Im zweiten Teil meiner Specialreihe zu Bamberg (Bausünden und Historismus sowie ein paar Einzelwünsche von Innenhöfen u.ä. folgen noch) möchte ich die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg thematisieren, denn obwohl es im Großen und Ganzen stimmt, wenn Bamberg als "größte unzerstörte Altstadt" in Deutschland bezeichnet wird, so gab es doch vier Bereiche im heutigen Weltkulturerbe, die teils empfindliche Einbußen erlitten. Da sie räumlich voneinander getrennt sind, werde ich sie im Folgenden auch getrennt voneinander darstellen. Es kann sein, dass es vereinzelt weitere Zerstörungen gab (z.B. rund um den Bahnhof), aber die vier unten vorgestellten Bereiche sind die einzigen, die ich in der Literatur gefunden habe.
Doch zuerst ein Überblick des historischen Stadtkerns aus der Luft. Rot umgrenzt ist der Bereich des Weltkulturerbes, gelb markiert die Stellen, die bei Luftangriffen, vorwiegend am 22. Februar 1945, in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Der nördliche Bereich umfasst die Zerstörungen beidseits der Kettenbrücke, der mittlere Bereich den Obstmarkt, der südliche Bereich den Frauenplatz südlich der Oberen Pfarre und zuletzt die Laurenzikapelle ganz im Süden, den einzigen Sakralbau, der dem Krieg zum Opfer fiel:
Zuerst schauen wir uns den Bereich rund um die Kettenbrücke an. Hier wurden ebenso wie am Obstmarkt etwa 20 Häuser zerstört bzw. stark beschädigt. Die gelb markierten Häuser sind Totalverluste, die rot markierten wurden nach starken Schäden (z.T. waren sie ausgebrannt) wieder aufgebaut:
Wie man sieht, wurden nördlich der Kettenbrücke vor allem das Quartier westlich der Kettenbrückstraße (Kettenbrückstraße 1, 3 und 5, Untere Königsstraße 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13) sowie zwei Häuser östlich (Kettenbrückstraße 4 und 6) zerstört. Der Wiederaufbau (betrifft die Häuser zwischen den Pfeilen) erfolgte in einem zurückhaltenden Stil mit vorgeblendeten (?) Sandsteinfassaden und gleichmäßiger Fensterreihung. Sowohl die Mansarddächer als auch die Korbbögen in den Erdgeschossen und die Ecklisenen wirken stark barockisierend. Die industriell gefertigten, schlichten Fenstergewände zeigen jedoch ganz klar den Stil der Nachkriegsjahre.
Leider weiß ich nicht, was vor dem Krieg dort stand, analog zur übrigen Bebauung der Oberen und Unteren Königsstraße dürfte es sich allerdings vorwiegend um Häuser mit barockem Erscheinungsbild (vielfach noch mit spätmittelalterlichem oder frühneuzeitlichem Kern) gehandelt haben. Das auffällige Eckhaus ganz links (Untere Königstraße 1, "Haus zum Hufeisen") wird übrigens Johann Leonhard Dientzenhofer zugeschrieben und ist 1945 völlig ausgebrannt, während die Außenwände bis zur Traufe intakt blieben. Wegen seines berühmten Baumeisters wurde es wiederaufgebaut.
Auch die zwei Häuser südlich des Eckhauses (im Süden, also links, die Kettenbrückstraße, rechts die Untere Königstraße) wurden in diesem zurückhaltenden Stil wiederaufgebaut, das Haus Kettenbrückstraße 1 leider nicht. Stattdessen errichtete man einen fünfgeschossigen Flachdachklotz, der zwar von dieser Seite aus noch relativ harmlos aussieht...
...von der anderen Seite des rechten Regnitzarms aus jedoch sein ganzes hässliches Antlitz offenbart. Der Steg ist übrigens nur ein Notbehelf, da die Kettenbrücke zurzeit neugebaut wird.
Folgendes Bild aus dem Bildindex zeigt, dass zumindest das barocke Haus links des "Hauses zum Hufeisen" (Kettenbrückstraße 5) nach dem Krieg in den Außenmauern komplett erhalten war. Dennoch wurde es beim Wiederaufbau beseitigt und durch einen Neubau ersetzt:
Die andere Seite der Kettenbrückstraße wurde leider sehr uneinheitlich wiederaufgebaut. Während das Eckhaus Obere Königstraße 1 und das Haus zur Flussseite (Kettenbrückstraße 2) erhalten blieben, wurden die beiden Häuser dazwischen (Kettenbrückstraße 4 und 6) zerstört. Die Nr. 4 wurde in einem eher unansehnlichen Nachkriegsstil (aber zumindest mit vernünftigem Dach) wieder aufgebaut, anstelle der Nr. 6 klafft jedoch bis heute eine Lücke. Vor einiger Zeit pappte im Erdgeschoss von Nr. 4 ein Baustellenschild, das großmundig eine Lückenschließung unter Abriss des rechten Hauses und Neubebauung beider Parzellen ankündigte (auf den daneben hängenden Plänen wäre das einer der üblichen Flachdachglaskästen geworden), passiert ist jedoch bislang nichts.
Die Brandmauern hat man in den letzten Jahren schön verziert. Vor allem das Gemälde der ehemaligen barocken Seesbrücke ist sehr schön anzuschauen. Rechts im Hintergrund noch ein Mauerrest des kriegszerstörten Baus. Übrigens die einzige noch sichtbare Wunde der Kriegszerstörungen im Stadtzentrum.
Nun begeben wir uns auf die Südseite der Kettenbrücke, in die Hauptwachstraße. Hier fällt einem gleich die Nachkriegsbebauung auf der Linken Seite ins Auge. Um eine Einfügung ins Stadtbild hat man sich an dieser Stelle nicht bemüht. Die Vorgängerbauten der beiden großen Bauten links waren sicherlich gründerzeitlich.
Dem Eckhaus auf dem oberen Bild gegenüber steht dieser ehemals prachtvolle Jugendstilbau, der im Krieg ausbrannte und seine Dachaufbauten verlor. Beim nachfolgenden Wiederaufbau wurde er weiter vereinfacht. Auch die beiden Gründerzeitler dahinter brannten aus, wurden jedoch wiederhergestellt:
Die Ostseite der Hauptwachstraße (Mischung aus Gründerzeitlern und Barockbauten) nördlich der Hauptwache wurde samt der anschließenden Nordseite der Promenade (Gründerzeit) völlig zerstört. Die Häuser in der Hauptwachstraße wurden in einem barockisierenden Stil (das weiß gestrichene Haus in der Mitte ist Hauptwachstr. 28) wieder aufgebaut:
Hauptwachstraße 20 (das Eckhaus zur Promenade) und die anschließenden Gebäude in der Promenade wurden unter Neuordnung der Parzellen schlicht neu bebaut.
Etwas aufwändiger, aber auch nicht sonderlich ansehnlich, erfolgte der Neubau der Post (Promenadestr. 2). Lediglich der Erker und das Glockenspiel auf dem Dach (das jedoch schon länger außer Betrieb ist) lockern die Fassade auf:
Ganz übel wird es dann östlich der Post. Anstelle der ehemaligen Gründerzeitler rückten hässliche zu hoch gezonte Kästen (links Heinrichstraße 2):
Zum Abschluss des ersten Teils das ganze Areal noch einmal aus der Luft (von Bing Maps). Gelb wieder die totalzerstörten Bereiche, rot die lediglich beschädigten: