nach dem Fenstersturz von Prag 1618 (Beginn des 30jährigen Krieges) 1619 zum König von Böhmen gewählt worden war, mitgenommen nach Prag. In der Schlacht am Weißen Berge bei Prag wurde er von den Truppen des Kaisers besiegt und floh über Breslau und Brandenburg in die Niederlande. Es lässt sich erschließen, dass er die Handschrift mitgenommen hatte. Er verlor in der Folgezeit sein Kurfürstentum und starb 1632 in den Niederlanden im Exil. Seine Witwe, Elisabeth Stuart, Tochter König Jakobs I. von England, Schottland und Irland, verkaufte Stück um Stück ihres Besitzes, um ein standesgemäßes Leben führen zu können.

    So kam die Handschrift über einen ersten Käufer Jacques Depuy nach 1632 völlig legal nach Paris und 1657 in die Bibliothek des Königs.

    Tatsächlich wurde auf Kaiser Wilhelm I. von vielen Gelehrten und Patrioten eingewirkt, die Rückgabe des kostbarsten Buches Deutschlands müsse Teil des Friedensvertrags mit Frankreich sein - der Text oben ist nur einer von vielen. Der Kaiser weigerte sich: Auch er war kein Räuber.

    Erst 1888 gelang es mit dem gewaltigem finanziellen Aufwand von 700 000 Goldmark (7Millionen Euro), den weitgehend der Kaiser selbst trug, in einem Ringtausch, der sich auf aus Frankreich nach England gestohlene Bücher stützte, den Codex Manesse wieder nach Deutschland zurückzugewinnen. Die Große Heidelberger Liederhandschrift kam wieder nach Heidelberg.

    Da sie keine Raubkunst war, musste sie auch nicht restituiert werden.

    Die Äußerungen Bödeckers erinnern mich an meinen Vater (Sparkassenangestellter) und an meinem Onkel (Bauer auf der Schwäbischen Alb).

    Mein Vater, streng katholisch, wurde während der Nazizeit mehrfach zum Direktor und zweimal zum Ortsgruppenleiter zitiert, weil er zu den Leuten am Schalter meist Grüß Gott und Ade sagte, anstatt wie vorgeschrieben den „Deutschen“ Gruß zu verwenden. Der Ortsgruppenleiter bedrohte ihn beim zweitem Mal mit „kalten Füßen“ (Erhängen). Mein Vater blieb dabei, zum Glück ohne Folgen - er wurde wohl nicht weiter denunziert. Allgemein beurteilte er die Juden fromm als außerwähltes Volk Gottes. Und dennoch hörte ich noch nach dem Krieg Äußerungen von ihm, ganz ähnlich wie bei Bödecker.

    Mein Onkel hat 1942 unter großer Gefahr dem Juden-Altersheim in seinem Heimatort Tigerfeld, in dem die Insassen großen Hunger litten, monatelang heimlich in der Nacht Lebensmittel gebracht. Er hat sich auch mit Insassen angefreundet: Einer hat ihm einen wertvollen Teppich und seine kleine Bibliothek anvertraut zur Aufbewahrung bis zu seiner Rückkehr, als alle Insassen im Herbst deportiert wurden in den Tod. Und dennoch entfuhren ihm noch lange nach dem Krieg antisemitische Schimpfwörter.

    Ich habe mal mit der großen jüdischen Lyrikerin Hilde Domin darüber gesprochen. Sie konnte sich nach spontanem Erschrecken über Ausdrücke meines Onkels einfühlen.

    Ich kann mit absoluter Gewissheit sagen: Mein Vater und mein Onkel waren keine Antisemiten! Und dennoch würden ähnliche Gutachten wie oben vielleicht zu anderer Ansicht kommen.

    Riegel

    Der Freundeskreis Hornmoldhaus ist im Gespräch mit der Stadt. Eine Rekonstruktion der Fenstererker wird ja sehr teuer: Niemand in der Finanzverwaltung schreit hurra. Wir planen für den Herbst eine Licht-Visualisierung, die der Öffentlichkeit den Idealzustand des Hauses vor Augen führen kann. Es wird sich zeigen, ob auf diese Weise genügend öffentlicher Druck entsteht. Aber auch diese Maßnahme ist nicht billig, und wir hoffen auf Sponsoren.

