Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Der Ostflügel bezog seinen ehemaligen Reiz ausschließlich aus seiner Historizität. Diese ist leider nicht rekonstruierbar. Insofern muss(te) man sich über eine entsprechende Gestaltung durchaus Gedanken machen.

    Im Grunde genommen hätte man auch ostflügelseits den unsäglichen Ballast der Republik stehen lassen und ins Stadtschloß einbinden können - das hätte auch ned greisslicher ausgesehen als dieses modernistische Ding an Ostfassade....nur daß man es nicht hätte neu bauen müssen. Ich denke mal daß die derzeitige Ostlösung ein Provisorium ist, bis sich die Reko der ursprünglichen Ostfassade finanzieren läßt.
    Der Ostflügel des Schlosses war übrigens der ursprüngliche Teil des Berliner Schlosses, der Rest von Schlüter wurde erst später angebaut.

  • Klar, eine möglichst vollständige Rekonstruktion der Spreeseite wär mir auch am liebsten, aber in naher Zukunft unwahrscheinlich, was ich am zweitbesten Fände (allerdings noch unrealistischer scheint) ist auch die den anderen barocken Schloßseiten angepasste fassade, allerdings ein wenig pompöser gestaltet, als die bisherige Lösung, bei der die Seitenfassaden einfach bloß kopiert werden. Ich fände es einmal mal richtig geil würde man hier man einen Neohistorismus wagen und (unter beibehaltung der Formalien und Stilmitteln wie beim Schlüterbau, wie die Geschossanzahl, gleiche Fensterverdachuchungen etc.) zeigen, wie toll man heute noch barock bauen könnte, man müsste dem Eckrondell auf der anderen Seite ein pendat setzen, in die Mitte würde ich einen Risaliten hineinsetzen, der zwar größer und prächtiger ist als die seitlichen Schlossportale, aber im Vergleich zum Triumphbogen auf der Kuppelseite etwas bescheidener. Davor würde ich eine riesige Freitreppe die bis in die Spree reicht setzten, mit prächtigen Laternen, Reiterstandbild und allem was dazu gehört. Das ganze darf nicht prächtiger als der Rest des Schlosses werden (einer der "Fehler" die man beim Historismus gerne gemacht hat, das die Kopie prunkvoller war als das Vorbild) sondern wirklich eine ebenbürtige Fassade, die diesem großartigem Gebäude gerecht werden würde, es nicht verschandeln, sondern Verschönern würde. Wenn ich Zeit habe und wenn der Wunsch danach besteht werde ich in nächster Zeit vielleicht eine Skizze anfertigen, wie ich mir das ganze vorgestellt habe.
    Es ist zwar nahezu unmöglich, aber ich finde, das ist eine angemessene Weise, im Stile Schlüters, die Spreefassade zu gestalten, eben angepasst, aber nicht unnötig zurückhaltend zu bauen. Warum darf neue (ich vermeide bewusst "moderne") Architektur keine Glanzlichter setzten, über die man noch in 300 Jahren stauenen wird?


    Phantastisch, Kaoru! Genau so wäre wohl Schlüter vorgegangen, wenn er auch die Spreeseite des Schlosses neu zu errichten gehabt hätte. Warten wir noch ein Weilchen - in zwanzig/ dreißig Jahren (wenn unsere Zivilisation noch so lange Bestand hat) werden sich die Architekten wieder darin zu überbieten suchen, wer am stimmigsten im Geist des Barock weiterzubauen versteht. Denn jeder langanhaltend und extrem in die eine Richtung getriebene Exzess führt irgendwann den Umschlag herbei. Noch ein paar siegreiche Wettbewerbsarbeiten a la Schinkelplatz, und auch die hartgesottensten Modernisten verspüren so langsam einen Brechreiz bei der Vorstellung, dass die dröge Moderne für alle Zeiten der Weisheit letzter Schluss sein soll. Wer jetzt schon anfägt, sich in phantastischen Fassaden zu üben, wird bald seinen Startvorteil ausspielen können.

  • Ist ja cool die Rekofans gründen einen neuen Historismus...ich bin auch dafür, um mal ehrlich zu sein, das Originalschloss war ein ziemlich vermurkstes Ding!!!Von daher neige ich auch den von Schlüter meiner Meinung nach auch geplanten Ostabschluss zu bauen !!

  • Mit ein bisschen tüfteln hab ich rausgefunden, das die schmaleren Schlossfassaden ca. 120 m breit sein müssten? kann das stimmen?
    Davon abgeleitet wäre die Höhe etwas mehr als 33 meter? Also dürfte das Verhältnis ca. 1:3,6 was höhe zu breite berifft sein?

  • . Warten wir noch ein Weilchen - in zwanzig/ dreißig Jahren (wenn unsere Zivilisation noch so lange Bestand hat) werden sich die Architekten wieder darin zu überbieten suchen, wer am stimmigsten im Geist des Barock weiterzubauen versteht.

    Das wäre nicht gut - möchtest Du denn nur noch ausschließlich von Deiner Lieblingsspeise leben? Natürlich, wer tagein tagaus nur mit gewürzfreier und arg verdünnter Kohlrübensuppe (modernistische Architekten) ernährt wird, sehnt sich danach, nur noch Mouse Chokolade zu genießen - nur wird es ganz schnell zu viel des Guten. Architektonische "Kost" sollte schon abwechslungsreich sein, "gewürzfreie verdünnte Kohlrübensuppe" hingegen braucht niemand :wink:

  • War ja nicht ganz ernst gemeint. Niemand von uns wäre wohl bei der Vorstellung, unsere Kultur würde bald wieder zuhauf barocke Sahnetorten in die Landschaft setzen. Aber ein Überdruss an der uns von den Kulturwächtern verordneten Kargheit und Lustfeindlichkeit kündigt sich ja jetzt schon an. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die streng bewachten Dämme brechen werden und wieder Lebensfreude die Architektur vereinnahmt.

  • Ähm, hätte jemand gerade zufällig detaillierte Fassadenpläne der Seiten/Frontseite, oder zumindest hochauflösende Photos?

    Wiederaufbau Stadtschloss Berlin II

    BMVBS - Pressefotos-Pressebilder: Berliner Schloss / Humboldtforum

    Pressebilder - Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum

    Historische Aufnahmen dürften wegen der Dimensionen fast immer Schrägperspektive aufweisen.
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…loss_1920er.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke für die links, aber ich hab mich schon einigermaßen behelfen können

    PS den Mittelrisaliten hab ich jetzt schon fast fertig ;) mit ein bisschen Tempo könnte die ganze Fassade (ohne Freitreppe, die ist perspektivisch ziemlich kompliziert und dauert daher) heute abend hier noch zu sehen sein :)

  • Historizität ist aber in Wirklichkeit weit mehr als nur das, es ist auch die Blickbeziehung, der Blick auf die Formen, Motive, der Blick auf Umbauten verschiedener Zeiten, der Blick auf die Inzenierung der (vergangenen) Architektur mit ihren (umgebenden) Strukturen.

    So sehe ich das prinzipiell auch. Mir geht es allerdings nicht um die Historizität des Ortes, sondern um die des Bauwerkes. Diese kann man durch eine Rekonstruktion schwerlich wieder herstellen. Insofern muss eine Rekonstruktion von Bauten, die ihren Charme weniger aus ihrem ureigenen künsterlischen Wert, als vielmehr dem Alter, dem werden im Laufe der Jahrhunderte zogen, schlussendlich scheitern. Altehrwürdigkeit kann man halt nicht rekonstruieren.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Phantastisch, Kaoru! Genau so wäre wohl Schlüter vorgegangen, wenn er auch die Spreeseite des Schlosses neu zu errichten gehabt hätte.

    Hallo liebe Mitleser,

    soviel Phantasie bezüglich einer Ostfassade ist unter Umständen gar nicht nötig, denn nach den Schlüterschen Plänen sollte auch die Ostseite barock überformt werden, wie auf diesem Bild zu sehen ist. Es kam allerdings nie dazu, da der Münzturm aufgrund seiner neuen Höhe und des ungenügenden Untergrunds (Torflinse) wieder entfernt werden mußte. Die damit verbundenen Kosten hatten auch zur Folge, daß Schlüter als Baumeister unehrenhaft entlassen wurde, da der Aufwand der Stabilisierungsmaßnahmen und die Turmabrißkosten letztendlich den bisherigen Baukosten des Gesamtumbaus gleichkamen.
    Ereignisse der veschiedensten Art haben aber witzigerweise immer verhindert, daß das Schloß eine einheitliche Form bekam. Am kuriosesten ist dabei bestimmt die Erweiterung des Weißen Saals unter Wilhelm II., bei der eine der Hofsäulen des Eosanderportals ein paar Meter aus der Säulenfluchtlinie heraus in den Innenhof versetzt wurde.

  • bilderbuch

    "Altehrwürdigkeit kann man halt nicht rekonstruieren."

    Darf ich anderer Meinung sein?

    Das - jetzt - Alte war auch einmal neu und hatte keine Altehrwürdigkeit. Die hat es erst über die Zeit erhalten - durch Dreck und Schmutz und Denkmalschutz. Was ich damit sagen will: Auch das heute Rekonstruierte wird einmal altehrwürdig aussehen - vorausgesetzt man nimmt auch geeignete Materialien, die mitaltern und Patina ansetzen und nicht vergammeln. Warschauer Altstadt, Breslauer Marktplatz et cetera sind heutzutage auch bereits wieder altehrwürdig - oder nicht?

