Dresden - Frauenkirche

  • @ Aenos:

    Danke.

    Neben dem Interview mit Baring ist aber auch der eigentliche Artikel, der von diversen SPIEGEL-Journalisten verfasst wurde, hochinteressant. Wie aus Harmonicas Beitrag schon hervorging, ist der Artikel im Hinblick auf Rekonstruktionen sehr positiv. Ich muss auch zugeben, dass mich der SPIEGEL-Artikel mit einer Passage wie dieser hier überrascht hat:

    Zitat

    Am 13. Februar 1945 zahlte Dresden den Preis für die Hitler-Gefolgschaft. Möglicherweise einen viel zu hohen, denn Bomber-Harris' Schlag war mehr als eine Vorwegnahme des Morgenthau-Plans. An was sollte ein Deutschland nach Hitler kulturell anknüpfen, wenn seine Kunstdenkmäler, die mit ihrer Schönheit zum Erbe der gesamten Menschheit gehörten, sinnlos zerstört wurden?

    Der letzte Satz enthält einen Gedanken, mit dem ich viel anfangen kann: Wer immer ein Kunstwerk vernichtet - z. B. im Krieg - sollte sich darüber klar sein, dass er damit nicht nur den Feinden etwas weggenommen hat, sondern auch sich selbst und der ganzen Welt.

    Lesenwert ist auch diese Passage aus dem SPIEGEL-Artikel:

    Zitat

    Nur, was tun mit der Frauenkirche? Noch im Tode hatte sie zwei Tage den Bombensturm überlebt, ehe sie durch die Hitze des brennenden Interieurs zusammensackte. Die 30 Meter hohe Ruine, der klägliche Rest eines einst 91,23 Meter hohen Bauwerks, blieb unangetastet, zum Schutz vor Vandalen verschwand sie hinter einer Pflanzenwand.
    Dornröschen ersparte man, wie bekannt, den Todesschlaf eines Mahnmals. Barock gibt es nicht zum halben Preis, nicht als Modern-Alt-Kombi wie den Berliner Reichstag oder als Verweisungsdenkmal, wie es die Stelen des Holocaust-Mahnmals darstellen. Auch zum ewigen Zeichen für ewige Diskussionen wie beim [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] war den Dresdnern ihre Kirche zu schade."

    Schön, dass es hier mal zum Ausdruck kommt: Wenn schon Reko, dann richtig!

  • Ich war von diesem Artikel auch überaus positiv überrascht, nachdem der Spiegel sonst doch immer überkritisch ist. Stattdessen praktisch nur Lob...

  • Zitat von "Restitutor Orbis"

    Baring nennt die "Entbürgerlicherung der DDR" ein Problem, das bis heute noch nicht bewältigt wurde - und dieses Problem sei in Berlin eben größer als in Dresden, wo sich ein bürgerliches Selbstverständnis bewahrt habe. Daher sei in Dresden der Wiederaufbau der Frauenkirche gelungen, während man sich in Berlin mit dem Schloss schwer täte. Laut Baring sind aber auch einfach Unterschiede geographisch bedingt, wie er mit einer Gegenüberstellung einer alten Kulturlandschaft ((Sachsen) und "des Heiligen Römischen Reichs Streusandbüchse" (Brandenburg) verdeutlichen will.

    Das klingt für mich alles sehr plausibel, auch wenn ich nicht sicher weiß, ob es stimmt.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Ich habe vor ca. 7 Jahren mal Barings Buch "Scheitert Deutschland?" gelesen. Auch wenn ich im Gegensatz zu Baring kein Wähler der FDP bin, muß ich sagen, dass ich ihn für einen äußerst klugen und vernünftigen Menschen halte. Das Interview bestätigt das.

  • Zitat von "Restitutor Orbis"


    Nur so viel: Baring nennt die "Entbürgerlicherung der DDR" ein Problem, das bis heute noch nicht bewältigt wurde - und dieses Problem sei in Berlin eben größer als in Dresden, wo sich ein bürgerliches Selbstverständnis bewahrt habe. Daher sei in Dresden der Wiederaufbau der Frauenkirche gelungen, während man sich in Berlin mit dem Schloss schwer täte. Laut Baring sind aber auch einfach Unterschiede geographisch bedingt, wie er mit einer Gegenüberstellung einer alten Kulturlandschaft ((Sachsen) und "des Heiligen Römischen Reichs Streusandbüchse" (Brandenburg) verdeutlichen will.

    Nun ja, ich halte die Schwierigkeiten in Berlin eher für eine Folge der Verteufelung Preussens, sowohl in der deutschen Gesellschaft als auch international.
    Die Dresdner Frauenkirche war, neben der herausgehobenen Stellung als Symbol für die Zerstörung aller deutscher Städte für uns selbst, auch immer das Symbol der eigenen Schuld für die internationale Gemeinschaft. Für die Wiedererichtung dieses Symbols Sympathien zu erwecken war sicherlich einfacher als Gelder für die Garnisonkirche in Potsdam aufzutreiben.
    Und zudem stimmt das Bild was Baring zeichnet ja auch nicht so ganz. Potsdam, als Kulminationspunkt Preussens, braucht sicher nicht hinter Dresden zurückzustehen was den Umgang mit der eigenen Vergangenheit angeht. Und das Hohelied auf den sächsischen Bürgersinn wird etwas leiser wenn wir uns daran erinnern das man auch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eine Kirche hätte welche rekonstruiert werden... tja, müßte.

  • Ich kannte sie nicht. ;)
    Schöne Ansicht, aber ansonsten eine etwas gruselige Seite. ;)

    Was ist denn das für ein "verschwommenes, kariertes Gebäude" im Vordergrund?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Antiquitus"


    Was ist denn das für ein "verschwommenes, kariertes Gebäude" im Vordergrund?

    Das ist das alte Centrum/Hertie/Karstadt-Haus, welches dem Neubau auf der Prager weichen soll. Für den Erhalt des Gebäudes mit seinen Aluminium-Waben sind aber viele Dresdner (laut Leserbriefen), da das Gebäude "typisch DDR" sein soll und man doch nicht die "DDR aus dem Stadtbild" raustilgen solle. Nun gut, die Meinungen gehen hier auseinander, aber das Thema hatten wir im Dresden-Thread angesprochen und soll hier nicht weiter erörtert werden.

  • Zitat


    ZDFonline: Virtueller Rundgang durch die [lexicon='Frauenkirche Dresden'][/lexicon]

    Das Kernstück des ZDFonline-Spezials, das in Zusammenarbeit mit der Stiftung [lexicon='Frauenkirche Dresden'][/lexicon] entsteht und ab 30. Oktober 2005 unter http://www.Frauenkirche.ZDF.de">http://www.Frauenkirche.ZDF.de erreichbar ist, bildet ein virtueller Rundgang durch das Gotteshaus. Dabei öffnet das ZDF alle Türen in dem berühmten Gebäude: Der PC-Nutzer kann virtuell die gesamte Kirche besichtigen und dringt dabei auch in Räume vor, die dem realen Kirchengast verschlossen bleiben. In großformatigen Originalaufnahmen im 360-Grad-Format können die Besucher jeden Raum der Kirche aus verschiedensten Foto-Perspektiven betrachten, so, als ob sie selbst vor Ort seien. Bei dem virtuellen Rundgang suchen die Nutzer sich ihren Weg durch die Kirche – hinter die Kanzel, zum Platz des Organisten, auf die Emporen, vom Keller bis hinauf zur Aussichtsplattform. An jedem dieser Punkte können sich die Nutzer nach Wunsch umschauen und die Blicke schweifen lassen. Per Zoom lassen sich Details aus der Nähe betrachten, zum Beispiel die Gemälde in der inneren Kirchkuppel, die Orgelpfeifen oder die Gruft in der Unterkirche. Wie bei einer echten Führung gibt ein Sprecher bei jedem Bild Informationen zur Geschichte und Bedeutung der Räume in der Frauenkirche.


    http://www.infosat.lu/Meldungen/?srID=5&msgID=18012

  • Schöner Bezug zur ersten und ursprünglichen deutschen Einheit:
    Kirchen der Einheit

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Karasek"

    Nun ja, ich halte die Schwierigkeiten in Berlin eher für eine Folge der Verteufelung Preussens, sowohl in der deutschen Gesellschaft als auch international.
    Die Dresdner Frauenkirche war, neben der herausgehobenen Stellung als Symbol für die Zerstörung aller deutscher Städte für uns selbst, auch immer das Symbol der eigenen Schuld für die internationale Gemeinschaft. Für die Wiedererichtung dieses Symbols Sympathien zu erwecken war sicherlich einfacher als Gelder für die Garnisonkirche in Potsdam aufzutreiben.
    Und zudem stimmt das Bild was Baring zeichnet ja auch nicht so ganz. Potsdam, als Kulminationspunkt Preussens, braucht sicher nicht hinter Dresden zurückzustehen was den Umgang mit der eigenen Vergangenheit angeht. Und das Hohelied auf den sächsischen Bürgersinn wird etwas leiser wenn wir uns daran erinnern das man auch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eine Kirche hätte welche rekonstruiert werden... tja, müßte.


