Das Kaiserreich im Rückblick

  • Aber braun dürfen sie sein, nicht wahr?

    Die Bemerkungen von Rastrelli (oder mein bloßes Zitat von Wilhelm II oben) waren nicht annährend rot, sondern glasklar ungefärbt.

    Ich merke hierdrin immer wieder, dass sobald Argumente und Fakten unangehm werden, die nicht in das eigene Weltbild passen, gleich in einem Schwall reflexionsartig allgemeine Behauptungen von einer angeblich "roten Geschichtsschreibung" gemacht werden. So kann man natürlich jeder kritischen Auseinandersetzung aus dem Wege gehen.

    Sonnenbrillen zur Abschirmung sind nun mal braun eingefärbt. Aber Spaß beiseite: die heutige Geschichtsschreibung ist mehrheitlich linksgestrickt. Sie verfälscht häufig die jeweilige Situation durch gezielte Auslassungen des jeweiligen Vorfelds oder gar durch nachgewiesene Manipulationen (Fotomontagen).

  • Braun dagegen steht ausschließlich für den Nationalismus.

    Korrektur: Für den Nationalsozialismus.

    Nationalismus ist ein sehr unterschiedlich interpretierbarer Begriff. Den müsste man dann erst erläutern, damit jeder weiß, was der betreffende Diskutant eigentlich meint. Heute wird bereits das Schwenken von Deutschlandfahnen bei einer Fußballmeisterschaft oder die Ablehnung der Übertragung weiterer Befugnisse an EU-Behörden von einigen Leuten als Nationalismus bezeichnet. Auch war im Zuge der Corona-Maßnahmen abfällig von "Impf-Nationalismus" die Rede. Mit Nationalsozialismus oder "braun" hat das aber wenig bis gar nichts zu tun.

  • Oh Mann , das geht hier ja wieder hoch her ! Da ist man mal für einige Zeit mit dem Verfassen eines neuen Beitrages beschäftigt und schon fliegen erneut die Fetzen ...

    Bevor das Thema daher wieder gänzlich in nicht 'kaiserzeitliche' Themata abgleitet (!!!) bitte einmal das Folgend zu bedenken.

    Auch wenn es einen Fall von 'alternativer Geschichte' darstellt, interessieren mich die Ansichten der verehrten Mitforisten dazu doch sehr !


    Gütliche Integration von Hohenzollern und Habsburgern unter einem gemeinsamen Dach

    Vielmehr als die – von Machen leider zum Anlaß eines ‚getriggerten’ Empörtseins genommene - Frage nach dem Grenzsaum des Kaiserreiches, interessiert mich das Thema einer versöhnten Integration Cisleithaniens (natürlich exklusive Galiziens und Dalmatiens) und des Hauses Habsburg-Lothringens in den von Bismarck gegründeten Staat.

    Es gibt ja die begründbare Vermutung, daß selbst bei einem Sieg der Mittelmächte, ‚Kakanien’ nach dem Wegfall der verbindenden Klammer des greisen Kaisers, vom jungen Karl nicht mehr lange zusammenzuhalten gewesen wäre. Wie hätte man danach das Haus Brandenburg-Preußen und die Casa d’Austria in einem Staat zusammenführen können, ohne das auf längere Sicht der alte Dualismus wieder auferstanden wäre ?

    Wäre etwa die Idee einer ökumenischen Dynastien-Fusion noch anachronistisch oder auf längere Sicht doch schon zielführend gewesen ?

    Interessant finde ich jedenfalls in diesem Zusammenhang, daß beide Seiten in einer bestimmten Hinsicht eine eigentümliche Scheu gehabt zu haben scheinen, vollendete Tatsachen zu schaffen: Meines Wissens gab es zwar nach dem Ende des alten Reiches mehrere Krönungen von Habsburgern zum König von Ungarn und auch eine zum König von Böhmen. Aber eine Krönung zum ‚Kaiser von Österreich’ fand nicht statt. Die Rudolphinische Hauskrone war somit nie Krönungs-Krone (bitte mich hier ggfs. zu korrigieren). Die Hohenzollern hinwiederum haben die heraldische Krone des 2. Reiches niemals realiter anfertigen lassen und schon gar nicht eine Krönung zum Deutschen Kaiser angestrebt.

    Hat man es somit eventuell der Zukunft überlassen wollen, nach einer Wiedervereinigung dessen was ‚zusammengehört’ die Habsburger die alte heilige Reichskrone und die Hohenzollern den – unter S.M. Kaiser Wilhelm II. wieder bestens in Stand gesetzten –Krönungsort ’Aachener Dom’ in das Projekt eines gemeinsamen Reiches einbringen zu lassen ?

  • Korrektur: Für den Nationalsozialismus.

    Nationalismus ist ein sehr unterschiedlich interpretierbarer Begriff. Den müsste man dann erst erläutern, damit jeder weiß, was der betreffende Diskutant eigentlich meint. Heute wird bereits das Schwenken von Deutschlandfahnen bei einer Fußballmeisterschaft oder die Ablehnung der Übertragung weiterer Befugnisse an EU-Behörden von einigen Leuten als Nationalismus bezeichnet. Auch war im Zuge der Corona-Maßnahmen abfällig von "Impf-Nationalismus" die Rede. Mit Nationalsozialismus oder "braun" hat das aber wenig bis gar nichts zu tun.

    Ich hatte mich schlichtweg vertippt , danke für den Hinweis, und es entsprechend korrigiert.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Niederländer besingen bis zum heutigen Tage in ihrer Hymne ihren Gründervater, den ‚Schweiger’ als „Wilhelmus von Nassauen bin ik van deutse Blood’. Der Weg der ‚Generalstaaten’ aus dem Reichsverband heraus war durchaus keine Zwangsläufigkeit.

    Mein lieber Pagentorn, du kannst doch nicht wirklich daraus ableiten, nur weil die Niederländer heute noch in ihrer Nationalhymne (zu recht) Wilhelm von Nassau und Dillenburg und dessen (nachweislich) 'deutsches Blut' besingen, damals im 16. Jahrhundert nach dem erfolgreichen Kampf für die eigene Unabhängigkeit von der spanischen Krone lieber im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen verblieben wären?!

    Sich darauf im Nachhinein zu beziehen, ist, mMn, schlichtes 'Hätte-hätte-Fahrradkette'!

    Wilhelm der Schweiger oder Wilhelm von Oranien hat bestimmt nie seine deutschen Wurzeln geleugnet, den Unabhängigkeitskrieg focht er aber als Niederländer.

    So leugnet auch Willem-Alexander, Prinz von Oranien-Nassau, Jonkheer van Amsberg seine deutschen Wurzeln nicht, doch sieht er sich als Niederländer – nicht als Deutscher.

    Der Weg der ‚Generalstaaten’ aus dem Reichsverband heraus, von dem du schreibst, war daher in der Tat zwangsläufig, denn so ist es geschichtlich geschehen.

    Alles andere ist nur eine Fahrradkette.

  • Pagentorn sprach ja auch nicht von den heutigen Niederländern, sondern von denen des 17. Jahrhunderts....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Seit 1945 hatten wir die Geschichte durch eine rote Brille zu betrachten.

    Wer ist denn in diesem Fall "wir"? Ich fühle mich da jedenfalls nicht inbegriffen. Und was genau meinst du mit "rot"? Damit kann man vieles assoziieren. Wenn es politisch gemeint bist, dann würde mir die SPD einfallen. Wie sieht es die Geschichte durch die SPD-Brille aus? Da die SPD im allgemeinen zur politischen Mitte gezählt wird, wäre doch hier ein ausgewogene Sichtweise gegeben.

    Bei der Betrachtung der Geschichte durch eine ideologische Brille (von "neuen Erkenntnissen" zu schreiben) ist ebenso skurril. Diese Art der einseitigen Betrachtung historischer Ereignisse (gab es vor Jahrzehnten) gibt es heute wieder.

