Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Ein Grund sich zurückzulehnen ist das aber bei weitem noch nicht. Die Rekonstruktion etlicher nicht minder wichtiger Gebäude (Flechte, Schildknecht, die Nachbarhäuser vom Roten Haus,...) ist damit immer noch nur im Bereich des Möglichen.
    Überhaupt, was beim Roten Haus (originaler oder "neuer" Tuchgaden, Metzgerhöfchen) und mit dem Archäologischen Garten passieren wird, da weiß man immer noch nichts.
    Und wenn jemand wie der Duchscherer dann ne Parzelle auf dem Gebiet bekommt dann Gute Nacht. Dem seine beiden Architektenentwürfe kommen dann überspitzt formuliert von Jourdan und Franzke...

    Also, ja nicht nachlassen

  • Zitat von "Rohne"

    Und wenn jemand wie der Duchscherer dann ne Parzelle auf dem Gebiet bekommt dann Gute Nacht. Dem seine beiden Architektenentwürfe kommen dann überspitzt formuliert von Jourdan und Franzke...

    Ich weiß zwar nicht, wer Duchscherer ist, aber wenn jemand zwei Modernisten nimmt, die in ein enges Gestaltungssatzungs-Korsett eingeschnürt sind, dann können die auch keinen allzu großen Schaden mehr anrichten. Da wird dann zwar keine Reko dabei sein, aber man sieht ja schon am Haus am Dom, wie zahm Jochem Jourdan unter Zwang werden kann. das Ding ist zwar insgesamt immer noch mißlungen, aber das steile, schiefergedeckte Satteldach ist in Ordnung. Wenn man gesehen hat, was der Mann ursprünglich entworfen hatte. Und selbst sein Entwurf für das historische Museum war von den mir bekannten noch der erträglichste. Es kommt eben auf eine wirklich strenge Gestaltungssatzung an, der sich auch kein Archi durch Mauscheleien entziehen kann wie Behnisch am Pariser Platz in Berlin - dann können selbst solche Stadtzerstörer wie JJ unschädlich gemacht werden.

    Wenn nun all die angeblich bereitstehenden Interessenten hervorkommen, die auf ihrem Grundstück eine Reko bauen wollen, dann dürfte zumindest ein ähnlich hoher Reko-Anteil wie am Neumarkt DD realistisch sein.

  • Das Problem an Jourdan ist, dass er unfähig ist. Wenn ich jahrelang studiert habe und beruflich permanent nichts zu Stande bringe, ohne dass ich ständig von "Aufsichtspersonen" unter Druck gesetzt werden muss, habe ich eindeutig den Beruf verfehlt. Als Mediziner oder Jurist, um mal zwei Berufe zu nennen, die prinzipiell ähnlich viel Vorbildung erfordern, dürfte der Mann jedenfalls schon längst nicht mehr schaffen. Als Architekt mumpitzt man aber fleissig weiter, und das regt sicher nicht nur mich an dem Mann auf...

  • Ich hoffe einfach mal, dass die "Stararchitekten" wie Jourdan gar keine Lust haben, sich an diesem Projekt zu beteiligen, da ihnen die Auflagen zu streng sind.

    APH - am Puls der Zeit

  • Die Gestaltungssatzung dürfte in der Tat der interessanteste Punkt werden. Nur roter Mainsandstein, wenigstens an den Fassaden nur Holz, Verputz oder Naturschiefer in altdeutscher Deckung, Giebeldächer mit der typischen Frankfurter Nase, kein Sichtbeton, kein sichtbarer Stahl, keine "hingerotzte" pseudo-moderne Fensterverteilung à la Haus am Dom - mit den paar Punkten wäre schon fast alles gewonnen.

  • Mich freut die neueste Entwicklung ebenfalls! Eine Gestaltungssatzung für das Gebiet ist genau der richtige Weg, entscheidend ist jetzt, was im Einzelnen darin festgesetzt wird. In dem kleinräumigen Gebiet werden die sieben historischen Häuser aber ganz anders wahrgenommen werden als die Häuser auf der [lexicon='Römerberg'][/lexicon]-Ostseite, die weithin wirken können. Das Haus zum Lämmchen wird man z. B. kaum aus der Distanz gut betrachten können. Selbst die Platzssituation am Hühnermarkt wird intim wirken. Man wird die Straßenzüge viel mehr als Ensembles mit sich überschneidenden Fassaden wahrnehmen. Deshalb kommt es sehr darauf an, dass harmonische Gesamtbilder entstehen.

  • Möglichst viele Bürger sollen Bauherren werden

    Zitat

    Auf den übrigen Parzellen sollen Neubauten entstehen, für die aber eine strenge Gestaltungssatzung gelten wird. Das bedeutet, dass den Architekten klare Vorgaben zu Materialien, Dachformen und Geschosszahlen gemacht werden. Um eine qualitativ anspruchsvolle Bebauung sicherzustellen, müssen für jede Parzelle mindestens zwei Entwürfe vorgelegt werden. Bewerben sich mehrere potentielle Bauherren um ein Grundstück, so kommt es automatisch zu einem „konkurrierenden Verfahren“. Interessiert sich nur ein Bauherr für eine Parzelle, so muss er mindestens zwei Vorschläge erarbeiten lassen. Ausdrücklich zulässig ist es auch für private Bauherren, historische Häuser zu rekonstruieren. Allerdings wird auch an sie der Anspruch gestellt, diese möglichst originalgetreu zu gestalten.

  • Auf jeden Fall muss das Haus zu den drei Römern ebenfalls rekonstruiert werden, das perfekte Entrée und von der Blickpunktbeziehung etwa so wichtig wie das Gewandhaus in Dresden!

    Kunsthistorisch unglaublich wichtig wäre auch das Haus Gadeneck (Tuchgaden 2) mit den geschnitzten "Schreckmännchen" in der Erdgeschosskonsole, ein einfach nur köstliches Frühwerk der Renaissance in Frankfurt, das meines Erachtens nur noch vom "Haus zum Fraß" mit seinem genialen Hauszeichen ("Zu Fressen und zu Saufen ist mir wohl bekannt, drum werd' ich Haus zum Fraß genannt!") getoppt wurde.

    Wenn ich persönlich das Geld hätte, würde ich mir wohl Markt 9 (Karpfen) unter den Nagel reissen und den Denkmalschutz mit dem schiefsten rekonstruierten Haus aller Zeiten ärgern. :gg:

  • Zitat von "Jörg"

    Wer neu bauen will, muss zwei Entwürfe von zwei Architekten einreichen und sich der Gestaltungssatzung unterwerfen. [...] Wer gleich rekonstruiert reicht nur einen Entwurf ein

    Zitat von "Schloßgespenst"

    Um eine qualitativ anspruchsvolle Bebauung sicherzustellen, müssen für jede Parzelle mindestens zwei Entwürfe vorgelegt werden. Bewerben sich mehrere potentielle Bauherren um ein Grundstück, so kommt es automatisch zu einem „konkurrierenden Verfahren“.

    Aha, man beachte den Unterschied.
    Jörgs Variante wäre mir lieber. Denn wenn nun ein Reko-Vorschlag mit einem Nicht-Reko-Vorschlag konkurriert, wer entscheidet dann? Der Modernist im Rathaus?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Das Haus Karpfen war kunsthistorisch eher unbedeutend (sofern das mangels größerer Untersuchungen gesagt werden kann), aber architektonisch betrachtet einfach unglaublich schief! Da der Markt aber zu eng war, um darin die Fassaden frontal zu fotografieren, zumindest mit den damaligen technischen Möglichkeiten, gibt es leider nur Seitenaufnahmen, die aber auch schon gut demonstrieren, wie sehr das Haus aus der Flucht ausbrach:

    (Bild 1: Dreysse-Studie, Bild 2: RMA's Postkartensammlung, um 1900)

    Dann noch ein paar Bilder, mal eben aus "Alt-Frankfurt. Ein Vermächtnis." abfotografiert, daher eher miese Qualität...

    "Schreckmännchen" am Haus Gadeneck:

    Obergeschosse des Hauses Nürnberg, das nun neuerdings auch auf der städtischen Reko-Liste steht:

  • Den Griffel angespitzt und mitgemacht bei der FAZ-Frage:

    Zitat

    10. Mai 2007
    In der Frankfurter Altstadt sollen sieben historische Gebäude rekonstruiert werden. Fest steht, dass die Goldene Waage, das Rote Haus, der Junge Esslinger und das Goldene Lämmchen wiederhergestellt werden. Für die Bebauung der übrigen Parzellen soll eine strenge Gestaltungssatzung erlassen werden. Ist das eine richtige Entscheidung - was meinen Sie?

    faz

  • Die spätgotische Madonnenstatue des Goldenen Lämmchens, ganz rechts auf diesem Bild

    zu sehen, soll der Dreysse-Studie nach die Zerstörungen heil überstanden haben. Befindet sie sich in einem städtischen Archiv - wer weiß etwas dazu?

  • Die Statue befindet sich im Lapidarium des Historischen Museums. Meines Wissens wurde sie bereits lange vor dem Zweiten Weltkrieg aufgrund von Witterungsschäden dorthin verbracht, bei der Bombardierung der Altstadt wurde somit nur eine Kopie zerstört.

    Dies ist übrigens bei einem Großteil der Spolien der Fall. Sie haben den Krieg nicht überstanden, weil man sie deswegen auslagerte, sondern vielmehr, weil man sie aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustands gegen Kopien ausgetauscht hatte. So lässt sich z. B. auch der Erhalt des geschnitzten Eckpfostens der Goldenen Waage erklären, die bis auf das Erdgeschoss herab verbrannt ist.

  • Um mal aus der Schnapsidee doch noch etwas halbwegs ernsthaftes zu machen: RMA, mit der Idee würde ich hausieren gehen - Das Haus Karpfen hat durch seine Schräglage einen einmaligen Skurrilitätsbonus zusätzlich zur einmaligen Altstadtatmosphäre, den der zukünftige Bauherr sicher gut vermarkten könnte. Von daher würde ich alles in Bewegung setzen, um dieses frühe Beispiel des Dekonstruktivismus wiedererstehen zu lassen... :gg:

    Was sagt sie uns für Unsinn vor?
    Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
    Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
    Von hundert tausend Narren sprechen.
    Goethe, Faust I

  • Hehe, ihr seid sehr kreativ. Das Fachwerk des Karpfens ist nicht dokumentiert, aber ich bin mir sicher, mit Riegels Hilfe würden wir das hinkriegen. ;)

    Zeitlich fällt das Gebäude aber so, dass es mit größter Sicherheit ursprünglich als Sichtfachwerk konzipiert und ohne Verputz wohl recht ansehnlich war.

    Es gibt allerdings noch einen weiteren Grund, warum der Karpfen und sein linker und rechter Nachbar eigentlich rekonstruiert werden müssen (was auch bei der Stadt beim Bekenntnis zur Goldenen Waage offenbar noch niemand bedacht hat... ist aber mal wieder typisch für deren Kurzsichtigkeit):


    (Bild: für Wikipedia von RMA neu aufgearbeiteter Grundriss um 1900)

    ...denn die Häuser Markt 7 - 11 teilen sich die Südwand mit der Alten Hölle, die Hinterhaus der Goldenen Waage ist. Und schon wegen des berühmten Belvederchens unter Garantie rekonstruiert wird.

  • RMA
    Da muss ich leider mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln passen... Sonst hätte ich sicher im Fachwerkthread im Beitrag über die Nachbarhäuser der goldenen Waage (am Schluss der ersten Seite) mehr dazu geschrieben. Zu Markt 9 habe ich lediglich folgende Bemerkung anfügen können:

    Zitat

    Auf der grossen Photographie erkennt man, dass das Haus Markt 9 ziemlich stark zur Seite hin gekippt ist. Es ist das schiefste Haus, welches mir auf alten Frankfurter Ansichten je begegnet ist. Da es als Einziges in der Häuserzeile so schief stand, vermute ich, dass eher konstruktive Mängel am Oberbau dazu führten, und nicht eine schlechte Fundierung.


    Aber ich poste hier nochmals das zugehörige Bild:


    Von links nach rechts: Höllgasse 9, 11, Goldene Waage, Markt 7, 9, 11 Kunstanstalt Lautz & Balzar, Darmstadt, ca. 1900

  • Naja, im Zweifel gibts ja immer noch die "Notlösung", zu Häusern des gleichen Typs, bei denen das Fachwerk bekannt ist, Vergleiche anzustellen, und sich so dem wahrscheinlichen Fachwerk unter dem Verputz anzunähern. Der Karpfen ist ja nicht gerade ein seltener Haustypus in Alt-Frankfurt gewesen, mal abgesehen davon, wie schief er war. Man hat dies bei einigen Häusern der Ostzeile meines Wissens ja auch gemacht und ist, soweit du das beurteilt hast, trotzdem ganz gut gelungen. ;)

    Außerdem wissen wir nicht, was für Unterlagen noch in städtischen Archiven schlummern. Da gibt es sicher weit mehr, als bisher in Büchern zu sehen war bzw. überhaupt publiziert worden ist.

    Eher ein Wunder finde ich, dass der Karpfen nicht völlig zusammengebrochen ist. Die Schräglage dürfte ja aus einer extremen Absenkung tragender Bestandteile entlang einer ganzen Hausseite resultieren, oder?