    Es gibt im Bereich der Sommerstube von außen wie von innen noch Provisorien, die nach über vierzig Jahren endlich bereinigt werden müssen. Aber auch das wird Geld kosten. Die Süd- und Ostwand der Sommerstube waren nicht mehr im Original erhalten, eine vermutete Fenstersituation wurde vollzogen, und nach ihrer Fertigstellung fand der Restauration ein bemaltes Brett, das zeigte, wie die Fenstersituation ursprünglich wirklich gewesen war und die dann auch verwirklicht wurde. Provisorien blieben aber bestehen und müssen beseitigt werden.

    Zur Zeit sind im Giebel- und Dachbereich des Sommerhauses Sanierungsarbeiten.

    Ich möchte Seinsheim unterstützen.

    Ich denke, dass er Zwischenformen von Bauwerken, die aufeinander Bezug nehmen, klar unterschieden hat - man sollte genau lesen. Es gibt unterschiedlichste Absichten und Ausgangspunkte, dass Bauwerke ähnlich sind: Neuerungen werden übernommen, Anregungen werden verarbeitet bis hin zu Baustilen, Vorbilder werden kreativ weiterentwickelt usw. - aber es gibt nur eine klare Definition der Rekonstruktion! Diese und Folgerungen will ich hier, so gut ich es kann, entwickeln. Seinsheim hat eigentlich schon eine klare Definition gegeben. Ich möchte der Verständlichkeit halber ganz von unten kommen.

    Ganz im Sinne von Seinsheim schreibt Stella: „Im Gegensatz zum Maler, der malt, was er sich vorstellt, oder zum Schriftsteller, der schreibt, was er denkt, entwirft der Architekt, baut aber nicht das Werk, das er mit seinem Entwurf antizipiert hat.“

    Das machen Handwerker, und sie erfüllen den Plan selbstverständlich so genau wie möglich.

    Der Bau des Architekten, den Handwerker ausführen, ist bei seiner Fertigstellung, genau betrachtet, also bereits eine Rekonstruktion - nämlich eine handwerkliche „Rekonstruktion des Plans“. Derselbe Bau könnte an anderer Stelle sogar von anderen Handwerkern ausgeführt werden, ob gleichzeitig oder mit zeitlichem Versatz - er würde doppelt entstehen. Freilich müssen wir hier einwenden: Ein Architekt entwirft nicht nur einen Bau, sondern er entwirft den Bau wohl immer für einen bestimmten Ort. Der zeitliche Versatz also wird für den zweiten Bau erst dann möglich, wenn er am Ort des ersten errichtet wird, nachdem dieser abgegangen ist. Hier und nur hier sprechen wir von einer Rekonstruktion! Und auch hier ist das genaue Umsetzen des Plans des Architekten eine Selbstverständlichkeit!

    Bestätigung finden wir zum Thema und zur Definition bei Aristoteles. Ich gebe seine Gedanken sehr verkürzt wieder. Während Platon die Idee als das Seiende annimmt, sieht Aristoteles in der Idee nur die Grundlage, den Ausgangspunkt, die Möglichkeit des tatsächlichen Seins. Die Idee muss, um tatsächliches, „akzidentelles Sein“ zu bekommen, in Materie, Material, verwirklicht werden. Ich habe dies in ApH schon einmal dargelegt.

    Die Idee, den Einfall, die Schöpfung, die Kreation hat der Architekt zunächst unzugänglich und unsichtbar in seinem Kopf. Sichtbar wird sie in seiner Zeichnung, dem Bauplan - einer ersten Begegnung mit Materie. Nach dem Plan nun errichten Handwerker aus vielen Materialien den real existierenden, sicht-, begeh- und bewohnbaren Bau. Selbstverständlich kann und können bei Verlust des ersten Baues ein zweiter oder bei weiteren Verlusten weitere Bauten, Rekonstruktionen, errichtet werden. Und selbstverständlich erhalten wir nur Rekonstruktionen am selben Ort, mit den vom Architekten vorgesehenen Materialien und bei möglichst genauer Einhaltung des Plans. Wird man aus irgendwelchen Gründen zu Abweichungen gezwungen, sind diese nicht mehr Teil der Rekonstruktion, sondern Ergänzungen, die - wie hier am Schloss - von einem neuen Architekten entworfen werden.

    Es gibt keine zwei exakt gleichen Schneeflocken! Höchstens außerordentlich ähnliche. Dies gilt, obwohl ja alle Schneeflocken nach demselben Plan entstehen! Beim Entstehen einer Schneeflocke sind im wahrsten Sinne des Wortes unzählige äußere Umstände beteiligt, so dass unmöglich zweimal exakt dasselbe neue Gebilde entstehen kann.

