• Gropius, Van der Rohe, Corbusier, Scharoun und wie die ganzen Ikonen des 20. Jahrhunderts alle heißen. Sie haben doch mit ihrer ideologischen neuen Bauauffassung den Grundstein für die architektonische Misere gelegt, die wir jetzt speziell in diesem Forum beklagen. Und dafür soll ich sie heute bewundern? All diese Namen wollten die Auflösung, Beseitigung der traditionellen Stadt, propagierten den internationalen Stil ohne Ortsbezug. An Universitäten werden sie dafür bis heute vergöttert. Und ihr Vermächtnis wird maßlos überbewertet. So wie z.B. die simple gestalterische Sprache der Nationalgalerie, die van der Rohe in vielen weiteren Gebäuden auch nur wiederholt hat, z.B. Crown Hall oder Barcelona-Pavillon.

    In dubio pro reko

    4 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (2. Dezember 2013 um 20:09)

  • Ich kann "TrierRekos95" nur zustimmen. Die Neue Nationalgalerie ist nicht irgend ein belangloser banaler Glaskasten, sondern sie hat ihre eigene, vielleicht nicht für jeden verständliche "Gefühlsebene".

    Vielleicht sollte man mal dieses Video auf sich wirken lassen:

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    Zitat Volker:

    Zitat

    Gropius, Van der Rohe, Corbusier, und wie die ganzen Ikonen des 20. Jahrhunderts alle heißen. Sie haben doch mit ihrer ideologischen neuen Bauauffassung den Grundstein für die architektonische Misere gelegt, die wir jetzt speziell in diesem Forum beklagen.

    Da gebe ich dir vollkommen Recht Volker, dennoch sollte man sich dafür hüten, alles was diese Herrschaften haben hochziehen lassen pauschal zu verachten und abzuqualifizieren!

  • Warum, wenn mir diese Architekturauffassung pauschal nicht gefällt? Ich glaube eher, du lässt dich von einem großen Namen beeindrucken. Um sowas Schlichtes wie die Nationalgalerie zu entwerfen braucht man kein baukünstlerisches Genie sein. Da denke ich eher an George Bähr und die Dresdner Frauenkirche.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (3. Dezember 2013 um 07:34)

  • Zitat

    Um sowas Schlichtes wie die Nationalgalerie zu entwerfen braucht man kein baukünstlerisches Genie sein

    Das Alte Museum Schinkels oder das Pergamon-Museum Messels sind auch überaus "schlichte" Bauten, dennoch haben beide Baumeister in der Architektursprache ihrer Zeit jeweils zeitlos schöne Monumentalität geschaffen. Das gleiche gilt für mich für den Mies-van-der-Rohe-Bau. Gute Nacht! :zwinkern:

  • Ich will mich in einem Punkt korrigieren. Bauten wie die Nationalgalerie sollte man nicht beseitigen sondern sie als zeitgeschichtliche Dokumente erhalten. An meiner ästhetischen Beurteilung dieser Architektur halte ich aber fest.

    Ein Meisterwerk wie das Alte Museum von Schinkel mit diesem Glaspavillon auf eine Stufe zu stellen halte ich allerdings für ziemlich waghalsig. Das ist, als würde man die Sirene eines Polizeiautos mit dem Streichquintett von Boccherini vergleichen.


    Moderationshinweis (Palantir): Mit den sich anschließenden Beiträgen geht's hier weiter:
    Historismus in Deutschland

    In dubio pro reko

    5 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (3. Dezember 2013 um 15:02)

  • Schlechte Nachrichten: Das Museum der Moderne am Kulturforum wird wohl vorerst nicht kommen. Damit dürfte wohl auch die Surrealisten-Sammlung des Ehepaar Pietzsch für Berlin verloren gehen. :weinenstroemen:
    Im Bundestags-Kulturausschuss sitzen offensichtlich sehr viele Kulturbanausen. Staatliche Zuschüsse für Filme von Tom Cruise sind offensichtlich wichtiger als ein Museum für Kirchner, Beckmann und Miro. :kopfschuetteln:

