Frankfurt a. M. - Salzhaus und Haus Frauenstein

  • Und ich muss sagen, je länger ich mir das Neue Salzhaus und das Neue Haus Frauenstein so anschaue, desto mehr erscheinen mir diese Bauten wie seltsame, eher unbeholfene Chimären.

    Ich finde nicht dass sich diese Bauten so pauschal abqualifizieren lassen. Natürlich wären die historischen Vorgänger "besser" für den Standort als diese Neuschöpfungen der Nachkriegszeit. Gleichwohl zeigen die beiden 50er-Jahre-Bauten deutlich mehr Gestaltungswillen als so mancher Bau aus selbiger Zeit im direkten Umfeld, zudem wurde auf eine angemessene Proportionierung und Formensprache geachtet. Und die Ästhetik ist m.E. auch nicht schlecht. Kurz: Man hat sich Mühe gegeben, was für die 50er-Jahre wahrlich keine Selbstverständlichkeit war.

    Und was macht ein Gebäude per Definition zu einer "unbeholfen Chimäre"? Ausgehend von deinem Geschmack müssten sich die meisten Neuschöpfungen nebenan in der Neuen Altstadt ebenso bezeichnen lassen müssen, oder?

    Das Mosaik hat mE auch eher was von einer Kinderzeichnung (nix für ungut, Wilhelm Geißler)

    Naja, dein subjektiver Kunstgeschmack. Mich erinnert der Vogel eher an den Kranich von Picasso, wahrlich kein schlechtes Kunstwerk. Kinderbilder von Vögeln wirken da doch deutlich unbeholfener.

  • Ich persönlich sehe bei den Häusern links vom Römer eine weitaus größere Notwendigkeit, da diese durch keinerlei künstlerische Gestaltung auffallen und für den Römerberg einfach nur unwürdig sind. Allerdings wurden glaub ich genau die erst 2017 renoviert...

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Spannende, aber unhaltbare These... :rolleyes:

    Ich habe ja nur meine persönliche Meinung ausgedrückt, von der ich weiß, dass nicht jeder hier sie teilen wird - und auch nicht soll. Ich denke aber, dass viele Frankfurter ähnlich darüber denken werden.

  • Bloß, ich wüsste keinen repräsentativen Bauplatz, der in der Nähe der Altstadt derzeit dafür geeignet und frei wäre.

    das ist genau das praktische Problem dabei. Da das Salzhaus ein Eckgebäude war, müsste es wieder die Rahmung eines Platzes oder einer Straßenecke bilden. Aber wo?

  • Ich würde die beiden Häuser hier rekonstruieren neben dem Turm des HMF auf dem Parkplatz. An der Stelle wären die Bauwerke gut exponiert und würden wieder ein Eingangstor zum Römerberg bilden, wenn auch auf der Gegenseite des historischen Standortes. Natürlich sollte hier wie bei der Goldenen Waage eine echte Reko in Material angestrebt werden, kein Erinnerungsbau. Wie beim Pellerhaus in Nürnberg wird man mit beharren auf dem Originalstandort am Ende mit leeren Hände dastehen.

  • Ich habe ja nur meine persönliche Meinung ausgedrückt, von der ich weiß, dass nicht jeder hier sie teilen wird - und auch nicht soll. Ich denke aber, dass viele Frankfurter ähnlich darüber denken werden.

    Deine Meinung sei Dir unbenommen, nur schadest Du den Zielen des Vereins und Forums, wenn Du mit den gleichen sinnlosen Argumentationslinien hier gegen diese Rekonstruktion bist, wie die dogmatischen Kritiker historisierender oder gar rekonstruierter Bauten. Diese nutzen ständig den Begriff der Geschichtsfälschung, um zu suggerieren, dass man z.B. mit einer Rekonstruktion tatsächlich Geschichte zurückdrehen könnte. Damit lassen sich dann Rekonstruktionsbefürworter sehr einfach z.B. in eine rechte Ecke stellen, wenn man z.B. die Geschichte des 2. Weltkrieges ,,fälschen" will im Stadtbild. Sowas könnte man sich ja vielleicht vorher überlegen, ob man sich so einen Schuh anziehen will argumentativ, bloß weil man eine bestimmte Meinung zu einem Thema hier hat...

  • Ich finde auch, dass das neue Salzhaus genug Qualitäten hat, um es an dem Standort zu erhalten. Ich mag auch das Mosaik mit dem Phönix. Das ist in ähnlicher Weise eine ornamentale Gestaltung wie an vielen Fachwerkhäusern oder auch Gründerzeithäusern, nur eben im Stil der 50er Jahre, und auch viel besser/charakteristischer als das neue Pellerhaus. Der einzige Nachteil ist, dass es die Reko des originalen Salzhauses an der Stelle blockiert.

    Das alte Salzhaus sollte auf jeden Fall irgendwann wiederaufgebaut werden, möglichst in räumlicher Nähe, aber nicht genau am Originalort. Allein wegen der vielen erhaltenen Teile. Das könnte man argumentativ schon fast als Translozierung bezeichnen. Das halte ich für realistischer und in diesem Fall vertretbar. Wäre nur sinnvoll, einen Ort zu finden, der dem Charakter des Originalortes näher kommt als z.B. in Hannover beim Leibnizhaus.

  • Naja, aber das EG des historischen Salzhauses ist noch vorhanden und deswegen wäre es sicherlich leichter die Nachkriegsmosaike anderswo in einem Neubau unterzubringen oder man macht ein Zwitter, wo man nur die Schauseite zum Platz rekonstruiert und die Mosaikseite bleibt somit erhalten. Ein Kompromiss mit dem vielleicht allen gedient ist - wenn auch die komplette Rückkehr des Salzhauses von der Bevölkerung höchstwahrscheinlich überwiegend befürwortet wird.

  • Deine Meinung sei Dir unbenommen, nur schadest Du den Zielen des Vereins und Forums, wenn Du mit den gleichen sinnlosen Argumentationslinien hier gegen diese Rekonstruktion bist, wie die dogmatischen Kritiker historisierender oder gar rekonstruierter Bauten. Diese nutzen ständig den Begriff der Geschichtsfälschung, um zu suggerieren, dass man z.B. mit einer Rekonstruktion tatsächlich Geschichte zurückdrehen könnte. Damit lassen sich dann Rekonstruktionsbefürworter sehr einfach z.B. in eine rechte Ecke stellen, wenn man z.B. die Geschichte des 2. Weltkrieges ,,fälschen" will im Stadtbild. Sowas könnte man sich ja vielleicht vorher überlegen, ob man sich so einen Schuh anziehen will argumentativ, bloß weil man eine bestimmte Meinung zu einem Thema hier hat...

    Volle Zustimmung. Wenn man überhaupt das Wort Geschichtsfälschung in den Mund nimmt, dann nicht bezüglich einer Rekonstruktion sondern wie hier geschehen bei einer kläglichen Karikatur des Vorgängerbaus. So wie das Salzhaus sich jetzt dort präsentiert hat es nie dort gestanden. Hier haben die Nachkriegsarchitekten einen frei erfundenen Phantasiebau geschaffen - ja hier könnte man sogar, wenn das Wort in den Mund nehmen möchte von "Disneyland" sprechen. Aber ich will nicht allzu streng sein: Das neue Salzhaus ist im Zeitgeist der 50iger entstanden. Als einfacher Füllbau in einer zerstörten Altstadt wäre der Bau sogar akzeptabel. Aber doch nicht bitte an dieser Stelle, am Römerberg. Hier stand einer der repräsentativsten Bauten Deutschlands und vorausschauend hatte man sogar die Tafeln zum Wiederaufbau eingelagert. Spätestens in den 70iger/80iger Jahren, hätte man den Bau rekonstruieren müssen. Wie auch immer, die derzeitigen Chancen für eine Rekonstruktion liegen bei Null Prozent. Von Seiten der Stadt, von den Denkmalämtern etc. wird das neue Salzhaus als selbstbewusstes "Zeichen des Nachkriegswiederaufbruchs" gefeiert. Von meiner Seite aus würde mir die Reko der Schauseite reichen. Das Mosaik an der Seite könnte von mir aus dort bleiben.

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  • Deine Meinung sei Dir unbenommen, nur schadest Du den Zielen des Vereins und Forums, wenn Du mit den gleichen sinnlosen Argumentationslinien hier gegen diese Rekonstruktion bist, wie die dogmatischen Kritiker historisierender oder gar rekonstruierter Bauten.

    Ich bin nicht mit den "gleichen sinnlosen Argumentationslinien" dagegen. 1.) bin ich gegen eine Reko, weil es keine Mehrheit in der Bevölkerung gibt. 2. ist der Standort bebaut und 3.) wird der Bau von der absoluten Mehrheit der Bevölkerung als integraler Teil ihrer Stadt akzeptiert. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu anderen Rekoprojekten, wo es eine dogmatische Phalanx von Architekten dagegen gibt/gab. Also bitte erst genau lesen und sich mit den Realitäten beschäftigen, ehe hier vorschnelle Sachurteile über die angebliche Qualität oder Wirkung meiner Äußerungen ohne Realitätsbezug abgegeben werden. Dankesehr.

  • Also bitte erst genau lesen

    Witzig, denn Du liest selbst die Kritik nicht genau genug. Die Kritik bezog sich einzig und allein auf dieses nicht haltbare Argument, dass ein Austausch der oberen Stockwerke ,,Geschichtsfälschung" wäre. Also nicht so billig hier ablenken und dann auch noch von oben herab erklären wollen, dass man Deine Äußerung hier vorschnell oberflächlich beurteilt und vor allem deren Wirkung realitätsfern eingeordnet worden wäre von mir. Da brauchst Du Dich nicht zu sorgen drum, ich habe volles Vertrauen, dass auch andere Leser Deine sinnvollen Argumente, von dem kritisierten Quatsch mit ,,Geschichtsfälschung" trennen können, und somit im Gegensatz zu Dir auch die Kritik einordnen können.

  • 1.) bin ich gegen eine Reko, weil es keine Mehrheit in der Bevölkerung gibt. 3.) wird der Bau von der absoluten Mehrheit der Bevölkerung als integraler Teil ihrer Stadt akzeptiert.

    Beides bezweifle ich stark. Ich glaube, der Bau wird von der Bevölkerung als Platzhalter hingenommen, das bedeutet nicht dass eine Rekonstruktion eines weitaus wertvolleren Bauwerks an der Stelle unerwünscht wäre. Das erinnert mich übrigens an die Diskussion über unseren Stuttgarter Marktplatz, wo genauso eine seit langem bestehende, unbefriedigende Situation der Sehnsucht nach der alten Schönheit gegenübersteht. :wink:

    In dubio pro reko

  • Beides bezweifle ich stark. Ich glaube, der Bau wird von der Bevölkerung als Platzhalter hingenommen, das bedeutet nicht dass eine Rekonstruktion eines weitaus wertvolleren Bauwerks an der Stelle unerwünscht wäre. Das erinnert mich übrigens an die Diskussion über unseren Stuttgarter Marktplatz, wo genauso eine seit langem bestehende, unbefriedigende Situation der Sehnsucht nach der alten Schönheit gegenübersteht. :wink:

    Nur, dass der Stuttgarter Marktplatz komplett versaut ist und außer beim Rathaus glaub ich kein Denkmalschutz an den Nachkriegsbauten besteht oder? Die Stuttgarter können mit dem Marktplatz doch eigentlich überhaupt nicht zufrieden sein oder? Nicht mal als Platzhalter.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Der Marktplatz wird eben hingenommen, als Relikt des schnellen Wiederaufbaus. Aber niemand mag ihn, jedenfalls ist mir noch nie jemand begegnet der diesem Ensemble irgendetwas Positives abgewinnen konnte. Die regelmäßigen Versuche einer optischen Aufwertung wirken auch ziemlich hilflos, solange das eigentliche Problem, nämlich die architektonische Dürftigkeit der Bebauung, bestehen bleibt.

    Aber damit wieder zurück zu Frankfurt.

    In dubio pro reko

  • Nungut, vielleicht sollte die Frage, ob das neue Salzhaus den Frankfurtern am Herzen liegt oder sie lieber das Alte wiederhätten, in einer Online-Umfrage einer Frankfurter Zeitung beantwortet werden. Schätze aber, dass den Frankfurtern -und insbesondere der Lokalpresse- momentan andere Sorgen wichtiger sein werden als sowas. Also werden wir hier weiter über ungelegte Eier reden, solang wir dem Volke nicht aufs Maul schauen können.

  • Eine breite Bürgerschaft die sich für das Aussehen ihrer Stadt interessiert gibt es schon lange nicht mehr in der Stadt. Die meisten sind zugezogen und viele ziehen nach ein paar Jahren auch schon wieder weiter in die nächste Stadt. Das Salzhaus spielt in diesem Sinne keinerlei Rolle. Viele "Frankfurter" waren seit Jahren nicht am Römerberg. Wie das Salzhaus einmal aussah, ob es Modernisten schützenswert finden oder nicht, wird weder in der Bürgerschaft diskutiert noch ist es von großem Interesse. Die wenigen Architektur- und Geschichtsinteressierten sehen natürlich das Potential des Hauses für eine Reko (daher die breite Zustimmung auf die Reko-Frage des Journal Frankfurt #111 ). Doch wie gesagt das Thema spielt in der Stadt keine große Rolle.

    ...

  • Eben. Leider ist es so. Ich habe in meinem recht großen Frankfurter Freundeskreis herumgemailt, sie könnten doch eine kleine Spende für den "Langen Franz" beisteuern. Für 40 Euro eine Mauerstein-Patenschaft oder auch nur 10 Euro als normale Spende könnten ein bisschen helfen. Das sind fast alles Leute, die viel mehr als ich verdienen.

    Resonanz: Null! Ein Bekannter meinte einmal lachend bei einem Treffen, als ich ihn fragte, warum er so extrem viel arbeite: "Für Dich ist der `Lange Franz´ Dein Hobby, für mich ist die Arbeit mein Hobby."

    Soviel erst Recht zum Salzhaus.

    Die Leute planen ihren nächsten Urlaub nach Spanien oder Italien. Frankfurt wird vor allem wegen der in Deutschland einzigartigen Hochhauskulisse geliebt, die ein wenig Flair von Amerika oder Weltstadt vermittelt. Alles andere ist etwas für einen Kreis zäher Liebhaber. Was es nicht schmälern soll, denn manchmal können solche Leute etwas erreichen und der Allgemeinheit zum Geschenk machen. Insofern könnte ich mir schon langfristig vorstellen, dass das Salzhaus eventuell mal transloziert rekonstruiert wird. An einem Ort, der noch zu finden ist.

  • Frankfurt wird vor allem wegen der in Deutschland einzigartigen Hochhauskulisse geliebt, die ein wenig Flair von Amerika oder Weltstadt vermittelt. Alles andere ist etwas für einen Kreis zäher Liebhaber.

    Hat daran nicht einmal der Wiederaufbau der Altstadt etwas geändert? Das wundert mich etwas, weil ich erwartet hätte, dass damit auch wieder etwas mehr Bewusstsein und Wertschätzung für die Baugeschichte Frankfurts einhergeht. Wie beurteilt denn dein Freundeskreis die Neue Altstadt?

    In dubio pro reko

  • Wie beurteilt denn dein Freundeskreis die Neue Altstadt?

    Ambivalent.

    Es gibt einige Leute, die es toll finden, die von einem "menschlichen Stadtquartier" oder zumindest von einer "Aufwertung" sprechen. Es gibt aber auch welche, sicherlich in der Minderheit, die abfällig von "Pseudo-Altstadt" reden. Eine gute Freundin schaute es sich letztes Jahr an und sagte mir, dass es ihr gar nicht gefalle. Alles wirke künstlich, so "wie sich Ami-Touristen eine deutsche Altstadt vorstellen". Der Großteil nimmt es wohl irgendwie (wenn auch tendenziell positiv) zur Kenntnis, interessiert sich aber nicht so sehr dafür.

    Dennoch ist die von Dir angesprochene Wertschätzung und das Bewusstsein insgesamt in der Bevölkerung deutlich gestiegen. Denn vorher, in Zeiten des Technischen Rathauses, war davon "Null" vorhanden. Insofern geht die Tendenz nach oben, und ich begegne immer wieder klugen Leuten, die sehr (positiv) interessiert an dem Projekt sind.