Posts by Leonhard

    Es ist nur mein persönlicher Eindruck und den kann ich halt nicht anders als mit ein bisschen "billig" und "künstlich" beschreiben, tut mir leid. Ich finde nicht, dass man historische Architektur nicht auch mal mit deutlicheren Worten kritisieren darf, das gehört zur Kunstbetrachtung dazu.

    Ich hab den Begriff "billig" in Bezug auf die Anmutung Neuschwansteins aus der Nähe verwendet, weil das genau mein Eindruck war, den ich in mehreren Besuchen hatte. Man merkt eben, dass es in weiten Teilen kein massives Hausteinwerk, sondern nur oberflächlich verkleidet ist. Die einzelnen Platten der Verkleidung sind noch dazu allzu regelmäßig geschnitten und dieses technisch Perfekte passt für mein Dafürhalten für so eine "mittelalterlich" sein wollende Burg überhaupt nicht. Ich fand also die Anmutung Neuschwanstein aus der Nähe immer enttäuschend, tut mir leid. Die Einbettung in die Bergwelt ist allerdings wirklich grandios.

    Es schaut aber für mein Dafürhalten nach einer Steinverkleidung aus und nicht nach einem massiv gemauerten Hausteinwerk. Aus der Nähe wirkt der Innenhof billig und unecht, fast so wie - bösartig ausgedrückt - ein ungarisches Kommerzcenter irgendwo an der Autobahn (womit wir den Bogen zurück zu unserem Lieblingsthema Ungarn geschlagen hätten :wink:).

    Das Disneyhafte von Neuschwanstein (ein Ausdruck, der die künstliche Ausstrahlung meines Erachtens gut beschreibt) liegt aber auch in der kulissenhaften, fast provisorisch anmutenden Bauweise, die jeden Versuch von Authentizität vermissen lässt; so wie wenn es wirklich nur eine schnell aufgezogene, vorübergehende Opernkulisse sein wollte und kein dauerhaftes, solides Bauwerk (was ja auch die Intention Ludwigs war). Von weiter weg erscheint Neuschwanstein überwältigend, von nahe betrachtet hingegen ziemlich enttäuschend und billig. Man kann es nicht nach herkömmlichen Maßstäben messen, es ist wirklich ein "gebauter Traum", der seine Wirkung hauptsächlich als Kulisse entfaltet.

    Lieber Tegula, dann erkläre uns doch mal, warum es denn so wichtig ist, unbedingt den Begriff "Kirchenschändung" zu vermeiden, wenn er sogar im Duden steht. also offiziell Teil der deutschen Sprache ist? Was ist an dem Begriff nicht in Ordnung? Du bist doch sonst auch kein Gegner von klarer Benennung von Missständen.
    In dem von Achim verlinkten Artikel der Evangelischen Allianz in Deutschland steht der Begriff "Kirchenschändung" sogar in der Überschrift.

    tegula Diese "Versachlichung" ist in diesem Fall aber eine Verharmlosung und trifft somit nicht den Kern der Angelegenheit. Dass das Kernthema dieses Forums nicht Religion ist, sei natürlich unbestritten, aber deshalb muss man dieses Thema, das bei gläubigen Christen weit tiefere Gefühle verletzt als nur zerstörte Sachwerte, nicht verharmlosen. Es ist in den allermeisten Fällen keine Sache der persönlichen Interpretation, ob das Zerstören von geweihten Altären oder Heiligenfiguren oder das Urinieren in Weihwasserbecken nur einen Akt von weltlichem Vandalismus darstellen oder ob es sich um das mutwillige Entweihen von heiligen Gegenständen handelt, deshalb braucht man es auch nicht herunterspielen.
    Und außerdem sollte auch in diesem Forum bekannt sein, dass Kirchen nicht hauptsächlich zum Zweck der kunstgeschichtlichen Betrachtung, sondern in erster Linie als heiliger Ort der Anbetung Gottes gebaut wurden.

