Konzept für Fassadenrekos

  • Anhand der Tatsache, dass es (gerade bei uns in NRW) überall Altbauten gibt, die kaum mehr als solche zu erkennen sind, sollte es doch eigentlich unser Uranliegend sein, dieses zu ändern.

    Viele Gründerzeitgebäude wurden mit anderen Fenstermaßen, Kachelverkleindungen oder sonstwas so verunstaltet, dass heutzutage keiner mehr weiß, wieviel alte Bausubstanz dort noch verborgen ist. Und da dies so ist, verschwinden immer mehr Altbauten von der Bildfläche, die bei einer Fassadenrekonstruktion sicherlich schon Denkmalwert hätten (vgl. Hauptpost Köln, Städtebauministerium Düsseldorf, Karstadt Essen aber auch etliche normale Gründerzeitreihenhäuser).

    Daher sollten wir so schnell wie möglich Konzepte erarbeiten, mit denen wir auch in den jeweiligen Städte Leute erreichen, dieses umzusetzen... also eine finanzierbare Lösung, Altbauten wiederherzustellen.

    Hier fallen mir spontan städtische Fördermittel an stadtbildprägenden Ecken ein... oder auch Fassadenpatenschaften, wo städtebaulich interessierte wohlhabende Firmen oder Privatpersonen eine Patenschaft für die Wiederherstellung einer bestimmten Fassade übernehmen können.

    So könnte z.B. das Karstadtgebäude in Dortmund wieder seine Jugendstilfront bekommen und so ein absoluter Blickfang in der City werden... oder auch etliche Bauten an den Kölner Ringen.

    Wer von euch hat Konzepte? Wer hat Lust, mit mir ein Konzept zu entwickeln, dass man dann auch bekannt machen könnte?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Booni,

    Fassaden Rekonstruktion zum ursprünglichen detaillierten Entwurf !!!
    Ja das ist was:

    - Deutschland wirklich braucht und
    - auch noch einigermassen realisierbar ist

    Denn Reko's wie der Frauenkirche / Berliner Kommandantur ind doch noch ziemlich umstritten (wie erfolgsreich und geliebt diese reko's auch heute sind.

    Der Entwurf enthält:

    - rekonstruktion der ursprüngliche Dachlandschaft (inclusive der
    Ecktürmen);
    - rekonstruktion der Fenster;
    - Stück und Details wieder an der Mauer!!!
    - Balkone und Erker wieder zurück;
    - Anstrich des ganzen Gebäude in alten Farben;

    So: jedes Gebäude wieder Attraktif machen und die Stadt wird auch wieder Attraktif.

    Rob

  • Am schönsten wäre natürlich eine Stiftung... aber das krieg mal hin...

    ... in Dortmund hat's mich wieder auf die Palme gebracht wo in den letzten Wochen eine entstuckte Gründerzeitfassade (aber noch mit hohen Fenstern etc., sah auch so noch ganz schön aus) komplett abgenommen wurde für eine riesige Glasfront... wieder ein Altbau an der historisch wichtigsten Straße Dortmund weniger, den man als solchen erkennt.

    Im Ursprungszustand wäre er wohl noch zu retten gewesen.

    Im Prinzip sind Fassadenrekos in meinen Augen sogar vorrangig vor Komplettrekos aus folgenden Gründen:

    1.) Eine rekonstruierte Fassade kann einen erhaltenen Altbau wieder als solchen erkennbar machen und somit nicht nur optisch aufwerten sondern aus einem Schandfleck wieder einen Glanzpunkt machen kann. Das ist meist günstiger und auf jedem Fall wirkungsvoller als ein Abriß und moderner Neubau.

    2.) Wenn das Gebäude an sich historisch ist wird sich der Denkmalschutz vmtl weniger einmischen wenn man dem Haus sein ursprüngliches Äußeres zurückgeben will als wenn man ein nicht mehr vorhandenes Haus wiederaufbauen soll.

    3.) Fassadenrekos machen verbliebene Altbausubstanz wieder sichtbar. Hier dürfte eigentlich niemand Steine in den Weg legen, schließlich wird nichts vorgetäuscht, was nicht mehr vorhanden ist... das Hauptargument der Denkmalschützer gegen Rekos.

    4.) Gerade in Städten, wo viele Altbauten noch in der Grundsubstanz erhalten sind, das Stadtbild aber teilweise nur noch Nachkriegsbauten aussieht (Ruhrstädte, Köln, Düsseldorf) würde ein solches Großkonzept eine Menge bringen. Man müsste es nur publik und populär machen.


    ... auf jeden Fall macht es eine Menge aus, wenn Türmchen, Stuck und Holzfenster (natürlich in modernster Ausführung) wieder zurückkommen.

    Hat jemand mal vorher/nachher Bilder von erfolgten Fassadenrekos? Jürgen doch sicherlich... von euren Altstadtfreunde-Projekten, oder?

    Gerade aber auch für Gründerzeitler, die momentan eh noch niemand rekonstruieren würde, wäre dieses eine Möglichkeit, den Prunk und die Schönheit dieser Gebäude wenigstens zum Teil wieder im Stadtbild sichtbar zu machen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich kenne Beispiele aus Weimar, wo Häuser über DDR-Zeiten teilweise oder auch im Ganzen mit Rauhputz versehen war und nun aufwendig saniert wurden. Ob das der Ursprungszustand war, kann ich leider nicht sagen.


    Zitat

    Das ist meist günstiger und auf jedem Fall wirkungsvoller als ein Abriß und moderner Neubau.

    Das kann ich mir nicht vorstellen. Solch Stuckarbeiten sind nicht gerade günstig. Hinzu kommt die Bausubstanz als solche. Neue Holzfenster mit Schnitzerei sind auch sackteuer.

