Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Nicht ist ausgeschlossen oder unmöglich - Grenzen gibts nur im Kopf.

    Auch neue Technologien können dabei helfen, ganze Altstädte wiederaufleben zu lassen, und sei es hier und da interpretierend-kreativ. Geo- und Laservermessung, 3D-Druck im Bau, Abbruchroboter, Steinmetzarbeiten via automatischer Fräsen, etc.pp... Grenzen gibts nur im Kopf.

  • Aus der FAZ: Neue Simulationen und Fakten zum Dom-Römer-Projekt

    Treffpunkt Hühnermarkt

    Auf Bild 2 wird leider deutlich, welcher Teil der absolute Schwachpunkt der "neuen Altstadt" ist - alle anderen Ecken werden besser und sehenswerter und vermitteln Atmosphäre.

    Künftige Besucher sollten ihren Rundgang durch das Viertel am besten am Dom beginnen, an der Goldenen Waage vorbei über den Hühnermarkt gehen, dann links in die Gasse Hinter dem Lämmchen einbiegen, den Blick immer nach rechts halten und am Kunstverein vorbei links direkt zum [lexicon='Römerberg'][/lexicon] gehen - und damit die misslungenen Pfuschbauten gegenüber der Schirn mehr oder weniger umgehen - wobei die beiden miesesten ja leider bis zum Lämmchen durchreichen.

  • Bemerkenswerter finde ich aber, daß die Befürworter von Rekonstruktionen immer meinen sich hierfür rechtfertigen zu müssen.


    Befürworter nicht, sondern Kommunalpolitiker, die solche Projekte berufsbedingt begleiten und/oder einweihen (müssen).

  • Nicht viel.

    Solche Spolien in Neubauten einzufügen, ist ja grundsätzlich eine interessante Idee, zumal viele Spolien - wenn auch nicht die hier genannte - ansonsten ohnehin weitere Jahrzehnte im Magazin gammeln würden. Aber dann müsste man als neuen Standort auch einen der sensibel gestalteten Neubauten nehmen. Stattdessen hat man sich ausgerechnet Markt 30 ausgesucht - das hässlichste, die Unfähigkeit und Unwilligkeit des Architekten greifbar machende Haus im ganzen Viertel. Vor einer solchen modernistischen Karikatur eines Altstadthauses wird die Spolie lächerlich wirken - man sieht es ja schon auf der verlinkten Ansicht.

  • ^ Ich befürworte grundsätzlich den Einbau von Spolien. Aber doch bitte nur am originalen Ort. Hier jetzt ein Erdgeschoss von irgendwo anders aus der Altstadt einzubauen halte ich für falsch und nicht authentisch.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Ich sehe das nicht ganz so negativ. Es ist sicher nicht der Originalstandort, aber immerhin doch ein Original-Überbleibsel der Frankfurter Altstadt. Und dass man den modernen Bau mit solch einer großen Spolie, die sich über das ganze Erdgeschoss erstreckt, optisch verbessert ist doch angenehmer, als wenn ein Altbau durch einen modernistischen Ladeneinbau entstellt würde. Also, in diesem Fall bin ich gelassen.

  • Man kann nicht vom Wesen Frankfurts sprechen, ohne den Domblick und den Engel am Samstagsberg auszublenden. Mit der Zeit ergibt es sich fast von alleine, daß zu diesem wahrzeichenhaften Raumbild sich auch die drei Römer auf dieses Bild überlagern. Welche Bindungen und welche Emotionen sind untrennbar mit diesem Bild verbunden und welche Beweggründe hätte man als ganz selbstverständlich erachtet, dieses kostbare Bild wiederzugewinnen. Die gesamte neu zu erbauende Markt-Nordseite läßt keinerlei Bewußtsein mehr für den alten Genius loci erkennen; ein paar Giebel machen noch kein Altstadthaus. Diese bestimmte Spolie hätte sich an einem anderen Standort ganz hervorragend geeignet, das Erdgeschoß eines Hauses zu werden, das man in den Obergeschossen mit sehr viel Sensibilität an es angepaßt und traditionell weitergebaut hätte. Anstelle dient es dazu, am Standort der drei Römer, also an einem der wichtigsten und zentralsten Punkte der ehemaligen Altstadt, eine Art Alibispolie zu werden.

  • "Weingeist", die Spolie wird nicht bei den Drei Römern eingebaut, sondern bei Markt 30 (Altes Kaufhaus). Zudem wird die Spolie nicht auf der Seite des Marktes eingebaut, sondern in Hinter dem Lämmchen (3). Die Spolie passt insofern nicht ganz schlecht, als sie die Grundstruktur der Vorkriegs-Rückseite widerspiegelt (mittiger Eingang und parallel links und rechts je ein großes Fenster). Jedenfalls, diese Sorge musst Du nicht haben: Mit der Domansicht hat dieses Gebäude und diese Spolie nichts zu tun.

  • Nun hat es das Dom-Römer-Projekt auch in den Feuilleton der FAZ geschafft.

    Umbau der Frankfurter Altstadt Aus alt mach neu - oder umgekehrt

    Zitat

    Hätte im späten Mittelalter die Hessische Bauordnung gegolten, wäre die Frankfurter Altstadt nie entstanden. Ihr aktueller Wiederaufbau ist ein Kompromiss. Aber kein fauler. Das „Wesen der Altstadt“ soll erfahrbar werden.

    Zitat

    Für die Männer, die die Frankfurter Altstadt wieder aufbauen, ist das gotische Fachwerkhaus, in dem einst Goethes Tante Johanna Melber wohnte, schlicht das „HdL Zwo“. HdL bedeutet Hinter dem Lämmchen, so hieß eine der Gassen in der 1944 untergegangenen Altstadt, die jetzt wiederaufersteht. Vom HdL Zwo steht bislang nur das Erdgeschoss, es sieht so unromantisch aus, wie der Name klingt: eine Kiste aus Beton, aus der Bewehrungseisen und Plastikschläuche ragen.

    Der Bau der Altstadt ist in vollem Gange. Für mehr als die Hälfte der 35 Häuser hat der Rohbau schon begonnen, darunter sind M28 (das Haus „Würzgarten“ am Markt), B19 (der Rebstock-Hof an der Braubachstraße) und das HdL Zwo alias „Tante Melber“, um nur drei von fünfzehn Rekonstruktionen zu nennen, zu denen sich auf dem Areal zwischen Kaiserdom und Rathaus Römer noch zwanzig Neubauten gesellen. „Und wo bleibt das Fachwerk?“, fragen viele, die sich wundern, dass die Altstadt wie eine Neustadt aussieht.

    Doch das wird sich ändern. Der Bauherr, eine städtische Gesellschaft, übt sich nicht in übertriebenem Pragmatismus. Er handelt aus schierer Notwendigkeit. Unter der Altstadt liegen eine Tiefgarage und eine U-Bahn-Trasse. Statisch ist es deshalb nicht möglich, die Häuser so zu konstruieren, wie das früher einmal geschah. Und auch baurechtlich gilt heute mit der Hessischen Bauordnung ein anderes Regelwerk als im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit: Brandschutz und Energieauflagen setzen der Rekonstruktion Grenzen.

    Die Bauherren können keine Kopie der Altstadt erstellen, sie haben auch gar nicht den Anspruch. Sie wollen das „Wesen der Altstadt“ wieder erfahrbar machen und so früh wie möglich zu traditioneller Bauweise übergehen. Das heißt konkret, dass vom ersten Obergeschoss an wieder Fachwerk entsteht, wo einmal Fachwerk war. Am Haus „Würzgarten“ lässt sich das schon heute beobachten: Im ersten Obergeschoss ist eine Fachwerkkonstruktion aus jungem Nadelholz zu sehen, das später einmal verputzt werden soll. Wo das Fachwerk wie bei der „Goldenen Waage“ sichtbar bleibt, ist das Eichenholz bis zu fünfhundert Jahre alt.

  • Ich weiß nicht, was Du mit "bewusst" meinst. Einige sind doch schon im Bau. Und die restlichen werden schon noch gebaut. Ich denke aber, dass schlicht aus Gründen der Baustellenorganisation nicht jede Ecke gleichzeitig und paritätisch hochgezogen wird, sondern dies sukzessive passiert.

  • Ich sehe das nicht ganz so negativ. Es ist sicher nicht der Originalstandort, aber immerhin doch ein Original-Überbleibsel der Frankfurter Altstadt.

    Ich befürworte grundsätzlich den Einbau von Spolien. Aber doch bitte nur am originalen Ort.

    Nicht viel.

    Solche Spolien in Neubauten einzufügen, ist ja grundsätzlich eine interessante Idee


    Den Einbau dieser Spolie im Haus Markt 30 sehe ich kritisch.