    Mehr >>
    http://www.tagesspiegel.de/kultur/neue-na…n/10755894.html
    http://www.tagesspiegel.de/kultur/schlies…n/10763978.html

  • Naja, Berlin will sich wie immer nicht finanziell oder nur kaum beteiligen. Warum soll dann der Bund wieder komplett alles für die Stadt bezahlen? *Humboldt-Forum hust* Ist ja auch nicht so, als ob die Pietzsch-Sammlung dann komplett verloren ginge. Anscheinend wird sie dann wohl nach Dresden wandern, wo man auch bereit ist etwas zu investieren. Berlin geht mir echt auf die Nerven mit seiner Großspurigkeit auf der einen Seite und dem Handaufhalten und der Unfähigkeit, irgendwas selbst auf die Beine zu stellen, auf der anderen Seite. :augenrollengruen:

  • Lieber Treverer,

    und mir geht es echt seit Jahrzehnten auf die Nerven, dass auf Berlin aus westdeutschen Kreisen eingedroschen wird, indem man sich in Stammtischmanier darüber beschwert, wieviel Geld man in die Stadt pumpen muß... Nun gut, auch wenn zum Glück das Inseldasein der Halbstadt West-Berlin vor fast 25 Jahren ihr Ende gefunden hat, so erfüllt doch Berlin als Hauptstadt und Kulturmetropole mehr als je zuvor eine Funktion aus, die man als das Aushängeschild Deutschlands in der Welt bezeichnen kann.
    Hat man Berlin (West) vor dem 3. Oktober 1990 als Vorposten der Freiheit und strahlendes Vorbild der Demokratie finanziell auf ein sehr sanftes Ruhekissen gebettet, so hat man "uns" dieses nach der Einheit sehr schnell unter dem Allerwertesten weggezogen. Dafür hat Berlin in seiner Eigenschaft als Hauptstadt und damit auch Regierungssitz eines der reichsten Länder der Erde Aufgaben zu übernehmen, die das Budget eines Stadtstaats nun mal überschreiten. Dazu gehört natürlich auch die kulturelle Leuchtkraft, die die -zig Millionen Besucher aus aller Welt nach Deutschland lockt.
    Aber da Berlin ja "großspurig" daherkommt, bin ich es auch mal :cool: .... Wieviele Menschen auf der Welt haben schon von Trier gehört und wieviele von Berlin.

  • Treverer: Genauso ist es! Berlin sollte sich hier ein Beispiel an Köln nehmen, wo die einmalige Impressionistensammlung der Fondation Corboud der Stadt verloren zu gehen drohte - bis diese schließlich die Initiative ergriff und selbst einen Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums auf den Weg brachte. In Berlin fehlt auf der Ebene der Lokalpolitik ein Sinn dafür, dass man ja auch einmal selbst etwas auf die Beine stellen könnte in kultureller Hinsicht - schließlich ist es ja auch die Stadt Berlin, die in erster Linie von einem vernünftigen, ausreichend großen Museum der Moderne profitieren würde. Stattdessen floss bzw fließt die ganze Wowereitsche Energie (als Regierender Bürgermeister plus Kultursenator in Personalunion) in die Planung einer Zentralbibliothek, bei der man sich doch fragen muss, wer diese denn im Internetzeitalter überhaupt noch leibhaftig besuchen würde. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob sich an dieser seltsamen Mentalität mit einem der neuen SPD-Bürgermeisterkandidaten viel ändern würde - sind halt alles in Westberliner Nehmermentalität aufgewachsene Parteifunktionäre.

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  • Aber da Berlin ja "großspurig" daherkommt, bin ich es auch mal :cool: .... Wieviele Menschen auf der Welt haben schon von Trier gehört und wieviele von Berlin.

    Oh, da würde ich mich gerade als Berliner lieber mal zurückhalten. XD Geschichtlich gesehen ist Berlin gegen Trier nur ein kleiner Fliegenschiss auf der Landkarte. Trier ist immerhin älteste deutsche Stadt, war zeitweise zweitgrößte Stadt des Römischen Reiches, war Hauptstadt des Weströmischen Reiches, ist ältester Bischofssitz Deutschlands, besitzt das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen, Karl Marx wurde hier geboren, dem ihr in Berlin eine fette Allee gewidmet habt und so weiter und sofort...Trier mag innerhalb Deutschlands recht unbekannt sein, ist aber außerhalb Deutschlands vielen schon ein Begriff wie ich immer wieder (zugegeben) erstaunt feststelle.

  • @ Treverer: Trier ist eine wirklich schöne Stadt, aber die Porta Nigra und der ein paar Moselwein-Kneipen machen noch keine Weltstadt. Der Vergleich mit Berlin hinkt.

    Berlin ist nun einmal unsere Hauptstadt und hat unter den europäischen Hauptstädten als einzige kein vernünftiges Museum für die Malerei des 20. Jahrhunderts. Das ist kläglich und schändlich, zumal die Erweiterung der Neuen Nationalgalerie für ca. 130 Mio. Euro "zu haben" wäre und Berlin durch das Sammlerehepaar Pietzsch eine exquisite Surrealisten-Sammlung von ca. 130 Bildern geschenkt bekäme. Mit anderen Worten, ein Marx Ernst, Klee, Picasso, Dali oder Miro wäre für das Museum in Berlin im Gegenwert für 1 Mio. Euro pro Bild "zu haben", auf dem Kunstmarkt zahlt man für solche Künstler wohl locker ein bisschen mehr. Der Skandal ist dass man sich wegen ein paar für den Bund läppischen Milliönchen eine herausragende Kunstsammlung entgehen lässt. rant:)

  • Ich finde,dass gerade in der Kunstmetropole Dresden so eine Sammlung eher fehlt als in Berlin und sie dort gut aufgehoben wäre (es muss nicht immer alles in Berlin landen).

  • @ Treverer: Trier ist eine wirklich schöne Stadt, aber die Porta Nigra und der ein paar Moselwein-Kneipen machen noch keine Weltstadt.

    Trier war jahrhundertelang Weltstadt, da war Berlin Sumpfland so weit das Auge reichte. Und wer weiß, wie es mit Berlin aussieht, wenn Berlin 2000 Jahre alt wird, wie Trier es bereits schon ist. Und etwas mehr als nur die Porta Nigra und Kneipen hat die Stadt schon zu bieten, ihr Banausen! :kopfschuetteln:

  • Auch wenn Trier 2000 Jahre alt ist und ein paar antike Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, möchte ich bezweifeln, dass z.B. amerikanische/spanische/britische/schwedische/dänische oder sonstwoher-Durchschnittstouristen sagen: "Lass uns mal nach Deutschland reisen, damit wir uns Trier ansehen!"
    Berlin ist die Haupstadt, Weltstadt, und durch die jüngste Geschichte der letzten 100 Jahre nun mal mehr im Blickpunkt als andere Städte.
    Ich nehme an, dass niemand von uns bestreitet, dass Trier oder jede andere Stadt in Deutschland ihre schönen Seiten hat und ihre interessante Historie.
    Aber für die bekannteste Kulturmetropole Deutschlands, die durch ihre Attraktivität schon seit langer Zeit in aller Welt ein positives Deutschlandbild vermittelt, sollte es doch wohl machbar sein, dass der Bund im Namen aller Deutschen die finanziellen Voraussetzungen ermöglicht.
    Doch dieser Futterneid anderer Regionen auf die Hauptstadt ist ja kein rein deutsches Phänomen.

