Laubegast feiert dieses Jahr den 600 Jahrestag der Ersterwähnung. Aus diesem Grunde bin ich, als gebürtiger und bis zum Alter von 23 Jahren in Laubegast wohnender Dresdner, dabei, eine umfassende Videodokumentation über diese - wie wir es als Kinder etwas abfällig bemerkten - Klitsche zu erstellen.
In meinem Archiv fand ich dieser Tage wieder die Aufnahmen, welche ich wohl schon vor längerer Zeit von der Hartmannschen Villa, der so genannten kleinen Semperoper fertigte. Bitte entschuldigt die etwas schlechte Qualität, aber meines Erachtens habe ich die Fotos noch mit meiner damaligen Exa geschossen, so mit Abdunklungsstreifen bei einer Brennweite von über 100 und Randabschattungen beim Weitwinkel.
Kurz zur Geschichte. Der sächsische Lokomotivkönig Richard Hartmann, ließ sich in den Jahren 1874 - 77 seinen Sommersitz in Dresden Laubegast, direkt an der Elbe, errichten. Federführung in der Bauausführung der im Stile des französischen Villenbaus des 17. Jahrhunderts errichteten zweigeschossigen Villa mit Mansarddach waren die Architekten M. Hübner und R. Baron. Die Innenausstattung geht auf den Architekten O. Lindig zurück. Besonders bemerkenswert ist die Ausmalung der Innenräume, namentlich der Vorhalle und des Treppenaufganges. Diese Ausmalungen sollen auf den Maler W. Schaberschul zurückgehen, welcher an der Ausgestaltung der Semperoper beteiligt war und Elemente davon in die Hartmannsche Villa kopierte. Ein Glücksfall, denn beim Wiederaufbau der Semperoper griff man auf diese Ausmalungen zurück und konnte das Innere des Opernhauses in den damaligen Farbtönen - also nicht in den Übertünchungen der Jugendstilzeit - glaubwürdig ausmalen.
Ich selbst war einige Jahre "Mieter" in dieser Villa, denn sie diente als Schulhort meiner alten Laubegaster Schule und gerne erinnere ich mich an diese Zeit bei der "Sallie" und der Frau Neumann. Vielleicht hat auch gerade diese Villa meine Liebe und Ehrfurcht vor den Künsten des Bauhandwerkes geweckt, konnten wir doch das Haus vom Keller bis zum Dachboden ausgiebig erobern. Wobei, und das muss ich ausdrücklich sagen, wohl kaum Vandalismusschäden auftraten. Sicher ging mal was zu Bruch, aber das ist normal, wo Kinder ausgiebig toben dürfen.
Genug nun der Vorrede, hier einige der Aufnahmen, welche sich auch in der Videodokumentation über Laubegast wieder finden werden.
Dieses Aufnahme zeigt die Hartmannsche Villa von der Elbseite. Einst befanden sich noch einige Dachaufbauten an dem Gebäude, welche später entfernt worden sind. Auch ein Vordach am Seiteneingang wurde später abgerissen.
Blick in die Hofseite der Villa mit der Unterfahrt und dem eigentlichen Haupteingang, welcher in die von einem Oberlicht durchflutete Eingangshalle führt. Wir gingen, als Hortkinder, allerdings immer durch den links am Gebäude befindlichen Nebeneingang ins Haus.
Blick in die Vorhalle der Villa. Im Oberlicht hängt noch die Dekoration vom Zuckertütenfest in der "Kita", wie diese Kindereinrichtungen nach der so genannten Wende genannt wurden. Man verzeihe mir, aber als Kind dachte ich das der Marmorfußboden auf Grund seines Musters zum Schach- oder Damespielen eingebaut wurde. Wir hopsten auch häufig von Feld zu Feld.
Blick von der Vorhalle auf das Oberlicht, auch hier ist die eingehangene Dekoration für das Zuckertütenfest gut zu erkennen. Das umlaufende Geländer eignet sich ja ganz gut dafür, noch besser der kreisrunde Umlauf. Da konnte man so schöne Wettrennen veranstalten.
