Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, hat sich in einem sehr umfangreichen Interview mit dem Tagesspiegel zu aktuellen Problemen rund um die immer wieder strittige Herkunft einiger Bilder der Museen, zu den Problemen am Kulturforum, zur möglichen Rückkehr der Alten Meister auf die Museumsinsel und auch die Zukunft des Humboldtforums geäußert. Da das Interview sehr lang ist, will ich nur einige Aspekte zum Humboldtforum zitieren, alles weitere dann im Artikel selbst:

    Zitat


    Das Humboldt-Forum hat es schwer in der Öffentlichkeit. Das Schloss wird von vielen geliebt, die Alten Meister in der Gemäldegalerie hatten beim Museumsstreit 2012 eine starke Lobby, aber für das Humboldt-Forum macht sich kaum einer stark.
    Schwer zu sagen, woran das liegt. Für viele ist das Humboldt-Forum identisch mit dem Schloss, und hier gibt es verschiedene Fraktionen. Den einen gilt das Schloss als symbolische Manifestation der Wiedervereinigung nach der mutwilligen Sprengung des Schlüter-Baus zu DDR-Zeiten. Bei anderen steht der Aspekt der Rekonstruktion im Vordergrund oder der urbanistische Aspekt der Stadtgestaltung in der historischen Mitte. Wieder andere sehen weniger auf die barocke Hülle als auf die inhaltliche Dimension: das Schloss als Wiege der Aufklärung in Berlin und der großen preußischen Reformen im 19. Jahrhundert.

    Trotzdem heißt es immer wieder, barocke Fassaden und afrikanische Einbäume, das passt nicht zusammen.
    Wollen Sie jetzt hören, dass ich mir auch zeitgenössische Architektur vorstellen kann? Der Wiederaufbau des barocken Korpus ist in meinen Augen absolut richtig, denn städtebaulich klafft am Schlossplatz eine schmerzliche Lücke.

    Und was tun Sie, um die Öffentlichkeit mehr fürs Humboldt-Forum zu begeistern?
    Soweit der personelle und finanzielle Rahmen es uns erlaubt, tun wir sehr viel: Wir bespielen die Humboldt-Box und haben das Humboldt-Lab in Dahlem. Der Diskurs über das Humboldt-Forum findet also dauerhaft und an mehreren Orten statt. Am wichtigsten ist, dass am Ende gut wird, was wir präsentieren, und dass die Besucher sich wohlfühlen. Auch der Streit um das Neue Museum hat mit dem Tag der Eröffnung schlagartig aufgehört.


    http://www.tagesspiegel.de/kultur/intervi…/9289866-2.html

    APH - am Puls der Zeit

  • Wer von euch hat eigentlich schon für das Schloss gespendet?


    Eine gute Frage, denn aus Forumsbeiträgen kann man schließlich kein Schloss bauen.

    Ich für meinen Teil kann die Frage jetzt mit Ja beantworten. Ich habe zwar nur einen kleinen Betrag gespendet, aber wie heißt es doch auf der Website des Fördervereins:

    Viele Tropfen füllen das Meer! Jeder Betrag zählt, keiner ist zu klein!

    Und vielleicht mache ich das nächstes Jahr wieder, vielleicht jedes Jahr. Vielleicht auch mal mehr.

  • Hier noch einige Bilder vom Abriss des Schlosses, erstaunlich auch, wie gut das Hauptportal eigentlich noch im Schuss war...

    Figuren, Wappen und co. werden abgetragen...

    Nach der ersten Teilsprengung, freiwillige Helfer tragen Schutt ab.

    Warum nur?! :aufdenkopf:

  • @ Ludolf

    vielen Dank für die tolle Zusammenstellung. Wie unglaublich diese kulturelle Barbarei angesichts des teils sehr guten Erhaltungszustandes ist, brauche ich hier nicht mehr näher auszuführren, man muss sich nur die Bilder ansehen.

    Ein Bild hat aber meine volle Aufmerksamkeit geweckt und zwar dieses hier:

    Ganz offenkundig wurden alle wesentlichen Schmuckelemente des Hauptportals (Kartuschen, Kapitelle, Bronzetafeln, Skulpturen) vor der Sprengung ausgebaut. Eine Sicherung der wesentlichen Schmuckelemente in diesem Umfang war mir bislang nicht bekannt. Selbst die aufwändigen und extrem teuren schmiedeeisernen Gitter hat man zumindest teilweise wohl ausgebaut. Es stellt sich nun die Frage, was mit diesen Elementen passiert ist. Weiß hier jemand mehr?

    APH - am Puls der Zeit

  • Hier noch ein Luftbild um 1900 auf das Schloß aus einer Perspektive, die ich noch nicht kannte und vielleicht auch hier noch nicht gezeigt wurde (wenn doch, bitte ich um Entschuldigung).


    Die Frage nach dem Warum ist einfach und doch wieder nicht.... Obwohl nach Kriegsende sogar noch 4 Ausstellungen im Schloß stattfanden, wollte Ulbricht wohl ganz einfach radikal einen Schlußsztrich ziehen unter eine Monarchie, die es schon 30 Jahre nicht mehr gab. Ihm war es darüberhinaus nur daran gelegen, einen Aufmarschplatz nach dem Vorbild des Roten Platzes in Moskau zu gewinnen. Was für eine kulturelle Barbarei er und seine Bande begangen haben, ist ihm vermutlich in sein beschränktes, machthungriges Hirn nicht eingegangen.

  • Was für ein unsagbar schönes Gebäude und was für eine unsagbar große Untat! Die Wiedererrichtung der Fassade ist leider nur ein kleiner Trost für all die verlorene äußere und innere Schönheit, allen voran die Innenräume, die romantische Spreeseite und der Apothekerflügel! :weinenstroemen:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • @ Andreas, ja richtig, die Hütten davor sind der Arbeitssitz des Wissenschaftlichen Archivs.

    Das Schloss wurde ja vor dem Abriss nochmal genau unter die Lupe genommen. Alles wurde vermessen, Statuen und co. notiert. Erstaunlich, dass es hier kein Register gibt und das Schicksal von vielen Stücken so unbekannt ist....


    Eine Architektin aus Weimar, Ellen Kraft, vermisst ein Kapitel von der Feuerwehrleiter in 32 m Höhe.



    Eine Gruppe von Architekten beim Ausmessen des Gemäuers.

    Der "Imperiale Zoo" wird abgebaut

    Vieles der Inneneinrichtung wurde auch einfach geplündert. Wertvolle Ornamente werden vor dem Abriss oft unter grössten Schwierigkeiten ausgebaut.
    Vermutlich sind diese unlängst in der ganzen Welt verbreitet. Statuen und co. liegen sicherlich noch irgendwo unter der Erde. Erstaunlich, dass hier alles vermessen und erfasst wurde, aber vieles spurlos verschwunden ist.

  • Trotzdem stellt sich ja die Frage, wo die ganzen ausgebauten Fassadenelemente abgeblieben sind. Man macht sich ja nicht eine solche Mühe um nachher doch alles auf die Müllhalde zu werfen. Man muss ja zumindest zum damaligen Zeitpunkt irgendeine Absicht mit dem Ausbau verfolgt haben. Vielleicht steht aber auch zu befürchten, dass man ursprünglich zwar die kunsthistorisch wertvollen Teile für eine möglichen Wiederaufbau an einem anderen Ort retten wollte, sich später aber dagegen entschied und alles irgendwo vergraben hat!

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich vermute mal dass es sich bei den "Ausbauabeiten" um Beschwichtigungs- und oder Täuschungsmannöver gehandelt hat. Die Abrisspläne und Bemühungen haben ja national und international für Proteste gesorgt und mit wissenschaftlichem Aufmessarbeiten und "Rettung" wertvoller Details wollte man vermutlich der angeprangerten Kulturschänderei entgegentreten.
    Die Fragmente wurden dann in igendwelchen Lagerhallen irgendwo verteilt und vergessen oder still und leise entsorgt.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • @ Wissen.de
    Ich habe mal vor einiger Zeit irgendwo (evtl. im "Berliner Extrablatt" des Fördervereins [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon]) gelesen, dass der vom Schloss erhaltene Bauschmuck bzw. die 1950 geborgenen Bauteile noch mehrere Jahre (bis in die frühe Honecker-Zeit) in einem Zentrallager in Ost-Berlin gelagert wurden, allerdings unter schlechtesten Bedingungen, d.h. unter freien Himmel und bei starkem Vandalismus. Die Zerstörung des Berliner Schlosses ging nach der Sprengung also noch etwa 20 Jahre weiter, durch mutwillige Vernachlässigung oder Zerstörung der erhaltenen Reste. Die Roten Taliban Städtebaugenies der SED haben ganze Arbeit geleistet! :boese:


    Kleiner Nachtrag: Ich habe gerade mehr zum Thema Schloss-Fragmente und ihr Schicksal nach 1950 gefunden.
    SIEHE >> http://berliner-schloss.de/das-historisch…e-des-schlosses
    .

  • Liebe Freunde,

    um die Frage zu beantworten, die Skulpturen, plastischen Elemente und Gesimse die aus dem "alten" Stadtschloss ausgebaut worden sind, wurden erst gelagert und dann wurden sie wie auch der andere Bauschutt verschüttet.
    Der meiste Bauschutt wurde übrigens im Volkspark Friedrichshain geschafft, dort aufgeschüttet und Bäume darüber gepflanzt.

    So sind unter den Augen der Öffentlichkeit geborgene Stücke später mit dem übrigen Schutt abtransportiert worden und die geborgenen Metallgitter wurden eingeschmolzen.

    (Quelle: Die Vernichtung des Berliner Stadtschlosses. 2000, S. 121–133/Wikipedia.)

    Viele Grüße :lehrer:

  • Es wäre in der Tat ein Armutszeichen, wenn das Umfeld des Schlosses so verwirklicht werden würde, wie momentan geplant. Wenn das nicht zu vermeiden wäre, könnte man doch zumindest die Spreeterrassen an der Ostseite dafür nutzen, die noch vorhandenen Skulpturen zu zeigen. Etwas Ähnliches habe ich schon mal am Musée d´Orsay in Paris gesehen. Die Skulpturen stehen für die versch. Kontinente (siehe Anhang).

    Dafür könnte man nehmen: das Standbild Moritz von Oraniens aus dem Depot in Potsdam, die Clio und die Allegorie der Wissenschaft aus dem Nikolaiviertel, Das Kapitell der Adlersäule und unbedingt gerne  :smile: auch die 4 Löwen vom Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal. Besonders diese stelle ich mir - schön sauber restauriert und mit neuem Unterbau - sehr imposant auf den Spreeterrassen vor!

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Es wäre in der Tat ein Armutszeichen, wenn das Umfeld des Schlosses so verwirklicht werden würde, wie momentan geplant. Wenn das nicht zu vermeiden wäre, könnte man doch zumindest die Spreeterrassen an der Ostseite dafür nutzen, die noch vorhandenen Skulpturen zu zeigen. Etwas Ähnliches habe ich schon mal am Musée d´Orsay in Paris gesehen. Die Skulpturen stehen für die versch. Kontinente (siehe Anhang).

    Dafür könnte man nehmen: das Standbild Moritz von Oraniens aus dem Depot in Potsdam, die Clio und die Allegorie der Wissenschaft aus dem Nikolaiviertel, Das Kapitell der Adlersäule und unbedingt gerne  :smile: auch die 4 Löwen vom Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal. Besonders diese stelle ich mir - schön sauber restauriert und mit neuem Unterbau - sehr imposant auf den Spreeterrassen vor!

    Kleiner Nachtrag: die Rossebändiger habe ich vergessen . . . die könnte man ja auch (zunächst) dort temporär für einen gewissen Zeitraum aufstellen. Irgendwann vergisst man dann halt, sie in den Kleistpark zurück zu bringen :wink: Aber im Ernst: wäre denn ein Abguss so teuer? Dann wäre das Problem ja gelöst . . .

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"