Nachkriegswiederaufbau deutscher Städte im Vergleich

  • Vor allem würde mich interessieren, wo es denn die viel besseren Beispiele gibt, in denen mehr als ein Platz oder eine sehr kleine Fläche bezogen auf die Gesamtstadt rekonstruiert oder in Anlehnung an historische Vorbilder bebaut wurde.

    Spontan dachte ich als Leuven, wo ich 2006 mal drei Tage übernachtet habe, aber beim Betrachten der 3D-Bilder auf Google Maps habe ich festgestellt, daß auch dort viele Gebäude erkennbar in einem angepaßten Stil erbaut wurden, der nie an ein historisches Gebäude denken läßt (Leuven gefiel mir aber dennoch ausgezeichnet).

    In Nürnberg wechselt die Qualität der Bebauung auch innerhalb der Altstadtmauern stark, dennoch gibt es speziell zwischen St. Sebald und Burg doch recht ansprechende Stadträume:

    Das ist doch ein angenehmes Straßenbild, auch wenn die Gebäude schlicht sind - in diesem Stil könnte man weite Teile der in der Tat etwas trist und simpel geratenen Straßenzüge z. B. rund um die Innere und Äußere Laufer Gasse aufwerten:

    Weite Teile Dresdens sind hingegen überhaupt nicht mehr erlebbar, und das geht flächendeckend gleich hinter dem Zwinger los und wird eher schlechter statt besser, man denke nur mal an den Postplatz und alles südlich davon ... oder das Viertel rund um die Annenkirche.

    Easy does it.

  • Die letzten drei Bilder zeigen weitgehend Altbauten, deren Renovierung etwas "geleckt" wirkt, und sind somit keine Beispiele des vielzitierten "guten Nürnberger Wiederaufbaus".

    Ich möchte mal wissen, bei welchem Bild der Eindruck eines "Alt-Magdeburg" oder "Alt-Chemnitz" entsteht.

    OK. Wenn du Nürnberg an diesen Beispielen misst, versteh ich deine Zufriedenheit.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Natürlich nicht. Vor allem, weil es substanzmäßig stehengeblieben ist. Dass Nürnberg nicht ALLE ramponierten Bürgerhäuser plattgemacht hat, ist jetzt nicht so eine überwältigende Leistung, ebenso wenig, wie der Umstand, dass man das Flachdach endlich irgendwann beseitigt hat. Man vergleiche das Schicksal der östlich angrenzenden Häuser, die jedenfalls zT wiederaufbaufähig waren (zB auf dem Bild rechts um die Ecke. Soll man über dieses Balkon-Paradies auch froh sein??). Den Bereich nördlich von St. Sebald würde ich jetzt nicht als sonderlich gelungen hervorkehren, ganz im Gegenteil.


    Das hier:

    IMG_3206_sil.jpeg

    wäre sogar eine ziemlich "störungsfreie" Ansicht Altnürnbergs. Weiß man, warum die Steinsichtigkeit bei den beiden Häusern eigentlich aufgegeben worden ist? Beinahe wirken sie "verpackt"? Doch nicht ...., das kann doch nicht sein bei gotischen Häusern?


    Reklov:

    Wie wär s damit:

    Magdeburg | Domplatz - BESCO - Berliner Steincontor GmbH


    Domplatz Magdeburg Panorama Foto & Bild | city, world, kirche Bilder auf  fotocommunity

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
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  • Schau mal auf meine letzte Ergänzung.

    Wobei ich in MD noch nicht gewesen bin. C mag ich irgendwie, zugegeben, würde aber nie sagen (und habe auch nie gesagt, dass die Stadt mehr historische Substanz als N aufwiese). Sie hat halt ein Gesicht, wenngleich ein modernes.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
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    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das hier:

    IMG_3206_sil.jpeg

    wäre sogar eine ziemlich "störungsfreie" Ansicht Altnürnbergs. Weiß man, warum die Steinsichtigkeit bei den beiden Häusern eigentlich aufgegeben worden ist? Beinahe wirken sie "verpackt"? Doch nicht ...., das kann doch nicht sein bei gotischen Häusern?

    Ja, schon sehr steril, kaum vergleichbar mit dem “patinierten” Stadtbild auf alten Bildern. Schon deshalb vermute ich, dass Nürnberg auch ohne Zerstörung heute vielleicht nicht mehr ganz so schön gewesen wäre. Salzburg zB. ist heute auch so eine Stadt die etwas “totsaniert” wirkt (auf mich zumindest), wenn auch immer noch weitaus besser als deutschen GroßStädte, weil unzerstört.

  • Nicht einmal auf diesem ausgewählten Bild aus bemühter Perspektive funktioniert der Eindruck eines real bestehenden "Alt-Magdeburgs". Im Hintergrund erkennt man schon die ernüchternde Realität des dominierenden Stadtbilds.

    Dasselbe Problem wie in fast allen zerstörten Städten halt…

  • Sehr unfair überdies. Dieser Rand ließe sich leicht wegschneiden (was auf dem Dürer-Platz eben nicht so leicht geht). Auf welchem N.er Stadtplatz findet sich eine so lange intakte Zeile, wo findet sich ein großer Platz mit dreiseitiger Altbebauung (auch wenn eine davon ist der Dom ist)? Man nehme bloß den unsäglichen Hauptmarkt als Vergleichsobjekt...

    Nein, MD ist wirklich nicht "schön" und als Wiederaufbauprojekt kein Ruhmesblatt. Das kann niemand behaupten. N. aber eben auch nicht.

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  • [...]

    Das hier:

    [...]

    wäre sogar eine ziemlich "störungsfreie" Ansicht Altnürnbergs. Weiß man, warum die Steinsichtigkeit bei den beiden Häusern eigentlich aufgegeben worden ist? Beinahe wirken sie "verpackt"? Doch nicht ...., das kann doch nicht sein bei gotischen Häusern?

    [...]

    Ich vermute, im Sinne eines "bunteren" Stadtbildes.

    Das seit Jahrzehnten zunehmende Verbuntungsstreben hat schon vielen Stadtbildern (von mir empfunden) ihre "Geschlossenheit" reduziert bzw. genommen.

  • Schon deshalb vermute ich, dass Nürnberg auch ohne Zerstörung heute vielleicht nicht mehr ganz so schön gewesen wäre.

    Glaub ich ehrlich gesagt nicht. Erhaltene Städte dieses Kalibers sind in D. eigentlich schon recht gepflegt und im Ganzen gut in Schuss.

    Nürnberg wäre heute in riesiges Rothenburg und Touristenmagnet, der Inbegriff einer mittelalterlichen Großstadt.

    Ich glaube eher, dass a) aufgrund es selbst im dt. Rahmen überaus hohen Zerstörungsgrades und b) aufgrund der ach so belasteten Vergangenheit

    die Stadt irgendwie innerlich, stillschweigend aufgegeben wurde. Man machte nur das Unvermeidlichste, die Kirchen, die Burg, Türme, etc und redete sich ein, dass dies alles in einem gemäßigt modernistischen Umfeld auch noch "funktionieren würde". Dieses Narrativ bzw diese Autosuggestion scheint bis heute zu wirken, wofür das Forum gute Beispiele bietet.

    Auch diese "renovierten" Bürgerhäuser scheinen sich dem neuen Stadtbild unterschwellig anzupassen, weshalb sie buarque offenbar irrig als halbwegs gute aber irgendwie doch triste Beispiele der Neubebauung verkaufen wollte. Wenn man nicht genau hinschaut, kann man das wirklich meinen.

    Hinsichtlich Salzburg geb ich dir nicht unbedingt recht. Der Inn-Salzach-Stil ist in Fassadierung wie Verputz ziemlich grob. Daran muss man sich gewöhnen. An sich ist die Altstadt recht gut in Schuss, natürlich stören die Touristenmassen. Ganz sicher ist es nicht meine Lieblingsstadt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ja, schon sehr steril, kaum vergleichbar mit dem “patinierten” Stadtbild auf alten Bildern. Schon deshalb vermute ich, dass Nürnberg auch ohne Zerstörung heute vielleicht nicht mehr ganz so schön gewesen wäre. Salzburg zB. ist heute auch so eine Stadt die etwas “totsaniert” wirkt (auf mich zumindest), wenn auch immer noch weitaus besser als deutschen GroßStädte, weil unzerstört.

    Aber, dass Salzburg unzerstört ist, stimmt ja so auch nicht. Ca. 46% der Stadt wurden durch die Bombenangriffe zerstört und das kann man an einigen Ecken auch ganz gut sehen. Insbesondere in der Gegend um den Bahnhof ist alles voll mit Plattenbauten, Nachkriegsbaracken, Betonklötzen usw.

  • Behaglich trifft es. Die Stadt hat immer noch ein wunderbar zeitentrücktes Flair, wenn man sie besichtigt und einen für mich sehr starken Wiedererkennungswert, bei dem man sagen kann „typisch Nürnberg“. Das ist bei einer dermaßen kriegszerstörten Stadt alles andere als selbstverständlich. Dessen sollte man sich auch bewusst sein. Ich wäre für meine Stadt Basel übrigens froh, wenn hier die zahllosen Neubauten ebenso behutsam an die Altsubstanz angepasst worden wären. Wie dem auch sei, ich mag die Stadt sehr und kann dieses Bashing nicht so ganz nachvollziehen. Es hätte noch viel viel schlimmer kommen können.

  • Auf welchem N.er Stadtplatz findet sich eine so lange intakte Zeile, wo findet sich ein großer Platz mit dreiseitiger Altbebauung

    Das ist tatsächlich keine "intakte Zeile", sondern ein ahistorischer großer Gebäudekomplex aus der Mitte der 50er-Jahre, bei dem in Anlehnung an die vorherigen Bauten der langen Zeile einige Fassaden vorgeblendet wurden, nämlich die Fassaden der ursprünglichen Gebäude Domplatz 7, 8 und 9 (heute genutzt als Landtag).

    Ursprünglich war neben Domplatz 7 ein Durchgang, der ist nicht mehr vorhanden, es gibt stattdessen eine "barocke" Neukreation von Domplatz 6 (als Bestandteil dieser langen Zeile), die sich unmittelbar in völlig neuem Erscheinungsbild anschließt (klick).

    Die ursprüngliche Bebauung kann man auf der Website von Magdeburg betrachten: klick

    In Richtung Elbe gibt es die Gebäude Domplatz 5 (in reklovs Foto oben rechts, hiervon stand Anfang der 80er nur noch die Außenwand in Richtung Domplatz, 1988 wurden die restlichen Außenwände wiederhergestellt, komplette Wiederherstellung erst nach der Wende), Domplatz 4 mit relativ geringen Schäden, bereits 1945 behoben, sowie Domplatz 2 und 3, bei denen die Schäden erst Ende der 70er Jahre beseitigt wurden, bis dahin zu einem Drittel eine Ruine (auch hier Komplettsanierung erst in den 90ern).

    Und die dritte "Seite" ist der Dom selbst, die vierte Seite ist eine wirklich schreckliche Nachwende-Bausünde.

    Daß Magdeburg bei den Kirchensprengungen sogar für DDR-Verhältnisse führend war, habe ich ja schon erwähnt, nicht einmal die Johanniskirche wurde vernünftig rekonstruiert, das ganz Umfeld ist verschwunden und besteht nur noch aus Wiese und drei identischen Plattenbauten.

    Das wäre ungefähr so, als hätte man in Nürnberg an einem Platz zwei Seiten halbwegs wiederhergestellt, die meisten Kirchen gesprengt und den Rest mit Plattenbauten auf der grünen Wiese zugestellt.

    Easy does it.

  • Sagt ja keiner, das MD ein Muster war. Es war nur eine Erwiderung auf reklov, ob man in MD geschöntere Bilder als in N zuwegebringt. Mehr nicht. Deshalb braucht man nicht eine Diskussion über MD beginnen.

    Abgesehen davon ist die Bilanz der wiederaufgebauten /nicht aufgebauten Kirche in N auch nicht sooo berauschend. Da kommt wohl Wü besser weg. Aber natürlich kein Vergleich mit einer Großstadt unter atheistischem DDR-Regime.

    Außerdem, was soll das? Ist das jetzt ein Ruhmesblatt, dass N seine Großkirchen und die paar punktuell erhaltenen Altstadtreste nicht weggeräumt hat?

    aber, dass Salzburg unzerstört ist, stimmt ja so auch nicht. Ca. 46% der Stadt wurden durch die Bombenangriffe zerstört

    Richtig, der Zerstörungsgrad der österr. Städte wird unterschätzt, da touristisch/kunsthistorisch nicht so leicht sichtbar. Innsbruck, Klagenfurt, Villach waren noch schlimmer dran. Dennoch hat in Salzburg die Altstadt als solche überlebt, auch wenn es hier Einbußen gab. Im Vergleich zu N muss man S. als unzerstört ansehen.

    Zitat

    Was soll daran unfair sein?

    Das verlinkt Bild von Chemnitz zeigte nicht einmal das Gebiet der historische Innenstadt (dem würde der Plärrer in N entsprechen), jenes von MD auch so gut wie nichts. Albtraumansichten des heutigen N.s gibt es ebenso zuhauf.

    Ich hab schon kapiert, dass für euch der ungefähre Grundriss und rote Dächer ein wesentliches Qualitätskriterium sind. Für mich eben nicht. Der Theresienplatz unterscheidet sich qualitativ nicht von einer Plattenbausiedlung, es ist beides ästhestisch gesehen null und nichtig und keinen Gedanken wert. Dass ersteres über den grünen Klee gelobt wird, erscheint mir halt unverständlich und irrational. Das heißt nicht, dass ich Plattenbausiedlungen für besser befinde.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Letzter OT - seltsamerweise kann ich mit Magdeburg deutlich mehr anfangen als mit Halle, ich plane auch einen weiteren Besuch dieses Jahr.

    Easy does it.

  • Dass ersteres über den grünen Klee gelobt wird, erscheint mir halt unverständlich und irrational.

    Lass doch diese Übertreibungen sein. Über den grünen Klee gelobt hat das hier niemand, nur anerkannt, dass es eben auch seine Relevanz hat für die städtebauliche Wirkung. Das wird besonders dann deutlich, wenn solche Anhaltspunkte komplett fehlen.

    In dubio pro reko