    Zitat

    Wenn das Gebäude an sich historisch ist wird sich der Denkmalschutz vmtl weniger einmischen wenn man dem Haus sein ursprüngliches Äußeres zurückgeben will

    Das stimmt. Die bekommen ja sonst auch leuchtende Augen, wenn bei Resteurierungsarbeiten unter einer Überformung oder Übermalung der Ursprungszustand auftaucht.


    Zitat

    Gerade in Städten, wo viele Altbauten noch in der Grundsubstanz erhalten sind, das Stadtbild aber teilweise nur noch Nachkriegsbauten aussieht (Ruhrstädte, Köln, Düsseldorf)

    Recht hast Du. Aber wenn man schon im privaten Ästhetik und Authenzität dem ach so praktischen Baumarktismus opfert, werden das die Kaufhausketten in Zeiten von harten Kostenkalkulationen noch weniger machen.

  • ich finde dies auch eine sehr gute idee. ein beispielt für eine zerstörung, bzw. verdeckung der alten bausubstanz ist in Hannover die Galeria Kaufhof am Ernst August Platz. Früher war das ein schöner Altbau, doch in den 80er Jahren wurde diese Typischen, für alle Galeria Kaufhäuser, PLatten angebracht und verdeckten die alten Fassaden. Ich denke, die Kaufhäuser würden diese aber auch nicht wieder abnehmen, weil es sozusagen das "Markenzeichen" von ihnen, in diesem Fall von Galeria Kaufhof,ist.

  • Zitat von "Kindvon2dresdnern"

    Memel
    Dieses Beispiel wurde schon oft fälschlicherweise aufgeführt. Bei dem Kaufhof handelt es sich um einen Neubau aus den frühen 80ern, bei dem das ursprüngliche Hotelgebäude weichen musste.

    achso, das wusste ich nicht. ich habe es nur so gelesen und einige bilder davon gesehen. abe trotzdem ist das markenzeichen der galeria kaufhof diese dunken platten. wenn eine galeria kaufhof in ein altes gebäuden einziehen würde, denke ich würden die das auch mit diesen platten zubauen. aber danke für den hinweis.

    dort habe ich es nachgelesen:
    (übernehme keine haftung über den inhalt)

    http://www.anthes.org/hannover/vergl…m/hauptbahnhof/

  • Das kommt einem doch bekannt vor...

    Zitat

    Fassadenrekonstruktionen oder -verschönerungen sind teuer. Wer sich damit beschäftigt, muss sich bisweilen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit begeben. Zudem sind spezialisierte Architekten rar, und Stuckateure gibt es längst nicht mehr an jeder Ecke. Doch immer mehr Eigentümer von gründerzeitlichen Mehrfamilienhäusern nehmen den Aufwand und die Kosten in Kauf. Keinesfalls nur aus Liebhaberei. Nein, langfristig sollen sich die aufgehübschten Schauseiten rechnen.[...]
    Verein setzt sich für Rekonstruktion ein
    Das will der Verein "Stadtbild Deutschland" zunächst in München ändern. Eigentlich[...]


    Eigentümer geben Altbauten den Schmuck zurück - Welt online

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Da hat unser guter Stephan Riedel schon zum zweiten Mal die Presse zum Mitstreiter gemacht. Ein dickes Lob für seinen Einsatz! Effizienter kann man gar nicht für die ästhetische Revitalisierung ruinierter deutscher Stadtbilder eintreten (und zugleich für die Resonanz unseres Vereins in der Öffentlichkeit). So einen Artikel hat man sich in Deutschland jahrzehntelang vergeblich gewünscht, zu sehr saß die Verdammung des Historismus und des Jugendstils den früheren Generationen in den Knochen, so dass sie meinten, noch die schäbigste Kratzputzfassade dem Dekor von einst vorziehen zu müssen. - Natürlich ist die abwertende Einstufung einer Stuckfassade durch den Autor als gründerzeitliche Degenerationserscheinung, nämlich als billiger und "fabrikmäßiger" Ersatz einer Hausteinfassade Unsinn. In Sandsteinstädten (in der Nähe von Gebirgen) hat man bis zum ersten Weltkrieg nur Sandsteinfassaden erstellt, in Städten fernab von Gebirgen dagegen hat man durch die Jahrhunderte hin Stuck verwendet.

  • Ja, prima Artikel. Da gehört Stephan Riedel und allen anderen aktiven Mitstreitern ein besonderer Dank gerade auch von den "nur" passiv tätigen APHlern wie mir! Der von dir verwendete Begriff der Revitalisierung, sprechen wir doch gleich von einer Fassadenrevitalisierung, gefällt mir auch und sollte irgendwann das euphemistische Unwort der "Fassadenbereinigung", die ja nichts anderes als eine Fassadenverstümmelung ist, ersetzten, finde ich.

  • Vielleicht dürfen wir uns neben Herrn Riedel (Danke, Danke, Danke) auch bei [lexicon='Leipzig'][/lexicon] bedanken...dort hat ja Fassadenreko geniale Tradition :) Das dürfte mittlerweile abfärben...umso mehr...wo [lexicon='Leipzig'][/lexicon] dank der positiven Entwicklung nun immer stärker in den Fokus rückt.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Solche Fassadenrekos in Stuttgart und die halbe Königstraße wäre wieder historisch (WMF Haus, Kaufhaus Union, Romingerhaus usw.). Hier hat man auch den ganzen Geschäftshäusern den Bauschmuck abrasiert. Glücklicherweise ist dieser Bildersturm in den Wohngebieten komplett ausgeblieben, die dortigen Gebäude sind alle noch im Originalzustand. Aber in Stuttgart gibt es auch sehr wenig Stuckfassaden.

    In dubio pro reko