Verzeihung, wenn ich dazwischen grätsche, aber ich glaube, die Kernposition von Maecenas scheint mir eigentlich zu sein, dass es seiner Meinung nach legitim ist, "pseudohistorisch" zu bauen und zwar auch mit gewisser regionaler Freiheit, d.h. ohne hundertprozentig korrekten Bezug zur Regionalarchitektur. Dies kann man natürlich auch anders sehen, wie hier schon detailliert ausgeführt.
Die Frage, die sich mir und wahrscheinlich auch Maecenas stellt, ist, ob eine stilistisch und kunsthistorisch "korrekte" Herangehensweise im Falle einer simplen Wohnsiedlung der einzig richtige Weg ist oder ob man angesichts der normalerweise in solchen Fällen gebauten modernistischen "Tristesse" nicht auch einmal diese zugegebenermaßen unbekümmerte Lösung wählen darf.
Ich finde, dass der Vergleich mit dem Historismus so verkehrt nicht ist: auch dieser begann als zweifelhaftes Experiment und hat erst im Laufe der Zeit - zugegebenermaßen schneller als Jakriborg - seine Nachfolge gefunden. Neuschwanstein und die anderen Schlösser Ludwigs des II. waren als kitschiger Traum eines Weltflüchtigen verschrien, bevor irgendjemand mal erkannt hat (ich glaube es war Gabriele D’Annunzio), dass diese Weltflucht Ludwigs des II. einer der höchsten Ausdrücke der romantischen Epoche war, ähnlich wie der Ring des Nibelungen von Wagner, und somit durchaus seinen berechtigten geistesgeschichtlichen Hintergrund habe. Auch die von römischen und florentinischen Vorbildern inspirierten Nachbauten von Palästen in Potsdam und München wurden äußerst kritisch gesehen und belächelt, bevor erkannt wurde, dass es sich hier ebenfalls um einen spezifischen Ausdruck einer Epoche handelte, welche neue Bildungs- und Kulturhorizonte setzen wollte. Ähnliches könnte man vielleicht auch eines Tages von Experimenten wie Jakriborg oder Poundbury sagen, die den Versuch darstellen, einen Ausbruch aus dem modernistischen Stildiktat und eine Rückkehr zu klassischen Stilen der Vergangenheit zu bewerkstelligen und die somit ein spezifisches Bedürfnis eines Teiles der Bevölkerung unserer Zeit ausdrücken - womit auch hier ein geistesgeschichtlicher Hintergrund gegeben wäre, der dem Ganzen eine Legitimation geben kann.