• Ja, der Vergleich ist sehr derb. Mea culpa. So derb, wie ich diesen Anbau der 70er zum überkommenen neuen Rathaus empfinde. Die Vergleichsbilder von Neußer sprechen Bände.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Neußer

    Ja, natürlich im Ernst.

    Ansichtskarte, um 1920, public domain

    Links ist das Rathaus. Der vorspringende Gebäudeteil mit dem Türmchen stand da, wo heute die moderne Glasfassade ist. Die Seitenfassade ist unverändert erhalten und bietet den Maßstab für den Vergleich. Der ursprüngliche Eingangsbau sprang auf ganzer Höhe in den Straßenraum vor. Die Glasfassade tut dies nicht, sie ist schräg. Der ursprüngliche Bau hatte durch den Giebel und das Türmchen eine starke Mittenbetonung. Die Glasfassade hat sie nicht. Der ursprüngliche Bau hatte ein wesentlich höheres Dach als die Seitenflügel. Auf diesem befand sich zusätzlich das Türmchen. Die Höhe der Glasfassade orientiert sich an der Firsthöhe der Seitenflügel. Der moderne Teil ist also deutlich niedriger und weniger monumental, als das, was dort vorher stand.

    Von Harmonie habe ich nicht gesprochen. Harmonie ist nicht das einzige Kriterium zur Beurteilung von Architektur. "Der Vogtländer" hatte geschrieben, dass sich die Stadt eine Reko nicht leisten könnte und dann ja auch das Gebäude noch größer geworden wäre. Er hatte auch geschrieben, dass bei dem modernen Bau die Statik gut gelöst sei und dass es aus Kostengründen zu wünschen sei, daran nichts zu ändern. Für mich ist auch das ein relevantes Kriterium.

    Außerdem interessiere ich mich für tschechoslowakische Architektur. Ich bin diesem Land sehr verbunden. Es gab nur wenige Neubauten in der DDR, die von ausländischen Architekten stammten. Das ist schon etwas Besonderes. Dazu das Wandbild von Karl Heinz Adler, die alten Teile des Neuen Rathauses und das Alte Rathaus. Mir gefällt das Alte Rathaus besser als das Neue Rathaus.

    Ach ja und ganz nebenbei: Ich hatte berichtet und eingeordnet, was am Plauener Rathaus gerade gemacht wird. Ich denke, sowas gehört hierher. Entschieden haben das andere. Nach langen Diskussionen. In kulturellen Fragen kann es verschiedene Meinungen geben.

  • (...) Der ursprüngliche Eingangsbau sprang auf ganzer Höhe in den Straßenraum vor. Die Glasfassade tut dies nicht, sie ist schräg. Der ursprüngliche Bau hatte durch den Giebel und das Türmchen eine starke Mittenbetonung. Die Glasfassade hat sie nicht. Der ursprüngliche Bau hatte ein wesentlich höheres Dach als die Seitenflügel. Auf diesem befand sich zusätzlich das Türmchen. Die Höhe der Glasfassade orientiert sich an der Firsthöhe der Seitenflügel. Der moderne Teil ist also deutlich niedriger und weniger monumental, als das, was dort vorher stand. (...)

    Das sind für mich alles keine Gründe, die dafür sprechen, daß der moderne Teil besser ist. Eher im Gegenteil.

    Wenn ich im Netz eine vergleichbare heutige Ansicht der oben gezeigten Postkarte suche, finde ich nur das hier:

    https://www.bahnbilder.de/bilder/plauen-…e-1--494106.jpg

    Ich weiß nicht, was daran besser sein soll. Aber über Geschmack lässt sich nicht streiten. Das ist nicht meine Absicht. Es ist eben so wie es ist. Glücklicherweise muss ich dieses Ding nicht jeden Tag sehen. :wink:

    Aber vielleicht wird es nach der Sanierung tatsächlich besser als zur Erbauungszeit. Ich lasse mich überraschen.

  • DarkVision

    Mit deiner vulgären Ausdrucksweise disqualifizierst du dich selbst. Wir reden hier über Architektur und Kunst, nicht über Biologie.

    Ja, diese Pampigkeit hat es jetzt genau noch gebraucht! :sad:

    Wenn DarkVision so ein Scheißhäuserl mit einem vergoldeten Kothaufen vergleicht, ist das eine durchaus nachvollziehbare Methapher - da muß man nun nicht plötzlich den "Moralinsauren" raushängen lassen.

  • Schaut euch mal die Diskussion früherer Jahre hier im Strang an! 2012, 2013, 2015 - da wurde intensiv über die Sanierung des Plauener Rathauses diskutiert. Das war eine anspruchsvolle Diskussion. Es herrschte ein freundlicher, fairer Umgangston unter den Forumsteilnehmern. Zeitweilig beteiligte sich sogar ein Plauener Kommunalpolitiker, der tiefere Einblicke in die Materie hatte. Wäre das heute noch möglich?

    Denkt bitte daran, dass hier auch andere mitlesen! Wir interessieren uns für Baukultur. Da sollten wir eine Kultur des Miteinanders, eine Diskussionskultur auch hinbekommen. Wie gesagt: Blättert hier im Strang zurück! Da werdet ihr sehen: Früher ging das. Warum nicht heute?

    Wobei viele Foristen ja beweisen, dass man auch heute seine Meinung in einem vernünftigen Ton zum Ausdruck bringen kann.

  • Eine Rekonstruktion des Vorkriegszustandes war beim Plauener Rathaus keine ernsthafte Option. Kommunalpolitiker kleinerer Städte stehen unter enormem Druck. Der finanzielle Spielraum fehlt. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist es immer besser, etwas zu bewahren, was einen gewissen geschichtlichen oder künstlerischen Wert hat, als etwas, das nicht mehr vorhanden ist, zu rekonstruieren. Entsprechende Maßnahmen können die Politiker dann leichter rechtfertigen und dafür können sie auch Fördermittel bekommen.

    Der Wettbewerb zur Rathaussanierung hatte vor einigen Jahren kein wirklich brauchbares Ergebnis gebracht. Die Diskussion darüber kann man hier im Strang nachlesen. Nun gibt es eine Sanierung, die wohl nicht allzu teuer wird, geschichtliche Spuren erhält und als kleines Highlight das Wandbild von Karl Heinz Adler wieder ans Licht bringt. Dieses Wandbild kann nun in situ verbleiben.

  • Ja, teuer darf es nicht sein, kosten soll es am besten so gut wie nix!

    Nur was kommt dabei raus? ein ähnlicher Murx wie aus den 70igern - dann kann man die Scheußlichkeit auch gleich beibehalten.

    Hier wäre es wirklich angemessen gewesen , mehr Gelder zu investieren, um wenigstens die ursprüngliche Fassade zu rekonstruieren.

  • Hallo zusammen,

    nachdem ich nun schon viele Jahre mitlese, habe ich mich nach meinem letzten Plauen-Besuch entschlossen, anzumelden. Ich wollte euch die aktuellen Bilder der sanierten Fassade des neuen Rathauses nicht vorenthalten. Da der Besuch am Abend stattgefunden hat, bitte ich die bescheiden Lichtverhältnisse zu entschuldigen.

    Zur Versöhnung habe ich noch Fotos der angrenzenden Nobelstraße gemacht. Die schönste Straße der Plauener Altstadt hat hier, sofern ich es richtig gesehen habe, bisher keine Beachtung gefunden. Zentrum der Straße sind die 3 Kaufmannshäuser des heutigen Vogtlandmuseums aus den Jahren 1787-1789. Die Innenräume, inkl. des Festsaales aus der Zeit sind erhalten.

