In Wien ist, so wie du es gerade mehr oder weniger geschildert hast @ursus carpaticus, alles voneinander "getrennt". Nichts ist wirklich durchgehend, und es gibt starke Lücken überall. Alles was du nennst sind sogenannte "Hotspots", zu denen man erst hinkommen muss – und der Weg bis dahin ist oft mit Schandflecken übersäht. Mir gefällt das Denken in solchen "Hotspots" nicht, weil ich alle besonderen Gebäude und Plätze als Teil ihrer Umgebung betrachte oder zumindest betrachten möchte, und nicht als einzelne Sehenswürdigkeiten, zu denen man einfach mal gezielt hinfährt.
Was ich aber nicht bestreite, ist dass Wien definitiv das (zumindest theoretische) Potenzial hätte, diese Lücken zu schließen. Der Aufwand wäre allerdings enorm. Alleine die Anzahl entstuckter Häuser in Wien ist enorm, wenn man zum Beispiel durch Meidling geht (in Gürtelnähe), sind gesamte Häuserblocks voll mit solchen Bauten. Dabei wäre gerade durch die Nähe zu Schönbrunn / Hetzendorf das Potenzial hier sehr groß und man hätte einen fließenden Übergang schaffen können zwischen einem Gründerzeitviertel mit eben etwas niedrigeren Bauten als in Inneren Bezirken und Schönbrunn / Hietzing.
Was den Hauptbahnhof betrifft: Mir geht es weniger um die Sichtachse vom Belvedere, mehr um die Tatsache, dass wenn man am Gürtel vor dem Berlvedere-Eingang steht, man sich folgendes ansehen muss: Ein Stück Autobahn mit verrückten Tunnel- und Brückensystem (zugegeben es liegt etwas abseits), den hässlichen und ziemlich stark zersiedelten Hauptbahnhof, entstuckte Häuser in ganzen Reihen am Gürtel sowie Neubauten, die nun an der Stelle abgerissener Altbauten am Gürtel stehen. Außerdem fehlen an dieser Stelle des Gürtels viel zu viele Bäume. Dieses Eck ist einfach GHETTO!
Auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs wartet schon die nächste Katastrophe: Die ganze Favoritenstraße bis zum Reumannplatz. Auch hier befand sich ein Gründerzeitviertel, welches man ja noch erkennen kann, aber die Art und Weise, mit welcher diese Gegend "vergewaltigt" wurde, ist schon arg. Auch in die andere Richtung - auf der Prinz-Eugen-Straße - gibt es einige Stellen zu kritisieren, auf jeden Fall sieht sie nicht so gut aus wie ihre Zwillingsstraße, der Rennweg.
Und jetzt muss man sich nur einmal vorstellen, was hier alles hätte sein können. Ein durchgehendes Ensemble, von Favoriten bis zur Mitte der Prinz-Eugen-Straße (die zugegeben, noch in Ordnung ist, aber Charme fehlt ihr auf alle Fälle). Und solche Entwicklungen lassen sich leider überall in Wien bemerken. Alles ist ständig "abgehackt". Mich nervt das irsinnig.
Ansonsten: Ja, ich denke dass die historische Bebauung in Wien auf jeden Fall größer ist als jene in Prag oder Budapest, Wien war 1915 die 5. oder 6.-größte Stadt der Welt, aber gerade für eine Stadt eines solchen Kalibers ist der aktuelle Zustand doch nur traurig. Wien müsste was Dichte betrifft eben auf derselben Liga wie Paris, New York oder eben Rom mitspielen können, tut es aber nicht, stattdessen spielt es in der Liga Budapest und Prag. Also wenn man hier keinen Abstieg erkennen kann. Wien war Vorrteiter für Prag und Budapest, als Hauptstadt der damaligen Monarchie lag die Stadt somit weit "über" diesen zwei anderen Städten. Jetzt lässt sich Wien bereits von ihnen in Dingen Tourismus verdrängen. Aber – alles lässt sich schönreden. Ich bleibe bei meiner Meinung.