Alles zusammen genommen lässt es den Gendarmenmarkt insgesamt noch als einen schönen Platz gelten.
Ebendas in einer deutschen Metropole alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Alles zusammen genommen lässt es den Gendarmenmarkt insgesamt noch als einen schönen Platz gelten.
Ebendas in einer deutschen Metropole alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Ein Überblick der Pläne für den Gendarmenmarkt von ca. 1700 bis 1774.
Ursprünglich war eine große Schlossanlage geplant, nicht umgesetzt und letztendlich nach Charlottenburg und Potsdam (Neues Palais) verlegt.
Die zwei ursprünglichen Kirchen und die freie Fläche
Als "Mittelmarkt" mit Bebauung ca. 1748 (Karte gesüdet)
FdGs Skizze zum Schlossbau, bevor der Plan verworfen wurde
Die geplanten Nord- und Südseiten 1774 einheitlich in Anlehnung an den modernen Place de la Concorde in Paris.
Die riesigen (300m lang) geplanten Ost- und Westseiten des Gendarmenmarktes von B. R. Bourdet. Wer will, kann die Anzahl der Achsen zählen.
Die einheitlichen Baupläne Bourdets wurden wieder verworfen, wahrscheinlich auf Wunsch Gontards und Ungers, die stattdessen 15-20 individuelle Bürgerpalais entwarfen, angelehnt an die Stadterweiterung in Potsdam etwa am Platz der Einheit.
Einige der Pläne und Zeichnungen zeigen nicht den Gendarmenmarkt, sondern einmal den südl.Schloßplatz und einmal Unter den Linden und heutigen Bebelplatz.
^ Du meinst wahrscheinlich die erste fiktive Abbildung von Broebes um 1700, welche vorne rechts das Stadtschloss zeigt und rechts oben das Zeughaus (Arsenal "D"). Der zugehörige Ausschnitt im zweiten Bild fokussiert auf den zukünftigen Gendarmenmarkt in der Friedrichstadt.
Leider wurden die vorher erwähnten Bürgerpalais Stück für Stück entfernt, heute steht keines mehr.
Das meist photographierte Gebäude stand an der Ecke Jägerstraße / Markgrafenstraße am nordöstlichen Block des Gendarmenmarktes und wurde um 1777 von Gontard oder Unger (Quellen widersprechen sich) errichtet als Hauptlotteriekomptoir, später General-Lotterie-Direktion. Photo ca 1910. Lage Gmaps.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/1664049
Gebäude der General-Lotterie-Direktion am Gensdarmen-Markte in Berlin, 1883
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/255352
Die General-Lotterie-Direktion ist rechts angeschnitten. Das mittlere Wohnhaus (Nr.48) wird Johann Boumann d.Ä. zugeschrieben. An der Ecke zur Französischen Straße folgt mit "Scheible`s Hotel" ein weiteres um 1780 erbautes Gebäude, wohl von Gontard.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/185429
Blick zur General-Lotterie-Direktion ca. 1931
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bund…e-Direktion.jpg
Das vorher gezeigte Eckhaus "Scheible`s Hotel" wurde 1884 abgerissen und durch das spätere Fürsten-Hotel ersetzt. Photo ca. 1906. Die barocken Höhen des Platzes wurden dann gesprengt.
Die ganze Front wurde leider im ZWK zerstört. Heute stehen dort die historisierenden Platten.
EDIT: Noch ein Photo von 1885 mit den barocken Häusern gefunden (sehr hochauflösend, wenn man dem Link folgt)
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/296888
Ebenfalls an der Ostseite (mittig) an der Markgrafenstraße befand sich die 1772 gegründete „Generaldirektion der Seehandlungs-Sozietät“ auf direkte Veranlassung von FdG. Das zweigeschossige Bauwerk war allerdings älter, bereits 1735 erbaut unter dem Soldatenkönig. Photo vor 1900. Lage Gmaps.
Quelle: https://preussenjournal.net/2021/01/23/die…che-staatsbank/
Blick Ecke Markgrafenstr / Jägerstr. Rechts angeschnitten ist bereits ein fünfgeschossiger Neubau zu sehen, vom barocken Vorgänger finde ich keine Darstellung. (siehe edit) Photo ca. 1901.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Seehandlu…g_(um_1901).jpg
Links ist wieder die vorherige General-Lotterie-Direktion, rechts die Seehandlung. Das Portal zeigte zur Jägerstraße, weil die Funktion des Gendarmenmarktes damals noch nicht geklärt war. Photo ca. 1890.
