Das Kaiserreich im Rückblick

  • Wenn ich so etwas lese, dann denke ich mir, wäre Deutschland nur ein Flickenteppich geblieben, dann wären uns diese Kriege vielleicht erspart geblieben. Ich weiß es nicht.


    Den Ersten Weltkrieg, wie er in Deutschland genannt wird, oder den 2. Dreissigjaehrigen Krieg, wie er be uns genannt wird haette es mit aller sicherheit gegeben. Der Kriegsgrund war ja das England als Staat Pleite war und die sich selbst auferlegten Ruestungsplaenne nicht mehr schaffte. Im Groessenwahn die Welt beherrschen zu wollen, wollte man die Zahl der neugebauten Schiffe aller moeglichen Gegner zusammengenommen neu bauen und das mal (zwei) ? ( oder drei). Zudem kahmen der Austausch der gesammten Kriegsflotte die schon bestandt. Der Grund hierfuer war die Erfindung der "Dreadnought Schiffs-Klasse". Alle Schiffe von vor 1902 wurden ueber Nacht ueberfluessig. Interesannt auch, dass Frankreich, Italien und Russland ebenfalls als Gegner genannt werden. England war nicht Frankreichs Freund.
    Durch das Bauprogramm von mehreren tausend Schiffen (sogenannte Versorgungs und Hilfsschiffe von sich selbst und von den Kolonien mit eingezaehlt) machte das Land Pleite.

    Ein weiteres Finanzloch war, dass die Kolonien mit Steuergelden "erschlossen" wurden, waehrend die Gewinne privatisiert wurden. Also die Unkosten "Sozialisiert", die Gewinne "Privatisiert"

    Der zweite grosse Spieler ist die "Bank of England" die keine Bank an sich ist. Diese hat das Geld Monopol Britaniens hinter sich. Sie ist ausserdem Privat, nicht Sataatlich. Um 1898 herrum, man kann hier nur mutmassen da die Bank of England "Exteritorial" ist, ging das Gold aus. Das heisst, man druckte ungedecktes Britisches Geld.
    1904 schockierte die "Bank of England" das Parlament mit einer Studie nachdem fuer den Zeitraum von 1918-20
    Eine Implosion des Englischen Pfund gerechnet wurde. Die Deutsche Goldmark wuerde Weltwaehrung.
    Waehrend im Koenigreich hueperinflation waere, wuerden die Kolonien wegbrechen ausgeloest durch ausbleibende Nahrungs-Importe. Das Zenario war quasie was spaeter mit der Sojwertunion pasierte. Andere Staaten, insbesondere Frankreich, Italien und die USA wuerden die Kolonien wegnehmen und die Menschen in den Kolonien diese umjubeln wegen den vorherigen Hunger den diese Menschen vorher erlitten haetten. So die Prognose damals.


    Es war um 1904 herrum als die Planungen fuer den "Zweiten Dreissigjaehrigen Krieg" konkreter wurden. Dies Beweisen zum Beispiel die ueber 800 Debatten zum Thema "kommenden Krieg" des Britischen Unterhauses zwischen 1904 und 1910. Weitere Debatten von nach 1910 wurden erst vor kurzen neu versiegelt fuer nochmal 100 jahre vom Heutigen Militaerischen Abschirmdienst. 1910 besuchte der Kriegsminister Berlin. Schon um 1904 wurde die Britische Armee in Belgien stationiert. Dazu war Belgien extra entstanden. Oder der Beistands-Pakt mit Frankreich aus 1904.

    Schon 1904 waere es beinahe zum Krieg gekommen. In Namibia hatte England versucht die dortige Herrscherfamielie zu Putschen. Der Zweitgeborene Prinz grif mit Englischen Waffen seinen Vater, den Koenig an. England wollte fuer D. ein Vietnam. D. hat aber nie Soldaten geschickt. Das war schlau. Stattdessen hat die sogenannte "Schutztruppe" eine von D. ausgebildete Truppe von Einheimischen den Aufstand niedergerungen. Der Kaiser ueberspielte dies mit dem Angebot Deutscher Hilfe fuer England bei deren Problemen in Honkong.

    1912 waere es beinahe wieder zum Krieg gekommen. In Marokko sollte D. hineingezogen werden. Der Kaiser und die Demokratische Regierung liess alle auflaufen. Stattdesen gabs eine Englisch-Deutsche Prinzen Hochzeit von feinsten!
    Die Deutschen waren damals schon so naiv wie Heute. Die Koenigliche Familie hatte damals schon keine Macht mehr.

    Zu sagen, haette man keine Schiffe bauen sollen (waren keine Hochseeschiffe) oder man haette dies und das tun sollen, ist wie ein Maedchen das bei sch selbst den Grund seiner Vergewaltigung sucht. Die Psychologen kennen das unter den Namen "Stockholm Syndrom". Diese Leute haben dann den Tunnelblick und ignorieren alle anderen Hinweise.

    Quellenangaben von der Moderation aus einem Folgebeitrag miteingefügt.

  • Bohnenstange, dass ist auch wieder so Thema, dass ich leider mit dem deutschen Flickenteppich anschnitt.
    2003 oder 2002 las ich mal in der in einer kleinen Nebenspalte von der NZ, dass die britischen Kriegsakten zum 2. Weltkrieg auch die nächsten Jahrzehnte geschlossen bleiben. Anscheinend gibt es auch auch Akten davor? Kennst Du da eine offizielle Seite und kannst die Quellen ersetzen? Sonst gleitet man schnell in irgendwelche Theorien ab. (Bitte dieses Thema auch nicht weiterbehandeln).
    Die Kolonien und Flotten halte ich trotzdem für einen großen Fehler. Es hat doch schon gereicht einen Riesen mitten in Europa zu installieren.
    Ansonsten gebe ich Heimdall recht. Vielleicht ist der Wunsch „ein Flickenteppich“ der Vater meines Gedankens, dass es ein schöner Traum wäre, in einem kleinen Königsreich zu leben, das mehr meinen Sinn nach Ästhetik entspricht und mir Identität gibt – also so eine Art Weimar der Goethezeit.
    Als ich letztes Jahr Ämter für den Verein übernahm und ich plötzlich mit dieser Petition gegen Stadtbild Deutschland konfrontiert wurde, empfand ich dies als zutiefst verstörend und hatte Selbstzweifel an mein Tun. Insbesondere da so Viele aus der höchsten Bildungsschicht diese Petition noch unterstützen – deutschlandweit-. Diese Macher haben ja nie ein Wort mit dem Vorsitzenden gesprochen.


    Ich habe nichts gegen die Existenz von Glasbauten, Zeilenbau, Plattenbauten. Jeder nach seiner Fasson. Ich wehre mich nur, Teil ihrer Welt zu sein. Das was ich fordere, ist Großzügigkeit. Dieser ganze deutsche Kleingeist nervt ich mich nur noch. Mich interessiert es nicht, was jemand vor 25 Jahren geschrieben hat, ich schnüffel auch nicht nach, was jemand Samstag Abend macht und ich ergötze mich nicht, wenn Menschen Fallen gestellt wurden. Das wird nie meine Welt sein.

    Wie gesagt, ich fordere jene Großzügigkeit, wie sie Bauten in der Gründerzeit ausdrückten. (Wohl wissend, dass nicht alles toll aus dieser Zeit war).

    Beauty matters!

  • @Franka, ich würde gern den Inhalt der Petition kennenlernen. Hast Du einen Link?
    Am Anfang dieses Fadens ging es um den Ruf des Kaiserreichs. Offenbar ist er aber besser, als bisher verbreitet,sonst brauchte es keine Sperrfristen. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, die Architektur nicht losgelöst von der damaligen Gesellschaft zu sehen!

  • Neid und Mißgunst bzgl. der im Kaiserreich rasant erblühten baulichen Schönheit Deutschlands
    als weiterer Grund für den Bombenkrieg ?

    Mal eine etwas provokant überspitzte These:

    Abgesehen davon, daß Geschmäcker natürlich immer verschieden waren und sind und daß demzufolge das, was als ‚schön’ empfunden wird, stets in hohem Maße subjektiv beeinflusst ist, so ist es hier im Forum – doch wohl - weitestgehend unstrittig, daß das Deutsche Kaiserreich in baukünstlerischer und stadtbildnerischer Hinsicht das ‚schönste Deutschland’ war, daß wir je hatten.

    Und diese Tatsache blieb natürlich auch den Nachbarn, den alten Großmächten Europas, nicht verborgen, die zwischen 1871 und 1914 keine ähnlich rasante Entwicklung vorzuweisen hatten. Weder Georg V. noch Nikolaus II. konnten z.B. mit einem derart anspruchsvollen und monumentalen Gotteshaus wie dem Berliner Dom aufwarten, welches während ihrer Herrschaft erbaut worden wäre (die dem Dom entsprechenden ‚Staatskirchen’ von St. Paul's in London und der Isaaks-Kathedrale in St. Petersburg waren ja schon unter den Vorfahren der beiden gekrönten Häupter vor langer Zeit entstanden). Vom Reichstagsgebäude, dem Reichsgerichtsgebäude in Leipzig, den zahllosen imposanten Rathausneubauten (z.B. Hamburg und Hannover), dem Schloßneubau in Posen, den Meisterleistungen der kreativen Denkmalpflege in der Hochkönigsburg oder der Saalburg, sowie den Monumentaldenkmälern (Deutsches Eck, Kyffhäuser, Herrmannsdenkmal, etc.) ganz zu schweigen. Und all dies war ja ganz überwiegend ohne die Ausbeutung anderer Völker und die enormen Bodenschätze der Kolonialgebiete (in Sibirien, Nordamerika, Afrika und Asien) über die die alten Großmächte wie selbstverständlich verfügten, entstanden. Hielt das deutsche Kaiserreich mit seinen imposanten Stadtbildern somit den alten Mächten einen Spiegel vor, der nachwies, daß man derart Großartiges eben auch mit dem schieren und einfachem eigenen Fleiß erreichen konnte ? War dies ein für die alten Mächte unangenehmer ‚Stachel’, den man schnellstmöglich wieder zu beseitigen trachtete (und dann im ‚Dreißigjährigen Krieg des 20. Jahrhunderts’ im Wesentlichen tatsächlich auch wieder ‚zurückbaute’) ?

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (2. November 2019 um 15:41)

  • Werter "Pagentorn",
    Sie drücken nur etwas umständlich und über den Umweg der Ästhetik aus, dass das damalige Deutschland eben ein "junges" war. Auch daher passt der Begriff "Gründerzeit". Es war eine in jeder Hinsicht dynamische, schnell wachsende Macht. Auch hinsichtlich des technischen Fortschritts, der Erfindungen. Es war die Zeit des "deutschen Genius". Und dieser Dynamik hatten die alten Mächte, die ihre Blütezeiten bereits hinter sich hatten (obgleich sie teils noch über ihre Kolonialreiche verfügten) nicht mehr viel entgegen zu setzen. Deshalb natürlich der Wunsch, Deutschland zu stutzen. Spanien dominierte im 16./17. Jahrhundert, Frankreich im 18. Jahrhundert und kurz unter Napoleon, England im 18./19. Jahrhundert. Für das 20. Jahrhundert war offen, ob es eines mit deutscher oder us-amerikanischer Dominanz werden sollte. Letztlich hat der Zugriff auf größere Ressourcen und der damit einhergehende Ausgang zweier Weltkriege diese Frage beantwortet.

  • @'UrPotsdamer :
    Durchaus nicht !
    Denn wenn dem so wäre, hätte ich den Text bestimmt nicht veröffentlicht. Eine einfache Frage der Logik...

    Werter Heimdall,

    vielen Dank, daß Sie auf die von der Historiographie eingehend beleuchtete, allgemein große Dynamik des Kaiserreichs hinweisen. Man kann dies gar nicht oft genug tun, denn viele unserer ZeitGenossen verdrängen dies nur zu gern.

