Es ist in Berlin staatlich verboten bei Wiederaufbauten die ehem. Nutzung wieder aufzunehmen. Die Singakademie (Musiktheater) ist als Sprechtheater (Maxim-Gorki) wiederaufgebaut worde. Das Schauspielhaus (Sprechtheater) als Konzerthaus (Musiktheater). Das Schloß wird ein Museum/Kongreßzentrum.
Darf ich als Jurist mal dezent fragen, wo das stehen soll? Wir haben in Deutschland Baufreiheit (folgt aus dem Eigentumsgrundrecht, Art. 14 Abs. 1 GG). Jede Beschränkung, gleich ob Fläche, Geschosszahl, Wandfarbe oder Nutzung, ist ein Grundrechtseingriff und muss mit überwiegendem Gemeinwohlinteresse (Verhältnismäßigkeit) gerechtfertigt werden. Das ist beim Eigentum zwar leichter als bei anderen Grundrechten, aber eben erforderlich. Daraus folgt auch: Was der Staat nicht zurecht verbieten kann, muss er genehmigen (auch wenns hässlich ist).
Eine Regel, die pauschal verbietet, das zu nutzen, was vorher genutzt wurde, einfach weil das vorher schon so war, wäre offensichtlich willkürlich und damit verfassungswidrig. Deshalb wäre ich neugierig, zu erfahren, was genau das für eine Regel sein soll und worauf sie wirklich abzielt.
Welche Nutzung ein (Neu-)Bau ergreifen darf, hängt entweder davon ab, wie das Gebiet baurechtlich geplant ist (Allgemeines Wohngebiet, urbanes Gebiet etc. sind rechtliche Kategorien mit erlaubten, ausnahmsweise erlaubten und verbotenen Nutzungen; siehe Baunutzungsverordnung) und, wenn keine entsprechende Planung vorgeschrieben ist, nach den Eigenheiten der näheren Umgebung (eine "Bauakademie", das heißt wissenschaftliche Einrichtung mit Publikumsverkehr, musealer Nutzung, Bildung und Veranstaltung würde sich in das historische Zentrum ohne Weiteres hervorragend einführen und wäre ganz sicher zu genehmigen).
Zu deinen beiden Beispielen: Das sind beides Bauvorhaben aus der DDR-Zeit, jeweils Entscheidungen der Staatsspitze (wenn ich mich nicht irre). Das hatte also nichts mit bundesdeutschem Baurecht, Lücher o.ä. zu tun. Vielmehr waren politische Gründe maßgeblich: Die DDR wollte eine Ost-Philharmonie (es gab keinen großen, ansprechenden Konzertsaal in Ost-Berlin) und die Singakademie war ein bürgerliches Stück Preußen (Mitglieder waren die Mendelssohns, Bismarck und andere große Namen), weshalb eine andere Kontinuität gewünscht war.
Es gibt andere absurde Regelungen im Berliner Baurecht, etwa die Möglichkeit, über Gestaltungsvorgaben, die einstmals unter Stimmann eine weitere kritische Rekonstruktion der Stadt in Form und Material ermöglichen sollten, jetzt genau dies verhindern, indem Frau Lüscher ihre dogmatischen Vorstellungen diktieren kann. Eben diese Vorgaben könnten aber, richtig angewandt, auch manchen Schaden verhüten, deshalb müssen wir sie hinnehmen.
Sollte jemand noch mehr vom Baurecht verstehen als ich (es ist weiß Gott nicht mein Lieblingsrechtsgebiet), bitte ergänzen!