    Danke für die Verschiebung. Ich bin allerdings nicht mit der Umbenennung einverstanden, da es sich in den meisten Fällen nicht um "normalen" Vandalismus an profanen Sachwerten handelt, sondern um die mutwillige Zerstörung von geweihten Gegenständen: es geht hier um die Entweihung von christlichen Heiligtümern. Und das nennt man eben gemeinhin "Kirchenschändung", siehe die Definition vom Duden: "Entweihung einer Kirche durch mutwillige Zerstörung o. Ä."
    Der Titel "Vandalismus an Gotteshäusern und sakraler Kunst" ist also eine unzutreffende Verharmlosung, eine Reduzierung auf den rein sachlichen sowie künstlerischen Aspekt und wird der Schwere der Problematik überhaupt nicht gerecht. Ihr würdet so etwas auch sicher nicht im Falle einer Schändung einer Moschee oder Synagoge schreiben. Die religiösen Gefühle von Christen haben aber anscheinend keinen großen Stellenwert mehr in unserer "aufgeklärten" Gesellschaft, weswegen Ihr mit dieser Verharmlosung natürlich voll im Zeitgeist liegt. Vielleicht könnt Ihr aber nochmal darüber nachdenken, ob es wirklich bei diesem Titel bleiben muss.

    Na, das würde doch überraschend gut aussehen - eine zeitlose, klassizistische Ostfassade als Ergänzung zum barocken Rest des Schlosses. Sogar die doppelte Kante verliert an Schrecken und fällt gar nicht mehr sonderlich störend auf. Nur die Symmetrie hat ChatGPT auf der rechten Seite vergessen, wo die Arkaden der Loggia nicht wie links von einer normalen Fensterachse eingefasst werden, aber ansonsten hat es sich sehr wacker geschlagen, finde ich. Chapeau!

    Derlei wirkt plump und kasernenhaft und geziemt sich überhaupt nicht für ein Schloss.

    Das ist eine mitteleuropäische Sichtweise - in Italien wäre ein steiles, sichtbares Dach völlig unüblich, siehe die ganzen römischen Palazzi oder auch Schloss Caserta, das einen ähnlichen Dachaufbau wie Schleißheim hat. Es ist eine Tatsache, dass Effner das Dach möglichst flach haben wollte, was für die einheimischen Zimmerer angesichts der riesigen Dimensionen eine große Herausforderung war und was dazu geführt hat, dass die Dachstuhlkonstruktion im Laufe der Jahrhunderte mehrfach überarbeitet werden musste, um die nötige Stabilität zu garantieren (die Decke des großen Saals ist am Dachstuhl aufgehängt). Schloss Schleißheim ist sozusagen eine Kombination aus italienischen mit französischen Einflüssen.

    Weißt du, ob der große Saal im Alten Schloss wiederhergestellt worden ist?

    Mehr oder weniger, das Gewölbe samt Stuckaturen sowie die Stuckmarmorportale wurden rekonstruiert, allerdings ohne die Deckenbilder, der Saal ist also überwiegend weiß, soweit ich mich erinnere. Erwarte Dir nicht zu viel vom Inneren des Alten Schlosses.

    Ein Riesenkomplex mitten in der Stadt mit (irre ich mich?) 60 Stilräumen unterschiedlichster Epochen

    Wenn ich alles durchzähle, komme ich auf knapp 110 Stilräume - mitgezählt sind dabei auch etliche Gänge und Treppen wie Theatinergang, Kapellentreppe, Breite Treppe, Schwarzer-Saal-Treppe etc., die vielleicht nicht sonderlich spektakulär, aber trotzdem historisch wertvoll sind. Nicht mitgezählt habe ich bloße Ausstellungsräume wie die rückwärtigen Kurfürstenzimmer, die rückwärtigen Königsbauzimmer oder den Hartschiersaal mit den angrenzenden Silberkammern, die keine oder kaum mehr historische Ausstattungen besitzen.

    Zuerst einmal: mir ist der Weltkulturerbe-Titel völlig egal, ich halte das vor allem für einen Marketinggag. Und wenn man das schon in Angriff nehmen möchte, sollte man es zunächst einmal mit der Residenz München versuchen, die hätte das tausend Mal mehr verdient. Aber es geht bei der Bewerbung der drei Ludwig-Schlösser sicher nicht in erster Linie um den Wert der Architektur an sich - der ist sicher nicht herausragend - sondern, wie Treverer richtig geschrieben hat, um den ideengeschichtlichen Wert der Schlösser als "gebaute Träume" - es dürften keine anderen Monumente existieren, die den romantischen Eskapismus des 19. Jhs dermaßen auf die Spitze treiben wie die Schlösser Ludwigs II. Ob das jetzt welterbewürdig ist, weiß ich nicht, es ist aber jedenfalls etwas völlig anderes als etwa die Residenz Würzburg: ein Schloss nicht als Monument der Repräsentation, sondern als weltabgeschiedener Traum; nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sondern nach dem Tod zur Demolierung.

    Sicherlich von großer Bedeutung für Bayern und fürs bayerische Selbstgefühl.