    Grundsätzlich finde ich die Verwendung von Spolien beim Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt gut.

    Werden die Spolien der zerstörten Häuser in die jeweiligen Rekonstruktionen eingebaut, verleiht dies der Rekonstruktion die von Heimdall so oft beschworene historische Tiefe. Wird auch die Rekonstruktion durch die Spolie nicht zm Original, so kommt sie ihm doch näher, als wenn überhaupt keine Originalteile mehr vorhanden sind. Wenn das Originalgebäude noch stünde, würde man dieses wahrscheinlcih gerade wegen der Gebäudeteile, die als Spollie die Zeiten überdauert haben als bedeutendes Baudenkmal ansehen. Diese Elemente wurde ja bei der Beseitigung der Trümmer der Altstadt gerade wegen ihrer künstlerischen Bedeutung aufbewahrt.

    Auch bei der Errichtung von Neubauten, kann der Einbau von Spolien sinnvol sein. Soll die Spolie die Erinnerzung an das Gebäude dessen Teil sie einmal war wachhalten, so muß dies aber in der Regel am Originalstandort sein. Hinzu kommt, dass die Spolie nicht einfach nur an dem Gebäude angebracht werden sollte, sondern an einer ihrer ehemaligen Funktion entsprechend. Es kommt doch zu oft vor, dass Torbögen ihrendwo in einen Giebel oder Konsolen die ein Fachwerkgeschoss getragen haben, irgendwo in halber Geschosshöhe in eine Wand eingebaut werden. (Dann wäre der Verbleib in einem Museum besser) Das wäre bei dem Einbau im Haus Markt 30 allerdings nicht das Problem. Schließlich muss sich die Archtitektur des Neubaues, zu der Spolie in Beziehung setzten bzw bei großen Originalteilen sogar hinter diesen zurücktreten.

    Bei dem Einbau der Spolie in das Haus Markt 30 ist dies alles nicht der Fall.

    Zunächst stammen die Sandsteingewände nicht von dem Vorgängerbau, nicht einmal von einem Haus in der unmittelbaren Umgebung des Alten Marktes sondern, wenn die Angaben in dem Artikel richtig sind, aus dem Taubenhof, der der Frankfurter Neustadt lag. Nun kann es ja grundsätzlich Translokationenen von Gebäuden geben. Das Origanalgebäude aus dem die Sandsteineemendte Stammen scheint ja auch nicht kriegszerstört, sondern bereits zu Beginn des 20 Jahrhunderts oder früher (?) abgebrochen worden zu sein. Ich halte die Verwendung in der Altstadt trotzdem bedenklich, da hier ja gerade kein "Museum" Altfrankfurter Architektur enstehen soll, sondern die dort ehemals vorhandenen Gassen auferstehen sollen. Die Zusammenführung von verschiedenen ehemals über das Stadtgebiet verteilter Gebäude, wie die ja auch anderenorts in sog. Traditionsinseln geschehen ist, steht dem entgegen. Unmittelbar nach Kriegsende war ein solches Konzept von Fried Lübeckke und den Farnkfurter Altstadtfreunden allerdings durchaus angedacht. Eine solche Vorgehensweise würde, nebenbei gesagt, auch Rekonstruktionsvorhaben an anderern Stellen der Altstadt behindern, da dagegen dann das Argument vorgetragen werden könnte, alles Wichtige sei bereits im Bereich Dom/[lexicon='Römerberg'][/lexicon] rekonstruiret.

    Hinzu kommt, dass die Sansteinelemente offensichtlich von einem Gartenhaus, einem freistehenden barocken Gebäude stammen. Bei den Häusern in der Altstadt hat es sich aber gerde nicht um solche gehandelt. Schon die Verwendung als Erdgeschoss einer Fachwerkhausrekonstruktion in der Altstadt, wenn auch wenn diese ebenfalls Sandsteingeschosse Barock- oder Rokokoverzierungen hatten, wäre daher problematisch. (Aich der freistehende Aufbau im Garten des Liebighauses war sicher nicht optimal um die Fassadenteile richtig zur Geltung kommen zu lassen)

    Dies gilt auch für den Einbau in einen Neubau. Hier wird doch durch den Einbau gerade einer solch großen Spolie sugeriert, das dieser an das vor den Kriegszestörung bestehende anknüpft, sogar, dass das Erdgeschoss die Kriegszerstörungen überstanden hatte (wie dies ja bei einigen Fachwerbauten wie dem "Schwarzen Stern" und der "Goldnen Waage" tatsächlich war, wenngleich das erhaltende Erdgeschoss des "Schwarzen Sterns" bei dessen Rekonstruktion nicht verwendet, und das der "Goldenen Waage" abgeräumt, verkauft und jetzt zumindest in Teilen wieder zurückgeholt wurde). Ein falscher historischer Eindruck sollte aber nach meiner Meinung nicht entstehen.

