Minden, alte Münze, im Kern noch spätromanischer Bau (um 1260, Maßwerkfenster gegen Ende des des 13. Jh.)::
Gotische Bürgerhäuser Deutschlands
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Templerhaus in Hildesheim, um 1350:
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Uelzen, Probstei:
Quelle: Wikipedia
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MajorH:
1875 als Photo-Datum. ja das muss man gelten lassen.
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Die Steipe von 1483 am Trierer Hauptmarkt. Nach Kriegszerstörung zum Glück noch Ende der 1960er Jahre rekonstruiert.
Krzysztof Golik, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Deutscher Kaiser in Koblenz
Holger Weinandt, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons
Vielen Dank an alle für die schönen Beispiele. Die meisten von ihnen waren mir unbekannt.
Die Häuser oben erinnern mich an die gotische Architekturtypologie der Wohntürme, die viele Bauwerke der Zeit beeinflusst hat. Nur einige Beispiele, an die ich mich erinnere:
Leinwandhaus, Frankfurt - Ich bin mir nicht sicher, ob dies ein richtiges Beispiel ist, da es eher eine Handelshalle war.
Nassauer Haus, Nürnberg
Bischofschloss, Markdorf
Baumburger Turm, Regensburg
In diesem Sinne erinnert es mich sofort an ein Haus zur steinernen Glocke in Prag. Technisch ein Teil von HRR zum Zeitpunkt des Baus.
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Baumburger Turm, Regensburg
Barrierefrei waren solche Gebäude wohl nicht? Was machten ältere, gehbehinderte Leute? Und wie sah es mit einem zweiten Fluchtweg im Brandfall aus?
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An das Haus zur Steinernen Glocke hab ich auch schon denken müssen. mE ein sehr fragwürdiges und umstrittenes Beispiel für eine Renovierung bzw Rekonstruktion, da der bereits jahrhundertealte barocke Vorzustand beseitigt werden musste und damit ins natürlich gewachsene Erscheinungsbild massiv und unwiederruflich eingegriffen wurde. Das Barockhaus hat sich überdies besser ins Platzgefüge eingegliedert.
Ich habs selber nie so gesehen, dennoch war mir dieser Zustand von Bildern vertraut. Daher war ich das ersten Mal überhaupt nicht begeistert. "Künstliche Regotisierung" war schon im 19. Jh ein Problem. Klar, das ist sozusagen authentische Gotik, aber man muss doch auch zur Kenntnis nehmen, dass der Platz sich seit der Gotik weiterentwickelt hat. Die Häuser nehmen aufeinander Bezug.
Ein ähnliches Problem stellt sich in Tábor:
Ich vermute ja, dass das in Sachsen sehr häufig passiert ist, nämlich die Beseitigung des historistischen Dekors zwecks vorgeblicher "Wiederherstellung eines gotischen (oder etwas späteren) Urzustandes". Ich hab den Verdacht, dass man oft genug einfach Renovierungskosten sparen wollte - vergleiche bundesdt. Tendenzen bei der Re-Romanisierung kriegszerstörter Kirchen.
Im vorliegenden Fall (Tábor) ist das noch nicht so schädlich, weil der Giebel für viel Leere darunter entschädigt, aber Plätze wie jener von Glauchau sehen so komplett entstuckt schon schrecklich langweilig aus. Auch Freiberg geht leider ein wenig in die Richtung.
wobei mir dieser Zustand wieder etwas "verbessert" erscheint. Ich hatte Glauchau in den frühen 00er Jahren öder in Erinnerung.
Gut, das gehört nicht hierher, da diese Häuser alles andere als gotisch sind, aber das Haus zur st. Glocke erlaubte einer derartige Abweichung.
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Sehr interessant die Sache mit dem Haus zur Steinernen Glocke! Ich kann Deinen Punkt durchaus nachvollziehen, Ursus, allerdings finde ich die gotische Version interessanter und schöner. Die barocke Fassade mag sich zwar homogener in die Umgebung eingefügt haben, allerdings hatte es für mein Dafürhalten nicht so viel eigenständige Qualität, ganz im Gegenteil zur gotischen Fassade, die mir charaktervoller erscheint.