    Die gilt, aber in weitaus abgeschwächter Weise auch bei der Umsetzung von Bauplänen - eine exakte Gleichheit der Rekonstruktion mit dem Original ist also so unmöglich wie bei den Schneeflocken, man denke nur an die Beschaffenheit von Steinen als Material oder die Umstände beim Gießen. Dennoch gilt weiterhin größte Genauigkeit der Strukturen, Formen und vor allem ihrer Maße. Seinsheim differenziert und spezifiziert hier sehr genau. Größere Abweichungen sollten also vermieden werden, kleinere oder kaum wahrnehmbare wird es immer geben.

    Aufgabe des Wissenschaftlers ist die Kritik, die am besten vor der Fertigstellung, also am Bozzetto, erfolgt. Der Kritiker ist aber dazu verpflichtet, seine Kritik auch nach der Fertigstellung zu äußern, nämlich damit spätere Fehler vermieden werden.

    Es ist immer lustig zu lesen, wie Gegner die Unterstützung der Rekonstruktion des Berliner Schlosses mit dem Wunsch nach der Rückkehr des Kaiserreichs gleichsetzen - dieselben Herren fordern oft die Rückkehr des Palastes der Republik: Muss ihnen nicht in der selben Logik unterstellt werden, dass sie die Rückkehr von Mauer, Schießbefehl und Stasi fordern?

    In diesem Zusammenhang ist es auch interessant, immer wieder einmal zu betrachten, dass z.B. die damals wichtigsten und energischsten Gegner des Rekonstruktion des Goethehauses in Frankfurt zuvor engste Mitarbeiter des obersten Nazi-Architekten Albert Speer waren.

    Zwei Formulierungen des Tagesspiegels ärgern mich ganz besonders.

    Die „Rettung“ des „unbeliebten Humboldtforums“. Wobei mit „Humboldtforum“ im Tagesspiegel fast immer das Schloss gemeint ist: Das Wort „Schloss“ selbst scheint für diese Zeitung wohl weitgehend, zumindest auf das Berliner Schloss bezogen, ein Unwort zu sein.

    Das Schloss muss nicht gerettet werden, wie der Tagesspiegel lügt! Es ist auch nicht unbeliebt, wie er weiter unterstellt - es ist in der Bevölkerung sogar sehr beliebt. Aber so geht Meinungsmache: einfach Falsches so in den Raum stellen, als sei es längst ganz selbstverständliches Gemeingut.

    Gerettet werden müsste das Schloss höchstens vor dem Verein, der zu seiner Sprengung binnen 30 Jahren gegründet worden ist - hier freilich haben wir es mit Gemeingefährlichem zu tun.

    Die Umgebung in einen Dschungel mit Wasserfall zu verwandeln und das Schloss, vielmehr die trostlose vom Senat gegen das Schloss geschaffene Steinwüste damit unter Naturschutz zu stellen, benützt die unhaltbare Situation weiter gegen das Schloss: Gäbe es dieses nicht, hätten wir auch keine Wüste mitten in der Stadt. Jetzt brauchen wir Rettung! Also machen wir das Schloss unsichtbar und retten damit sogar das Klima!

    Dass die Wüste mit der Wiederherstellung des Zustands der Schloss-Umgebung am natürlichsten zu beseitigen wäre, wird nicht einmal in Erwägung gezogen.

    Gott rette uns vor einer verlogenen Journaille!

    Es waren nicht Raub- und Beutegier!

    Neugier und Freude am Schönen und Andersartigen ließen das Sammeln fremder Kulturzeugnisse entstehen und wachsen. Und das nicht nur seit dem abendländischen Kolonialismus.

    Hier im Neckarland findet man in zweitausendfünfhundert Jahre alten Gräbern der Kelten Keramik aus Athen und Rom, auch etruskische Arbeiten - ebenso wie man in Ägypten Bernstein von der Ostsee findet.

    Weltweit haben über Jahrtausende hinweg Künstler über den Austausch von Kulturgegenständen voneinander gelernt und immer Menschen auch einander kennen gelernt. Immer war dabei - von uns nicht mehr zu ändern - auch Raubkunst, die es freilich unter zivilisierten Menschen nicht geben sollte.