    Auch ästhetische Gründe sprechen aus meiner Sicht nicht für den Einbau. Das Haus Markt 30 wird, soweit der Blick auf die Entwürfe eine solche Wertung zulässt, zumindst an diesem Stanort (ob an einem anderen sei dahingestellt) nicht als schön empfunden werden. Daran wird sich auch durch das Vorblenden eines Sandsteinerdgeschoss aus dem 18. Jahrhundert nichts ändern. Dies wäre allefalls für Freunde von "Brüchen" und "Kontrasten" etwas positives Selbst ein modernistischer Ladeneinbau kann die Ansicht das Hauses eigentlich nicht mehr verschlechtern.

    Dies alles spricht für mich gegen den Einbau der Sandsteinspolien an diesem Standort.

  • Ich bin gegen die hier angeführte Verwendung der Spolien. Das ist völlig unmöglich, wenn es dort nicht gestanden hat, so gehört es da auch nicht hin.
    Ganz einfach.

    Andernfalls hat man wieder Disneylandflair oder folkloristische Drosselgassenromantik.
    Da befürworte ich eher eine Spolie an einem ortsgleichen Neubau.

  • "Herzog",

    sicher ist das ganze nicht 100%-ig glücklich. Aber, man muss die Realitäten sehen und die positiven Aspekte nicht ganz wegblenden.

    1. Die Verwendung der barocken Spolie an einem Neubau nahe der Schillerstraße (alter Standort) ist ziemlich illusorisch. Das ist heute ein Hauptgeschäftsviertel, nahe der Hauptwache, teils noch gründerzeitlich geprägt, teils sehr modern. Ein Neubau dürfte stets ein großes Büro- und Geschäftshaus werden, wenn denn mal ein Neubau kommt. Darin könnte die Spolie allenfalls als museales Relikt, zum Beispiel im Foyer, eingebaut werden. Schlimmstenfalls wäre er Wandkulisse in irgendeiner der dort angesiedelten Systemgastronomie-Kneipen. Das heißt aber, sie ginge dort völlig in der Glas-, Stahl- und Reklamewelt unter.
    Heutiger Gründerzeitler, der wohl an der Stelle des Ursprungsstandorts steht. Ein Neubau mit Spolieneinbau würden dessen Abriss bedingen:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…-4.20130310.jpg
    2. Der jetzige Standort im Garten des Liebighauses ist weniger als suboptimal. Die Spolie ist dort der Witterung in negativer Weise ausgesetzt. Feuchtigkeit steigt aus dem Erdreich hoch. Kurz: Dort geht sie langfristig kaputt. Zudem wird sie nicht beachtet, sondern ist einfach an einer Zaunecke abgestellt. Insofern ist eine innerstädtische Verwendung auch die Rettung dieser Spolie.
    3. Bei dem Gebäude Markt 30 handelt es sich ja nicht um eine Rekonstruktion, die nun durch falsche Spolien entstellt würde, sondern um einen ohnehin klar erkennbaren Neubau. Dieser wird nicht auf "Disneyland" herabgestuft, weil er nun diese Barock-Spolie im Erdgeschoss eingebaut bekommt, statt alternativ ein Beton- oder Rostblech-Erdgeschoss zu zeigen, über das sich viele Forums-Kollegen vermutlich noch mehr aufregen würden. Die Harmonie des gesamten Straßenzuges würde durch letzteres nämlich empfindlicher gestört.

    Wie gesagt, perfekt ist diese Lösung nicht, aber ich kann mit ihr leben.

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (27. März 2015 um 14:58)

  • Eine naive Frage an die Frankfurter: warum muss denn die Stadt 100 Millionen von 170 Mio. zuzahlen, wenn alls Altstadthäuser- und Wohnungen zigfach übernachgefragt sind und die Käufer fast ale Kostensteigerungen mitmachen?

    Sicher: der Abbruch des technischen Rathauses war sicher teuer. Aber der Rest der Häuser muss sich doch eigentlich rechnen?