    Mir war es aber in der Tat wichtig, in diesem Zusammenhang einmal eine Fokussierung auf den Bereich von Städtebau und Architektur vorzunehmen, der bei der Motivationsforschung für den 1. WK meines Erachtens immer noch ein Mauerblümchen-Dasein fristet und von den militärischen und insbesondere ökonomischen Gründen der Entente überschattet wird.

  • Es dürfte im Übrigen bestimmt recht aufschlußreich sein, einmal die Hintergründe der Stichwortgeber auszuleuchten, die - schon kurz vor dem 1. Weltkrieg beginnend - die Baukunst des Historismus (und natürlich im engeren Sinne des Wilhelminismus) bei den Deutschen in Verruf brachten, sodaß dieser dann während der Weimarer Republik, dem 3. Reich und den ersten Jahrzehnten von Bundesrepublik und DDR einfach nur noch als indiskutabel angesehen wurde.

    Interessant ist es in diesem Zusammenhang sicherlich auch, daß es eine ähnliche, auf Jahrzehnte nachhaltig wirkende Stimmungsmache gegen den englischen Viktorianismus, die Bauten des 2. Französischen Kaiserreichs oder die spezifisch russische 'Fin de siecle'-Architektur - etwa am Newski Prospekt - nicht gab.

    Man sollte einmal darüber nachdenken...

  • @Pagentorn : Also wenn ich Ihr Argument zusammenfassen darf: der erste Weltkrieg wurde von den Briten, Franzosen und Russen geführt, weil diese Nationen neidisch waren auf die schönen Städte in Deutschland?

  • Also wenn ich Ihr Argument zusammenfassen darf: der erste Weltkrieg wurde von den Briten, Franzosen und Russen geführt, weil diese Nationen neidisch waren auf die schönen Städte in Deutschland?

    Wäre es so eindimensional gemeint, wäre das wirklich etwas platt. Ich denke, er meint es in einem übertragenen Sinne. Die Ästhetik war Ausfluss von Prosperität. Die Prosperität war ein Ergebnis der wachsenden weltpolitischen Bedeutung des Deutschen Reiches. Diese Bedeutung bzw. größere Rolle der europäischen Mittelmacht wurde zumindest von Großbritannien als Bedrohung der eigenen Position wahrgenommen. Russland sah eigene strategische Ziele durchkreuzt (vor allem auf dem Balkan). In Frankreich hingegen grassierte so oder so der Revanchismus, egal was die Deutschen getan hätten.

  • @Pagentorn : Also wenn ich Ihr Argument zusammenfassen darf: der erste Weltkrieg wurde von den Briten, Franzosen und Russen geführt, weil diese Nationen neidisch waren auf die schönen Städte in Deutschland?

    Wo behauptet er denn das bitte?
    Pagentorn hat die Konstellation vor dem 1. Weltkrieg, jedenfalls was Großbritannien angeht, schon richtig beschrieben. (Frankreich und Rußland hatten demgegenüber ihre eigenen Rechnungen mit Deutschland bzw. Österreich offen). Großbritannien galt damals als Großmacht auf dem absteigenden Ast, das wirtschaftlich dynamische Deutsche Reich als Großmacht auf dem aufsteigenden Ast. Dass Deutschland im 20. Jahrhundert Großbritannien als beherrschende Weltmacht ablösen würde, galt vielen als ausgemachte Sache. In dieser Konstellation hat Großbritannien so ähnlich gegenüber Deutschland agiert wie die USA heute in einer vergleichbaren Lage gegenüber China.

    Neben einem "kalten Handelskrieg" hat Großbritannien vor allem nichts unversucht gelassen, um regionale Konflikte zu schüren, Gegner Deutschlands zu stärken, andere Mächte auf Deutschland zu hetzen etc. Die Konflikte zwischen Rußland und Österreich-Ungarn auf dem Balkan hat Großbritannien z.B. immer schön geschürt, nicht weil sie was gegen Österreich-Ungarn gehabt hätte, sondern weil sie auf die Art Rußland gegen Deutschland in Stellung bringen konnten u.v.m.
    Insofern hat Pagentorn absolut recht.

