So jetzt werd ich euch mal von der heutigen Sitzung berichten:
Diesmal erfreulich großer Andrang bei den Bürgern. Die anfangs bereitgestellten Plätze hatten gar nicht ausgereicht. Neben mir waren unter Anderem auch noch Kardinal und Jörg Ott am Start, und Wolff Holtz und Wolfgang Hübner hatten sich auch noch unters Volk gemischt. Insgesamt dürften wohl mehr Bürger da gewesen sein als Ausschuss-Mitglieder
Die Sitzung dauerte diesmal ganze 3einhalb Stunden, also bis 2000 Uhr, mal schauen wie ich das komprimieren kann.
Zuerst gabs anderthalb Stunden einen Vortrag vom Herrn Dreysse, der den Auftrag hatte, sämtliches verfügbares Material über das Gelände zusammenzuschaffen, und anhand dessen die Möglichkeit der Rekonstruktion zu beurteilen.
Danach dann noch ein Vortrag vom Magistrat, über das Gebiet östliche Altstadt. Meiner Meinung nach am Thema vorbei: zwar nett, dass man sich mal Gedanken über den Gesamtbereich macht, aber zur Frage welche Bebauung auf dem Gebiet des Technischen Rathauses, hats doch wenig beizutragen. Im Prinzip ging es da um Ideen wie das gesamte Gebiet aufgewertet werden kann, beispielweise durch neue Gebäude beim Köppler Höfchen oder auch durch Zusammenfassung und öffentliche Nutzung der Hinterhöfe der Gebäude zwischen Braubach- und Berliner Straße. Der zur Disposition selber stehende Bereich wurde nur kurz gestreift, wobei hier der aktuelle "Rahmenplan"(=Engel-Modell) die Grundlage bildete. In einer Überlagerungskarte wurde gezeigt, dass mit dem gegenwärtigen Rahmenplan nur die Südzeile des Marktes am originalen Platz wiederhergestellt werden könne (welch Wunder, bei einem den Originalgrundriss so missachtenden Entwurf...). Auch auf die Nutzung wurde eingegangen. So seien die Gebäude rings um den "Hühnermarkt" für Gastronomie vorzusehen, ansonsten eher Einzelhandel, an der Braubachstraße auch Büros. Und von der Idee des Hotels am Hühnermarkt hat man sich immer noch nicht verabschiedet, demensprechend ging da auch ein Raunen durch den Saal.
Anschließend gab es die Bürgerrunde, in der auch sehr rege Fragen gestellt wurden.
Nun zum Vortrag vom Herrn Dreysse:
An Material wurde alles genutzt was das Institut für Stadtgeschichte und das Historische Museum in ihren Archiven haben. Es gab noch zwei weitere Quellen (eine in Frankfurt - hier drehte es sich glaub ich um die Spolien - und eine in Darmstadt) von denen man sich Informationen erhofft hat, diese Archive befanden sich aber wohl gerade im Umzug und konnten deshalb nicht eingesehen werden. Es sollen wohl weitaus weniger Spolien vorhanden sein, als allgemein angenommen (den Beweis blieb er aber schuldig).
Insgesamt wurden 50 Gebäude untersucht die sich auf dem Areal im Jahr 1933 oder so befunden haben (was insofern seltsam ist, als das er auch ein Gebäude Jahrgang 1940 an der Braubachstraße erwähnt hat).
Erst hat er Ewigkeiten drüber erzählt wie unterschiedlich doch die zu den einzelnen Gebäuden vorhandenen Materialien sind. Die reichen ja von einem einzigen Foto bis hin zu relativ genauen Aufrissplänen. Die Materiallage stellt sich demnach wohl so dar, dass die Gebäude an der Nordseite der Gasse Hinter dem Lämmchen (Ausnahme: Klein Nürnberg und Ginslinger) ebenso wie die Goldene Wage, dessen 2 südliche Nachbargebäude, und das Rote Haus inklusive der südlichen Nachbarn an Langer Schirn und Tuchgaden, am besten dokumentiert wären. Von den Gebäuden zwischen Rotem Haus und Goldener Wage soll es hingegen wohl recht wenig nützliches Material geben.
Besonders eingegangen im Zuge von möglichen Rekonstruktionskandidaten wurde auf das Rote Haus, die Goldene Wage, das Haus Rebstock (das zu den weniger gut dokumentierten Gebäuden gehört), das Haus Esslinger und das Goldene Lämmchen inklusive dessen an der Braubachstraße liegenden Nachbarn (gestalterisch gehört es zu den besten Gebäuden an der Braubachstraße), mit dem es einen auch von Dreysse herausgehobenen öffentlich zugänglichen Innenhof hatte.
Am Ende wies er noch mal auf die Brandschutzvorschriften hin, die zumindest auf einige Teile der Rekonstruktion wirklich Einfluss haben dürften (zulässige Straßenbreiten, Fensterabstand,...), wies auf 3 Kollisionspunkte mit städtebaulichen Fehlern der Neuzeit hin (Tiefgaragenzufahrt, Kunstverein, Haus am Dom), und kam zu der Zusammenfassung, dass kein einziges Gebäude "getreu rekonstruiert" werden könne, bei circa 20 würden die Daten für eine "weitgehende Rekonstruktion" ausreichen, und beim Rest sei nur eine Fassadenrekonstruktion möglich, im Vortrag als "kulissale Rekonstruktion" betitelt. Wobei mich mal interessieren würde, wo er da genau die Grenzen zieht. Zumindest für eine "getreue Rekonstruktion" scheint er die Messlatte derart hochzulegen, am besten wohl millimetergenaue Massangaben, dass die wohl noch nie eine Rekonstruktion auf deutschem Boden geschafft haben dürfte.
Insgesamt sehr informativ, und für die Kürze der Zeit auch ziemlich gut recherchiert. Trotzdem bemerkte der aufmerksame Zuhörer fast ständig einen Anti-Reko-Unterton, was bei einem Gründungsmitglied der Bürgerinitiative gegen die Rekonstruktion auch kein Wunder ist. Auch sind bewusst oder unbewusst einige nicht unerhebliche Quellen nicht beachtet worden. Das Büchlein mit den Treuner-Skizzen beispielsweise, deren Detailgenauigkeit auch noch teilweise von ihm angezweifelt wurde, zählt dazu. Genau dies wurde dann in der Bürgerrunde auch des öfteren angeprangert, worauf er sich verteidigt, von wegen er sei objektiv vorgegangen, und er habe 95% allen möglichen Materials zusammentragen lassen... Auf die Frage ob er sich bei seinem Auftrag mit Dominik Mangelmann, der da sicher eine Menge hätte zu beitragen können, kurzgeschlossen hat, gab es nur ein "Nein" - das sagt ja wohl alles...
Die "Dokumentation Dom-Römer" (so oder so ähnlich hieß Dreysses Vortrag) ist ab jetzt wohl ebenso wie das Ergebnis des BDA-Workshops im Technischen Rathaus einzusehen.