Ein interessanter Artikel aus der FR von Günther Moewes:
http://www.fr.de/kultur/frankfu…pager-1518922-1
Zitat von Günther Moewes
Stadträume anstelle von Ego-Architektur
Rekonstruktionen wie die neue Frankfurter Altstadt sind Indiz für Versäumnisse der Moderne und Reaktionen auf den Verlust der Vielfalt. Könnte sein, dass sie in der Bevölkerungsmehrheit Zustimmung findet.
Zwar lehnt der Autor Rekonstruktionen nach wie vor ab ("lösen kein einziges wirkliches Problem, schon gar nicht das eines bezahlbaren Wohnungsbaus"), er versucht aber trotzdem zu ergründen, warum Reko-Projekte bei der Bevölkerungsmehrheit ein hohes Maß an Zustimmung finden. Angesichts der Kontroverse um die neue Frankfurter Altstadt fragt er, ob "es hier gar nicht um die Frage völkisch/nichtvölkisch geht, sondern um Unterschiede in der soziokulturellen und sinnlichen Wahrnehmung durch Fachwelt und Bevölkerungsmehrheit?"
Er geht dann auf drei Defizite des modernen Städtebaus ein, namentlich den Verlust des Stadtraums, den mangelnden Bezug zur Region sowie der Entmischung und Funktionstrennung.
Hier macht Moewes einige kluge Bemerkungen und übt Kritik an der "Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch und abgeliefertem Durchschnitt" der Moderne. Diese habe den Stadtraum vernachlässigt und ihn "zum zufälligen Restbrei, zum bloßen Immobilienabfall" degradiert. Alle völlig neu geplanten Städte der Moderne seien gescheitert.
Außerdem mangele es der Moderne an regionaler Vielfalt. Überall stünden die "gleichen gesichtslosen, rundum verglasten Bürohochhäuser, in Toronto verschwenderisch beheizt, in Nairobi noch verschwenderischer gekühlt." Statt sich regionaler Rohstoffe zu bedienen, verkleidet man das Bundespräsidialamt mit schwarzem indischen Marmor.
Am Ende schwenkt der Autor dann schließlich zu einer Kapitalismuskritik um (wir sind ja bei der FR...). Der Architekt als willfähriges Werkzeug des Kapitals überlasse die Städte "dem Spiel von Globalisierung und Marktkräften".
Insgesamt ein interessanter Artikel, der zeigt, dass die Kritik an der zeitgenössischen Architektur immer weitere Kreise zieht, auch wenn der Autor einige wichtige Motive für Rekonstruktionen wie den Ausgleich des Verlusts von historischer Tiefe nicht beachtet.