Ehemalige Bedeutung wenig zerstörter Städte

  • Wie bedeutend - vor allem in architektonischer und touristischer Hinsicht - waren sie denn vor dem Krieg, unsere Heidelbergs, Halles und Erfurts? Welche im Krieg ge- bzw. verschonten Städte waren vor dem Krieg eher touristische Nebenziele und lagen architektonisch gesehen in der unteren Liga?
    Für welche erhaltenen Städte können wir heute besonders dankbar sein?

    Kleine Auswahl:

    Oldenburg
    Schwerin
    Göttingen (vgl. zu Kassel?)
    [lexicon='Leipzig'][/lexicon]
    Halle (vgl. zu Magdeburg?)
    Köthen, Bernburg (vgl. zu Zerbst / Dessau?)
    Erfurt (vgl. zu Kassel / Göttingen?)
    Görlitz
    Bamberg
    Erlangen
    Fürth
    Wiesbaden
    Speyer (vgl. zu Worms?)
    Heidelberg
    Ingolstadt
    Regensburg
    Passau

    Wie sieht die Einordnung der uns gebliebenen Städte in die damalige noch existierende Stadtlandschaft Deutschlands aus?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Ich würde die architektonische Bedeutung/touristische Anziehungskraft vor dem Krieg ungefähr so einschätzen:

    Oldenburg, Schwerin, Fürth, Erlangen, Ingolstadt, Halle: in beiden Hinsichten unbedeutend im Vergleich zu Bremen, Nürnberg, Braunschweig, Würzburg, Frankfurt etc.

    Erfurt, Passau, Speyer: vor dem Krieg eher mittlere Kategorie; in beiden Hinsichten nicht so bedeutsam wie Würzburg, Nürnberg, Frankfurt etc., aber auch nicht so unbedeutend wie die oben genannten (Speyer vor allem wegen des Doms)

    Göttingen: eine Universitätsstadt unter vielen; nett, aber nicht vergleichbar mit Kassel, Braunschweig oder Frankfurt

    Wiesbaden: Sonderrolle als beliebte Bäderstadt des 19. Jahrhunderts; in dieser Hinsicht touristischer Anziehungspunkt, architektonisch aber völlig unbedeutend

    Bamberg, Görlitz, Freiburg (:zwinkern::( schon vor dem Krieg "Geheimtips"

    Heidelberg: Beliebtes Touristenziel wegen Spätromantik (Eichendorff, Brentano, v. Arnim), altehrwürdiger Universität, "Student Prince" (bei den Amis) und schöner Harmonie von Architektur und Natur, aber architektonisch gesehen außer der Schloßruine eigentlich nichts wirklich besonderes

    Regensburg: bereits vor dem Krieg i.d.R. als architektonisch von herausragender und einmaliger Bedeutung eingestuft, da schon vor dem Krieg einzige deutsche Altstadt mit signifikant hohen Anteilen romanischer Profanarchitektur und relativ geschlossen hochmittelalterlichem Stadtbild (im Ggs. zu den spätmittelalterlichen von Nürnberg, Frankfurt usw. und den barocken von Würzburg, Dresden etc.)

    Köthen, Bernburg (vgl. zu Zerbst / Dessau?): Kenne ich nicht

  • Vielen Dank für Deine ausführliche Einschätzung, die ich in etwa so teilen würde.
    Also ist Regensburg die einzige uns verbliebene Stadt der ehemaligen deutschen Top-Liga?

    Bei Köthen und Bernburg interessiert mich, ob sie mit Zerbst vergleichbar waren - oder hier wie üblich die bedeutendste dieser kleinen Mittelstädte zerstört wurde. Köthen erscheint mir im Vergleich zu Bildindex-Zerbst-Fotos architektonisch zweitrangig. Bernburg durch Lage, Unter- und Oberstadt schon interessanter, aber auch hier ohne große architektonische Güte (Naumburg, Meißen...).

    Bei der Gelegenheit möchte ich Lutherstadt Wittenberg noch ergänzen. Vergleichbar mit dem alten Dessau?!

    Schade, dass Halle architektonisch nicht bedeutender war. Würde ich wohl sofort gegen das alte Magdeburg eintauschen.

    Selbiges gilt für Göttingen. Tausch gegen Kassel.

    Sind Erfurt und Kassel denn wenigstens vergleichbar?

    In welcher Kategorie findet sich das alte [lexicon='Leipzig'][/lexicon]? Ich tippe auf Liga Mitte :?:

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  • Erfurt spielte definitiv in einer höheren Liga als das alte Kassel. Kassel hatte beispielsweise kein Kirchengebäude, was den Top 10 der Hundert-Türme-Stadt Erfurt gleichgekommen wäre. Mit den Profangebäuden schaut es etwas besser aus.

    Kassel in seiner Ursubstanz vor den hugenottischen Erweiterungen war sicherlich eine interessante und auch vollständigere Fachwerkstadt, jedoch in dieser Disziplin selbst Fritzlar u.ä. unterlegen. Ganz zu schweigen von Braunschweig oder Hannover.

    Nein, die werden gedünstet

  • Dann versuche ich mal eine grobe Unterteilung:

    LIGA TOP

    Regensburg
    Görlitz
    Bamberg

    OBERE MITTELKLASSE

    Heidelberg
    Freiburg
    Erfurt

    UNTERE MITTELKLASSE

    [lexicon='Leipzig'][/lexicon]
    Wiesbaden
    Passau
    Speyer

    LIGA AMATEUR

    Halle
    Ingolstadt
    Oldenburg
    Schwerin
    Göttingen
    Erlangen
    Fürth

    Vor dem Krieg sah die prozentuale Verteilung wohl etwas anders aus.

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  • Zitat von "Wissmut"

    Erfurt spielte definitiv in einer höheren Liga als das alte Kassel. Kassel hatte beispielsweise kein Kirchengebäude, was den Top 10 der Hundert-Türme-Stadt Erfurt gleichgekommen wäre. Mit den Profangebäuden schaut es etwas besser aus.

    Kassel in seiner Ursubstanz vor den hugenottischen Erweiterungen war sicherlich eine interessante und auch vollständigere Fachwerkstadt, jedoch in dieser Disziplin selbst Fritzlar u.ä. unterlegen. Ganz zu schweigen von Braunschweig oder Hannover.

    Diese Einschätzung teile ich nicht ganz. Kassel war die nach Frankfurt unzweifelhaft bedeutendste Fachwerkstadt in Hessen (und nach Nürnberg wohl auch im ganzen mitteldeutschen Fachwerkgebiet), und konnte sehr wohl mit Braunschweig konkurrieren - wenn auch nicht in der Größe. Das durchschnittliche Alter der Bauten dürfte hier aber ähnlich hoch wie in Frankfurt gewesen sein, da es niemals zerstört wurde.

    Fritzlar hatte und hat einen Bruchteil der Größe des einstigen Kassel, mal ganz abgesehen davon, dass Fritzlar aufs schwerste unter verschiedenen Kriegen zu leiden hatte. Die höhere Bedeutung von Erfurt ist dagegen sicher richtig.

    Hannover war m. E. viel zu stark barock überformt, als dass man es direkt mit Kassel oder Braunschweig vergleichen konnte. Zumal der mittelalterliche Teil der Altstadt auch ganz sicher nicht größer als der von Kassel oder gar der von Braunschweig war.

  • Zitat

    Also ist Regensburg die einzige uns verbliebene Stadt der ehemaligen deutschen Top-Liga?

    Traurig, aber so ist es.
    Alle anderen sind plattgemacht. Allenfalls könnte man vielleicht noch die verschonten Teile von Lübeck und Augsburg dazuzählen. Aber das war's dann schon.

  • Zitat von "Philon"


    Wiesbaden: Sonderrolle als beliebte Bäderstadt des 19. Jahrhunderts; in dieser Hinsicht touristischer Anziehungspunkt,

    ...und als beliebte Spielerstadt. In der Wiesbadener Spielbank hat sich schon Dostojewski ruiniert (und danach wenigstens literarisch das beste draus gemacht). :zwinkern:


    Und wieder wech...

  • Zitat von "youngwoerth"

    Dann versuche ich mal eine grobe Unterteilung:

    LIGA TOP

    Görlitz


    Görlitz wurde vor dem Krieg nicht als so bedeutend angesehen. Als Stadt in Niederschlesien stand es auf einer Ebene mit dem benachbarten Bunzlau und Hirschberg (letztere wurde übrigens, neben Freiburg i.B., als landschaftlich am schönsten gelegene Stadt Deutschlands angesehen), wobei Bunzlau den Ruhm der Töpferstadt und Hirschberg den des Tores zum Riesengebirge hatte.

  • Zitat von "Karasek"


    Görlitz wurde vor dem Krieg nicht als so bedeutend angesehen. Als Stadt in Niederschlesien stand es auf einer Ebene mit dem benachbarten Bunzlau und Hirschberg (letztere wurde übrigens, neben Freiburg i.B., als landschaftlich am schönsten gelegene Stadt Deutschlands angesehen), wobei Bunzlau den Ruhm der Töpferstadt und Hirschberg den des Tores zum Riesengebirge hatte.


    Kann ich mir nicht vorstellen.
    In meinem alten Meyer-Atlas ist's schon mal ein viel größerer Punkt auf der Landkarte.
    Wenn man allein schon die riesige Stadthalle sieht und die zeitgenössischen Berichte über die schlesischen Musikfeste liest, scheint mir Görlitz kulturell bedeutender gewesen zu sein als alles andere zwischen Berlin und Breslau.

  • Zitat von "Miwori"


    Kann ich mir nicht vorstellen.
    In meinem alten Meyer-Atlas ist's schon mal ein viel größerer Punkt auf der Landkarte.
    Wenn man allein schon die riesige Stadthalle sieht und die zeitgenössischen Berichte über die schlesischen Musikfeste liest, scheint mir Görlitz kulturell bedeutender gewesen zu sein als alles andere zwischen Berlin und Breslau.

    Der größere Punkt kommt daher weil es die größere Stadt war. Aber große Gründerzeitviertel und die Atmosphäre einer preussischen Rentnerstadt waren touristisch damals nicht gerade attraktiv. Touristisch war bspw. Hirschberg damals weit interessanter, weil es mit Bad Warmbrunn über eines der bedeutendsten Kurbäder Deutschlands verfügte, mit dem Hirschberger Tal eine der bedeutendsten Parklandschaften Europas vorzeigen konnte und mit dem Riesengebirge eines der populärsten deutschen Gebirge hatte. Das sieht man auch daran das die Ecke ganz anders mit dem Reich verbunden war. Es gab Direktzüge nach Berlin und sogar Stettin und Königsberg und auch eine Fluglinie der Lufthansa. Es sollte ja sogar eine Autobahn direkt an den Sudeten entlang gebaut werden, die im Prinzip nur eine touristische Bedeutung hatte.
    Wohlgemerkt, ich rede jetzt nur von der touristischen Attraktivität.

  • [lexicon='Leipzig'][/lexicon] war architektonisch auch damals eher modern eingestellt und machte für die Gründerzeit Platz in dem es viele ältere Bauten wegriss. In dem Sinne stiess sich bestimmt der ein oder andere den Kopf an der Vorgehensweise der Stadtväter. Touristisch würde ich [lexicon='Leipzig'][/lexicon] aber damals nicht in der unteren Mittelklasse ansiedeln (??) - schliesslich galt der Augustusplatz mit zu den schönsten Plätzen Europas.

    Industriell waren wir natürlich weltweit ein interessanter und bedeutender Platz. ;) ... waren ... :augenrollen:

    Magdeburg war bestimmt auch geil und höchst interessant. Letztens hab ich übrigens zum allerersten mal den Begriff "magdeburgisieren" gehört.

  • Zitat von "youngwoerth"

    Also ist Regensburg die einzige uns verbliebene Stadt der ehemaligen deutschen Top-Liga?

    Zitat von "Philon"

    Traurig, aber so ist es.
    Alle anderen sind plattgemacht. Allenfalls könnte man vielleicht noch die verschonten Teile von Lübeck und Augsburg dazuzählen. Aber das war's dann schon.


    Wenn man Würzburg in die 1. Klasse setzt, muss man eigentlich zwingend Bamberg als noch ganz überwiegend erhaltene Altstadt mitanführen, die sowohl in der Profanarchitektur als auch im Kirchenbau Herausragendes zu bieten hat. Ich sehe keinen Grund, das alte Würzburg bedeutender als Bamberg einzustufen. Darüber hinaus ist die Bamberger Altstadt mit über 2200 Häusern - das ist die Größenordnung des alten Frankfurts oder Braunschweigs - zudem sehr groß.


    Kassel war sicherlich sehr bedeutsam. Ich vermute aber, dass es dort zwar noch zahllose Renaissance-Fachwerkbauten aus der Zeit um 1600 gab, die spätgotischen aber anteilsmäßig deutlich seltener waren als in Frankfurt oder Braunschweig. Den altertümlichsten Eindruck von allen hessischen Residenzen macht auf mich Marburg. Außerdem hatte Kassel um 1500 keine 5000 Einwohner, ist also mit spätmittelalterlichen Großstädten wie Frankfurt oder Braunschweig nur bedingt zu vergleichen. Die Residenzfunktion Kassels hat auch sicherlich zu mehr Abrissen und Umbauten über die Jahrhunderte geführt.


    Görlitz würde ich als architektonisch bedeutendste Stadt der ehemaligen Provinz Schlesien nach Breslau ansehen, die Konkurrenten wie Hirschberg, Bunzlau oder Neiße hinter sich ließ. Besonders die Bauten aus der Renaissance begründen die Bedeutung der Stadt. Geschichtlich war Görlitz auch der wichtigste Zwischenstopp auf dem Weg von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nach Breslau. Dass andere Städte durch ihre Lage am Fuß des Riesengebirges punkten konnten, ist sicherlich richtig, hat aber halt nicht unbedingt etwas mit Architektur zu tun. Ende des 19. Jahrunderts hieß es schließlich auch, Europa habe nur zwei Hauptstädte: Paris im Winter, Baden-Baden im Sommer. Trotzdem war Baden-Baden in keinster Weise die wichtigste Stadt Deutschlands, außer eben vielleicht als Kurstadt...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Zitat von "Georg Friedrich"


    Görlitz würde ich als architektonisch bedeutendste Stadt der ehemaligen Provinz Schlesien nach Breslau ansehen, die Konkurrenten wie Hirschberg, Bunzlau oder Neiße hinter sich ließ. Besonders die Bauten aus der Renaissance begründen die Bedeutung der Stadt. Geschichtlich war Görlitz auch der wichtigste Zwischenstopp auf dem Weg von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nach Breslau. Dass andere Städte durch ihre Lage am Fuß des Riesengebirges punkten konnten, ist sicherlich richtig, hat aber halt nicht unbedingt etwas mit Architektur zu tun.

    Nochmal: hier wurde (auch) nach touristischer Bedeutung gefragt. Ich habe mehrere alte Reiseführer der ganzen Region, also Grieben, Richter, Brieger usw.. Wir überschätzen den Wert den architektonisch wertvolle Gebäude zur damaligen Zeit hatten. Görlitz wird bspw. bei meinem Richter von 1909 kürzer abgehandelt als Reichenberg (Liberec), obwohl letztere eine Industriestadt des 19. Jahrhunderts ist. Ein Kaiserdenkmal war denen genauso wichtig wie ein gotisches Rathaus, und sowas wie das biblische Haus ist keine Erwähnung wert. Dafür wird in Reichenberg jeder damals neue Prunkbau des späten 19. Jahrhunderts aufgezählt. Ich schätze der damalige wirtschaftliche Aufschwung faszinierte die Leute so das sie sich für wilhelminische Prachtbauten begeisterten, während das Alte selbstverständlich und im Übermaß vorhanden war und also weniger interessant war.

  • Karasek

    Zitat

    Dafür wird in Reichenberg jeder damals neue Prunkbau des späten 19. Jahrhunderts aufgezählt. Ich schätze der damalige wirtschaftliche Aufschwung faszinierte die Leute so das sie sich für wilhelminische Prachtbauten begeisterten, während das Alte selbstverständlich und im Übermaß vorhanden war und also weniger interessant war.

    Kleiner - unnötiger - Einspruch zu Reichenberg: Bitte "franzisko-josefinische" Prachtbauten :zwinkern: .

    Architektonisch bin ich ja auch sehr k.u.k. und in dem Fall k.k.

  • Um noch mal auf den Vergleich von Erfurt und Kassel zurück zu kommen: Die Stadtviertel von Kassel waren sicher weitaus wertvoller und bedeutender als die von Erfurt. Die zahlreich erhaltenen Viertel in Erfurt halten leider nicht, was die Altstadt verspricht - in Wiesbaden ist es ja genau umgekehrt.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Ich finde hier gerade die Gründerzeitler bemerkenswert - weil sie eben nicht den üblichen 08/15-Mietskasernenbarock repetieren, obwohl die Stadt zu jener Zeit noch preußisch annektiert war und man demzufolge Sinfonien an Klassik-Allererlei erwarten könnte. Gerade im Jugendstil wurde da ein eher karger, dennoch ausgesprochen interessanter Weg gefunden(bei manchen mutet es beinahe postmodern an - in der Originalfassung!); kurz vorher dominierten noch Erfurt-typische Spätgotik-Formen.

    Kassel weicht in seinen Beständen zwar ebenfalls ab, seine Prachtbauten wirken auf mich jedoch weniger ernsthaft. Erfurt "erlaubte" sich trotz seiner Fachwerktradition weniger Viktorianisches (die schlimmste bauliche Hinterlassenschaft Preußens ist wohl der Klinker-Bahnhofsstil, da kommen selbst die Kasseler Bahnhöfe ned mit ).
    Mag sein, daß für das eher negative Urteil neben dem individuellen Geschmack auch der Eindruck fieser Nachkriegsbauten und Zersiedlung in der Nachbarschaft verantwortlich ist. Erfurt hat nur in wenigen Ecken der Innenstadt solche Probleme.

    Nein, die werden gedünstet

  • Also hinsichtlich Erfurt liegt mE eine gewaltige Unterschätzung vor, selbst wenn man von den Kirchen absieht. Auf die gewaltige Substanz an hochqualitativen Bürgerhäusern wurde hier noch nicht eingegangen. mE wurde die diesbezügliche Substanz von Erfurt nur von Nürnberg erreicht bzw übertroffen. Natürlich spielte Erfurt auch vor dem Krieg in der allerersten Liga.

    Zurecht wurde ferner auf Bamberg verwiesen. Bamberg ist heute jedoch mE nicht so rein wie Erfurt erhalten und deutlich darunter zu stellen, waren die Stadt doch in der Nachkriegszeit massiv von Verfallserscheinungen bedroht, wodurch die Geschlossenheit etwas gelitten hat.

    Görlitz mit Hirschberg oder gar Bunzlau vergleichen zu wollen, ist ein Sakrileg (von Reichenberg ganz abgesehen, das ist nur noch absurd). Eine zweite Renaissancealtstadt dieses Kalibers hätte man in ganz Schlesien vergeblich gesucht. Außerdem ist der kunsthistorische Wert zu beachten, so wird der Schönhof als ältester Renaissancebau D.s angesehen.
    Wenn eine schlesische Stadt G. Konkurrenz machen konnte, so war dies (abgesehen von Breslau natürlich) Neisse.

    Auch Halle sollte man nicht als so ganz unbedeutend abtun, stellten doch die Marktplatztürme auch schon vor dem Krieg eines der signifikantesten Ensemble D.s dar (und das zählte naturgemäß mehr in der Bewusstseinsbildung als geschlossene Altstädte. Daher erscheint , vergleicht man alte Übersichtsbände, von D generell mehr erhalten, als es uns heute vorkommt).

    Dann, wie wär es mit Meissen (an Stelle Freibergs), der alten Wiege Sachsens? Den Domberg kann man doch kaum als kleinstädtisch abtun.

    Hier völlig vergessen wurde mE Landshut, mit einem Marktplatz von 1 km Länge ebenfalls kaum Kleinstadt, dazu noch mit der Martinskirche häufig abgebildet und im öffentlichen Bewusstsein vertreten.

    Was hingegen Goslar betrifft, so scheint diese Stadt heute zerstörte, wahrscheinlich bedeutendere Städte wie Braunschweig und Hildesheim mitzurepräsentieren.

    Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Erfurt, Regensburg, Bamberg, Meissen, Görlitz, Stralsund, Lübeck und immer noch viele andere immer auf ihre Art einzigartig waren und immer zum Bedeutensten gezählt, immer in der obersten Liga mitgespielt haben, jedoch war diese Liga eben früher deutlich größer.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.