    Jeder einigermaßen gebildete Bayer weiß, dass wir viel wertvollere Schlösser und andere Bauwerke in Bayern haben als die Ludwig-Schlösser, von daher braucht das sicher niemand fürs "Selbstgefühl".

    Mir würde das Schloss mit Dreiecksgiebel schon besser gefallen und ich finde den Giebel auch überhaupt nicht provinziell - der Dreiecksgiebel dürfte in diesem Fall ein französisches Zitat sein, man findet ihn vor allem an einigen Pariser Adelspalais wie dem Hôtel de Soubise oder dem Hôtel de Roquelaure, aber auch an französischen Schlössern wie Lunéville oder Dampierre. Effner hatte ja in Paris studiert und viele Anregungen von dort mitgebracht. Ich finde einfach, dass der Fassade, die mehr als 300m breit ist, die zentrale Bekrönung fehlt und dass sie mit Giebel eleganter aussehen würde - so wie ein Pariser Palais, aber in monumentalen Ausmaßen.
    Ein ähnliches, wenn auch kleineres Beispiel eines mit Frontispiz versehenen Schlosses wäre auch Schloss Haimhausen nördlich von München (erbaut ab 1660, in den 1740er Jahren von Cuvilliés umgestaltet):

    1280px-Schloss_Haimhausen_1.jpg
    (Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

    Übrigens hat auch das riesige Schloss von Caserta einen kleinen Dreiecksgiebel.

    Aber insgesamt geb ich Dir recht, das Äußere von Schleißheim ist sicher nicht so herausragend wie das Innere, alleine schon, weil es eine Putzarchitektur ist und keine steinerne und sie somit flächiger und wenig bildhauerisch ist. Und dass dem bayerischen Wesen der Sinn für das monumentale Äußere fehlt, stimmt auch, das sieht man ja auch bei vielen Barockkirchen, die äußerlich oft sehr schlicht, innen dafür aber umso prächtiger sind.

    Das bayerische Wesen ist halt nicht so ganz für das Monumentale prädestiniert. Es bleibt immer so etwas Gemütliches latent unter der Oberfläche bzw etwas wie "nicht so heiß gegessen wie gekocht".

    Damit hast Du übrigens sehr gut den Grund für eine gewisse Antipathie auf den Punkt gebracht, die wir gewissen nördlichen Gefilden gegenüber empfinden, wo dies oft genau anders herum ist ;)

    Ich hoff, das bleibt keine leere Versprechung wie seinerzeit von Markus.

    Wir werden uns bemühen, allerdings wahrscheinlich nicht in nächster Zeit.

    Die dem hl. Maximilian geweihte Hofkapelle wurde leider nicht fertiggestellt: es fehlt vor allem der Altaraufbau, für den zwar Entwürfe angefertigt und auch schon Säulen geliefert wurden, der nach dem Tod Max Emanuels aber trotzdem nicht vollendet wurde. Es wurde lediglich eine Mensa mit marmoriertem Tabernakelaufsatz mit seitlichen Reliquienkästen aufgestellt (aus der Werkstatt Johann Adam Pichlers) und darüber, in einem kunstvoll geschnitzten und vergoldeten Rahmen (ebenfalls von Pichler), das Altarbild mit dem "Hl. Maximilian als Fürbitter vor der Madonna" von Sebastiano Conca aus Rom.
    So bleibt als Hauptattraktion vor allem das von Cosmas Damian Asam virtuos freskierte Tonnengewölbe, das leider im 2. Weltkrieg erheblich beschädigt wurde und dessen Fresken danach zu großen Teilen wiederhergestellt werden mussten. Thema ist die "Glorie des heiligen Maximilian", Nebenszenen zeigen die "Almosenspende" und das "Martyrium" des Heiligen.
    Die Stuckgliederung der Wände stammt von Charles Dubut.

    Alles in allem ist die Kapelle also nicht unbedingt der Höhepunkt des Schlosses, trotzdem sind die Asamschen Fresken sehr sehenswert.

    Die Kapelle ist unten normalerweise nicht betretbar, nur das obere seitliche Oratorium; ich war selbst auch noch nie unten, nur mal auf der Orgelempore, so dass die folgenden Fotos nur vom Seitenoratorium bzw. der Orgelempore aus gemacht sind.

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    Das war's aus dem Neuen Schloss Schleißheim! Irgendwann werde ich bei Gelegenheit noch Fotos von Schloss Lustheim, vom Park und auch vom Alten Schloss machen, letzteres wurde leider im 2. Weltkrieg zu großen Teilen zerstört, weswegen die meisten Innenräume verloren gegangen sind.