    Ok, jetzt keine rote Brille, sondern eine ideologische. Ich glaube an dieser Stelle der Diskussion standen wir bereits mehrfach: Man spricht den Geschichtswissenschaften ihre Seriosität ab und behauptet, sie würden ideologisch geführt. Das ist natürlich ein Punkt, an dem man mit Sachargumenten nicht mehr weiter kommt. Der Diskurs ist gegen die Wand gefahren.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Lieber Jakku Scum,

    der Unabhängigkeitskampf der Niederländer gegen die spanischen Habsburger hat in der Tat trennende Fakten geschaffen, die man nicht übersehen sollte. Aber nach Abschluß des Unabhängigkeitskampfes dauerte es immerhin noch bis 1648 bis die Generalstaaten formal aus dem Reich ausschieden. In der Zwischenzeit hätte es noch jede Menge Alternativen zur Separation geben können. In der Geschichte ist eben nie etwas zwangsläufig und auch – Gott sei Dank – nicht von ewiger Dauer, auch wenn Letzteres manchen Zeitgenossen und Protagonisten bestimmt gut gefallen würde.

    Übrigens hätte es sehr gut sein können, daß unser beider Heimat (die Stadt Bremen und das Weser-Elbe-Dreieck) in den Niederlanden aufgegangen wären: Es bestand nämlich zeitweise das ernst zu nehmende Angebot des amtsmüden Bremer Erzbischofs Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel an Kaiser Karl V. das Hochstift den Habsburgern zu überantworten, die zeitgleich bestrebt waren das Lehen der Zirksenas über Ostfriesland einzuziehen und damit die Ems nach Osten hin zu überschreiten. Da das Gebiet des Erzstiftes auch Dithmarschen umfasste, hätten dann nur noch Storman, Mecklenburg und Brandenburg einem totalen Ringschluß (der mit der Lausitz wieder einsetztenden) habsburgischen, das Kernreich umgebenden Länder, entgegengestanden. Unsere Geschichte wäre gänzlich anders verlaufen…

    Natürlich alles wieder ‚Antrieb eines Zweirades’, aber manchmal ist es ganz reizvoll, sich über mögliche, wenn auch ausgebliebene Alternativen, Gedanken zu machen…

    P.S.: Wie eng die Beziehungen zwischen dem Restreich und den Niederlanden blieben, kann man auch an – scheinbar belanglosen – Details sehen: So stellt z.B. die Orange Farbe des Bandes des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, eine Hommage König Friedrichs I. von Preußen an seine Mutter, Kurfürstin Luise Henriette, geborene Prinzessin von Oranien dar.

    S.M. Kaiser Wilhelm II. hat bewußt diese Bindungen betont, als er die Oranier-Standbilder auf der Schloßterrasse zum Lustgarten hin aufstellen ließ.

  • tegula

    Dass mit der "Roten Geschichtsschreibung" seit 1945 ist natürlich etwas ungenau, aber seit den 68-ern und ihrem Marsch durch die Institutionen / Historischen Seminare ist das tatsächlich so. Leute wie Winkler, Wehler, Ullrich, Conze etc. dominierten (und dominieren) die Diskussion, sekundiert vom Ober-Guru Habermas.

    Gottseidank ist in den letzten Jahren mit Clark, Münkler, Neitzel und Baberowski deutlich mehr frischer Wind und Differenzierung in die deutsche Geschichtsschreibung gekommen.

  • Die Frage wie objektiv und bar von jeweiligem Zeitgeist und Ideologie Historiographie überhaupt sein kann, hatten wir - auch auf diesem Themenstrang - schon recht häufig und er führte fast immer schnell vom Kaiserreich weg, hin zu einem Thema über das zu diskutieren bestimmten Gruppen wesentlich leichter fällt...

    Diese Redundanzen beginnen ermüdend zu wirken und sind fruchtlos !

    Ich hatte bereits weiter oben den Versuch gemacht, einmal näher zu überlegen, inwieweit der Ausschluß Cisleithaniens aus dem Bismarckreich von den Zeitgenossen (bitte nicht nur den 'Alldeutschen' !) als Defizit empfunden wurde und ob gewisse 'Andockpunkte' vorbereitet bzw. vorgehalten wurden, um eine Verbindung später möglich zu machen.

    Aber anscheinend ist dieses Habsburg-Hohenzollern Thema für Viele doch wohl zu exotisch und unorthodox...

    Leider !

  • Ober-Guru Habermas.

    Der ist aber gar kein Historiker, sondern Philosoph und Soziologe.

    Winkler, Wehler, Ullrich, Conze etc

    Die unzählige Auszeichnungen erhalten haben. Ich finde es immer wieder bezeichnend, wie in Foren oder anderen sozialen Netzwerken, wissenschaftliche Arbeit in geradezu arroganter Weise von zumeist Laien abqualifiziert wird, indem man der Wissenschaft politische Ziele unterstellt. Dadurch entzieht man die Diskussion der Sachebene und macht eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung unmöglich.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

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  • Meine Güte Tegula,

    es tut mir leid, aber Sie zwingen mich dazu, mal etwas zu tun, was mir sonst überaus widerstrebt: Ad hominem zu argumentieren.

    Mittlerweile hat wohl selbst das schlichteste Gemüt begriffen, wie viel Ihnen Ihre akademische Ausbildung und Ihre Promotion bedeuten.

    Seien Sie versichert, Sie sind nicht der Einzige hier, der Derartiges vorweisen kann.

    Nur trägt es nicht Jeder derartig Monstranz-artig vor sich her.

    Die Keule 'vermeintlicher Unwissenschaftlichkeit' nützt sich ab, wenn man sie übermäßig einsetzt...

    und läßt den unschönen Verdacht aufkeimen, daß damit unliebsame Diskussionen erstickt werden sollen.

  • Der ist aber gar kein Historiker, sondern Philosoph und Soziologe.

    Ach, sach' bloß. Erstaunlich nur dass sich der Mann dann immer wieder selbstherrlich in die Diskussionen von Historikern eingemischt hat (Historiker-Streit etc.).

    Zudem dürften die meisten Schreiber dieses Threads keine "Laien" gemäß deiner Vorstellung sein, deine arroganten Abqualifizierungen hat Pagentorn gerade schon zurecht kritisiert. Du weist doch gar nicht wer hier einen Hochschulabschluss in Geschichte hat und wer nicht?! Da kann man doch mal kleinere Brötchen backen, oder? Und selbst wer nicht Geschichte studiert hat kann hier qualifiziert mitreden, genauso wie ein "Laie" beurteilen kann ob die Suppe eines Sternekochs versalzen ist.

  • Hiermit komme ich der Aufforderung von Newly nach, mich mit den Ausführungen von Rastrellli auseinanderzusetzten.

    (Die Zitate der Ausführungen von Rastrelli sind kursiv gesetzt.) :

    "Nordschleswig ist dänisch besiedelt....

    Du weißt genau, um welche Zitate es ging (natürlich die zuletzt genannten)

    Dieses ständige sich naiv stellen ist i.Ü. eine der Primitivitäten in dem Strang hier.

    Für dich nochmal:

    Was sollte man auch sonst machen? In Polen einmarschieren?

    Übermorgen ist der 22. Juni. Dann jährt sich der deutsche Überfall auf die Sowjetunion zum 80. Mal.

    "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" schrieb Paul Celan in dem Gedicht "Todesfuge".

    Merkst du nicht, wie peinlich deine Allusion ist? Celans Todesfuge abzuwandeln, um Deutschland als Opfer darzustellen! Darauf muss man erstmal kommen. Aber vermutlich offenbart sich hier nur ein Bildungsdefizit.

    Das weinerliche Selbstmitleid deutscher Nationalisten war mir schon immer zuwider.

  • "Die Schweizer bilden eine eigene Nation und wollen nicht Teil eines deutschen Staates sein."

    Was Herzog Alba in den Niederlanden anrichtete, entspricht dem wofür Geßler landläufig bekannt ist. Ohne diesen Charakter wäre der Weg zum ‚Rütli’ möglicherweise nicht beschritten worden. Nebenbei bemerkt sollte es doch nachdenklich stimmen, daß Beethoven mit seinem ‚Egmont’ und Schiller mit seinem Tell starken Anteil am Freiheitskampf dieser beiden Glieder des Alten Reiches nahmen. Gegen Ende des 18. uns zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die historischen engen Verbindungen offenbar noch wesentlich präsenter als heute.

    Friedrich Schiller hat noch weitere interessante Dramen geschrieben:

    Maria Stuart

    Die Jungfrau von Orleans

    Don Karlos, Infant von Spanien

    Die Braut von Messina

    Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

    Im Werk Ludwig van Beethovens finden wir das Festspiel :

    Die Ruinen von Athen

    Ließen sich daraus Gebietsansprüche des Deutschen Reiches auf Schottland, England, ganz Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland ableiten? Wohl kaum. Vielmehr sind solche Werke Ausdruck eines europäischen Kulturverständnisses. Schiller ließ sich bei der Wahl seiner Stoffe vor allem von den Konflikten leiten, die darin verhandelt wurden, nicht von den Schauplätzen der Handlung.

  • tegula

    Dass mit der "Roten Geschichtsschreibung" seit 1945 ist natürlich etwas ungenau, aber seit den 68-ern und ihrem Marsch durch die Institutionen / Historischen Seminare ist das tatsächlich so. Leute wie Winkler, Wehler, Ullrich, Conze etc. dominierten (und dominieren) die Diskussion, sekundiert vom Ober-Guru Habermas.

    Gottseidank ist in den letzten Jahren mit Clark, Münkler, Neitzel und Baberowski deutlich mehr frischer Wind und Differenzierung in die deutsche Geschichtsschreibung gekommen.

    Ich präzisiere mal: seit 1945 für UNS Ostdeutsche und später (1968) auch für Altbundesbürger

  • In der Geschichte ist eben nie etwas zwangsläufig

    Mein lieber Pagentorn,

    ich widerspreche dir nur ungern – aber in der Geschichte ist alles zwangsläufig, denn sie ist Vergangenheit. Die Vergangenheit ist einem Zwang untergeordnet: Auf etwas Vergangenes kann man keinen Einfluss nehmen. Anders in der Gegenwart. Die Gegenwart ist keinem Zwang in diesem Sinne untergeordnet, die Gegenwart lässt sich im Gegensatz zur Vergangenheit beeinflussen und formen, woraus die Zukunft entsteht.

    Was bringt uns (wir hier im Forum, im Jahre 2021) der Blick auf die Vergangenheit und der Frage, hätte in der Zeit bis zum Westfälischen Frieden 1648 die unabhängige Niederlande dem Heiligen Römischen Reich wieder angegliedert werden?

    Gut, ich kann nachvollziehen, dass solche Fragen oder Gedankenspiele interessant sind.

    Aber welchen Sinn haben die Antworten auf diese Fragen hier im Forum?

    Welchen Sinn hat es, darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn ein gewisser Herr, geboren in Österreich, im September eines bestimmten Jahres nicht hätte zurückschießen lassen?

    Hat er nicht.

    Wir alle kennen die Konsequenzen.

    Das ist zwangsläufige Geschichte.

    Oder die Wiedervereinigung.

    Was, wenn Erich auf Gorbi gehört hätte?

    Eine spannende Frage, gewiss.

    Erich hat aber nicht auf Gorbi gehört.

    Das ist zwangsläufige Geschichte.

    Fragen nach 'Hätte-hätte' sind reine Hypothesen, ein Stochern im Nebel einer 'möglicherweise-Welt' die niemals die Wirklichkeit abbilden kann.

    Stellt sich die Minderheit der Freunde solcher Hypothesen eigentlich die Frage, wie befremdlich solch ein Stochern im Nebel für diejenigen sein kann, die eben nicht zu diesen Freunden der Hypothesen gehören wollen?

    Wie befremdlich können Hypothesen über historisches Kartenmaterial von 1871 sein, mit Hinweisen, Querverweisen und Eventualitäten wie 'Wenn Karl damals' und 'hätte einer der Fritzen nicht' und 'Wilhelm wäre in der Lage gewesen'?

    Ich lasse euch allen gerne diese Hypothesen; und ihr sollt ausführlich darüber diskutieren.

    Aber: Wir sollten hier in diesem Forum nicht darüber diskutieren, ob Wilhelm Zwo ein guter oder schlechter Monarch war, ob seine Politik oder Regentschaft gut oder schlecht war. Oder (beispielsweise) die unabhängigen Niederlande vor 1648 wieder ins Reich hätte eintreten können.

    Wir sollten lieber eine Diskussion darüber führen, ob die architektonischen Leistungen der wilhelminischen Zeit von Bedeutung sind oder nicht, ob sie gut oder schlecht sind.

    Denn wir sollten gute Argumente liefern können.

    Wir müssen gute Argumente liefern können.

    Sonst stehen wir mit unseren Rekonstruktionswünschen und -versuchen weiterhin auf verlorenen Posten.

    So, wie sich die Diskussion, die ich seit vielen Wochen still verfolge, hier entwickelt und darstellt, muss ich mich für meine zukünftigen Projekte von diesem Forum distanzieren, wenn in dieser Vehemenz weiter diskutiert wird.

    Ich muss mir zudem die Frage stellen, ob eine Zusammenarbeit bei den Projekten mit Stadtbild Deutschland wegen eben dieser (verfassungsrechtlich zustehenden Meinungsfreiheit, auf der ihr Hypothesen-Freunde gerne (zu recht) pocht) wiederkehrenden Diskussionen hier im Forum überhaupt angebracht wäre?

    Wie sagte es Franka? Sie vermisse die architektonischen Zusammenhänge in den Diskussionen hier in diesem Strang.

    Da stimme ich ihr zu.

    Die Zeit des Kaiserreiches hat architektonisch vieles zu bieten.

    Doch hier wird über Elsass-Lothringen oder die Unabhängigkeit der Niederlande diskutiert.

    Das mag für den einen oder anderen spannend sein, und bietet sicherlich in einem entsprechenden, eigenständigen Forum ausreichend Diskussionsstoff, wie sich hier zeigt.

    Aber leider ist eine solche, auf hypothetischen Grundlagen basierende Diskussion absolut nicht zielführend.

    Ich trage die große Sorge in mir, dass mir eure Hypothesen bei meiner Arbeit vor die Füsse fallen.

    Habt ihr euch darüber einmal Gedanken gemacht?

    Was antworte ich, wenn ich auf Zitate hier aus dem Forum angesprochen werde?

    Stellt ihr euch diese Frage, wenn ihr Beiträge über beispielsweise Elsass-Lothringen oder die Steuergerechtigkeit des Kaiserreiches schreibt?

    Lasst uns bitte endlich über die herausragenden, architektonischen Leistungen der Kaiserzeit in einem Maße diskutieren, wie hier über die politischen Verhältnisse, Konsequenzen und Hypothesen der Kaiserzeit diskutiert wird.

    Mehr gibt es dazu von meiner Seite zum Kaiserreich nicht zu sagen...

  • Mensch, Rastrelli,

    so kennt man Sie ja gar nicht:

    Ein bewußt lediglich als Nebenaspekt angeführtes Faktum, zur Hauptsache aufbauschen (weil man möglicherweise nicht akzeptieren will, daß auch manchmal einzelne Personen [hier Geßler] , den Verlauf von Geschichte maßgeblich beeinflussen können - und eben nicht immer nur gesellschaftliche Gruppen und Strukturen, wie man sie im Elfenbeinturm der Theoreme so sehr liebt) .

    Da haben wir hier schon deutlich Qualitätvolleres von Ihnen gehört.

    Machen Sie sich doch bitte mit derart dürren Argumenten nicht angreifbar...