    Ebenfalls endlich in Sanierung: Das Weisbachsche Haus aus den 1780ern. Bedeutendster Manufakturbau Sachsens. Hier entsteht das neue Deutsche Zentrum für Spitze und Stickerei. Leider konnte ich aufgrund der Platzverhältnisse keine besseren Fotos machen.

    Viel Spaß mit den Bildern, ich werde bei Gelegenheit weitere hochladen.

    Grüße vom Frank.

  • Hallo Frank,

    herzlich willkommen im Forum.

    Die ersten drei Fotos werden bei mir nicht angezeigt. Dafür sind aber die Bilder Gebäude aus dem Frühklassizismus umso schöner, sie wirken vornehm und sind, wie ich finde, wirklich beeindruckend. Das bereits frisch mit Schiefer gedeckte Weisbachsche Haus, lässt auf Grund der sehr gut gelungenen Dachgauben, darauf schließen, dass auch die Fassade ebenso hochwertig werden dürfte. Eine ganz tolle Sache, danke für die Bilder.

  • Ich wollte euch die aktuellen Bilder der sanierten Fassade des neuen Rathauses nicht vorenthalten.

    Es gab vor Jahren Planungen mit Vorschlägen, diese Stelle in der Rathaus-Fassade durch eine Neubebauung besser zu heilen. Sie fanden teils auch in diesem Forum kein Gefallen, da sich hier auf Rekonstruktions-Maximalismus versteift wurde. So bekommt man nun eben das Ergebnis serviert. Immerhin musste keiner a la Berlin, Potsdam oder Dresden jammern, dass bedeutende DDR-Architektur schnöde beseitigt würde.

    Dann... Das Weisbachsche Haus soll wohl bis 2023 saniert sein.

    Weisbachsches Haus putzt sich

    https://www.vogtland-anzeiger.de/vogtland/weisb…artikel11516249

    Leider (oder "zum Glück" für die anderen) kommt man dabei auch nicht ohne einen modernen Glasanbau aus. Hätte man die Glasfläche etwas in der Achse verschoben, also eine Schräge erzeugt, wäre vielleicht eine nette Kopie der in Sanierung befindlichen DDR-Rathausfassade herausgekommen. Ein "transloziertes" Zitat der DDR im Spitzenmuseum. Das wäre doch mal ein Gag gewesen, bei dem "baunetz" womöglich einer abgegangen wäre...

    https://www.plauen.de/Stadtentwicklu…bachsches-Haus/

  • Heimdall,

    auch ich finde die modernen Lösungen selten gelungen. Ich erfreue mich aber im Moment eher daran, dass die genannten Gebäude (und weitere, wie das Schloss der Vögte, die Schlossbergterrassen, die Hempelsche Fabrik nebst Villa und Park) rekonstruiert, saniert und einer neuen Nutzung zugeführt werden.

    Die Rathausfassade ist wirklich verschmerzbar. Das ist die, mich immer wieder beeindruckende Hauptansicht:

    Bonus: Ansicht der Altstadt vom Schlossberg (Hradschin) über das Tal der (verrohrten) Syra hinweg:

  • Zu Plauen gehört auch das Dorf Jößnitz. Dort saniert eine 70-jährige Rentnerin ein altes Umgebindehaus. Im Innern entsteht ein kleines Museum mit vielen alten Sachen. Ein MDR-Bericht vom 3. Juli 2021 enthält stimmungsvolle Fotos von den Räumen (zum Vergrößern anklicken). Zum Tag des offenen Denkmals im September will Margitta Schier ihr Haus erstmals für Besucher öffnen. Künftig soll es dort auch kleinere Kulturveranstaltungen, wie Lesungen, geben.

    Es handelt sich um das Haus Kauschwitzer Weg 2, das in der Denkmalliste wie folgt beschrieben wird:

    "Mit Fachwerk-Oberstock, Relikt regionaltypischer Holzbauweise aus der Zeit wohl vor 1800, baugeschichtlich und hausgeschichtlich von Bedeutung. Umgebinderest rechts 2/2 mit Blockstube, senkrechte Stütze-Gebälk-Konstruktion ohne Diagonalen. Fachwerk-Obergeschoss an den beiden Giebelseiten verbrettert, an der einen Seite verputzt, Krüppelwalmdach mit Biberschwänzen in Kronendeckung. Stallteil erhalten, Haus unterkellert. Zum Teil engstieliges Fachwerk mit Eckstreben sichtbar, Fachwerk mit Eckstreben."

    Plauen, Ortsteil Jößnitz, Kauschwitzer Weg 2 (Foto: N8eule78, 4. April 2013, CC-BY-SA-3.0)

  • Die Gegend der Plauener Elsteraue, außerhalb der ehemaligen Stadtbefestigung gelegen, war seit jeher ein Ort des Handwerks und der späteren Industrie. Heute beststeht bzw. entsteht eine gemischte Nutzung aus Wohnen, Gastronomie und modernem Gewerbe. Start ist die Stadtmauer mit Johanniskirche und wieder aufgebautem Komturhof des Deutschen Ordens aus dem 14. JH.:

    Vorstadt-Idylle am Pfortengässchen:

    Das vermutlich am Ort der Burg der Grafen von Everstein (um 1200 gegründet) gelegene Malzhaus Plauen aus dem Jahr 1730:

    Die Weberhäuser, im Kern aus dem 16. Jh. stammende Handwerkerhäuser, heute Veranstaltungs- und Kreativzentrum:

    Der sich in Revitalisierung befindliche Hof der Hempelschen Fabrik (das Weisbachsche Haus ist direkt rechts anschließend):

    ...von der Hempelschen Fabrik und Villa habe ich tatsächlich vergessen Fotos zu machen....hol ich bei Gelegenheit nach.

  • Hallo Frank,

    willkommen im Forum und danke für die Bilder.

    Ich finde Plauen aber auch Zwickau recht spannend.

    Wäre super, wenn du uns weiter mit Bildern und Neuigkeiten versorgst.

  • Auch ich möchte mich gerne als "Neu-Plauener" in diesem Forum vorstellen. Ich bin Anfang 2020 nach Plauen "ausgewandert" und bin wahrscheinlich der einzige hier, der hauptsächlich auf Grund des wunderbaren, einladenden Stadtbilds (über weite Strecken Gründerzeitliche Prachtbauten) hierher gezogen ist und die deprimierende, abstoßende Landeshauptstadt von BW hinter sich gelassen hat...

  • Hallo LIBERTIN,

    herzlich willkommen im Forum.

    Auch ich habe einige Jahrzehnte (seit 1976) in Stuttgart gewohnt, bin aber 2012 nach Döbern in Südostbrandenburg gezogen, wo wir bereits 2010 eine alte Villa erworben hatten. In den 35 Jahren, die ich in Stuttgart zugebracht habe, konnte ich mit ansehen, wie die Stadt leider immer hässlicher wurde. Insoweit kann ich alles, was du oben über Stuttgart schreibst, voll und ganz nachfühlen.

    Die Villa in Döbern in ihrer alten Schönheit wieder herzustellen, ist freilich eine Lebensaufgabe, die große Opfer verlangt. Unser letzter Urlaub war denn auch im Jahre 2009. Aber die Mühen, die wir für das alte Haus gebracht haben, lohnen sich. Es erfüllt einem mit innerer Befriedigung und großer Freude, wenn man immer wieder auf ein Stück schauen kann, das wir geschafft haben. Oben rechts ist eine Lupe dargestellt. Falls du Bilder unseres Baufortschritts sehen möchtest, dann klicke auf die besagte Lupe und gib dort Döbern ein. Anschließend rechts davon auf die kleine Lupe klicken.

    Viel Spaß und Freude hier im Forum.