    Vieles in der Barockzeit wurde von China geprägt, im 19. Jhdt. über Frankreich auch vom alten Ägypten, im beginnenden 20. war in der Malerei Japan Vorbild; unzählige Einflüsse ließen sich aufzählen, von denen andere Kulturen gelernt haben und auch von ihnen geformt worden sind - die moderne Skulptur ganz wesentlich von den Benin-Figuren.

    Wieviel Farbe und welcher ideelle Reichtum würden aus der Welt verschwinden, wenn alle Kunst seine Heimatkultur nicht mehr verlassen würde oder gar dürfte und nicht in anderen Kulturen gesammelt und als Anregung aufgenommen würde!

    Wie arm wären künftige Generationen, wenn sie in den Museen nicht mehr die Kunst der Mayas, Azteken oder der Inkas erleben könnten und sich nicht - wie ich mich schon als Kind - daran freuen dürften! Wie arm wäre der Anblick der Welt, wenn es keine transparenten Fenster überallhin in ihre Vergangenheit mehr gäbe: den Blick in die Südsee oder in die Welt der Kaiser von China, und das von Stuttgart, München oder Berlin, wie von Paris oder London aus.

    Und das, weil alles ausgerechnet eine Staatssekretärin unter anderem für Integration (!) unmöglich machen würde. Welche Qualitäten hat sie für dieses Amt mitgebracht?

    Kunst ist menschlich, und die Menschheit ist global!


    Die Ausgrabung des Pergamonaltars seit 1878 und die Überführung der Reliefplatten geschahen ab 1879 nach Berlin. Die Ausgrabung und Überführung wurden von deutscher Seite forciert, da die Stadtbewohner von Bergama, wie Pergamon auf Türkisch heißt, den Altar wie die ganze Burg als Steinbruch verwendeten und die Marmorplatten zu Kalk brannten. Die Ausgrabung wie die Überführung nach Berlin geschah rechtens - das Osmanische Reich hatte Lizenzen erteilt.

    Nach 1886 strebten die Osmanen danach, grundsätzlich Kunstwerke im Land zu halten. Eine Teilung der Altarreliefs zwischen Berlin und Konstantinopel wurde durch einen legalen Tausch verhindert.

    Der Pergamonaltar wurde vor seiner völligen Zerstörung durch die Deutschen Ausgrabungen bewahrt, seine Überführung war Rechtens. Selbstverständlich wäre der Standort der Rekonstruktion - nur die Platten sind original - an seinem alten Ort angebracht und wünschenswert. Genau dies wurde auch von den Ausgräbern überlegt - die Möglichkeit dazu aber gab es damals nicht und ließe sich heute sicher nur schwerlich umsetzen; die Originale dürfen nicht der Witterung ausgesetzt werden.

    Zudem ist der Pergamonaltar in Berlin längst ein Kulturdenkmal eigener Bedeutung geworden.

    will Stella nicht kritisieren, er hat erreicht, was zu erreichen war. Aber diese Raumwirkungen mit diesen historischen Vorlagen erzielen kann mE wirklich ein jeder.

    „Jeder“ moderne Architekt hätte die historischen Vorlagen zu Kontrasten benützt, hätte sich bemüht, ihre Ausstrahlung für die Wirkung seiner eigenen tollen Einfälle zu missbrauchen: hätte sie verfremdet oder sonstwie ad absurdum geführt.

    Stella dagegen hat erreicht, dass diese Vorlagen überhaupt rekonstruiert worden sind - mehr als der Bundestag damals beschlossen hat! Der ehemalige Kleine Schlosshof ist dank der wunderbaren Proportionen der Gliederung der Seitenwände zu einem großartigen Veranstaltungsraum geworden, eine echte Bereicherung der ganzen Stadt - der Berliner Senat hat das nur noch nicht bemerkt. Will er auch gar nicht.

    Vor allem schneidet das Staatsratsgebäude die historische Verbindung zur Brüderstraße ab, sowie umgekehrt den sehr reizvollen Blick von der Brüderstraße auf die Westfassade des Schlosses.

    Zerstört wird dadurch auch die Verbindung zum Nicolai-Haus, einem Zentrum der Aufklärung in Deutschland.

    Die historischen Verbindungslinien des alten Zentrums von Cölln zum Schloss und die bürgerliche Aufklärung, auch hier befindliche Barrikaden der ebenfalls bürgerlichen Revolution von 1848 waren den Sozialisten der DDR gleichgültig.