Mit diesem neuen Thread möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Blick mal wieder in Richtung Innenstadt zu lenken. In den letzten 15 Jahren ist ja dort schon etlich viel geschehen und noch immer scheint kein Ende der Baustellen in Sicht zu sein. Bislang jedoch blieb die Gegend um den Richard-Wagner-Platz von Erneuerungen weitesgehend verschont. Das soll sich aber rasch ändern, weshalb ich mir dieses Thema annehme.
Folgendes lässt sich schon jetzt sagen:Die Plattenbauten am Brühl (die einzig zusammenhängenden Plattenbauten in der Innenstadt), die anlässlich der Fußball-WM und darüber hinaus noch einmal künstlerisch verhüllt werden, sind für den Abriss vorgesehen. Das ist die erste gute Nachricht. Die zweite ist, dass das untere Drittel der kriegszerstörten und brachliegenden Hainstraße wieder bebaut wird. Die Deutsche Bank soll das Areal erworben haben.
Ich erachte es als sinnvoll, die Situation anhand vieler Fotos zu dokumentieren und hoffe, dass es nicht zu unübersichtlich wird.
Historische Vergleichsbilder sind immer gut, gerade in einem Architekturforum, das sich an der Vorkriegssituation orientiert. Dr. Mises' Lipsikon sei Dank, soll es daran auch nicht mangeln. Los geht's:
Dieses einstige Geschäftshaus wurde bereits 1928 abgebrochen, um einem Neubau Platz zu machen. Leider konnte ich nicht herausfinden, wie der Nachfolgebau aussah, aber unter der heutigen Aluminiumhaut (siehe 2. Foto) verbirgt sich noch genau dieser Nachfolgebau, ein Kaufhaus, das dort nach 1928 entstand.
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Ziemlich trostlos zeigt sich die gegenwärtige Situation. Die Gebäudeform orientiert sich an den historischen 2 Gebäuden des ersten Bildes. Karstadt ist dort nur vorrübergehend eingezogen. Wenn der Umbau in der Petersstraße im Oktober fertig ist, steht die "Blechbüchse" wieder leer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei einer Erneuerung, wenn nicht alles abgerissen wird, die Alu-Haut sowie der Verwaltungstrakt (siehe roter Plattenbau dahinter) verschwindet und der darunter liegende Sandstein aufbereitet wird. Damit wäre dem Gebäude schon viel geholfen.
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2 weitere Vergleichsbilder vom Richard-Wagner-Platz. Zu sehen ist der "Große Blumenberg", ein klassizistisches Gebäude aus dem Jahre 1832.
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Das Gebäude hat den Krieg überlebt, der Platz davor aber ist total verunstaltet. Das Eckgebäude ganz vorn...
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...ist übrigens eine Reko aus den 1990er Jahren. Soweit ich mich recht erinnere, stand dort bis zur Wende ein schwarzgerußter, dachloser Rumpf.
Wir blicken jetzt von der "Blechbüchse" in Richtung Westen auf den Richard-Wagner-Platz, einem zum Parkplatz degradierten Unplatz. Es wäre schön, wenn der Platz wieder den Menschen gehört. Eine angebrachte Pflasterung sowie dezente Begrünung, Laternen, ein paar Bänke oder gar ein Brunnen in der Mitte fände ich sehr schön.
Vor ein paar Monaten hat man mit der Aufstellung dieser schicken Litfasssäule zumindest schon einmal guten Willen gezeigt.
Werfen wir nun einen Blick in den Brühl, wo sich vor dem Krieg viele Pelzhändler tummelten. Hier irgendwo stand das Geburtshaus von Richard Wagner. Ich glaube, es stand dort links, wo die vielen Fahrräder stehen. Wie schon gesagt, die Plattenbauten werden definitiv abgerissen, die Frage ist nur wann. Solange keine Pläne für eine Neubebauung feststehen, wird auch nicht abgerissen. Die Stadt hat aber, bevor auch nur ein Hahn nach Rekos gekräht hat, schon gleich mal klargestellt, dass es an dieser Stelle keine Rekos geben wird. Es wird eine kleinteilige Bebauung angestrebt. Was auch immer das auch heißen mag, man hat scheinbar aus den städtebaulichen Fehlern (siehe Bildermuseum) gelernt.