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (6. November 2012 um 14:50)

  • Nein, Altehrwürdigkeit lässt sich nicht rekonstruieren, das stimmt schon. Aber Substanz lässt sich rekonstruieren. Und das ist viel besser als nichts.
    Und überhaupt lässt sich große Architektur rekonstruieren. [lexicon='Das Berliner Schloss'][/lexicon] oder die Frauenkirche besticht durch architektonische Qualität, und diese vermag unabhängig von "Altehrwürdigkeit" zu bestehen.
    Der Warschauer Altmarkt hat immerhin den kommunistischen Ruß auf dem Buckel, was einen gewissen Charme mit sich bringt, und der Breslauer Ring wurde nicht totalzerstört. Aber das Wesentliche ist: Beide Plätze bieten sowohl von den Einzelbauten als auch von der Gesamtwirkung architektonische Qualität. Das Verwinkelt-Anonyme einer fränkischen oder schwäbischen Altstadt ist viel schwerer wiederherstellbar - was keine Entschuldigung dafür sein soll, dass dies niemals versucht wurde.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • So ihr lieben, ich war fleißig und das ist draus geworden:
    Und ich hab mir eins gemerkt, unterschätze niemals Andreas Schlüter, es war wohl etwas voreilig von mir, als einer
    der sich noch nie zuvor mit Schlüter beschäftigt hat, innerhalb weniger Stunden ein Konzept in Anlehnung an Schlüter aus dem
    Ärmel zu zaubern. Deshalb finde ich das, was ich fabriziert habe, noch stark überarbeitungswürdig, aber es ist bloß skizzenhaft ohne viel
    Details, da mir dazu 1tens die Zeit fehlte und ich 2tens nur DinA4 scannen kann und ich alleine wegen der geringen Größe abstrahieren musste.
    Ich hoffe, es wird ersichtlich, was ich meine. Perspektivisch wird wohl die Kuppel nicht so stimmen, vielleicht ist die Fassade auch um 1-2 Fensterachsen zu schmal geworden, ich habe rein geschätzt. Und offensichtlich muss ich wohl gestehen, daß Pferde, und dann noch in dieser Minigröße, nicht gerade zu meinen Stärken gehören, der alte Ackergaul taugt höchstens noch für Wurst xDD (an alle die sich gefragt haben, was der alte Fritz da auf dem Maultier will, hey das wär doch mal was, Friedrich hoch zu Maultier, haha...alternativ hätt ich auch Angela Merkel draufsetzen können, oder sie gleich als "Leitkuh" hinstellen xD Spaß bei seite)
    Ich hoffe, dieser Entwurf (welchen ich eig. genausogut bei utopischen Entwürfen hätte präsentieren können) wird wohl nie nochnichtmal ähnlich zustande kommen, aber dennoch, was haltet ihr davon, wenn es so wäre? Naja immerhin ists wahrscheinlicher, als das auf dem Schloss je die Preußenfahne wehen wird, so wie bei mir ;)

  • Na, schön ists schon, obgleich dir sicher noch etwas Besseres einfallen wird, wenn du dich damit nur lange genug beschäftigst .Irgendwas an dieser Verquickung von Außenfassade und Innenhof passt mir noch nicht, aber ich kann es nicht in Worte fassen, da ich nur ein Bär von sehr Kleinem Verstand bin.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich sehe da eher die spanische Flagge, aber egal...Ansonsten klasse:applaus:! Hätteste mal beim Wettbewerb mitgemacht. Gewonnen hätteste wohl nicht, aber einfach aus Prinzip :). Beim Mittelrisalit muss ich ans Neue Palais denken, obwohls gar nicht mal soo ähnlich sieht.

  • Guter Entwurf, ich persönlich würde aber doch eher zur schlichteren Barockfassade tendieren.

    Plus Outre

  • Danke erstmal für Lob und Kritik!

    Mündener "ursus carpaticus", was meinst du mit "Verquickung von innen und Außenfassade", auch ich bin nur ein Bär von kleinem Verstand und weiß mir keinen rechten Reim drauf zu machen, eig. hab ich mich nur an den Außenfassaden vom Dekor orientiert, der Mittelrisalit ist eine Mischung zwischen den Portalen auf der einen und auf der anderen Seite.

    Moderationshinweis (Palantir): Adressat korregiert.

  • Ich sehe da eher die spanische Flagge,

    die alte preußische Flagge war schwarz-weiß-schwarz. Da die Zeichnung im Graustufenmodus ist, könnte auch diese damit gemeint sein. :wink: