Dresdner Hof- und Staatsbauten - Zwinger

  • Zitat von Resurrectus

    Man plant, plant, plant.

    Resurrectus hat das absolut nicht abwertend gemeint (er kennt die Problematik bestens), aber ich möchte unbedingt hinzufügen, dass bei diesem Objekt eine aufwändige, folglich langwierige und fachlich sehr anspruchsvolle Planung (oder allgemein Bauvorbereitung) notwendig ist. Im Zustand kurz vor der Zerstörung war hier nämlich vieles schon nicht mehr original, sonders Ergebnis rekonstruktiver Maßnahmen in den 1920er und 1930er Jahren. Der folgende Textauszug macht das deutlich:

    Nun mussten die aktuellen Planer natürlich nicht beim Punkt Null anfangen. Ich verweise auf die vor über 20 Jahren realisierte Probeachse, hier ein Foto aus dem Jahr 1993:

    https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/mbs/0…93009_046_b.jpg


    Seit etwa 2019 laufen fundierte Untersuchungen zur Kartierung der verwendeten Natursteine. Die Sächsische Zeitung berichtete darüber ausführlich in einem Artikel vom 15.08.2019:

    Zitat von Sächsische Zeitung

    Ins Erdgeschoss des Französischen Pavillons kommen das Foyer und ein Café. Allerdings soll auch die Fassade des Anfang 1713 fertiggestellten Gebäudes saniert werden. Dafür sind Vorarbeiten im Obergeschoss nötig, wo sich der Marmorsaal befindet. Mittlerweile freigelegt sind die Rückseiten der 18 Brüstungsfelder. Entfernt wurden die Ziegelwand, Heizkörper und die Verkleidung, erklärt Ralf Schmidt, Hüttenmeister der SIB-Zwingerbauhütte, den ersten Schritt. Jetzt arbeitet dort Diplom-Restauratorin Dana Krause. „Wir sind beauftragt, den Bestand der Marmor-Brüstungsfelder und die Schäden zu erfassen“, sagt die 41-jährige Expertin der Dresdner Restauratorengesellschaft Christoph Hein.

    Auf dem Foto jedes Feldes werden die Schäden genau kartiert. Vor allem Marmor und Kalkstein prägen das Bild. Dabei gebe es noch originale Teile aus der Bauzeit im 18. Jahrhundert und andere, die aus der Phase des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg stammen. „Das ist eine besonders spannende Arbeit“, sagt die Restauratorin. An manchen Feldern gebe es große Schäden, andere seien hingegen noch gut erhalten. Es gehe vor allem darum, die Anordnung der Felder genau festzuhalten und daraus abzuleiten, wie der Saal konzipiert war. Deshalb sei es auch nötig, die Gesteinsarten, ihr Alter und ihre Herkunft zu bestimmen.

    Beispielfoto der Brüstungsfelder:

    https://image.saechsische.de/784x441/m/7/m7…epw9sxhe4cm.jpg

    Einen interessanten Auftrag führt derzeit die Firma AVIG durch. Sie erstellen für den Marmorsaal so genannte 3D-Meshs. Das sind digitale Gittermodelle, so eine Art räumliche Visualisierungen, mit denen man Animationen durchführen kann.

    Ausschreibungen für „richtige“ Bauarbeiten habe ich noch nicht entdeckt.

    Und hier noch ein Foto des Saales von 1957 Da war der Simsbereich noch wesentlich "vollständiger"):

    https://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/haupt…log_0135727.jpg

  • Zitat

    Zitat

    Der im sog. „Französischen Pavillon“ auf der nördlichen Wallseite des Zwingers gelegene Marmorsaal gehörte seit jeher zu den prachtvollsten und berühmtesten Sälen der Stadt.

    Ach? Da schau her. Ich kenn den, der das geschrieben hat.... Nice...! :thumbup:

  • SZ-Artikel zu den Grabungen im Zwinger:

    Dresden: 800 Jahre alte Stadtmauern im Dresdner Zwinger freigelegt | Sächsische.de (saechsische.de)

    Am wichtigsten für uns:

    "Der Zwingerhof soll bis 2024 saniert werden. Er wird eine dunkelbraune wassergebundene Decke erhalten. Der genaue Farbton wird derzeit noch mit dem Denkmalschutz abgestimmt. Die Hauptwege sollen einen Belag aus beschichtetem Asphalt erhalten."

    Finanzierung für die gesamte Maßnahme ist wohl nun endlich gesichert.

    Auch die teure aber notwendige Brunnensanierung soll kommen, hört man.


    Sonst im Artikel vieles Interessante zu den archäologischen Grabungen. (Falls demnächst hinter der Bezahlschranke, hier eine Zusammenfassung.)


    Auf der nördlichen Seite des Hauptwegs vor dem Glockenspielpavillon und der Bogengalerie M (Porzellansammlung Ostasiengalerie) ist es den Archäologen gelungen, Teile der ersten drei Dresdner Stadtmauern freizulegen. "Ein exemplarisches Beispiel, wie die Stadt seit dem Mittelalter gewachsen ist".

    Überreste von drei alten Stadtmauern... Es gibt keine andere Stelle in Dresden, an der sie noch so erhalten sind.


    1.

    Die älteste von ihnen ist direkt zu Füßen der Bogengalerie freigelegt. Sie ist Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet worden. Dabei handelt es sich um eine einfache Mauer aus Pläner-Platten, die nur in Lehm gesetzt und verfugt sind. "Das war bis zum 15. Jahrhundert eine gängige Praxis", erklärt Olbrich. Darüber bestehen die Mauern aus einer Schicht gebrochener Ziegelsteine.

    2.

    Etwa zehn Meter vor der mittelalterlichen ersten Mauer wird zwischen 1427 und 1431 eine Vormauer als Verstärkung errichtet und ein tiefer Stadtgraben davor angelegt. Sie ist rund 1,40 Meter stark und viel stabiler als die alte mittelalterliche Lehmmauer. "Man sieht, wie die neuen Mauern immer mehr Schutz vor den sich weiter entwickelnden Feuerwaffen bieten". Auf der anderen Seite des Hauptweges (Richtung Porzellanpavillon) verläuft diese Mauern weiter. Dort wurde das Fundament eines alten Stadtmauer-Turmes freigelegt; ein wohl unerwarteter Befund.

    3.

    Seit 1485 ist Dresden Residenzstadt der albertinischen Linie der Wettiner. 1547 erhält Herzog Moritz von Sachsen die Würde des Kurfürsten .

    1546 beginnt der Ausbau Dresdens zur Festung. Errichtet werden damals über drei Meter dicke Festungsmauern aus massiven Sandsteinquadern mit Bastionen an den Ecken, von denen aus angreifende Feinde mit Kanonen beschossen werden können.

    Teile dieser Mauer sind unter der Brühlschen Terrasse (Festung Dresden Museum und umgebende Mauern und Bastionen von der Freitreppe am Schlossplatz bis zum "Bärenzwinger") auf uns überkommen.

    Die Feuerkraft der Geschütze erhöht sich zu dieser Zeit schnell. Das Problem im Bereich des heutigen Zwingers: Die Bastionsmauer aus der Mitte des 16. Jahrhunderts steht zu nahe am Residenzschloss.

    4.

    Also entsteht bereits zwischen 1569 und 1574 eine vierte Stadtmauer mit zwei großen Bastionen, die das ganze Areal des heutigen Zwingers sowie des Theaterplatzes umfasst. Damit entstehen große Flächen vor dem Schloss, auf dem der kurfürstliche Hof dann seine Repräsentationsbauten errichtet. Das Kronentor steht auf dieser 4. Bastionsmauer. auch am Elbufer nördlich der Oper ist ein Teil dieser Mauer noch am Flussufer erhalten.

    Wer mehr wissen will:

    Dresdner Befestigungsanlagen – Wikipedia

  • Ich vermute doch, man hat bei den Grabungen und den dabei gefundenen 7 bis 10 verschiedenen Gartenanlagen-Versionen das passende und originale Material bestimmen können. Gehen wir mal davon aus, dass die Ergebnisse zum Belag wissenschaftlich validiert sind und nicht nur eine Geschmacksfrage bedienen...
    Asphalt wird dazu in Farbe und Struktur passend und damit möglichst unauffällig, ähnlich wie im Großen Garten, die stark begangenen Hauptwege befestigen. Gut dass die zwischenzeitliche Idee der Denkmalpflege (!), stattdessen Sandsteinplattenwege zu verlegen, vom Tisch ist.

  • Alles richtig.

    Oh mann, die mit ihrem "Originalitätsfetisch". Avber was ist "original"? Wahrscheinlich wirds dann so'n K...kbraun wie beim Bellotto.....

    Also, ich erträume mir den Zwingerhof seit 30 Jahren in den hallen Bodenfarben, wie in jedem anständigen Barockschloss. ... wie z. B. auf dem Cover von diesem schönen Buch:

  • Wichtig beim Farbton war und ist auch vor allem auch das Verhältnis zu Galerie und Werken. Es muss ein weniger aggressiver Ton und Material sein als das bisherige Rot. Das hat an und in der Galerie nämlich erhebliche Schadeinwirkungen verursacht. Wenn die so viele verschiedene Tönungen haben, werden die sich schon für die beste Version unter den Herausforderungen entscheiden. Die Originalität lässt sich da ja immer irgendwie herleiten, wenn man nur will. Könnten ja auch den ganzen Zwinger wieder weiß tünchen, wenn die wollen.

    Den Asphalt seh ich etwas kritisch. Da finde ich, wäre ein Sandsteinplattenbelag für die Wege ansprechender und dem Ensemble besser zugehörig. Das wär dann meinetwegen der Originalzustand im 21.Jht. - auch wieder ne Schicht dazu gekommen.

  • Den Asphalt seh ich etwas kritisch. Da finde ich, wäre ein Sandsteinplattenbelag für die Wege ansprechender und dem Ensemble besser zugehörig. Das wär dann meinetwegen der Originalzustand im 21.Jht. - auch wieder ne Schicht dazu gekommen.