Blicken wir von der "Blechbüchse" nun in Richtung Süden die Hainstraße hinauf. Diese Straße hat man hervorragend saniert und rekonstruiert. Einziger Wehrmutstropfen ist die vor uns liegende Brache, wo ein Ramsch-Pavillion und ein Flachbau aus sozialistischen Zeiten die Straße verschandeln. Wie mir aber zu Ohren gekommen ist, hat die Deutsche Bank dieses Fläche gekauft und will dort demnächst ein Wohn- und Geschäftshaus hinbauen. Ich bin bei der Deutschen Bank zuversichtlich, dass sie mit der nötigen Sensibilität bauen wird.
Hier noch einmal die gleiche Situation von weiter oben.
Gehen wir weiter die Hainstraße rauf in Richtung Markt. Auf dem Weg dahin zeige ich euch 2 der vielen sehenswerten Gebäude. Zuerst der Jägerhof, erbaut 1914, einem typisch monumental anmutenden Gebäude aus Thüringer Muschelkalkstein. Die Passage darin ist sehr schön. Vielleicht hat einer von den Leipzigern mal Zeit, die Innenstadtpassagen fotografisch festzuhalten und sie in die Galerie zu stellen.
Webers Hof: Die Rekonstruktion dieses stolzen Bürgerhauses in den 1990er Jahren erfolgte nicht etwa auf den gewachsenen Zustand im 19. Jhd., wo das Gebäude um 2 Vollgeschosse erhöht wurde, sondern auf den frühbarocken Ursprung im Jahr 1662. Der Innenhof ist ebenfalls sehenswert.
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Barthels Hof, für mich der schönste Gebäudekomplex in der Innenstadt, wurde ja hier schon des Öfteren gezeigt. Kein Geringerer als der Robin Hood historischer Gebäude, Dr. Jürgen Schneider, erwarb diese Immobilie. Als die Sanierungen in vollem Gange war, flog sein Schwindel auf. Was ein Glück, dass doch ein gutes Ende gefunden werden konnte. Ich denke, ohne Herrn Schneider wäre der Komplex vermutlich abgerissen worden, wegen akuter Einsturzgefahr. Hier ein Vergleichsfoto 1983 / 2003.
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Vom Markt aus schauen wir die Hainstraße wieder hinunter zur "Blechbüchse" und selbst die modernistischsten Modernisten dürfte der Kontrast weh tun. Die Hainstraße ist wie so manche Innenstadtstraße von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ein wahrer Architekturmix traditioneller Epochen. Auf vielleicht 150 Metern stehen hier Gebäude der Renaissance, des Barocks, Klassizismus (Großer Blumenberg), Historismus und des Jugendstils. Das Foto stammt vom User Harmonica und wurde von ihm bereits in der Galerie gezeigt.
Wir stehen nun wieder unten am Ausgangspunkt und schauen diesmal nach Norden. Zuerst die historische Situation, wo das Alte Theater zu sehen ist. Deshalb hieß der Richard-Wagner-Platz früher Theaterplatz.
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Und so sieht's dort heute aus. Das Alte Theater ist weg und die ursprünglichen 2 Straßen wurden zum sechsspurigen Tröndlingring (inklusive 4 Straßenbahngleise) ausgebaut. Zu sehen ist die südlichste Gebäudefront der Nordvorstadt. Die 3 rechten Gebäude gehören zum 5-Sterne-Hotel Fürstenhof (natürlich wieder eine Schneider-Immobilien), dessen linker Bau im Ursprung auf das Jahr 1770 zurückgeht und in der Gründerzeit umgebaut wurde. Links daneben befindet sich das seit vielen Jahren leerstehende Ringmessehaus aus den 1920er Jahren. Da daneben das Gebäude der Stadtwerke, einem schönen Gründerzeitgebäude und ganz links ein vorgründerzeitliches Wohnhaus. Dieses Gebäude... wurde vor ca. 2 Jahren mittels Fördergelder gesichert, weil es von stadtbildprägender Relevanz sei. Eigentlich hat sich damals auch ein Investor gefunden, der es sanieren wollte und das einstige Fischrestaurant im Erdgeschoss wieder zum leben erwecken wollte. Aber wie das nun mal mit Investoren in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist...