Dresden - Prager Straße und Seevorstadt

  • Ich werde zukünftig jedem empfehlen, über den Bahnhof Neustadt anzureisen

    Das mache ich schon lange. :wink:

    Auch sonst liegst Du mit Deiner Einschätzung richtig. Wenn Du Interesse an einer aktiven Gegenbewegung hast: StadtbilDD - Das Korrektiv

    Allerdings hast Du wohl den "Einsteigerfehler" gemacht und Dich bei Deinem Besuch auf das unmittelbare Zentrum beschränkt. Der Mythos Dresden hat durchaus noch seine realen Seiten, allerdings außerhalb des verwüsteten 2-Kilometer-Innenstadt-Radius.

    Zitat

    Ich frage mich auch, warum die historischen Sandsteintürme alle noch so schwarz sind.

    Diese oft gestellte Frage hat einen simplen Hintergrund: Der Sandstein selbst ist das Problem. Er oxidiert und schwärzt munter vor sich hin. Auch die Frauenkirche wird in ein paar Jahrzehnten wieder so duster sein wie einst, außer man entschließt sich für eine konsequente (Sand-)Bestrahlung. :cool:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

    Einmal editiert, zuletzt von youngwoerth (18. Oktober 2011 um 13:15)

  • Wiederaufbaumelder

    Vollkommene Zustimmung!

    Der Werbeauftritt Dresdens nach außen hält nicht, was er verspricht, wenn man das erste Mal nach Dresden kommt, wird man am Liebsten vermutlich gleich weiter nach Görlitz weiterfahren wollen! Für mich ist "Dresden" nur der klitzekleine Neumarktbereich mitsamt Theaterplatz und Brühlscher Terrasse sowie Barockviertel Neustadt sowie den außerhalb der Innenstadt gelegenen nicht von Krieg und Nachkriegsarchitektur zerstörten Vierteln.

    Die Prager Straße habe ich mir einmal in einem heiteren Moment gegeben...nie wieder und daran halte ich mich eisern. Wenn man bedenkt, dass die vermutlich wichtigste Dresdner Stadtplanerin selbst in einer Plattenbauwohnung am Neustädter Markt wohnt, darf man sich eigentlich über die Geschwüre moderner Architektur in Dresden nicht mehr wundern: Was soll schon dabei herauskommen, wenn selbst Stadtplaner in Westwallbunkern wohnen, die einer artgerechten Menschenhaltung zuwider läuft...der Mensch muss ja irgendwie ausbrechen.

  • Wenngleich ich nicht hundertprozentig genau nachvollziehen kann, warum "Wiederaufbaumelder" die Eindrücke seines Dresden-Besuches gerade in diesem Strang zum Besten gibt, will ich doch darauf hinweisen, dass sich die gesamte Prager Straße außerhalb der eigentlichen Kernstadt befindet und damit eine Stadterweiterung aus dem 19. Jahrhundert darstellt. Was sie also mit der angeblich bewusst lügnerisch lancierten Außendarstellung Dresdens als "Barockstadt" zu tun haben soll, entzieht sich meiner Kenntnis!

    Abgesehen davon möchte ich vorrangig Exilwiener darauf hinweisen, dass seine Wortwahl dazu Anlass geben kann, einige Menschen zu verletzen. In diesem Sinne ist darauf zu drängen, derartige Äußerungen jetzt und in Zukunft zu unterlassen!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Also ich freue mich schon darauf die Frauenkirche altern zu sehen^^. Das wird aufgrund der weitaus besseren Luft zwar etwas dauern aber so ist der lauf der Dinge, oder in diesem Fall des Sandsteins. Von künstlichen Aufhellung halte ich daher nichts. Das heißt natürlich nicht, dass ich gegen Renovierung des Gebäudes wenn sie notwendig ist. Aber das Gebiet des Neumarkts muss ja irgendwie "alt" werden.

    Naja und ansonsten kann ich youngwoerth zustimmen. Natürlich ist ein Besuch der Innenstadt obligatorisch, aber außerhalb des Neumarkt Bereiches und des Theaterplatzes sieht man nicht mehr viel vom Vorkriegsdresden. Das ist bis zu einem bestimmten Radius leider so. Allerdings ist Dresden groß und auch immer noch reich an Gründerzeitvierteln von sehr gehobenem Rang.

    Mich persönlich schrecken immer so 4-5 Platten ab unmittelbar bei der neuen Synagoge. In den Straßen kann man zwar gut das Auto abstellen und ist in 10 min am Neumarkt aber ansonsten absoluter Horror und auch versifft zum Teil.

  • http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/dow…enk/woelfle.pdf

    Hier habe ich einen recht interessanten Aufsatz über die Entstehung und das weitere Schicksal der Prager Straße aus dem Jahre 2006 herausgekramt.

    Ich muss zugeben, dass ich immer ein Freund dieses grotesken Ensembles war. Dieser als "Gesamtkunstwerk" angelegten Insel, haftete in einem Meer aus tumben "Großblock-Kasernen" immer etwas surreales an.
    Trotzdem halte ich es heute immer noch für richtig, dass man die Prager Straße an ihren jeweiligen Enden verdichtet und das überkommene Ensemble als eine Art Platzraum belassen hat. Leider aber weiß die Art und Weise der Überformung oftmals nicht zu überzeugen. So missfällt mir insbesondere die einfallslose Freiflächengestaltung, der jegliche platzbildende Ruhe fehlt. Wo früher Wasserbecken und Blumenrabatten zum Verweilen einluden, befindet sich heute ein "Sog" in Richtung Stadt bzw. Bahnhof.
    Abgesehen davon hat auch die Durchquerung in Ost-West-Richtung - die als erklärtes Ziel der Stadtplanung eigentlich verbessert werden sollte - erheblich gelitten. Nicht umsonst findet man an der Reitbahnstraße heute immer noch eine unwürdige Prakplatzsituation vor.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Meiner Eindruck von der Pragerstrasse in meinem ersten Besuch in D (am letzten September) war ziemlich positiv. Eine angenehme, urbane Fussgaengerzone

    gepraegt von moderner Architektur aus verschiedenen Epochen. Natuerlich, kann sie noch verbessert werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Weser (1. November 2012 um 16:55)

  • Jetzt widersprichst Du Dir aber schon, oder? Ich zitiere mal aus dem Thread "Alexanderplatz & ehem. Königstadt", vor 4 Tagen von Dir geschrieben:

    Zitat

    Der Alex wird wieder zu einem der sich am schnellsten verändernden Orte. Und die Veränderung hat die Gegend auch bitter nötig. Hauptsache die Unstruktur der DDR wird dort endlich aufgelöst.

    Nun ist er bereits so schnell zu den "gelungeneren Beispielen modernen Städtebaus" geworden? huh:)

    Nebenbei: Was macht denn die Initiative zur Rekonstruktion des Rathauses Neubrandenburg? Oder muss man sich da auch von der Vorstellung lösen, dass es wieder so aussehen könnte wie einst? :wink:

  • Zugegeben, ich bezog mich eher auf das architektonische Ensemble aus Behrensbauten, Kaufhof, Fernsehturm und Co.

    Mit "Unstruktur" war eigentlich eher die direkt angrenzende Gegend jenseits Alexanderstraße, Grunerstraße und Liebknechtstraße gemeint, nicht der Alex an sich.


    Das Neubrandenburger Rathaus bleibt nun auf Jahre Wunschdenken, da auf seinem Grundriss ein Springbrunnensystem installiert wurde.
    Ist aber auch nicht so tragisch, Neubrandenburg braucht die Verdichtung anderswo dringender. Das Rathaus hätte schon recht befremdlich gewirkt dort. Mein Engagement ist nun eher in anderen Landesteilen MeckPomms fokussiert, vorallem in Stralsund, Wismar, Rostock und auf Usedom und Rügen. Sollten wir aber besser anderswo oder per PN fortführen den Austausch darüber. :)

  • In der Tat ist die Prager Straße ein recht sperriges Ensemble, das man kaum als schön apostrophieren wird können. Dennoch besitzt/besaß es Qualitäten, die weit über vergleichbare Ensembles hinausgehen/hinausgingen und damit den Ehrgeiz unterstrichen, mit dem die DDR nach dem Mauerbau in ein "neues Zeitalter" aufzubrechen gedachte. Entsprechend schuf man einen städtischen Raum, der nicht nur im damaligen Sinne modern war, sondern durch seine aufwendige Freiflächengestaltung, die Lichtarchitektur sowie eine Vielzahl an Werken der bildenden Kunst den Städtebau der Internationalen Moderne zu einem Höhepunkt führte. Deshalb spreche ich auch gern von einem Gesamtkunstwerk, dessen Erlebnis durch diverse Umbauten heute kaum noch möglich ist und uns heute vielleicht selbst unter der Prämisse der Erhaltung kaum noch zugänglich wäre.

    @ erbse:

    Die Brache gibt es nicht mehr. Sie wurde mit dem "Weltstadthaus" von Piet de Bruyn bebaut.

    Siehe:

    Shoppingcenter Centrum Galerie Dresden

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Danke für die Antwort! Hatte mir schon gedacht, dass man die wohl bebaut hat. Hatte nur noch nie Bilder davon gesehen, i.d.R. wird ja nur die neue Centrumsgalerie fotografiert.


    Was die modernen Qualitäten der Prager Straße angeht - auf diesen Bildern, so meine ich, sind sie teils recht gut eingefangen: DRESDEN - Album - Page 15 - SkyscraperCity

    Gehört auf jeden Fall zu den gelungeneren Magistralen der internationalen Moderne.

  • Wie bereits erwähnt, empfand ich die frühere Freiflächen- und Lichtgestaltung als durchaus adäquater. Aber schöne Fotos!

    http://das-neue-dresden.de/images/2006/Prager-Strasse1980.jpg

    http://das-neue-dresden.de/images/ddr/Pra…umenbrunnen.jpg

    Es ist schon ein interessantes aber zu akzeptierendes Phänomen der Immobilienwirtschaft, dass einerseits die Nord-Süd-Achse nun fast bis zum Bersten bebaut ist (spätestens mit der Wohnbebauung auf MK5 wird der Südabschnitt vollendet) und andererseits nur wenig entfernte Quartiere immer noch komplett brachliegen. Hierbei denke ich an die mittlerweile abgekoppelte Reitbahnstraße, aber auch an den Ferdinandplatz. Vom Braunfels-Plan ist ja noch kein Stück verwirklicht worden.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Da die Erinnerung an gute, alte, stabile DDR-Zeiten ausgebrochen zu sein scheint, möchte auch ich ein Foto - gleich aus dem Schrank hinter mir - beisteuern: Klick. Aufgenommen um 1976 vielleicht 70 Meter nördlich der Wiener Straße. Man beachte die filigrane, einladende Platzgestaltung... - Nein im Ernst, die heutige Variante sagt mir da etwas mehr zu. Allerdings auch nur etwas.

  • Ich kann mir nicht helfen, aber so sehr ich mich auch bemühe, kommt mir immer nur das Gruseln beim Anblick dieser Bilder. Vielleicht habe ich kein geschultes Auge...mir fällt es tatsächlich schwer auch nur irgendetwas an dieser Prager Strasse interessant oder tendentiell positiv zu finden. Die ganze Zeit schaue ich mir schon die Bilder der Prager Straße an und komme immer wieder nur zum Ergebnis, dass ein Totalabriss für mein Empfinden das angenehmste wäre. Ob das nun an meiner Abneigung gegenüber dieser Bauweise, meiner Sozialismusphobie oder an dem Wissen über die vormals vermutlich eleganteste Einkaufstrasse Mitteleuropas liegt? Vielleicht auch alles zusammen...

    Könnt ihr mir das vielleicht näher erläutern, was Euch anders als mir daran gefällt? Sind es Kindheitserinnerungen oder Ostalgiegefühle?

  • Als Geschädigter der fiesen und brutalen 50/60/70er Jahre Westarchitektur die mich tagtäglich begleitet, kann ich die "Begeisterung" für die Pragerstr. absolut nicht teilen. Mag ja sein, dass durch geschickte Bepflanzung, Bänke und Wasserspiele eine nette Einkaufszone entstanden ist, aber die Bauten links und rechts sind absolut brutal, hässlich und viel zu dominant. Ich kann dieser "Magistrale" nichts abgewinnen! :daumenunten:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Wie ich schon mehrfach zum Ausdruck brachte, kann man dieses für uns Laien nur schwer zugängliche Ensemble kaum mit vollem Ernst als schön bezeichnen.
    Der große Unterschied und damit auch Pluspunkt gegenüber ähnlichen Ensembles "im Westen" liegt meiner Ansicht nach in der Totalität der Realisierung, die fast wie ein Stadterweiterungsgebiet geplant und bis zur letzten Konsequenz umgesetzt wurde. Hier konnte man die Moderne in ihrer reinen Lehre studieren und bekam noch ein Stück mehr dazu, nämlich den ursprünglich sozialen Aspekt dieser Baugesinnung. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Geschäfte in der Mangelwirtschaft der DDR nicht gerade den wichtigsten Aspekt der Planung ausmachten. Deshalb dachte man bei der Umsetzung auch nicht an den Konsum als Selbstzweck und räumte ihm damit das oberste Primat ein, sondern versuchte das Einkaufserlebnis zu einem populärkulturellen Ereignis zu steigern. Das erklärt die Vielzahl an Bildwerken, das Lichtdesign und die vielfältigen Ruheanlagen (Seid ihr schon einmal in den Touristengärten gewesen?).
    Ich kann jeden verstehen, der dieses Ensemble im Zustand von 1990 oder gar heute hässlich findet. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei der "Prager" um keine schnöde Einkaufsmeile handelte. Sie wurde durch ein Maximum an Unverständnis dazu gemacht.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Heute beglückt uns die SZ mit einem kleinen Artikel zum Residenzkaufhaus, das 1912 an der Ecke zur Waisenhausstraße eröffnet wurde. Für die Architektur zeichnete Emil Franz Hänsel verantwortlich, dessen Brühl-Kaufhaus in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] vor wenigen Jahren abgerissen wurde. Und wo wir gerade bei Abrissen sind, dürfte es nicht uninteressant sein, dass das Warenhaus im Zuge der "Arisierung" an Rudolf Knoop fiel, dessen um 1950 wiederaufgebautes Geschäftshaus in der Wilsdruffer Straße kürzlich ebenfalls zugunsten eines Einkaufszentrums (Altmarkt-Galerie) weichen musste.
    Übrigens waren in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg über die gesamte Dresdner Innenstadt größere Baumaßnahmen zu verzeichnen, die, in Analogie zu den Tendenzen in anderen Städten des Reiches, ältere Substanz für den Bau großer moderner Geschäftshäuser und anderer zentrenrelevanter Funktionen verdrängte. Man denke etwa an die Neubauten für das Palasthotel, das Kaufhaus Bernhard sowie das Kundehaus am Postplatz oder das Kaufhaus Esders und die UT-Lichtspiele in der Waisenhausstraße. All diese Bauten wurden schon in Stahlbeton errichtet und prägten aufgrund ihrer soliden Bauweise teilweise noch lange nach der Großflächenenttrümmerung den Dresden Stadtkern, mussten sie doch sehr aufwendig mittels Presslufthämmern abgebrochen werden. So fiel das aufgrund seiner um 1912 äußerst innovativen Lichtarchitektur wahrlich moderne "UT" Martin Pietzschs, dessen Schauburg ein noch heute sehr beliebtes Kino ist, erst 1964.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/ei…on-2482714.html

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Als die sog. Touristengärten zwischen den Hotels an der Prager Straße noch existierten, waren sie Refugien fast "klösterlicher Stille".
    Angefüllt mit alten, ( geretteten, restaurierten ) oder neueren Werken der bildenden Kunst sowie kleinen Brunnen.
    Da stand u. a. C. Meuniers "Lastenträger" friedlich vereint mit einer Plastik aus dem ehm. "Türkischen" Garten. Da sah man barocke Vasen etc.
    Gegen die Parkplätzen hin waren diese "Innenhöfe" mit begrünten Arkaden abgeschlossen. Eine Oase der Ruhe, in all dem geschäftigen Treiben auf der Prager Straße, dass man lediglich durch relativ schmale Durchgänge erreichte.
    Heute sind die schönen Gärten nicht mehr vorhanden, die Plastiken eingelagert, umgesetzt oder sogar gestohlen.