    Ja, das ist in der Tat eine bedauernswerte Entwicklung - ich kann es mir nur mit dem allzu pragmatischen Sinn der Leipziger wie auch der Westsachsen allgemein erklären, welche nicht dieses Bedürfnis nach öffentlicher Emotion besitzen wie die Dresdner. Sie sind natürlich Bürger und keine Staatsdiener - ansonsten hätte es den 9. Oktober und die dt. Einheit ein Jahr später nicht gegeben. Aber sie sind ZU vorwärtsgewandt und akzeptieren auch Unanhembares wie den Bilderbunker oder die Flächenabrisse - für die fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung ihrer Stadt, wie sie glauben. Zur Unikirche haben sie keinen Bezug mehr, denn es sind größtenteils Atheisten und dabei keine kunsthistorisch interessierten Menschen - sie sehen das Ding lediglich als Kirche, aber nicht den eigentlichen historischen Wert. Und dergleichen ist kein Einzelfall in Westsachsen.

    Denn als Westsache(der ebenfalls Atheist ist) muß ich hier hinzufügen, daß man in Zwickau das Schloß Osterstein, eine ehrwürdige Dreiflügelanlage aus der Renaissance, rückgratlos verfallen läßt, bis es nicht mehr zu retten sein wird. Eine wahrhaftige Schande für meine schöne, altehrwürdige Heimatstadt. :(

    Nein, die werden gedünstet

  • Hier [url=http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,382398,00.html]Wiederaufbau der Frauenkirche: Das 60.000-Tonnen-Projekt - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Reise[/url] gibt es eine Zusammenfassung zur Baugeschichte und hier [url=http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,11359,00.html]http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,11359,00.html[/url] eine kleine Fotostrecke mit neun Bildern. Es ist zwar nichts Neues, aber immerhin...
    Und noch einer: [url=http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,382389,00.html]Dresdner Frauenkirche: 450 Posaunen stimmen auf Weihefeier ein - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Reise[/url]
    Eine zweite Galerie: [url=http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,…9MQ_3_3,00.html]http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,…9MQ_3_3,00.html[/url]

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Hab emir heute früh die Feierlichkeiten angesehen, die mir sehr gut gefallen haben. Gut, zwischendrin war man mit der einen oder anderen Äußerung nicht ganz einverstanden, aber das ist normal.
    Ganz besonders gut hat mir die Rede unseres Staatsoberhauptes gefallen! :)

    Die FK ist sehr schön geworden und auch die unumgänglichen Brüche am Altar sind eigentlich nicht überdeutlich zu sehen.
    Die Farbigkeit gefällt mir jetzt nach Abschluss der Arbeiten auf den Bildern recht gut.

    Man kann sagen: Alles ist wunderbar gelungen! Da muss man sich auch einfach mal _unkritisch_ freuen können.

    Wie unser Bundespräsident sagte: Versuchen wir, dieses Gute im Wiederaufbau weiterzutragen.
    Am besten erstmal nach Frankfurt und Berlin - und dann ins ganze Land! :)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • denke, daß herr bundespräsident das sicher anders gemeint hat...
    überzeugende, authentische und bescheidene aussagen kamen
    doch in erster linie vom baudirektor und herr güttler sowie einigen
    zeitzeugen. pfarrer fritz nehme ich seine neu gewonnene haltung
    nicht ab und auch die rede köhlers mag vom wort her korrekt sein,
    aber die kraft und überzeugung dahinter fehlte mir auch hier.

  • Karasek, Wissmut

    Im Kern stimme ich euch zu. Potsdam braucht sich, was den Bürgersinn und die Wiederaufbaubereitschaft anbelangt, gewiss nicht hinter Dresden zu verstecken und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] war schon immer wesentlich pragmatischer veranlagt (und somit mit dem Christentum eigentlich auch nie richtig verwurzelt) als die sächsische Schwester.

    Aber mehr als 2 Drittel der Bürger wollte – auch – in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] die Unikirche zurück haben, und nur die Ignoranz, Arroganz bzw. die ideologische Verblendung von Uni und Stadt (Stichwort „Zwangschristianisierung“) ließen den Wiederaufbau scheitern. Und in Zwickau, da bin ich mir sicher, möchte auch die Mehrheit der Bevölkerung den Wiederaufbau von Schloss Osterstein, das sich in der Tat in einem sehr erbarmungswürdigen Zustand befindet.

    Zur Weihe der Frauenkirche: Mir hat die Übertragung im Großen und Ganzen auch gut gefallen. Vielleicht hätte man ein wenig emotionaler sein können. Ich hab' mir die Weihe aber auch nicht bis zu Ende anschauen können, musste zum Frankfurt-Marathon – die letzte Staffel laufen.

    Die FK ist wirklich großartig geworden :D

  • Zitat von "spacecowboy"


    Die FK ist wirklich großartig geworden :D

    Das kann ich voll und ganz unterstreichen. Ich war selbst heute Nacht so gegen halb 4 in der Kirche und war überwältigt! Ein wunderbarer Kirchbau, den jeder einmal gesehen haben sollte.