  • Interessant ist es in diesem Zusammenhang sicherlich auch, daß es eine ähnliche, auf Jahrzehnte nachhaltig wirkende Stimmungsmache gegen den englischen Viktorianismus, die Bauten des 2. Französischen Kaiserreichs oder die spezifisch russische 'Fin de siecle'-Architektur - etwa am Newski Prospekt - nicht gab.

    Und wie passt das in die angebliche Argumentation hinein?

  • @UrPotsdamer hat es schon richtig erfasst. Da habt ihr das passende Zitat von Pagentorn:

    Mir war es aber in der Tat wichtig, in diesem Zusammenhang einmal eine Fokussierung auf den Bereich von Städtebau und Architektur vorzunehmen, der bei der Motivationsforschung für den 1. WK meines Erachtens immer noch ein Mauerblümchen-Dasein fristet und von den militärischen und insbesondere ökonomischen Gründen der Entente überschattet wird.

    Ich finde Pagentorns jüngste Äußerungen hier überaus ärgerlich. Soll man nun wieder eine Gegendarstellung schreiben?

    Nur ein paar Details: In Berlin wurde das Stadtschloss abgerissen. Marstall und Dom blieben hingegen erhalten, obwohl sie wilhelminische Bauten waren. Das wilhelminische Nationaldenkmal wurde beseitigt. Die Löwen davon fanden aber eine Zweitverwendung im Tierpark und der Neptunbrunnen einen überaus prominenten Platz im Zentrum der Hauptstadt der DDR. Die Beispiele zeigen, dass inhaltlich-ideologische Gründe ausschlaggebend waren, nicht eine allgemeine Ablehnung wilhelminischer Kunst.

    Die anderen Länder Europas entwickelten sich im 19. Jahrhundert ebenfalls dynamisch. Überall wurde viel gebaut. Das deutsche Kaiserreich hatte ein großes Kolonialreich. Die wirtschaftliche Bedeutung von Kolonien wird von Pagentorn überschätzt. Für Russland kann man nur die Emirate Buchara und Chiwa als Kolonien bezeichnen. Wirtschaftlich waren sie bedeutungslos. Sibirien war rechtlich den übrigen Teilen Russlands gleichgestellt. Man kann das mit dem Westen der USA vergleichen, der auch nicht als Kolonialgebiet gilt. Es gab um 1900 eine weit verbreitete Angst vor dem erwachenden russischen Riesen. Russland entwickelte sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wirtschaftlich überaus dynamisch. Paris galt als Hauptstadt des 19. Jahrhunderts. Alle Metropolen hatten tolle Großbauten vorzuweisen, nicht nur Berlin.

    Im Ersten Weltkrieg wurden keine deutschen Städte zerstört. Deutsche Truppen richteten aber große Zerstörungen in Belgien und Nordfrankreich an. Ich nenne nur mal die Kathedrale von Reims, deren Beschießung in Westeuropa für Entsetzen sorgte. Der Zweite Weltkrieg hatte dann keinen direkten Bezug zum Kaiserreich. Deutschland im Zweiten Weltkrieg als Opfer feindlicher Mächte darzustellen, verbietet sich ja wohl von selbst. Das sollte jedem klar sein.

    Ich habe den Eindruck, dass in Pagentorn die wilhelminische Geltungssucht wieder auflebt.

  • Lieber UrPotsdamer,

    Sie scheinen zu meinen, mir hier einen Widerspruch in meiner Argumentation nachweisen zu können, da ich ja in dem von Ihnen angeführten Zitat durchaus Bauleistungen in den drei Entente- Ländern anspreche. Allerdings lagen diese z.T. zeitlich deutlich vor dem erstaunlichen Aufstieg der deutschen Architektur und erreichten auch bei weitem nicht dessen Umfang.

    Einige Vergleiche:

    1913 anläßlich der Hochzeit seiner Tochter Victoria Luise, konnte Wilhelm II. seinen hochfürstlichen Gästen ein runderneuertes Zentrum seiner Haupt- und Residenzstadt Berlin präsentieren: Neuer Weißer Saal im Schloß, neues Nationaldenkmal auf der Schloßfreiheit, Neuer Marstall, neuer Dom, neue Kgl. Bibliothek unter den Linden, neues Kaiser-Friedrich-Museum an der Spitze der Spree-Insel und das neue Pergamon-Museum bereits im Bau. All das glänzte und strahlte nur so, im blendend cremefarbenen Sandstein.

    Als der Kaiser hingegen 1911 in London an der Enthüllungsfeier des ‚Victoria Monuments’ für seine Großmutter teilnahm, bildete die ziemlich altbackene Ostfassade des Buckingham Palace den unvorteilhaften optischen Hintergrund für diese Festivität. Erst 1913 wurde die heute bekannte neue Ostfassade errichtet. Von Umgestaltungen und Monumentalisierungen in der Art der geschilderten Berliner Dimension war im Londoner Residenzbezirk somit wenig bis nichts zu vermelden…

    Monumantal waren in London in der Tat die Bahnhöfe, die aber z.T. – wie etwa der St. Pancras Station – schon aus den 60er Jahren stammten, also aus der Hochphase des Victorianismus, als noch der fördernde Einfluß von Prinzgemahl Albert nachwirkte. Und man kann sich sicher sein, daß gerade der St. Pancras Station in Deutschland nach 1918 lange Zeit als ‚Ungetüm im Zuckerbäckerstil’ verleumdet worden wäre, würde er innerhalb unserer Landesgrenzen stehen.

    Hinsichtlich der Franzosen sei z.B. an die Kirche Sacre Couer erinnert, deren Bau bereits 1875 begonnen, aber erst 1914 abgeschlossen werden konnte. Der Raschdorff–Dom in Berlin wurde im Vergleich dazu in einer geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit errichtet. Da konnte sich ob der Schaffenskraft des östlichen Nachbarn durchaus ein gewisser Neid einstellen, nicht wahr…

    Der Herrscher aller Reußen schließlich lebte in den ehrwürdigen Domizilen seiner Vorfahren und ließ diese lediglich innerlich an die Anforderungen der neuen Zeit anpassen. Einen Neubau wie das Schloß in Posen oder den Cecilienhof bewerkstelligte Nikolaus II. hingegen nicht .

    Auf den sicher kommenden Einwand, daß diese bauliche Expansion vom ‚darbenden Volk’ erwirtschaftet werden mußte, sei erwidert, daß das deutsche Sozialversicherungswesen in Europa unerreicht war (auch ein Neidfaktor für die ja so wohlhabenden alten Großmächte, die sich trotz ihres Reichtums ein solches eben nicht leisten zu können meinten). Ebenso konnten Rußland und Großbritannien mit dem deutschen Alphabetisierungsgrad von nahezu einhundert Prozent nicht mithalten. Mit anderen Worten: die bauliche Verschönerung der deutschen Hauptstadt – und mit ihr zahlloser anderen deutscher Städte – ging nicht auf Kosten von Volkswohlfahrt und – bildung !

    Leider ist es ja ein Zug im Charakter des menschlichen Geschlechts, daß man das, was man selber nicht erreichen kann, auch Anderen nicht gönnt. Und wenn diese es dennoch haben, ist man versucht es diesen wegzunehmen oder es zumindest schlecht zu machen, sodaß die Anderen keine Freude mehr daran haben (erinnert sei an das Gleichnis vom Fuchs und den Trauben, welches der römische Dichter Aesop uns hinterlassen hat) ...

  • Lieber Rastrelli,

    es hat m.E. nichts mit ‚wilhelminischer Geltungssucht’ (der Provenienz und Instrumentalisierung dieses Begriffes einmal nachzugehen würde sich übrigens auch lohnen) zu tun, wenn man auf die in den letzten einhundert Jahren leider zu oft unter den Scheffel gestellten oder gleich ganz verschwiegenen baulichen Leistungen unserer Vorfahren im Kaiserreich hinweist. Leistungen, zu deren Erbringung wir Heutigen im Übrigen wahrscheinlich nicht mehr in der Lage wären (siehe z.B. die Vollendung des ‚Kaiser-Wilhelm-Kanals’ im Vergleich mit der ‚unendlichen Geschichte’ des Flughafens Berlin-Brandenburg).

    Auch wenn Ich nochmals betonten möchte, daß es nicht Ziel der von mir hier angestoßenen Diskussion sein soll, den Umgang der Deutschen mit dem baulichen Erbe des Kaiserreichs seit dem Ende der Monarchie zu thematisieren, so soll hier dennoch darauf hingewiesen werden, daß sich die Frage des inländischen Umgangs mit Bauten aus der Kaiserzeit nach dem Bombenkrieg überhaupt nur noch deshalb stellen konnte, weil diese Bauten so überaus solide gebaut waren, daß sie ihrer totalen Zerstörung robusten Widerstand entgegen setzen konnten. Ich wage einmal die Behauptung, daß wenn britische Städte einer ebenso flächendeckenden und intensiven Bombardierung ausgesetzt worden wären, wie sie die deutschen Städte zu erleiden hatten, der Prozentsatz an erhaltenen victorianischen Gebäuden im Zweifel geringer gewesen wäre. Aber das führt in den Bereich der Spekulation…

    Ziel dieser Diskussion soll es hingegen sein, der Frage nachzugehen, ob und - wenn ja - wie während des Bestehens des Deutschen Kaiserreichs geprägte Verantwortungsträger der späteren Ententemächte im 1. Weltkrieg, Einfluß darauf genommen haben,

    • daß die Deutschen innerlich grundsätzlich auf Abstand von den Bauten der Gründerzeit und des Wilhelminismus gingen (vor, während, zwischen und auch nach den beiden Weltkriegen)
    • daß während der Bombardierungen möglichst keines der markanten Großbauten der Kaiserzeit unversehrt blieb
    • daß nach 1945 der Gedanke der Rekonstruktion von wilhelminischen Bauten absolut indiskutabel wurde und seither auch blieb
    • daß teilzerstörte kaiserzeitliche Gebäude im Zweifel eher abgerissen, denn repariert wurden
    • daß erhaltene Gebäude der genannten Periode durch entstellende Umbauten ihrer ästhetischen Wirkung beraubt und als 'alte Kästen' diffamiert wurden.

    Die Quellen-Recherche hierzu dürfte sich allerdings – das gebe ich gerne zu - recht schwierig gestalten…

  • Wozu soll denn dieses auftrumpfende Gehabe gut sein? Sollen sich jetzt die anderen Länder dafür rechtfertigen, dass sie schon vor Wilhelm II. bedeutende Bauwerke errichtet haben und diese weiterhin nutzten?

    Das Berliner Schloss war auch nicht von Wilhelm II. erbaut worden. Es hatte eine unansehnliche Ostseite, und die Innenhöfe waren - bis auf die drei barocken Schlüterhofflügel und die Innenportale - ziemlich peinlich. Warum hat sich Wilhelm darum nicht gekümmert? Wilhelms bevorzugte Sommerresidenz war das Neue Palais in Potsdam. Das war auch nicht gerade neu. Warum willst du es dem Zaren dann vorwerfen, dass er Paläste nutzte, die schon länger standen. Und was heißt "Aufstieg der deutschen Architektur"? Die Dresdner Frauenkirche, der Petersdom in Rom, die Issakskathedrale in Petersburg, St. Paul's in London sind künstlerisch bedeutendere Kirchenbauten als der Berliner Dom von Raschdorff. Nicht falsch verstehen. Der Berliner Dom ist schön und bedeutend, aber die anderen Beispiele bedeutender Kuppelkirchen übertreffen ihn in ihrem künstlerischen Rang.

    Ich möchte auch darauf hinweisen, dass ein großer Teil des Deutschen Reiches nicht preußisch war. In Dresden, Leipzig und München (um Beispiele zu nennen) wurde in jener Zeit viel und Bedeutendes gebaut, das aber nicht wilhelminisch war.

    Um die Absurdität der Argumentation mal deutlich zu machen: Die großen Berliner Kopfbahnhöfe waren vergleichsweise frühe Beispiele großer Bahnhofsbauten. Der Leipziger Hauptbahnhof wurde erst 1909-1915 gebaut und war der größte Kopfbahnhof Europas. Auch das Berliner Rathaus war deutlich älter als das Neue Rathaus in Leipzig, das überdies den höchsten Rathausturm in Deutschland aufzuweisen hat. Nach deiner seltsamen "Logik" müsste man jetzt schließen, dass Berlin Anfang des 20. Jahrhunderts auf einem absteigenden Ast und Leipzig die aufsteigende Metropole war.

  • Das stimmt ganz einfach nicht.

    Die Flächenangriffe richteten sich gegen die Innenstädte, nicht speziell gegen kaiserzeitliche Gebäude. Diese Gebäude wurden in großer Zahl wiederaufgebaut, teilweise in veränderter Form. Gründerzeitviertel sind beliebt.

    Berliner Dom - mit viel Aufwand wieder aufgebaut. Wiederaufbau begann 1975.
    Garnisonkirche Potsdam - kein wilhelminischer Bau, wurde abgerissen, heftigster Widerstand gegen die Rekonstruktion
    Berliner Schloss, Potsdamer Stadtschloss wurden abgerissen - waren nicht wilhelminisch
    Paulinerkirche Leipzig - abgerissen, nicht wilhelminisch
    Reichstagsgebäude - wurde als wichtiger Symbolbau eingeschätzt und erhalten, dient heute, stark umgebaut, als Parlamentssitz
    Reichsgerichtsgebäude Leipzig - wurde erhalten, heute Bundesverwaltungsgericht
    Kaiser-Friedrich-Museum - ist heute Weltkulturerbe (Bode-Museum)
    Staatsbibliothek Unter den Linden - wiederaufgebaut
    Stadthaus Berlin - zu DDR-Zeiten Sitz des Ministerrates, heute Senatsinnenverwaltung
    große Bahnhofsbauten - soweit sie auf DDR-Territorium lagen, blieben sie erhalten, viele Beispiele auch in Westdeutschland

    Ich breche mal hier ab, denn diese Reihe ließe sich wohl endlos fortsetzen.

  • Lieber Rastrelli,

    wenn meine Worte als ‚auftrumpfendes Gehabe’ bei Ihnen angekommen sein sollten, dann bedaure ich das. Gemeint waren sie jedenfalls nicht so.

    Nochmals: Es geht mir lediglich um die Klärung der Frage, ob Mißgunst und Neid auf die ‚verspätete’ Nation, auf das als ‚Parvenü’ im europäischen Mächtekonzert gescholtene deutsche Kaiserreich, einen Motivationsstrang für die späteren Bombardierungen deutscher Städte im 2. WK darstellen könnten.

    Die imposanten Großbauten des Kaiserreichs waren sozusagen die in Stein geronnene Energie eines seiner eigenen Kraft wieder bewußt gewordnen Volkes. Sie waren Ausdruck eines zukunftsfrohen Optimismus und Symbole des Willens der Deutschen, den ihren Fähigkeiten entsprechenden Platz in der Familie der Völker wieder einzunehmen, welcher Ihnen seit dem Ende der Stauferzeit entglitten war.

    Daß dieser Wunsch mit dem Interesse der alten Großmächte kollidierte, den für diese überaus bequemen Zustand eines durch seinen überspitzten Föderalismus auf der Weltbühne handlungsunfähig gewordenen Mitteleuropas auch weiterhin aufrecht zu erhalten, ist nachvollziehbar und durchaus mit den gegenwärtigen Vorbehalten bezüglich des Wiedererwachens Chinas vergleichbar.

    Die Zerstörung der Symbole dieses – im Grunde gegen Niemanden gerichteten – optimistischen Selbstbewußsteins, welche die Bauten des Kaiserreichs darstellten, könnte somit als zweckdienliches Mittel zur Erreichung dieses Zieles angesehen worden sein.