• Mal ein anderes Thema: Ist euch auch schon aufgefallen, wie sehr die Museen mit Werbebanner für Ausstellungen zugehängt werden?
    Am Bodesmuseum sind die Risalite der Längsseiten mittlerweile fast immer verdeckt, im Treppenhaus verhängen Fahnen die Säulen der Galerie, an der James-Simon-Galerie ist an der Wand neben den Eingang auch schon ein riesiger Stahlrahmen angebracht worden, der natürlich auch die meiste Zeit behängt sein dürfte. Und im Foyer des Humboldt-Forums wird ein dreieckiges Monstrum mit Leinwänden aufgebaut, das die Besucher über Aktuelles informieren soll.
    Ich frage mich, wer für diesen Unsinn verantwortlich ist? Ich glaube nicht, dass derartige Verschandelungen wesentlich mehr Leute in die Museen locken werden...

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es würde ja ausreichen Sonderausstellungen zu "beflaggen" und diese Banner dann z.B. zwischen die Säulen zu hängen. Tja, hier bei uns wiegt halt die historische Bausubstanz alter Museen sehr viel weniger als z.B. im Kunsthistorischen in Wien. Dort habe ich noch nicht die Eingangskuppel verhängt gesehen oder ähnliches!

  • Ich frage mich auch, was der tiefere Sinn dieser Beflaggung ist. Geht es wirklich um das Anlocken von Besuchern, oder darum, im Stadtraum seine Duftmarke als Institution zu setzen? Oder geht es auch darum, dass man eine historische Architektur einfach nicht so sein lassen kann, wie sie ist, und, wenn man sie schon aus Gründen des Denkmalschutzes nicht umbauen darf, wenigestens irgendwie umdesignt?
    In Österreich ist es übrigens üblich, historische Räume durch entsprechende Exponate zu verfälschen. Besonders unangenehm war das im Oberen Belvedere unter dem alten Direktorat von Husselein-Arco.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Das Bodemuseum zeigt sich aktuell recht dezent bebannert.


    Aufgrund der heruntergeschmurgelten Bildqualität kaum zu erkennen sind die weiteren Aufhängungsbügel unterhalb des rechten Giebelfeldes sowie links und rechts der Fahne am Rundbau. Im übrigen bin ich der Meinung, dass der James-Simon-Galerie solche Anbringungen optisch eher zum Vorteil gereichen. :zwinkern:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • In vollem Werbeschmuck hat Richard Mortel aus Saudi-Arabien das Bode-Museum im Januar 2018 eingefangen:

    Bode-Museum (Foto: Richard Mortel, Januar 2018, CC-BY-2.0)

    Die drei Transparente über den Eingängen mit ihrer "durchgestrichenen" Optik werben für die Sonderausstellung "Unvergleichlich. Kunst aus Afrika im Bode-Museum". Das Werbedesign für kunsthistorische Ausstellungen ist heutzutage oft recht schrill und zielt auf ein Massenpublikum ab. Das gilt besonders für Berlin. Das Transparent unter dem Giebel zeigt einen heiligen Georg von Tilman Riemenschneider und wirbt für die Dauerausstellung alter Plastik.

    Auf dem folgenden Foto von Billie Grace Ward aus New York City kommt die Beflaggung besonders gut zur Geltung.

    Bode-Museum (Foto: Billie Grace Ward, Februar 2017, CC-BY-2.0)

    Beim Bode-Museum ist hinter jedem der vier Giebel eine Fahne mit dem Namen des Museums angebracht. Da die meisten Besucher sich nicht aus der Richtung des Fotografen dem Museum nähern, werden sie nicht alle vier Fahnen gleichzeitig sehen. Es sind also nicht zu viele Fahnen. Die Zahl der Fassadentransparente ist hier auf eines (blau am Nordwestgiebel) reduziert. Es wirbt für das Münzkabinett.

    An der folgenden Aufnahme von Ralph Wachowiak aus Potsdam können wir die Befestigungen für die Fassadentransparente über den Eingängen gut erkennen. Mantikor beklagt, dass die Halterungen auf seinem Foto fast nicht zu erkennen sind. Das ist natürlich beabsichtigt. Sie sollen das Fassadenbild ja nicht stören. Dies gelingt auch. Wenn kein Transparent angebracht ist, nimmt man die Halterungen nicht wahr, sofern man nicht nach ihnen sucht. Es empfiehlt sich dieses, wie auch die anderen Bilder, die ich präsentiere, über den zugehörigen Link maximal zu vergrößern.

    Bode-Museum, Fassade des Eingangsbereiches an der Spitze der Museumsinsel (Foto: Ralph Wachowiak, September 2017, CC-BY-SA-2.0)

    Auf den folgenden beiden Fotos können wir die Halterungen für Werbetransparente unter den Giebeln (bei Vergrößerung) gut sehen. Zunächst mit Transparent, dann ohne:

    Bode-Museum, Detail der Nordwestseite (Foto: Englandfan~commonswiki, April 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Bode-Museum, Ostseite (Foto: Englandfan~commonswiki, April 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Schauen wir uns jetzt an, wie es bei den anderen Häusern der Museumsinsel gemacht wird.

    Alte Nationalgalerie (Foto: Beko, April 2017, CC-BY-SA-4.0)

    Die Alte Nationalgalerie kommt mit einer Fahne auf dem Dach aus. Neben dem Eingang bieten sich große Wandflächen zur Anbringung zweier Transparente an. Hier stören die Transparente natürlich weniger als am Bode-Museum, bei dem es solche schlichten Wandflächen nicht gibt. An den anderen Seiten der Alten Nationalgalerie finden wir keine Werbung.

    Neues Museum, Eingang am Kolonnandenhof (Foto: Richard Mortel, Januar 2018, CC-BY-2.0)

    Am Neuen Museum finden wir eine Fahne über dem Giebel zum Kolonnadenhof und eine über dem Giebel zum Neuen Hof. Der Eingang am Kolonnadenhof wird von zwei Transparenten flankiert, die zwischen die Säulen gehängt sind. Auch das sieht besser aus als die Anbringung solcher Transparente am Bode-Museum. Dort gibt es keine Kolonnaden. Die Bogenöffnungen an der Spitze der Museumsinsel müssen als Eingangsbereich zum Bode-Museum frei bleiben. Die Transparente dort können also nur oberhalb der Bogenöffnungen vor die Fassade gehängt werden bzw. an den Seiten vor die Fassade.

    Altes Museum (Foto: Pawel Kotow / Павел Котов, Dezember 2011, CC-BY-3.0)

    Am Alten Museum reicht eine Fahne auf dem Dach aus. Zwischen die Säulen der Schaufassade zum Lustgarten werden zwei bis vier Transparente gehängt. Genutzt werden dafür von den Rändern aus gesehen jeweils die vorletzte und die drittletzte Öffnung. An den anderen Seiten des Alten Museums finden wir keine Werbung.

    Das Kommunikationsdesign der Museumsinsel wurde von Spezialisten entwickelt. Ich konnte aber auf die Schnelle nicht herausfinden, welches Büro dafür verantwortlich ist. Es geht keineswegs darum, die historischen Häuser abzuwerten. Ziel ist es vielmehr, die Menschen in die Häuser zu locken und sie darauf hinzuweisen, wo welcher Eingang ist. Durch seine Lage mit dem Eingang an der Nordspitze der Museumsinsel ist das Bode-Museum benachteiligt. Die Werbung soll bewirken, dass möglichst viele Menschen den Weg dorthin finden. Seit Jahren wünschen sich die Museumsleute speziell für das Bode-Museum mehr Besucher. Wir müssen berücksichtigen, dass viele Touristen nicht gut informiert sind. Die Werbung wendet sich nicht an Experten wie uns, sondern an Leute ohne Vorbildung. Bei den anderen drei Häusern mit jeweils ausgeprägter Schaufassade und Erschließung über den Lustgarten bzw. den Kolonnadenhof reichen weniger Transparente und Fahnen zur Besucherinformation aus.

    Nachtrag: Natürlich ist auch das Pergamonmuseum in dieses Kommunikationsdesign einbezogen. Aufgrund der Baustellensituation habe ich es nicht näher behandelt. Auf dem folgenden Bild sieht man ein Transparent, das auf den Interimseingang hinweist.

    Kolonnadenhof, Alte Nationalgalerie, hinten links das Pergamonmuseum (Foto: Nikolai Karaneschev, April 2013, CC-BY-3.0)

  • Mir gefallen diese stets gleichen Flaggen auf den Gebäuden überhaupt nicht. Das sieht aus, als wäre für den SED-Aufmarsch zum 1. Mai geflaggt worden. Oder für den Kongress der KPdSU. Möglichenfalls gefällt es deshalb einigen Ost-Berlinern. Zudem stört es für mich die Giebel als Fassadenabschluss. Ähnlich sieht es mit diesen grellroten Fassaden-Aufhängern aus. Vor allem beim Alten Museum und der Alten Nationalgalerie stören sie für mich markant den architektonischen Eindruck.
    Besucher, die diese Häuser betreten möchten, haben sich vorher darüber informiert. Kein Passant, der das nicht in irgendeiner Weise vor hatte, betritt eines der Museen aufgrund von riesigen roten Bannern, auf denen der Museumsname steht. Hinweise auf die Ausstellungen und den Eingang kann man auch dezent als kleine Aufsteller vor den Museen platzieren.
    Also dieses Kommunikationsdesign findet mein Missfallen.

  • Lustig ist: Mir fällt heute zum ersten Mal auf, dass die Flaggen, die über den Museen wehen, die Namen der Museen tragen. Es ist also die Frage, ob diese Beflaggung überhaupt Sinn macht.

  • Das sehe ich im Grunde so wie Heimdall. Diese Fahnen lenken von der Fassade ab, mehr Besucher haben die Museen deshalb wohl auch nicht. M. E. handelt es sich um eine Narretei und eine Modeerscheinung. Zumal man bei den Fahnen oft auch noch den Kopf schief halten muss, um den Text überhaupt lesen zu können. In Tauberfranken hätte man dazu gesagt: "Des sin doch Fürz mit Krücke". Auf hochdeutsch: "Das sind doch Fürze mit Krücken". Ein Museum macht das mit den albernen Fahnen vor und die anderen (Narren) machen es nach. Dabei hoffe ich, dass diese Fahnenwerbung von Museen eine temporäre Erscheinung ist, wie so Vieles andere auch, was schon mal Modetrent war und irgendwann auch wieder verschwunden ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (8. Mai 2019 um 20:04)

  • Finde das jetzt nicht so schlimm, schaut halt nur ein bisschen komisch aus, als steckt man auf eine perfekt kreierte Torte kleine pap Fähnchen Stört die Torte nicht wirklich aber fellt halt auf.

  • Ich habe auch die Erfahrung gemacht, das Bekannte, mit denen ich mich verabredet habe, das jeweilige Museum - trotz Fahne mit Namenszug auf dem Dach, nicht gefunden haben...

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  • Ich bin ja wohl hier das älteste Geschoss im Forum und mir fällt immer wieder auf, wie wenig manche, gottlob wenige, hier die Rechtschreibung beherrschen, sofern nicht muttersprachlich Deutsch ist es verzeihlich, aber bei manchen gibt's hier einfach peinliche und sicher nicht durch Ausrutschen mit der Maus zu erklärende Fehler. Man kann doch einfach parallel mal Wiki benutzen, wenn man sich nicht sicher ist! Oder z. B. Verb Grundform anschauen und dann beugen. (Infinitiv & konjugieren).

