Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Guten Abend,

    ich wollte jetzt keine Unruhe im Forum aufbringen. Meine Frage war nur gewesen ob es schon einmal Überlegungen gab den Heiligen Georg, den Drachentöter, wieder in den Schlosshof umzusetzen. Über ein Ersatz im Nikolaiviertel hätte ich auch schon eine Lösung! Warum denkt hier keiner an den Großen Kurfürst der ja einmal an der "alten" Rathausbrücke seinen Standort hatte.

    Viele Grüße :cool:

  • Der 1.Hof ist jetzt eine Eingangshalle und Veranstaltungsraum, da wäre das Denkmal leider nur im Weg.


    Da hast Du leider recht, bestenfalls würde er in den Schlüterhof passen. :augenkrummblau:

    Architektur ist nichts anderes als die Formensprache einer Kultur. Entweder sie lebt, oder sie ist tot.



  • Also ich muss schon sagen, der große Schlosshof war wirklich traumhaft schön! Man hätte auch hier den Schlosshof rekonstruieren sollen, das Quergebäude meinetwegen modern gestalten und das ganze dann überdachen, dann hätte man einen grandiosen innerstädtischen Veranstaltungsraum und nicht so kleine enge modernistische Schläuche wie jetzt in diesen modernen kalten Humbugforum.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Was allerdings empfindlich stört, das ist die Ecke am Portal III, wo man den Flügel (Weißer-Saal-Flügel?) stark verbreitert und die Portalsäule einfach davorgesetzt hat (von den vier Bildern das rechts unten). Die Ziegelmauer war nicht mal verkleidet. Das wirkt geradezu stümperhaft. Sehe ich das richtig, dass man das beim Humboldt-Forum korrigiert?

    "Die Qualität städtischen Bauens resultiert aus einer Generationen währenden, kollektiven Leistung." Hans Kollhoff

  • Ja, das wird korrigiert. Tatsächlich handelt es sich um den Weißer-Saal-Flügel, und genau das ist auch der Grund für die Unstimmigkeit: die Wilhelminische Erweiterung des Saals fand in der alten Kubatur keinen Platz, deshalb erfolgte meines Wissens die misslungene Verschiebung. In seinem Entwurf legt Stella indes großen Wert auf eine originalgetreue, also barocke, Rekonstrunktion des Portals und Gleichmäßigkeit der Eingangshalle.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Ich habe mal irgendwo gelesen, dass der gesamte Eosanderflügel zum Innenhof hin verbreitert werden sollte. Doch bekam der Hausherr nicht mehr die Gelegenheit, dies umzusetzen und er musste sich dann mit dem etwas kleineren Haus Doorn zufriedengeben. Hätte er mal lieber das Säbelrasseln sein lassen...

  • Ja das stimmt, es wahr nicht als missglückte architektonische Dauerlösung gedacht, sondern der ganze Flügel sollte verbreitert werden. Zuerst ging das Geld aus, später fing der Krieg an und das ganze Projekt wurde ad acta gelegt. Insofern war es weniger stümperhaft als doch eine eigentlich relativ ansehnliche Teillösung ohne einen dauerhaften Rohbau/Baustelle an dieser Ecke auf Jahre hinaus zu haben. Dass der Krieg dann alles zunichte machte, ahnte man zur Zeit des Umbaus noch nicht...

  • Die nicht mehr erfolgte bis zum Abschluss vollzogene Verbreiterung des Eosander-Westflügels (übrigens um ganze acht Meter) hatte nichts mit dem Kriegsausbruch zu tun, sondern war eher dem unverhältnismäßigen finanziellen Aufwand geschuldet.

    Zitat von berliner-schloss.de

    Im 20. Jahrhundert ließ Kaiser Wilhelm II. den Westflügel auf der Hofseite verbreitern. Dem Weißen Saal wurde die Weiße Saal-Galerie vorgebaut. Teile des Eosanderportals wurden in die neue Bauflucht vorgesetzt, dann wurde auch dieser Umbau unvollendet abgebrochen. So stand seitdem im nördlichen Bereich des Portals eine große, schlosshohe Brandziegelmauer. Der Kaiser wollte im 2. Obergeschoss mit dem Umbau einen Umgang schaffen, der den Süd- und den Nordflügel auf Geschosshöhe verband, denn im Eosanderportal lagen aus früher Zeit unter dem Boden der Schlosskapelle Wasserzisternen, die ein Passieren unmöglich machten. Man musste also über die Weiße-Saal-Treppe immer in das Erdgeschoss gehen und hinter dem Portal wieder nach oben, was ziemlich beschwerlich war.


    Ansicht der Portalfundamente Ende des Jahres 2009:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Mir erschließt sich nicht ganz, weshalb man nicht einfach die funktionslose Kuppel als Dachrestaurant mit Zugang über die Dachterasse nutzt.

    Die Kuppel hat ja laut Nutzungskonzept keinerlei Aufgabe und der Raum bleibt ungenutzt, man wird ihn nicht einmal sehen können, da eh eine Zwischendecke eingezogen wird. Weshalb also nicht einfach einige Türen an der Seite der Dachterasse einbauen und dann ein Kaffee einziehen lassen?

  • Eine gute Idee, "CrJ". :daumenoben:
    Schreibe das doch mal an die Planer. Es macht doch wirklich keinen Sinn, eine schöne Kuppel zu bauen, deren Raum man gar nicht nutzt, zugleich aber extra noch einen zweifelhaften Glasaufbau zu errichten, um einen Raum für ein Café zu haben. Die Erschließung des Kuppelraumes für eine Dachgartennutzung wäre viel sinnvoller und möglichenfalls auch günstiger.

  • Was sagt Ihr denn zur Dachterrasse, die Herr Rettig unbedingt durchsetzen will? Die Idee ist in Prinzip gut aber so wie sie jetzt geplant ist, bin ich absolut dagegen. Zu markant und zerstört die historische Dachform. :wuetenspringen:

    :wuetenspringen: Laut eines BZ Artikels liegt sogar schon die Baugenehmigung vor.


    Furchtbar - kann man das irgendwie noch verhindern? Gegen eine Dachterrasse hätte ich auch nicht unbedingt etwas einzuwenden, obwohl die niemand braucht, denn vom Außenbereich der Kuppel hätte man doch einen guten Ausblick.

    Aber das, was man hier sieht, ist keine Dachterrasse, sondern ein Flachdach-Glas-Pavillon im Bauhausstil. Was um Himmels Willen soll das? Überflüssig, Geldverschwendung und dazu auch noch eine Verunstaltung des Daches. Was für eine idiotische Idee. Und was kommt noch alles? Was für modernistische Extras werden wohl noch auf das (wenigstens äußerlich in weiten Teilen originalgetreu) rekonstruierte Schloss draufgepackt, bis es am Ende richtig lächerlich wirkt?
    :kopfschuetteln:

  • ...bis es am Ende richtig lächerlich wirkt?


    Eigentlich ist das Ganze Unterfangen bis auf die Fassadenreko eh schon ungemein lächerlich, wenn man durch nicht oder nur teilweise wiedehergestellte Tordurchfahten in das Innere und Innerste schreitet wird man von modernistischer Einöde und Disharmonie empfangen und das Ganze auch noch kombiniert mit Einrichtungen, die nun rein gar nichts mit dem Gebäude und dessen Hintergrund zu tun haben, geschweigen ihm ansatzweise gerecht werden. Ich für meinen Teil werde mir diese Desillusion sparen und das Ganze später nur von Außen betrachten.
    Die Dachterrasse ist doch auch nur mal wieder ein seltsames Zeichen dafür das für modernistische Verunstaltungen des "Schlosses" Gelder und Baugenehmigungen zügig fließen aber für etwäige Treppenhäuser, Innenraumrekos oder gar den Apothekerflügel (träum...) nur Endlosdebatten und Absagen niederregnen.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Es sieht nicht so aus, als würde man das Café vom Boden aus sehen können. Es scheint tiefer und hinter den Dächern zu liegen. Dem Bild nach denke ich, dass man wohl an den Rand gehen müsste für Ausblick. Das kann aber auch täuschen.

    Wenn das Café die gleiche Einrichtung hat wie jenes in der Humboldt-Box, dann fände ich das ganz ok eigentlich, denn der Stil passt. Zu meinem Erschrecken ist bei meinen über 900 Berlinfotos keines dabei. Vielleicht hat ja jemand von euch eines.

    Kleine Anekdote dazu:
    Da fällt mir doch gerade der Mann vom Förderverein ein, mit dem ich mich bei meinem Besuch in der Humboldtbox unterhalten habe. Er sagte: "Wenn Sie hochgehen, dann können Sie auch einfach durch das Cafe durchgehen auf die Terrasse. Sie müssen da nichts trinken.... Das ist absichtlich so gemacht." :lachentuerkis:


    P.S. Ich ging jetzt automatisch davon aus, dass da ein Café reinkommt. :gehtsnoch: Was kommt da eigentlich wirklich rein ? Oder gehört das zum Museum ?

    Architektur ist nichts anderes als die Formensprache einer Kultur. Entweder sie lebt, oder sie ist tot.

  • Zitat von bz

    ... hat Architekt Franco Stella eine kühne Idee. ...
    Drei Millionen Euro würde der komplette Aufbau des Dachrestaurants auf dem Schloss kosten. Der Haken: In den 590 Millionen Euro Gesamtetat ist der Posten nicht drin. Und Spender geben ihr Geld gern für prunkvolle Portale, aber nicht für Biertresen.

    Quelle
    Auch wenn die Idee vielleicht nett erscheint, dieses klammheimliche Nachschieben weiterer modernistischer Klöpse finde ich hinterhältig. Das Humboldtforum ist ohne geplant und genehmigt worden, es kommen ja auch keine weiteren historischen Zutaten dazu, dann sollten es aber auch keine weiteren modernistischen sein! Mal abgesehen davon dass die Terrasenbesucher eh nur vors Dach schauen werden...

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • [color=#000000]Die nicht mehr erfolgte bis zum Abschluss vollzogene Verbreiterung des Eosander-Westflügels (übrigens um ganze acht Meter) hatte nichts mit dem Kriegsausbruch zu tun, sondern war eher dem unverhältnismäßigen finanziellen Aufwand geschuldet.

    Nun so war das auch nicht gemeint, der Krieg als direkte Ursache für den Baustopp. Vielmehr war wie du und auch ich schrieb (über Jahrzehnte) kein Geld mehr da und wurde dadurch so lange verzögert, bis eben der Krieg ausbrach, die Monarchie abgeschafft wurde und es somit endgültig nicht mehr realisiert wurde. So übrigens auch in einem Buch zum Schloss gelesen. Danke für die Ergänzung, Palantir.

  • Im aktuellen SPIEGEL ist wieder ein Artikel dem Stadtschloss gewidmet.

    Wieder das übliche Geschreibe ums Geld: Ein Bericht von Manfred Rettig zufolge sind 15,7 Mio. € an Barspenden eingegangen, dazu kommen Sachspenden vom Förderverein. Dann wird aufgeführt, dass Geld für die Kuppel, die Innenportale und, Obacht, das Dachtrestaurant fehlt. "Eingenommen wurden 8,6 Millionen Euro, benötigt werden 28,5 Millionen." So der SPIEGEL. Es soll noch eine bundesweite Spendenkampagne gestartet werden. Mit Außenwerbung, Kinowerbung etc.

    Außerdem die Mitteilung, dass der Berliner Senat aus dem Projekt für die Zentral- und Landesbibliothek aussteigen möchte. "Der designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) möchte noch vor seiner Wahl im Dezember Gespräche über den Ausstieg führen, heißt es aus Senatskreisen." Dies könnte zu Umplanungen im Bauprozess führen, dadurch zu bekannten Kostensteigerungen. "Das mach ich nicht mit", sagt Rettig: "Dann trete ich zurück"

    So der SPIEGEL.

  • Schade, die Dachterrasse scheint jetzt wirklich endgültig zu kommen. Seit heute wirbt die Humboldt-Stiftung mit einer neuen Computeranimation auf ihren Seiten. Dort ist nun das zukünftige Humboldt-Forum mit Dachterrasse zu sehen.

    Quelle; http://www.sbs-humboldtforum.de

    Meinetwegen kann Herr Rettig gerne zurücktreten. Diese verkorkste Dachterrasse ist auf jeden Fall sein Projekt. Damit möchte er sich ein Denkmal setzen. Aber sowas gehört nicht auf das Humboldt-Forum. Die Cafes im Schlüterhof und an der Spree reichen aus. Herr Rettig sollte sich lieber mit dem selben Enthusiasmus für eine Reko der Gigantentreppe und der Durchfahrten einsetzen. Das würde dem Projekt wesentlich besser zu Gesicht stehen, als eine Dachterrasse. Man stelle sich nur vor, der Betreiber des Cafes stellt dort im Sommer Coca Cola Sonnenschirme auf und läßt Luftballons steigen. Dann haben wir wirklich ein Disney-Schloss. Außerdem muss das gesamte Dach angehoben werden, so dass es eher den Charakter eines Flachdachs bekommt.

    Einmal editiert, zuletzt von contra (17. November 2014 um 18:49)

  • Na ja - warum soll's Berlin besser ergehen als dem Dresdner Neumarkt, wo man auch vorher nie gezeigte oder angekündigte Dachaufbauten draufsetzte.... ? :rolleyes:
    Ich glaube aber, dass man das Café von unten nicht sehen wird. Allerhöchstens von weiter Ferne von den Linden aus, und dann wohl auch nur mit Fernglas..... Gegenüber dem Dachfirst steht das Café versenkt, so dass der First vorne für die Besucher wohl als "Geländer" dienen wird. Das Dach des Cafés selbst wird dann wohl nur noch ein kleines Stück über dem Schlossdach erscheinen. die zuvor gezeigt Isometire täuscht da wohl bezüglich der Gesamthöhe.

  • Das mit dem Ausstieg der Zentral- und Landesbibliothek ist eigentlich eine gute Idee; die allerdings jetzt so ca. 5 Jahre zu spät kommt. Dann hätte es vielleicht noch eine Chance für die Gemäldegalerie Alte Meister im Schloss gegeben!