EDIT: Doch noch den barocken Vorgänger gefunden vor dem historistischen Neubau an der Ecke Markgrafenstr / Taubenstr. Links im Photo ist die Seehandlung und daneben das barocke Eckhaus entweder Unger oder Gontard ca. 1780er Jahre. Lage GMaps. Photo ist von 1854(!), damals als Unibibliothek der HU genutzt!
Quelle: https://bauten.hu-berlin.de/de/grimm/Fotog…ausen-1854/view
Der barock farbige Gendarmenmarkt ca. 1790. Rechts wieder General-Lotterie-Direktion und Seehandlung angeschnitten.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/167471
Ausschnitt
1901 wurde das kleine Barockpalais abgebrochen und 1903 durch den historistischen Neubau von Paul Kieschke ersetzt. Photo ca. 1904.
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Seehandlung_(1904).jpg
Nach Kriegsschäden wurde das Haus reduziert aufgebaut und beherbergt heute die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Das Haus rechts angeschnitten ist ein Nachwende-Neubau.
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berl…senschaften.jpg
Weiter geht es an der Markgrafenstraße zum südöstlichen Ende gegenüber vom Deutschen Dom. Auf den Photos sieht man noch ein barockes Eckhaus (+ 1 links daneben in der Taubenstraße) und rechts daneben zwei historistische Häuser. Photo ca. 1885. Lage Gmaps.
Ähnliches Photo ca. 1890. Darstellungen von den zwei barocken Vorgängern der historistischen Häuser finde ich leider nicht. Siehe Edit
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/262170
Detailansicht (ki-vergrößert). Baumeister war wieder Unger oder Gontard ca. 1780er Jahre.
Dieses barocke Eckhaus wurde dann ebenfalls ersetzt durch ein historistisches Haus (Datum unbekannt?), welches noch bis min. 1991 stand, erst nach der Wende ohne erkennbaren Grund abgerissen. Leider finde ich kein Detailphoto, aber hier ist es links vom Deutschen Dom zu erkennen (helles Eckhaus mit den vielen Gauben). Oder hier Eckhaus mit dem roten Dach und Gauben. Heute stehen dort die drei modernen Neubauten, die schwächste Ecke am GM (links im Photo).
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:View…_Cathedral).JPG
EDIT: Doch noch ein Photo (Ausschnitt) gefunden vom barocken Haus in der Mitte, hier links vom Victoria-Gründerzeitler, ca. 1885.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/296884
Bei der Würdigung des DDR-Wiederaufbaus muss man also diese Ecke "subtrahieren". Auch das Haus links davon (statt der Baulücke) ist recht schwach.
Die sichtbaren, riesigen Schornsteine um 1890 waren auch nicht unbedingt eine Schönheit.
Was man aus der einst üppig geschmückten Akademie der Wissenschaften ohne Not gemacht hat, ist echt traurig.
Weiter geht es an der Südseite zur Mohrenstraße.
Das Gemälde von F. A. Calau ca. 1820 gibt einen Eindruck vom barocken Berlin. Links steht die Häuserzeile, welche die Südseite des GM bildete, rechts ist das Hotel de Brandebourg, zu dem wir später noch kommen. Im Hintergrund ist die Dreifaltigkeitskirche. Lage Gmaps.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/440709
Vergrößerter Ausschnitt, wahrscheinlich vereinfacht gezeichnet, zudem waren die Originale eher zweifarbig.
Die Mohrenstraße hier links im Gemälde nach 1821 mit frischen Schauspielhaus.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/252784
Ausschnitt
Auf dem Photo vor 1881 ist diese Häuserzeile hinter dem Deutschen Dom teilweise zu erkennen, wobei schon Gründerzeitler emporstreben.
Die Mohrenstraße 26-27 sieht aus wie ein barockes Doppelhaus, links bereits kräftig aufgestockt. Photo 1893.
Quelle: https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/194693
Auf dem Photo ca. 1920 (?) waren dann alle barocken Häuser durch Historismus ersetzt. Links war das Hospiz der Stadtmission Mohrenstraße 27/28. Nur das Eckhaus hinter der Charlottenstraße von 1907 hat die Zeiten überstanden.
Heute steht dort das Interhotel Dom-Hotel (heute Hilton) erbaut 1988-90 nach Plänen von Roland Korn und Bernd Seidel. Mit der postmodernen DDR Art déco Großfassade ist es einer der wenigen Nachkriegsbauten, die ich einer generischen Historismus Bebauung vorziehen würde.
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berl…ilton-Hotel.JPG
Der Gendramenmarkt hat ehrlich gesagt enorm in der Gründerzeit verloren. Die teils wilden Traufhöhenunterschiede und der wilde Stilmix, welche mit der Gründerzeit entstanden, haben den Platz sehr an Kohäsion und Vornehmheit gekostet.
Natürlich. An sich keine Frage. Aber hier dürfte nicht einmal das unumstritten sein.
Der Gendramenmarkt hat ehrlich gesagt enorm in der Gründerzeit verloren. Die teils wilden Traufhöhenunterschiede und der wilde Stilmix, welche mit der Gründerzeit entstanden, haben den Platz sehr an Kohäsion und Vornehmheit gekostet.
Dem stimme ich (auch als Historismusfreund) durchaus zu, es ist offensichtlich. Allerdings war auch die gründerzeitliche Platzbebauung noch weitaus besser als die heutige. Die Ästhetik des Gendarmenmarkts hat also einen kontinuierlichen Abstieg erlebt.
Allerdings war auch die gründerzeitliche Platzbebauung noch weitaus besser als die heutige.
Auch das steht fest...
Die Ästhetik des Gendarmenmarkts hat also einen kontinuierlichen Abstieg erlebt.
Wobei sich das wohl eher auf die Fassadengestaltung selbst bezieht. Gerade wurde ja gesprochen, dass wilde Traufhöhenunterschiede die Optik zerrüttet haben. Das wurde ja quasi wieder ,,repariert" und nun sind alle Bauten nahezu gleich hoch. Und à propos Bauhöhe, da kann man wahrscheinlich auch nochmal diskutieren. Ich sehe auf jeden Fall den Verlust an Platzrandbebauung, welche ungefähr unter der Höhe der Tympanon mit ihren Fassaden enden. Gleichzeitig haben die heutigen deutlich höheren Bauten wohl besser die gewaltigen Türme eingefasst, die womöglich damals schon arg gigantisch über die Bebauung geragt haben.
Ein Problem ab der Gründerzeit besteht darin, dass die Traufenhöhe, auch wenn sie einheitlich geworden ist, den Platzdimensionen nicht mehr so recht entspricht. Die Weite, wie sie auf den alten Stichen wirkt, ist sicher idealisiert, aber dennoch wirkt der Platz heute ein wenig dichtgedrängt. Die drei Mittelbauten haben etwas von ihrer Dominanz eingebüßt.
Inspiriert durch unifys Post weiter oben, habe ich ein kleines Video zur Akademie der Wissenschaften angefertigt. Die klare Aufforderung zur Rekonstruktion!
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Hier noch das verwendete Bild per KI optimiert und der Link für maximale Auflösung zum download
Ich hätte mal eine andere Frage: woher leiten sich eigentlich diese auffällig hohen Tambourkuppeln ab, wie man sie bei den beiden Domen des Gendarmenmarkts oder auch bei Schloss Charlottenburg sehen kann? Ist das eine preussische Eigenentwicklung? Für meine südlichen Augen erscheinen diese Kuppeln in Bezug auf den vergleichsweise kleinen Unterbau unnatürlich langgestreckt...
Paul Kieschkes Akademie wieder exemplarisch für die schäbige Wiederaufbau wenn überhaupt.
Warum ist so wenig historisches Bewusstsein da, zur Rekonstruktion? In Budapest wäre dieses Gebáude 100% wieder da gewesen!!! Wie prachtvoll und autentisch wäre dass gewesen für das Aussehen der ganzen Gendarmenmarkt.
@Leonard: Es handelt sich hier sicher um ein Pasticcio aus Villa Rotonda von Andres Palladio (Unterbau), dem Tempietto von Bramante und dem Invalidendom in Paris von Jules Hardouin-Mansart (Turm).
Vielen Dank, ja der Invalidendom könnte als Vorbild für die Tambourkuppeln sicher hinkommen. Man scheint die Tamboure aber nochmal gestreckt zu haben, irgendwie kommen sie mir so langhalsig vor.