Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Ich halte mich lieber an die Devise "Traue keiner Visualisierung", sofern sie von Modernisten stammt. Die Architekten verstehen es schließlich gut, den Leuten den größten Mist als ansehnliche Architektur zu verkaufen.

  • Besonders pikantes Nebenprodukt des BDA-Workshop: Die versammelten Architekten haben festgestellt, dass der Engel-Entwurf teilweise engere Gassen vorsieht, als es vor dem Krieg der Fall war. Dabei war die angebliche Enge der Gassen ja die ganze Zeit als Argument gegen eine Reko im Sinne Mangelmanns verwendet worden.

    In der Workshop-Pressemitteilung heißt es daher auch, dass dies am Engel-Entwurf korrigiert werden müsse.

  • Gruselig :? Wenn diese Bastelstunde nur so harmlos wäre, wie sie aussieht. Wenn sich die Fraktion der Rekonstruktionsfreunde nicht durchsetzt, dann geht Frankfurts Zerstörung weiter.

    Wie geht das Bürgerbegehren eigentlich voran?

  • ich bin zwar kein frankfurter, habe hier deshalb nichts zu melden und werde mich in zukunft aus der diskussion auch raushalten, aber:
    so furchtbar finde ich die entwürfe nicht. wenn - aus den verschiedenen gründen - das gebiet nicht im vorkriegszustand rekonstruiert werden wird, dann bietet das gezeigte (in meinen augen) zumindest einiges bemerkenswertes, weil eigenständiges.
    so richtig gruselig würde es meiner meinung nach erst werden, wenn die neubauten so glattgeschliffen - und damit austauschbar - werden würden wie zum beispiel die füllbauten am dresdner neumarkt. im gegensatz dazu haben einige der entwürfe doch richtig charakter.

  • Zitat von "rakete"

    ich bin zwar kein frankfurter, habe hier deshalb nichts zu melden und werde mich in zukunft aus der diskussion auch raushalten,

    Ich glaube, außer Dir spricht hier niemand einem anderen das Recht ab, an einer Diskussion über eine Stadt teilzunehmen, in der man nicht wohnt oder gewohnt hat. Die einzelnen Diskussionsfäden wären auch ziemlich dünn und öde, wenn ausschließlich Eingeborene mitdiskutieren und alle anderen sich raushalten würden... :augenrollen:

  • Ein richtiger Gedanke zu Frankfurt wird nicht deshalb falsch, weil ihn ein Leipziger äußert. Selbst interplanetarische Transportmittel sind davon nicht ausgenommen.
    Entscheiden sollen die Frankfurter Bürger am Ende selber, aber mitreden darf/kann/soll/muss man.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Soweit ich weiss ist die Frankfurter Altstadt bestens dokumentiert (wegen der Sanierung in den 30er Jahren), was man vom Dresdner Neumarkt nicht behaupten kann. Und wenn man dort zum Teil nach Fotografien rekonstruiert, wäre es doch eine Schande, in Frankfurt nicht exakt nach vorhandenen Plänen zu rekonstruieren. Meiner Meinung nach ist die Rekonstruktion alternativlos.

  • Zitat von "Vitruv"

    Soweit ich weiss ist die Frankfurter Altstadt bestens dokumentiert (wegen der Sanierung in den 30er Jahren), was man vom Dresdner Neumarkt nicht behaupten kann. Und wenn man dort zum Teil nach Fotografien rekonstruiert, wäre es doch eine Schande, in Frankfurt nicht exakt nach vorhandenen Plänen zu rekonstruieren. Meiner Meinung nach ist die Rekonstruktion alternativlos.

    Es gab noch zusätzlich 1943 eine von Lübbecke veranlasste "Altstadtaufnahme" - hier wurden neben zahllosen Fotos auch detaillierte Skizzen aller Straßenzüge der Altstadt gefertigt. In Verbindung mit exakten Katasterplänen der Altstadt, die es schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts in milimetergenauen Versionen gab, auch wenn tragischerweise gerade davon viel bei den Märzangriffen verbrannt ist, ist eine Rekonstruktion jederzeit möglich. Zumal zu Baudenkmälern wie z. B. dem Roten Haus, der Goldenen Waage oder dem ganzen Hinter dem Lämmchen-Ensemble im Zuge des Historismus ohnehin eine Fülle an erhaltener Sekundärliteratur entstanden ist.

    Es geht hier, wie schon vor gut 25 Jahren bei der Ostzeile, nur um Geld und Willen. Nicht um die Machbarkeit.

    Im Grunde ist das das wirkliche Perverse an der ganzen Geschichte, als sich Frankfurt zu einer der wenigen kriegszerstörten Städte zählen kann, wo der mittelalterliche Kern der Stadt wirklich umfassend und professionell dokumentiert ist. Für so etwas hätten sich manch andere kriegsgebeutelte Städte mit Wunsch nach Rekonstruktion bedankt!

  • Bei den Altstadtaufnahmen aus der Schenkung der Altstadtfreunde handelt es sich größtenteils um Sicherungsaufmaße anläßlich des Flächenabrisses des Altstadtviertels zwischen Bethmannstraße und Weißadlergasse (Schüppengasse, Rotkreuzgasse, Zitronengasse) 1938.
    Aufnahmen aus dem Bereich des Technischen Rathauses sind nicht darunter, es gibt aber noch eine zweite Sammlung, in der auch Häuser aus dem Alten Markt vorhanden sind, die ich aber nur flüchtig kenne und deshalb nicht weiß, wie vollständig die Dokumentation ist. Aber auf irgendwas muß Herr Mangelmann seine Rekonstruktion ja basiert haben.

  • ...noch ein Schwätzer.

    Zitat

    Die Ostzeile des berühmten Platzes vor dem Römer, die sie alle fotografieren, ist eine Kulisse, die extra so aufgebaut worden ist, dass man den oberflächlichen Eindruck eines irgendwie alten Platzes mit irgendwie rustikal-schönen Fachwerkhäusern bekommt. Ob in den Reiseführern erklärt wird, dass dort jahrzehntelang eine Brache war, wo seit zwanzig und ein paar Jahren jetzt wieder Fachwerk steht?

    Ob, ob, ob? Dann geh doch einfach mal in eine Buchhandlung und schau in ein paar Reiseführer rein! Natürlich steht in jedem Reiseführer und jedem Bildband, daß es Rekonstruktionen der im Krieg zerstörten Häuser sind (in ausländischen ebenfalls).

    Zitat

    Einer Neubauzeile wurde da einfach eine Fassade vorgeblendet und gibt jetzt so ziemlich das berühmteste Bild ab, das Frankfurt zu bieten hat.

    Ich kann's nicht mehr hören! Nichts wurde hier vorgeblendet, die Ostzeile ist eine Häuserzeile aus echten Fachwerkhäusern, und dahinter stehen weitere Neubauten, die keine Fachwerkhäuser sind. Geh doch einfach mal an die Ostzeile heran und einmal drumherum - oder schreib über etwas, worüber Du Bescheid weißt!

    Zitat

    Neulich wurde ich im Gemalten Haus angesprochen, wie ich mir denn selbst die Bebauung des Geländes vorstelle. Ich konnte darauf keine Antwort geben, da ich keinerlei Meinung dazu habe. Ich sagte, dass ich nicht einmal auf den Gedanken gekommen wäre, das Technische Rathaus abzureißen. Ja, wurde ich gefragt, ob ich es denn nicht hässlich finde? Ja, sagte ich, schon, aber es hat nie gestört. Das konnten die Leute am Tisch gar nicht fassen.

    Hat keinerlei Meinung und keinerlei Ahnung - aber er darf über das Thema in der "Welt" schreiben. Das kann ich wiederum gar nicht fassen...

  • Der Herr Mangelmann hat seine Pläne auf folgende Grundlagen gestützt:

    maßstäbliche Pläne, Ansichten und Schnitte der Häuser um das Metzgerhöfchen (inkl. dem Roten Haus, welches auf drei Eichensäulen von 4,63 m Höhe stand und dem Nachbarhaus, welches auch "Rotes Haus" hieß)

    dasselbe von der Goldenen Waage (und Nachbarhaus Markt 7), sowie maßstäbliche Pläne und Grundrissen, ergänzt durch Bemaßungsskizzen von Haus Esslinger, Ginslinger und Goldenes Lämmchen (Hinter dem Lämmchen 2-6), sowie Neugasse 1a in einer Aufzeichnung von vor 1905.

    Die Treunerskizzen, welche Aufmaße SÄMTLICHER betroffener Häuser und darüber hinaus noch den größten Teil der restlichen Altstadthäuser sind.

    Grundplan von 1861, von 1901 (maßstäblich mit Darstellung der Brandmauern, sowie von 1944 bzw. 1953 (in dem die Grundstücksgrenzen auch noch entsprechend eingezeichnet waren.

    verschiedenste Bilder und Skizzen, u.a. einem Bildband über die Altstadt von 1931.

    Literatur mit entsprechenden Beschreibungen und manchmal auch historischen Entwicklungen der Häuser.

    Empfehlungen und Hilfestellungen von diversen Fachleuten (Prof. Manfred Gerner; von ihm gibt es auch verschiedenste Veröffentlichungen zum Thema Fachwerk)

    einen Lehrgang über die historische Art der Balkenbearbeitung und Zimmermannsverbindungen (war eine Sch...-Arbeit, versucht mal einen sauber geraden und glatten, rechteckigen Balken aus einem direkt frisch geschlagenen Baumstamm nur mit verschiedenen Äxten rauszuhacken. Dann bekommt man mal richtig Respekt vor den damaligen Leistungen...und die "modernen" Planer haben das "alte vergammelte Zeug" immer so gern abgerissen, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, wieviel Arbeit darin steckt und welch unerreichte Qualität in dieser Bauweise steckt.)

    ...das ist im wesentlichen das, was der Herr Mangelmann als Grundlage hat...

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Das habe ich vermutet: Frankfurts Altstadt ist besser dokumentiert als jede andere Altstadt in Deutschland. Lägen die Dineg auch in Dresden so, würde der gesamte Neumarkt aufgebaut werden. Dort gibt man sich sogar mit viel weniger zufrieden, oder greift gar auf Bellotto-Veduten zurück.

    Herrn Mangelmann spreche ich mein größtes Lob aus, möge die Altstadt-Fraktion Erfolg haben!

    Leider können solche Projekte nur angemessen durchgeführt werden, wenn der nötige Idealismus vorhanden ist. In Dresden krankt es an den wirtschaftlichen Zwängen (Folge: Beton, Beseitigung der Keller, ...). Oft bedaure ich, daß hier ein Ausverkauf der Historie stattfindet. Eben ohne Idealismus. Aber das ist dann wohl eine Frage der Kultur, und die ist wohl zusammen mit unseren Altstädten untergegangen... :weinen:

  • Zitat von "Kardinal"

    Der Herr Mangelmann hat seine Pläne auf folgende Grundlagen gestützt:

    [...]

    ...das ist im wesentlichen das, was der Herr Mangelmann als Grundlage hat...

    Sind diese Materialien frei bzw. kostenlos z. B. in der Unibibliothek zu haben, oder kommt man da nur mit Beziehungen / Geld / als Student heran? Mit dem Plan von 1861 ist wahrscheinlich der Ravenstein-Plan gemeint, aber woher stammen die genannten "maßstäbliche Pläne, Ansichten und Schnitte der Häuser um das Metzgerhöfchen" sowie der Goldenen Waage? Und wie sieht es mit den Treunerskizzen aus, gibt es eine Publikation darüber?

    Ich interessiere mich sehr dafür, da (u. a.) ich aktuell dabei bin, einige der Baudenkmäler der Frankfurter Altstadt auf Wikipedia mit Artikeln zu bedenken.

  • Ich habe eine ziemlich gute Vorstellung, was für eine Arbeit die Mangelmannsche Rekonstruktion gewesen sein muß, deshalb auch die Bemerkung, auf irgendetwas müsse er sie ja gestützt haben.
    Vom heutigen Standpunkt ist es natürlich bedauerlich, daß größtenteils die Teile der Altstadt, die in den Dreißigern abgebrochen wurden, genauestens dokumentiert sind, die bedeutenderen Bauten, deren Erhalt außer Frage stand, nur fragmentarisch. Es gab noch nach den ersten Luftangriffen Sicherungsaufmaße teilzerstörter Bauten, aber diese Mühe wurde bald vergeblich.

  • Zitat

    In der heutigen Zeit phantasiert der Schriftsteller Andreas Maier (?) über die Altstadtreko. Nun, lest besser selbst:

    http://www.zeit.de/2006/21/Archi_Frankfurt_xml\r
    http://www.zeit.de/2006/21/Archi_Frankfurt_xml

    Zumindest bekommt das Thema überregionale Aufmerksamkeit.

    Schaut euch den Artikel dort nochmal an. Der letzte Kommentar, der dort dazu verfasst wurde, ist an Banalität kaum zu überbieten... :augenrollen: