Potsdam - Rehgartenkolonnade im Park Sanssouci

  • Dann mal wieder zum Ausgangspunkt zurück: das Rondell, an dem die Plögerschen Figuren standen, heute. Ein dauerhafter Zustand kann das nicht sein.

    Der Zustand ab 1912/13 war ohne Sockel und Skulpturen. Den Platz des Rondells umgab eine hohe Hecke mit davor gelagerten Rasen- bzw. Blumenstreifen, die ihrerseits mit einer niedrigen Hecke umgeben war. Davor standen säulenförmig geschnittene Gehölze in Rasenflächen. In einem Gartenentwurf erkennt man die Planung gut.

    Diesen Zustand könnte man wiederherstellen.

    Plan der Jubiliäumsterrasse unterhalb der Orangerie, nach 1908, SSG Potsdam, Plansammlung (Ausschnitt). Quelle Ausstellungskatalog 1993, Potsdamer Schlösser und Gärten, Bau- und Gartenkunst.

  • Konsti, da liegst Du falsch.
    Persönlich sehe ich dass genau so... Ich wünsche mir - rein von meinem Geschmack und Stilempfinden - auch an vielen Stellen Rekos, die aber fachlich (beispielsweise Zerstörung von Bodenbefunden und Geschichtszeugnissen in Gärten durch Rückbau) falsch sind.

    Schauen Sie sich einfach den Dom in Worms an. Dort war man sich einst ganz sicher, dass der barocke Firlefanz im Inneren purifiziert und beseitigt gehört. Dort bedauere ICH heute eine Verarmung an geschichtlicher Tiefe. Andere mögen die romanische Einheitlichkeit nach wie vor bevorzugen. Fachlich bewertet wäre klar, was wir in Worms heute tun bzw. lassen würden, oder?

    Fachlich betrachtet würde es heute vermutlich nicht mehr zu einem Rückbau der Rasenflächen auf den Terrassen von Sanssouci kommen.* / **

    Wir sollten uns zunächst aber doch noch mal an den Ausgangspunkt der Plauderei hier erinnern:

    Es wurde dem jetzigen Direktor vorgeworfen, dass er die Rehgartenkolonnade nicht rekonstruieren würde, und dies als fachlicher Makel des Herren dargestellt. Der hat aber ganz andere Makel und ist wegen seiner Begeisterung für den Staudenhof ne Fehlbesetzung in seinem Job. Die Rehgartenkolonnade ist eben leider ein denkbar schlechtes Argument und wirft doch eher den Schatten der Unkenntnis auf den Rufer, als die in rede stehende Fehlbesetzung in der Führungsriege.


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    * und nun mal noch was Fachliches:

    Ich vermute, man hat sich 1929 ausführlich damit beschäftigt, und war sich sicher, dass es auf der oberen Terrasse vor Sanssouci bis zum Ende des Alten Fritzen immer keinen Rasen gegeben hat. Aber ob das wirklich so war?

    Interessanterweise ist man bei Gärten des Rokoko und Barock erst in neuerer Zeit zu der Erkenntnis gekommen, dass die Darstellung in den Plänen nicht zwingend mit der Ausführung übereinstimmt.

    1.
    Bei der Reko des "Nachtschießen" genannten Bereiches im Rokokopark Lichtenwalde ist man in den 1990-er zunächst sklavisch den Vorgaben des "Lutherplans" gefolgt und hat unter den Bäumen eine "Tennenfläche" (wassergebundene Wegedecke) hergestellt. Dazu wurde eine bestehende Rasenfläche beseitigt. 20 Jahre später haben Archiv-Funde ergeben, dass es dort doch einen Rasenspiegel gab und dann wurde die Flächenbefestigung unter den Bäumen wieder beseitigt.
    Auch an der Hauptallee hat man dort in den 1990-ern eine überbreite Befestigung rekonstruiert. 20 Jahre später wieder auf die Ausgangsbreite zurückgebaut.

    2.

    Im Dresdener Zwinger finden sich derzeit bei intensiven archäologischen Gabungen Gartengestaltungen, die in kurzer Folge wechselten (teilweise nur 2 Jahre Bestand), Wege, Brunnen etc. komplett verändert... Teilweise waren die ergrabenen Befunde gar nicht bekannt (aus Literatur und Plandarstellungen), teilweise hielt man sie bisher für "Varianten" ... Demnächst sicher mehr in einer Monogarphie zu den Grabungen dort.

    3.

    Heute wird bezweifelt, ob die Art der Weinberggestaltung in Sanssouci wirklich dem Original entspricht, oder diese Reko der DDR-Zeit auf komplett falschen Annahmen beruht.

    Zugutehalten kann man den Rekos dort, dass man von Gartenarchäologie noch nichts wusste.

    Das hat sich ja teilweise bis heute noch nicht in alle Kreise rumgesprochen.


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    **

    Konkret für Sanssouci wäre aus Gründen der Praktikabilität zu prüfen, ob eine Kiessand-Fläche wirklich über viele Jahre ("im Original" - aber was ist denn in einem Garten "Original") vor dem Schloss bestanden hat.
    Die Staubbelastung ist nicht unerheblich...


    Insgesamt stellt man immer mal wieder fest, dass sich Vorstellungen zu

    - Ausstattungsdetails,

    - Gestaltungsgrundsätzen im Detail betrachtet,

    - praktischem Einsatz von Geräten, Hausrat, Deko

    in der Kunstwissenschaft eingestellt hatten, die einer praktischen Überprüfung später nicht standhielten und halten...

  • Konsti, da liegst Du falsch.
    Persönlich sehe ich dass genau so... Ich wünsche mir - rein von meinem Geschmack und Stilempfinden - auch an vielen Stellen Rekos, die aber fachlich (beispielsweise Zerstörung von Bodenbefunden und Geschichtszeugnissen in Gärten durch Rückbau) falsch sind.

    Wir sollten uns zunächst aber doch noch mal an den Ausgangspunkt der Plauderei hier erinnern:

    Es wurde dem jetzigen Direktor vorgeworfen, dass er die Rehgartenkolonnade nicht rekonstruieren würde, und dies als fachlicher Makel des Herren dargestellt. Der hat aber ganz andere Makel und ist wegen seiner Begeisterung für den Staudenhof ne Fehlbesetzung in seinem Job. Die Rehgartenkolonnade ist eben leider ein denkbar schlechtes Argument und wirft doch eher den Schatten der Unkenntnis auf den Rufer, als die in rede stehende Fehlbesetzung in der Führungsriege.

    Nein, da liegt Du daneben: ich habe dem Generaldirektor Vogtherr überhaupt nicht vorgeworfen, dass er die Rehgartenkolonnade nicht rekonstruieren wolle - ich kenne gar keine Äußerung von Vogtherr zu diesem Thema. Ich kann mir das nur nicht vorstellen, dass bei einem Generaldirektor, der die Besucher des Neuen Palais pauschal als "Blattgoldtourismus" diffamiert, die sich "in Downtown-Abbey-Atmosphäre suhlen" eine solche Überlegung auch nur einer ernsthaften Prüfung unterzogen wird.

    Ebenso war ich entsetzt als Vogtherr die seit fast zwanzig Jahren vom Bürgerverein Berliner Vorstadt mit dem ehem. Generaldirektor Dorgerloh vorbereitete Wiederherstellung der Schwanenbrücke (die Schwäne sind schon neugegossen) abgesagt hat um die Brücke in dem Zustand zu rekonstruieren "wie Josef Stalin sie [auf dem Weg zur Potsdamer Konferenz in Schloß Cecilienhof] genutzt hat".

    Da ist das Engament in der Tagespolitik (Staudenhof), das sich jeder Generaldirektor verkneifen sollte, nur eine Arabeske - genutzt hat es ja nichts; wir haben ja im Bauausschuß und der SVV zum 30. Male mit großer Mehrheit den Abbruch bestätigt.

    Das Thema Rehgartenkolonnade, das ja immer wieder mal aufploppt, kam wegen der heute leeren Figurensockel auf und hier haben wir unsere unterschiedlichen Standpunkte ja nun ausführlich dargelegt und dokumentiert - ich glaube da bringt es nichts dem anderen nun gleich wieder "Unkenntnis" hinterher zu werfen, nur weil er in diesem Punkt nicht deine Meinung teilt. Aber das muss jeder machen, wie er mag.

  • ...sieht die Mehrheitsdenkmalpflege in Berlin nach mehrfacher genereller Ablehnung von Rekonstruktionen stets den letzten Zustand vor der Zerstörung als Basis einer Wiederherstellung.

    Interessant, denn soweit ich weiß, wurde bei der Rekonstruktion des Berliner Schlosses der Zustand des 18. Jahrhunderts angestrebt - unter dieser Prämisse sehe ich auch den Widerstand gegen den Neptunbrunnen, die Adlersäule, die Rossebändiger, die Oranier etc. als verständlich. All diese Dinge waren ja Zutaten des 19. Jahrhunderts. Selbst die Schlosskuppel musste ja gegen Protest durchgesetzt werden ... Wenn aber der letzte Zustand der Rekonstruktion zugrundegelegt werden sollte, müssten all diese Dinge ja wiederkommen (plus die schweren Tore, die einige hier - mich nicht - so begeistern)...

  • Interessant, denn soweit ich weiß, wurde bei der Rekonstruktion des Berliner Schlosses der Zustand des 18. Jahrhunderts angestrebt

    Woher hast du denn diese Weisheit? Das Eosanderportal jedenfalls hat ein explizit Wilhelminisches Erscheinungsbild bekommen.

  • Interessant, denn soweit ich weiß, wurde bei der Rekonstruktion des Berliner Schlosses der Zustand des 18. Jahrhunderts angestrebt - unter dieser Prämisse sehe ich auch den Widerstand gegen den Neptunbrunnen, die Adlersäule, die Rossebändiger, die Oranier etc. als verständlich. All diese Dinge waren ja Zutaten des 19. Jahrhunderts. Selbst die Schlosskuppel musste ja gegen Protest durchgesetzt werden ... Wenn aber der letzte Zustand der Rekonstruktion zugrundegelegt werden sollte, müssten all diese Dinge ja wiederkommen (plus die schweren Tore, die einige hier - mich nicht - so begeistern)...

    Das Berliner Schloß hat mit Denkmalpflege nichts zu tun, das hat das LDA immer abgelehnt und bei den Diskussionen - wenn es schwierig wurde - stets gesagt: seht ihr, das kommt davon. Die Diskussionslinien waren eher welcher Zustand am besten dokumentiert ist, das war die kaiserzeitliche Fassung. Um es zynisch zu sagen: am liebsten hätte die Berliner Denkmalpflege, wenn eine Reko gar nicht zu vermeiden ist, die Fassung von 1946 wiederhergestellt . mit Arno Brandlhuber als Architekten.

    Die Schloßkuppel war eine rein politische Debatte, keine Frage von Denkmalpflege. Und die Freiflächengestaltung ging von den Frontlinien eher neu gegen alt, nicht 19. gegen 18. JH.

    Der heutige Schloßplatz ist nicht einmal Teil eines Denkmalbereiches, sondern weisse Fläche wie ein unbebauter Acker - mit Ausnahme des Sockels des Nationaldenkmals und des Bodendenkmals des Dominikanerklosters.

  • Nein, da liegt Du daneben: ich habe dem Generaldirektor Vogtherr überhaupt nicht vorgeworfen, dass er die Rehgartenkolonnade nicht rekonstruieren wolle - ich kenne gar keine Äußerung von Vogtherr zu diesem Thema. ....

    Ich glaube da bringt es nichts dem anderen nun gleich wieder "Unkenntnis" hinterher zu werfen, nur weil er in diesem Punkt nicht deine Meinung teilt. Aber das muss jeder machen, wie er mag.

    Konsti, Sie unterliegen gerade der irrigen Ansicht, es wären (immer nur) SIE gemeint. Warum denn so verbissen?

    Es ist NICHT (prinzipiell) meine Absicht, Ihnen Unkenntnis zu unterstellen. Im übrigen glaube ich, das war am 16.12. eher Ihr erster Reflex, oder?
    Ich habe versucht, mich auf Ihre Gedanken zum Thema Reko einzulassen, wir haben Argumente ausgetauscht.

    Ich bin bei vielem (in dieser konkreten Diskussion) Ihrer Meinung. Und bei ganz vielem anderen zum Thema Städtebau bin ich eigentlich stets Ihrer Meinung und folge Ihren Ansichten.
    Aber ich bin trotzdem davon überzeugt, dass die Rehgartenkolonnade KEINE Option für das Rondell "Jubiläumsterrasse Ecke Hauptachse" ist. Wenn ich es richtig interpretiere, sind wir auch in diesem Punkt nicht mehr allzu weit voneinander entfernt, oder?

    Nun sollten Sie vielleicht Ihre gefühlten und von mir eigentlich nicht wirklich beabsichtigten persönlichen Verletzungen zur Seite schieben. Sie müssen hier niemandem mehr beweisen, dass Sie toll sind... Das ist allgemein bekannt. Auch mir.

    Sie sind am 16.12. irgendjemandem bei dem Thema Rehgarten und Kolonnaden-Reko beigesprungen.

    Schaun´s doch bei Interesse nochmal da:

    eryngium
    16. Dezember 2023 um 20:46

    Und vielleicht kommen wir jetzt doch einfach zum Austausch von Argumenten zurück, als etwas als persönliche Verletzung zu lesen, was gar nicht als solche gedacht und geschrieben war.

    Wäre das okay?

  • Und vielleicht kommen wir jetzt doch einfach zum Austausch von Argumenten zurück, als etwas als persönliche Verletzung zu lesen, was gar nicht als solche gedacht und geschrieben war.

    Wäre das okay?

    Nichts anderes habe ich oben vorgeschlagen. Aber wenn es Ihr Vorschlag sein soll - bitte, so soll es mir auch recht sein.

  • Centralbahnhof: Rehkolonnaden gibt und gab es nicht. Entweder Rehgartenkolonnaden oder Marmorkolonnaden. Wobei wir uns ja zuletzt über das Haupteingangstor zum Park und die Terrassen von Sanssouci ausgetauscht haben - der Dialog war schon im Strang Park Sanssouci richtig aufgehoben.

  • Centralbahnhof 27. Dezember 2023 um 22:57

    Hat den Titel des Themas von „Potsdam - Rehkolonnaden im Park Sanssouci“ zu „Potsdam - Rehgartenkolonnaden im Park Sanssouci“ geändert.
  • Es ist völlig klar, dass man am Standort des "Plögerschen Rondells" keine Marmorkolonnade errichten wird, denn diese würde den Blick und den Weg von der Hauptallee zum Orangerieschloss verstellen. Die Perspektive von der Hauptallee über das "Neue Stück" mit dem reitenden Friedrich und dem Bogenschützen zum Mittelteil des Orangerieschlosses zählt zu den wichtigsten Blick- und Wegebeziehungen im ganzen Park. Die Rehgartenkolonnade des 18. Jahrhunderts hatte lediglich zwei Durchlässe in der Achse der Hauptallee. Sie befand sich ja inmitten eines Waldstücks. Demgegenüber ist die gartenräumliche Situation heute eine völlig andere. Zudem befand sich die Kolonnade einige Meter westlich des heutigen Rondells. Eine Rekonstruktion am Originalstandort würde also den Rhythmus der Hauptallee stören und kommt somit auch nicht infrage.

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    Potsdam, Park Sanssouci, Blick von der Hauptallee zum Orangerieschloss (Foto: Allie Caulfield, 9. September 2022, CC-BY-2.0)

  • Centralbahnhof 28. Dezember 2023 um 10:51

    Hat den Titel des Themas von „Potsdam - Rehgartenkolonnaden im Park Sanssouci“ zu „Potsdam - Rehgartenkolonnade im Park Sanssouci“ geändert.