Der Treppenaufgang zum Obergeschoss. Dieser Aufgang wurde, wohl nach einer Renovierung, im Jugendstil gestaltet. Besonders die Beleuchtung hatte es mir schon als Kind angetan. Nein, keine poplige Treppenhausbeleuchtung, sondern eine echte Laterne. Und auch hier wieder das Geländer. Allerdings war dieses auch eine Gefahrenquelle. Einmal schlug mein Schulfreund beim Herumtollen auf dieses auf und hatte sich eine ordentliche Kopfwunde zugezogen. Aber die Poliklinik war ja um die Ecke und er hat es "überlebt". Nur unsere alte gute "Sallie", unsere Gruppenerzieherin, machte sich noch lange Vorwürfe. Aber auch das ging vorüber. Im Treppenhaus selbst sind die Jugendstilausmalungen und eines der beiden Fenster zu erkennen.
Ein Blick auf das rechte, der beiden Jugendstilfenster. Allerdings konnte ich mich nicht mehr an diese beiden Kunstwerke erinnern. Ich nahm sie erstmalig richtig war, als ich etliche Jahre nach meiner Kinderzeit diese Stätte - eben um diese Aufnahmen zu bewerkstelligen - besuchen durfte.
Gut erinnern konnte ich mich allerdings an den vier Frauenbildnissen, welche die Ecken der Vorhalle schmückten, hier der Frühling (die Videoproduktion wird alle vier zeigen). Tja, wer "böse" war musste raus und sich in die Ecke stellen. Entweder in die Frühlings-, die Sommer-, die Herbst-, oder die Winterecke. Aber ich war ja nieeeeeeeeeeeee dabei.
Wir sind zum Dachgeschoss aufgestiegen und schauen zunächst auf den Abschluss des Oberlichtes. Leider ist seit einiger Zeit das Lachen der Kinder und auch das Kinderspielzeug verschwunden. Die Stadt Dresden konnte das Haus nicht mehr halten und räumte, nach einem Neubau für die Kindertagesstätte, das Gebäude. Es stand zum Verkauf, wurde erworben, aber außer einem Namensschild hat sich noch nicht viel geändert. Halt, doch. Als ich dieser tage an Ort und Stelle war um einige Videosequenzen zu drehen wurde ich ziemlich barsch gefragt was ich hier zu suchen habe und von der Hofseite verwiesen.
Ein Blick in "meinen" Gruppenraum im Mansardgeschoss der Hartmannschen Villa. Da hatte sich in Dezennien nicht allzuviel getan. Auch an den Stilvollen Einbau der Schränke kann ich mich noch gut erinnern.
Zu guter Letzt noch eine historische Ansichtskarte der Hartmannschen Villa aus meinem Archiv. Richtig, Laubegast hatte sogar einen Leuchtturm. Dieser fungierte für diese Villa wohl auch als Wasserreservoire. Dieser Turm wurde aber später abgerissen. Nur das Fundament steht noch und wir hatten an dieser Stelle einen wunderschönen Buddelkasten.
Aus und vorbei. Auch die kurze Sequenz der Filmstadt Laubegast. Richtig. In dieser Villa residierte eine Filmgesellschaft, allerdings wurde der erste und letzte richtige Spielfim, trotz Starbesetzung wie Erich Ponto, ein Flop. Auch die Aufnahmen gestalteten sich schwierig. So brach die Stromversorgung immer wieder zusammen und letztlich "mauste" man die Energie von der Speiseleitung der in der nähe befindlichen Straßenbahnendstelle. Allerdings war auch diese Energie nicht konstant und es wurde in der Nacht gedreht, wenn keine Straßenbahn fuhr.
Und 1940 zogen dann die Kinder ein bis zu deren Auszug vor einigen Jahren. Mal sehen was nun aus dieser Villa wird.
Matthias