    Nichts für ungut, musste mal raus, aber nun zurück zum Thema :lehrer:

  • Wie alt ist eigentlich dieser Beflaggungsbrauch, und wo ist er entstanden?

    Mir kommen immer sofort Bilder aus der Nazizeit in den Sinn, bei denen ganze Fassaden durch turmhohe Banner verdeckt wurden (sogar das Berliner Schloss). Aber gab es das auch vorher schon? Beispielsweise um hohen Besuch zu begrüßen oder Ereignisse anzukündigen?

    Der Wikipedia-Artikel zur Geschichte der Flaggen ist zwar interessant, sagt dazu aber leider nichts.

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Die Tradition, Gebäude innen wie außen mit Stoffen, Teppichen oder Flaggen zu schmücken, ist sehr alt. Leider habe ich auf Anhieb nur einige wenige Bilder gefunden.

    Da gibt es seit der Renaissance die Tradition, bei festlichen Anlässen Balkone, Fensterbrüstungen oder Logen mit Teppichen oder Decken zu behängen.


    Eine Perpetuierung fand diese ephemere Dekoration beispielsweise im Cuvillies-Theater zu München.

    Im kirchlichen Bereich können das auch Teppiche mit Heiligenbildern (bei Kanonisationen) oder dem Papstwappen sein.


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  • Eine interessante Frage. Es könnte wirklich sein, dass dieses Stilelement in der großen Form, also über ganze Gebäudefassaden hinweg, in der NS-Zeit entwickelt worden ist.

    Es ist dann allerdings auf jeden Fall weltweit übernommen worden, vom kommunistischen Ostblock (hier) bis in die USA (hier).

  • Im Innern der Kirchen gab es die Verhängung und Auskleidung mit Stoffen auch, ebenfalls vorzugsweise bei Heiligsprechungen oder an hohen Festtagen.



    Im Vergleich dazu sind die Beflaggungen des 20. Jh. und erst Recht die heutigen Werbebanner ein höchst dürftiger Abklatsch. Aber das Bedürfnis, Architektur zu behängen, ist geblieben.

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  • Solche täuschend echt wirkende kostbare Stoffe darstellende "Decken" aus Stuck, farbig gefasst und lüstriert gibt es in der Wallfahrtskirche St. Anna zu Haigerloch an der Fürstenloge (Rokoko um 1750). Desgleichen in der Schlosskirche zu Haigerloch, ebenfalls an der Fürstenloge. Habe vor geraumer Zeit Fotos unter Galerien zu Haigerloch (Regierungsbezirk Stuttgart) hier im Forum eingestellt. Meine dass dabei auch welche von diesen Brüstungen mit den darüber geworfenen Decken aus farbig gefasstem Stuck befinden.

  • Eine interessante Frage. Es könnte wirklich sein, dass dieses Stilelement in der großen Form, also über ganze Gebäudefassaden hinweg, in der NS-Zeit entwickelt worden ist.

    Es ist dann allerdings auf jeden Fall weltweit übernommen worden, vom kommunistischen Ostblock (hier) bis in die USA (hier).

    Komplettverhängungen kenne ich auch erst für die Zeit der totalitären Diktaturen. Die New Yorker Börse kam mir auch gleich in den Sinn.

    Die Verhängung des Brandenburger Tors diente m. W. beim Kennedy-Besuch dem Zweck, den Durchblick zu verhindern.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Drapierung von Architektur mit versteinertem Stoff ist ein wunderbares Thema für sich.
    Spontan fallen mir ein: Sala Ducale im Vatikan und Grabmal Alexanders VII. in St. Peter von Bernini


    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Und wenn ich noch drei letztes Beispiele für Verhängungen anfügen darf:

    • die Rubensteppiche im Kölner Dom
    • Fastentücher
    • Die Gesandtentreppe in Versailles (unter Ludwig XV. abgetragen): Gemalte Scheinloggien mit Scheindraperien und gemalte Scheinteppiche als Füllungen der Interkolumnien - hier aus einem Modell.



    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.