    Ich gehe davon aus, dass der Asphalt im Ton des Sandes eingefärbt wird, so dass man wenig Unterschied sehen wird. Es würde mich sehr wundern, wenn es auf anthrazitfarbene Bitumenbahnen hinausliefe.

    Also, ich erträume mir den Zwingerhof seit 30 Jahren in den hallen Bodenfarben, wie in jedem anständigen Barockschloss. ...

    Wohl eher so, wie sich unbedarfte Hobbydenkmalpfleger ein Barockschloss vorstellen. Der Originalitätsfetisch ist immer nur wichtig bis zu dem Punkt, an dem die erträumte Rekonstruktion vom Original abweicht. Dann ist Disneyland dann doch lieber...

  • Resurrectus - ein unbedarfter Hobbydenkmalpfleger? In speziellem Bezug auf Fachwissen über den Barock? Das ist dermaßen daneben, dass ich schon fast drüber lachen kann...

  • UrPotsdamer

    Vielen Dank für die "netten" Blumen.

    Ich habe gar nichts gegen Originalzustände, im Gegenteil. Fakt ist aber, dass solche Befunde, gerade aus Bodenschichten, wo ja nicht unbedingt mit Schildchen dransteht "von dann und dann" und "zu diesem und jenem Zweck", durchaus vage bleiben und unterschiedlich interpretiert werden können. Da gehört dann immer auch, aber wem sage ich das?, historisch-kunsthistorisches Wissen mit dazu, die Dinge richtig einzuordnen, eben zu interpretieren.

    Die roten "Erlwein-Braschen" machten da im Zwinger genausoweng Sinn wie ein dunkler Bodenbelag (vielleicht war die Meldung ja auch nur irreführend und es wird alles gut). Ich lasse mich jedenfalls gerne korrigieren.

    Wir fanden beim British Hotel flächendeckend rötliche (!) Farbtöne auf den Fragmenten und entschlossen uns dann, diese nicht zu realisieren. Und zwar mit oberster Genehmigung und Anraten von niemand Geringerem als Heinrich Magirius.

    Aber das ist ja am Neumarkt. Das ist ja Disneyland.

  • Naja, früher war auch nicht immer alles perfekt und wunderschön. Früher hat man auch mal Zwischenlösungen gehabt, vielleicht aus Kosten oder Zeitgründen und Geschmack hat sich auch immer wieder geändert.
    Man geht ja heute auch nicht hin und malt alle griechischen Statuen wieder bunt an oder wechselt Pflasterung gegen Schmutzstraßen oder Holzbohlen in mittelalterlichen Städten der Authentizität wegen.
    Nur weil vielleicht aus einer Zeitschicht dunkelbrauner Boden entdeckt wurde, besteht meiner Meinung nach kein Zwang diesen so wiederherzustellen, wenn dieser ästhetisch dem Ensemble abträglich wäre. Ich nehme an/hoffe sehr, dass man auch ästhetische Fragen bei der endgültigen Entscheidung einfließen lässt.
    Womöglich ist der "dunkelbraune" Bodenbelag gar nicht so dunkelbraun oder unansehnlich, wie man sich das vorstellt.

  • "Geändert wurde der bisherige Plan für die Hauptwege. Aufgrund der starken Belastung im Zwinger mit bis zu drei Millionen Besuchern im Jahr waren Platten aus Sandstein geplant. Doch der hat die Eigenschaft nachzudunkeln und würde sich sehr stark von den anderen Flächen abheben. Also ist jetzt ein Belag aus beschichtetem Asphalt geplant. Direkt vor der Gemäldegalerie sind bereits Musterflächen angelegt."

    Quelle: Link

    Könnte vielleicht jemand mal ein Foto von den Musterflächen machen und hier einstellen?

  • Resurrectus - ein unbedarfter Hobbydenkmalpfleger? In speziellem Bezug auf Fachwissen über den Barock? Das ist dermaßen daneben, dass ich schon fast drüber lachen kann...

    Dass Ur-Potsdamer jene ganz liebreizende Art hat, die sich, ob zurecht oder zuunrecht kann hier nicht untersucht werden, mit einer bestimmten ethnospezifischen Mentalität in Verbindung gebracht, sozusagen weltweiter Beliebtheit erfreut, ist ja schon längst bekannt, indes belegt diese Apostrophierung des Resurrectus, wie sehr sich dieser charmante User auch immer voll und ganz bewusst ist, was und worüber er da vor sich hin schreibt...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Eigentlich ein sehr schöner Bau, der die Silhouette ein paar Jährchen mitprägen durfte. In Kurt Hielschers spätem Deutschland-Buch ist so ein Dämmerbild drinnen, bei dem ich mich oft gefragt habe, was dieser "Kriegsverlust" ganz rechts von Schlossturm (aus der gewählten Perspektive höher als dieser) eigentlichen gewesen ist.

    Heute wäre das natürlich ein tolles technisches Denkmal. Dennoch bin ich über den Abriss eher froh, da dieser Schlot das Stadtpanorama doch über Gebühr verfremdet hat. Aber darüber kann man natürlich trefflich streiten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.