  • Sorry, Oberbaumbrücke, aber du wirst dieser Großspurigkeit, von der ich anfänglich sprach, total gerecht. Erst diesen blöden Schwanzvergleich mit einem Städtchen wie Trier anfangen (auf den ich Idiot auch noch einging), wenn es um eine komplett andere Sache ging und dann jegliche Kritik einfach so wegwischen, indem du den Kritikern "Futterneid" vorwirfst.
    Dann lass mich dir mal sagen, dass du hier im Forum kaum einen größeren außerhalb Berlins lebenden Interessierten und, ja, Fan von Berlin wie mich findest. Du und Kralle könnt das natürlich nicht wissen, ihr seid ja praktisch zwei Neulinge hier, aber ich bin schon seit 2005 in diesem Forum angemeldet (das sind bald 10 Jahre!) und abgesehen vom Neumarktprojekt in Dresden beteilige ich mich fast ausschließlich im Berlin-Forum. Ich fiebere seit einem Jahrzehnt live mit, wie Berlin wieder zu einer der herausragendsten Kulturmetropolen der Welt wird. Da ist aber auch mal etwas Kritik erlaubt, oder nicht?
    Und möchte ich mich nochmals wiederholen: Berlin soll mal nicht immer nur die Hand aufhalten und sich auf den Hauptstadtbonus verlassen, sondern auch mal selbst was auf die Beine stellen und investieren. Wenn der Bund jetzt einmal "nein" sagt und Dresden gleichzeitig bereit ist mehr zu investieren, dann hat Dresden auch die neue Kunstsammlung verdient! Dieser Riesenverlust ist Berlin hoffentlich eine Lehre.

  • Das Problem mit dem Museum des 20. Jahrhunderts ist, dass der Bund eben schon sehr viel Geld in die Berliner Kultur- und Museumslandschaft pumpt - Stichwort Humboldtforum, Museumsinsel, Staatsoper Unter den Linden - so dass jedes weitere neue Prestigeprojekt derzeit anscheinend politisch zu schwer zu vermitteln wäre.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Berlin wird, sieht man mal von der Episode Weizsäcker und Diepgen ab, seit Jahrzehnten fast durchgängig rot regiert. Zudem ist das kommunistische Milieu stark. Wenn ich beim Gang durch die Straßen auf manche Denkmäler stoße, habe ich gelegentlich den Eindruck, die DDR sei nie untergegangen. Wen wundert es also, dass diese Stadt noch viel mehr pleite als andere Städte ist? Mit Geldern anderer kann man die Party eben stets noch eine Weile länger feiern. Nun müssen sich die anderen eben überlegen, wie viel ihnen das Prestige einer herausgeputzten Bundeshauptstadt wert ist. Und diese Frage muss sich jeder selbst beantworten, woraus unterschiedliche Standpunkte resultieren.

  • Zum besseren Verständnis Treverers Aussagen sei angemerkt, dass der Moselfranke an und für sich manchmal ziemlich nachtragend sein kann :zwinkern:
    Die preußischen Demütigungen des 19. Jahrhunderts jedenfalls, die scheinen hier noch nach beinahe 200 Jahren nachzuwirken. Man verweise nur auf eine Anekdote, der zufolge Matthias Fischer (in Trier eher als Fischers Maathes bekannt) 1848 dies oder ähnliches auf den Barrikaden ausgerufen haben soll: "Eisch hann kein Ahnung wat hei luus is, awer solang et nuret ge'jn de Preußn gieht machn eisch alles mit!" ("Der Zweck dieses Unterfangens ist mir nicht geläufig, doch jeder Widerstand gegen preußische Fremdbestimmung sei sich meiner Unterstützung gewiss.").

    Na ja. Zurück zum Thema.

    Gerade als jemand, der das linksrheinisch Deutschland den Großraum seiner Heimat nennt, kann ich nachvollziehen, dass einem die permanente Lobpreisung und Förderung der Hauptstadt bei gleichzeitiger "Abwertung" anderer, vor allem Ländlicherer/Kleinstrukturierter Regionen, durchaus überzogen vorkommen kann. Das heißt nicht, dass sie vollkommen unberechtigt ist, aber insbesondere in einem kulturell eher heterogenem Land wie Deutschland erscheint einem Nicht-Hauptstädter deren Dominanz wie ein Monopol, das die eigene Nation und somit auch jeweilige Region vertreten will, mit dem sie sich jedoch nicht identifizieren kann. Und genau so, wie das Abhalten von Oktoberfesten in ganz Deutschland idiotisch ist, kann man verstehen, wenn es nun eben nicht Berlin ist, das einen Musentempel mehr bekommt.
    Das hat nichts mit Schadenfreude zu tun oder Schwanzvergleich, sondern einfach damit, dass Berlin eben nicht das Herz Deutschland ist, sondern ein Kultur- und Verwaltungszentrum in einem vielschichtigen, nationalweiten Geflecht aus landwirtschaftlichen, Kunst-, Industrie-, Handels-, Forschungs-, touristischen und Dienstleistungszentren, die in gegenseitiger Abhängigkeit existieren und weder Monopole noch Eintönigkeit besitzen.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • @ Oberbaumbrücke

    Ja, Berlin ist eine "Weltstadt", genau das, was man darunter versteht, eine Stadt von Welt, eine weltstädtische Stadt, eine Stadt, wo sich die Welt trifft.

    Eine andere Frage ist, ob man das positiv sehen MUSS, ja, ob sich dahinter nicht ein Fluch verbirgt.
    In diesem Zusammenhang ist der Vergleich mit Trier wirklich originell, passt dieser doch wie die Faust aufs Auge.
    Auch Trier hat eine Züge einer "Stadt von Welt", erstklassige Kulturdenkmäler und Bauwerke, die sogar von anderen Kulturträgern dorthin eingepflanzt wurden.
    Und hier sieht man den Unterschied, den alles entscheidenden Unterschied.
    Jene Welt, die sich in der "Weltstadt" Berlin offenbart, kann mir gestohlen, soll mir vom Halse bleiben. Das ist jetzt nicht gegen Berlin gemünzt, keine Gehässigkeit gegenüber der wilheminischen Großstadt, lässt sich genauso auf Paris oder auf mein Wien beziehen, auch auf London (das ich allerdings auch wirklich überhaupt nicht mag, es scheint mit dem "Weltstädtischen" untrennbar verschmolzen zu sein).
    Ich mag nämlich "die Welt" nicht hier bei uns, ich mag unsere alte Welt, unser Europa, das sich stets miteinander ausgetauscht hat, nicht nur in Trier, auch in Eichstätt, Dresden, Potsdam, Naumburg (war der dortige Dombaumeister nun Franzose oder Deutscher?), in Prag (obwohl es dort schlecht ausgegangen ist), Split, Zagreb, Dubrovnik, Paris usw usf. bzw auch dort, wo kein solcher Austausch erfolgt ist, ja wo sich unter Umständen sogar ein beträchtlicher Troglodytismus oder Provinzialismus breitgemacht hat oder auch nicht.
    Wer schließlich darf das schon beurteilen, wer darf auf eigenständige, abgeschottete Kulturen überheblich herabblicken?
    Nur was ich nicht, ja gar nicht mag, ist die Beliebigkeit der Weltstadt. Wann werden wir endlich kapieren, dass wir von der "Welt", von diesem Begriff nämlich, der in "Welt" mitschwingt, natürlich nicht von der "Welt" an sich, und auch nicht von ihren mehr oderwengier unschuldigen Bewohnern, die es zu uns hereinspült, nichts als Dreck bekommen?
    Paris, Wien und Berlin könnten so schön sein, wenn sie das wären, was sie waren oder sein könnten - alte europäische Metropolen oder auch nur Hauptstädte kleiner europäischer (aber eben europäischer) Länder. Die weltstädtische Großmannsucht wird ihnen nur von jenen suggeriert oder aufgedrängt, die den unerträglichen status quo beschönigen wollen.
    Ich will das Berlin des Großen Kurfürsten sehen, Friedrich des Großen, das gründerzeitliche Berlin, das Berlin des sozialistischen Wiederaufbaus (so schlecht dieser auch stellenweise gewesen sein möge), will mein Wien haben, das mittelalterliche Wien, das heldenhafte Wien, das den Türken getrotzt hat, das Wien der barocken, imperialen Pracht, des Biedermeiers, der Gründerzeit, des Jugendstils, des sozialen Wohnbaus, der Wiederaufbaujahre...
    "Die Welt" soll mir dabei vom Halse bleiben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Am Kulturforum ist gerade das Problem, dass es wie ein Baumarktareal in die Landschaft geknallt ist. Es fehlt vor allem die lebendige Stadt. Und nachts ist da alles mausetot.