Auch das Aufgreifen der schmalen und hohen Fensterdimensionen vom links davon stehenden Rokoko-Palais Kinsky, diesmal aber mit Spitzbögen statt geradem Abschluss, finde ich sehr interessant.
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mE ein sehr fragwürdiges und umstrittenes Beispiel für eine Renovierung bzw Rekonstruktion, da der bereits jahrhundertealte barocke Vorzustand beseitigt werden musste und damit ins natürlich gewachsene Erscheinungsbild massiv und unwiederruflich eingegriffen wurde. Das Barockhaus hat sich überdies besser ins Platzgefüge eingegliedert.
Die Umgestaltung wurde 1961 beschlossen, jedoch erst später umgesetzt (laut Wikipedia). Ich glaube, die Leitlinien der heutigen Denkmalpflege würden zu einem anderen Ergebnis führen. Jahrhundertealte Zustände, die eine gewisse Qualität tragen, dürften nicht unwiderruflich vernichtet werden, um einen vermeintlich höherwertigen Zustand zu rekonstruieren, von dem man hypothetisch annimmt, er hätte so jemals existiert. Gleichwohl ist das Haus ein Blickfang auf dem Altstädter Ring.
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Steinhaus in Korbach aus dem 14 Jahundert.
http://seite119.de/fotos/Violinen…ach_2015_01.JPG
Haus Fürsteneck in Frankfurt, zerstört 1944.
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Gleichwohl ist das Haus ein Blickfang auf dem Altstädter Ring.
Nun, dieser Satz ist unzweifelhaft richtig, wenngleich ich mit dem ersten Wort "gleichwohl" gewisse Schwierigkeiten habe. Genau das ist der Punkt: ist diese Eigenschaft so überaus günstig? Die neue Höhendominanten ist in meinen Augen vor der Theynkirche so unnötig wie ein Kropf und wirkt neben dem wuchtigen Palais Kinsky etwas aufdringlich.
Gut, man soll nicht übertreiben. Das ist ein veritables Luxusproblem. Andere Städte wären über dieses heutige Ensemble froh, und, natürlich, gefällt es mir auch so.
Die barocke Fassade mag sich zwar homogener in die Umgebung eingefügt haben, allerdings hatte es für mein Dafürhalten nicht so viel eigenständige Qualität, ganz im Gegenteil zur gotischen Fassade, die mir charaktervoller erscheint.
Auch das stimmt natürlich. Ich für meinen Teil finde den ersten Halbsatz für maßgeblicher, das ist der Unterschied. Aber ich bin auch älter und hatte meine Prag-Vorstellungen aus seinerzeitigen Büchern.
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Die frühen gotischen Häuser waren oft sehr schlicht, wie die beiden Beispiele aus der Kasseler Straße in Fritzlar zeigen, um 1310:
Ein noch schlichteres Beispiel, die Löwenapotheke in Hameln (um 1300): https://hamelnerbote.de/?p=1332
und Mittelstraße 29 in Lemgo (1. Hälfte des 16. Jh.):Mittelstraße 52 in Lemgo (neugotisch verändert) und Nr. 54 (beide um 1500):
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Die frühen gotischen Häuser waren oft sehr schlicht, wie die beiden Beispiele aus der Kasseler Straße in Fritzlar zeigen, um 1310:
Insofern der Bestand noch Original ist. Bei den gezeigten Häusern scheinen mir die Giebelbereiche neuzeitlich verändert worden zu sein. Und auch in die Portalsituation im Untergeschoss gab es offensichtlich starke Eingriffe. Dabei sind dies die Bereiche, die sich häufig mit Bauschmuck besonders hervortun.
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Haus Saaleck in Köln (1461, weitgehende Rekonstruktion nach Kriegszerstörung):
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Die frühen gotischen Häuser waren oft sehr schlicht
Ist das tatsächlich so Stand der Forschung? Man denkt ja auch gern, dass die Burgen kahle Natursteinhaufen waren, aber zumindest weiß gekalkt waren wohl alle. Daher wäre doch auch möglich, dass diese Gebäuden durch nicht-haltbare Dekorationsmethoden heute kahl wirken. In der Zeit der Gotik gab es immerhin schon sicherere Städte mit hochwertigeren Baustoffen für Profanbauten. Weil man musste nicht fürchten das Haus durch marodierende Gruppen zu verlieren. Dazu die neuen finanziellen Mittel durch Wegfall von Lehensleistungen und Professionalisierung.
Wenn man dann doch überlegt, dass auch heute eine plastische Gestaltung teurer ist als eine ohne größeren Bauelementen, kann man schon die These aufstellen, dass Gebäude nach hunderten Jahren, größerer Fensteröfnnungen, neuer Fensteröffnungen, höherer Türen, höherer Bodenniveaus, neuen Moden, nicht mehr als nur noch das Grundgerüst abbilden.
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Ein prominentes Beispiel für derartige Regotisierungen ist auch dieses entzückende Bergkirchlein, wenns wer kennt:
Damit wir beim bürgerlichen Thema bleiben:
Auch das ist jetzt nicht unbedingt "Deutschland", aber zum HRR gehörte es, wie vom Ostsiedler festgestellt, allemal.
Und der Baumeister stammte immerhin aus Breslau, das auch irgendwann zu D gehört hat.
Also: Kuttenberg, Steinernes Haus, mit neogot. Zutaten, aber über weite Strecken authentisch.
Machen wir einen Sprung nach Süden.
Der unbedarfte Besucher des Hauptplatzes von Sitzendorf an der Schmida
rechnet nicht damit, was sich hinter den Bäumen verbirgt:
ehem. Bürgerspital mit noch seeehrfiel Gotik.
Ravensberger, wie ist das möglich, dass ich das vom Haus Saaleck noch nie was gehört oder gesehen habe? Nicht Kunstbüchern, nicht bei meinen mehrmaligen Kölnaufenthalten?
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Hallo tegula. Ja sicherlich. auch die oben gezeigten Beispiele wurden später verändert wie die Giebelabschlüsse der Fritzlarer Häuser zeigen. Viele Häuser hatten anfangs jedoch nur schlichte Stufengiebel, sehr verbreitet waren einfache, völlig ungegliederte Dreiecksgiebel. Die Gebäude ähnelten einander sehr. Allerdings dürften sie verputzt gewesen sein und nicht steinsichtig, wie man immer wieder glaubt. Das war schon aufgrund der Witterung nötig, denn ein Verputz schützte das Mauerwerk. Erst in späterer Zeit ist es dann zu einer immer stärkeren Luxurierung und Indivualisierung des Außenbaues gekommen, wie der Bauforscher Fred Kaspar 1994 in seinem Aufsatz Vom Typenhaus zum Haustyp dargelegt hat (In: Westfalen, Band 72, 1994). In Bielefeld gab es früher ganze Straßenzüge, die aus sehr schlichten Steinhäusern der Spätgotik und Renaissance bestanden:https://img.oldthing.net/6799/36163709/…hotte-58196.jpg
Da es sich hier um recht späte Beispiele handelt, besaßen diese Fassaden bereits eine Gliederung durch Gesimse. Häuser wie das Crüwellhaus (siehe oben) waren damals mit Sicherheit nicht die Regel, sondern eine Ausnahme und wurden schon damals als etwas Besonderes wahrgenommen. Etwas anders sieht es natürlich in Münster aus.Lemgo, Mittelstraße:
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Ich hätte noch gern eine Antwort zum Kölner Haus Saaleck. Hat es früher anders ausgesehen? War es lange eingerüstet?
Warum ist es nicht erwähnt im sonst so peniblen DKV-Bildband über Köln, wo eigentlich alle bedeutenderen Bürgerhäuser mit Bild und Artikel bedacht sind?
Hier ist kein einzelnes Haus zu sehen. Innsbruck ist eher als Ensemble einer gotischen Altstadt bekannt.
hier sieht man mehr Details, ua auch das Goldene Dachl:
Gotische Häuser konnten in Österreich leicht dieses Schicksal nehmen:
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Ein paar Beispiele aus Ulm:
Steerhaus, Sattlergasse 2
Büchsenstadel, Platzgasse 18
Ein Giebel war sicherlich eine wichtige Leinwand für die Dekoration eines gotischen Hauses.
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