Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Du hast meine Besorgnis erkannt, Schlossgespenst. Mäcklers Ausspruch Das Schönste wäre, wenn es zur Harmonie eines Ensembles aus Alt und Neu käme hoert sich mir verdaechtig nach den unseligen "spannenden Kontrasten" an die, stadtbildzerstoerend wie sie in meinen Augen sind, immer wieder hochgejubelt werden. Ich werde also was den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt anbetrifft meine Skepsis beibehalten, bin aber durchaus bereit, mich positiv ueberraschen zu lassen. :engel:

  • Die Besorgnis kann ich nicht als solche teilen, dh ich kann keinen Anlass dafür erkennen. Ich kann mich nur um etwas sorgen, was bereits vorhanden ist bzw setzt eine Verunstaltung vorhandene Substanz voraus. Wir reden doch nur von ca 20 Häuslein, die doch nie und nimmer eine Altstadt ergeben werden, ja die nie eine Fläche ausfüllen werden, die es an einer Stelle erlauben wird, keinen Sichtkontakt zur umliegenden Stadt zu erfahren. Das ist eine völlig andere Problemstellung als zu Dresden, wo ein ganzer Stadtteil wiederersteht. Was in FF wieder kommt, wird in seinem Umfeld wie ein Zitat, wie ein Solitär wirken. Dh die Kontrastwirkung zur Moderne ist einfach unvermeidlich, ja vorprogrammiert. Füllbauten werden daher überhaupt nichts nützen, nur die Rekos verwässern.
    Stadtbildzerstörung ist hier einfach ein falscher Ausdruck. Das Stadtbild wird erst durch Kontraste, oder, wenn man es wie Mäckler positiv formulieren will, "Harmonie" zwischen Alt und Neu definiert. Wer das nicht will, muss auf Rekos verzichten.
    HIngegen wäre so etwas wie Harmonie am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] zu fordern. Hier stören mich die (nicht rekonstruierten) Neubauten wirklich (und zwar jeder einzelne), hier wäre ohne Wenn und Aber der Vorzerstörungszustand wieder herzustellen, hier gäbe der wenn man so will Altertumspurismus Sinn, denn hier wäre mit relativ wenig zusätzlichem Rekoaufwand einer der schönsten ma. Marktplätze wiederherstellbar.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich muß "Schloßgespenst" und "Pilaster" beipflichten. Der produktive Kontrast entsteht durch das Ensemble im Gegensatz zur nahen Schirn und Berliner Straße. Ein Kontrast innerhalb des Ensembles aber schafft kein Ensemble und wird jede zukunftsweisende Vision negieren. Dann hat man wirklich im schlimmsten Fall selbstverliebte Stümperei mit ein paar Puppenstuben dazwischen. Der [lexicon='Römerberg'][/lexicon] jedenfalls steht derzeit überhaupt nicht als Projekt an. Ihn in Widerspruch zum derzeitigen Projekt zu stellen bzw. als Alternative darzustellen, macht überhaupt keinen Sinn. Zudem müßte man dort erst einmal auf die Eigentumsverhältnisse schauen, ehe überhaupt über eine Änderung nachgedacht werden kann. Derzeit indes sind wir am Projekt Krönungsweg/Markt. Hieran zu arbeiten ist realistisch. Und dieses Areal, zu einem stimmigen Ensemble vereint, wird durchaus zukunftsweisende Altstadtqualitäten aufweisen können - ohne allzu störende Sichtbeziehungen.

  • Autistische, selbstgefällige Modernistenkisten (siehe und siehe) sind auf dem TR-Rekonstruktionsareal in Frankfurt um jeden Preis zu verhindern. Punkt.

    Wie illusorisch eine Ausdehnung des Projektes derzeit auch erscheinen mag - ich glaube an die Kraft des Erfolges.
    Eine erfolgreiche Rekonstruktion nebst überzeugender, ensemblestimmiger Neubauvarianten kann eine "Expansion" der Altstadt in greifbare Nähe rücken lassen.

  • Hallo Erbsenzähler, da hast Du völlig Recht !! Bleibt zu hoffen, dass die Kästen in DD auch irgendwann der Spitzhacke zum Opfer fallen !!!

  • Das sind aber doch wahrlich nicht unsere schlimmsten Sorgen. Bei diesem Qualitätsstandard müsste sogut wie alle Nachkriegsbauten der Spitzhacke zum Opfer fallen.
    Das weitaus Schlimmste ist mE übrigens das am ersten Bild angeschnittene Hilton - wahrlich ein übler, das Ensemble sehr störender Bau.
    Ich fürchte so misslungenen, postmodern aufgepäppelten Anpassungskitsch auch in FF weit mehr als meinethalben gescheiterte Versuche moderner Gestaltung.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Für mich ist nach wie vor das Aeroflotgebäude auf Bild 2 der Höhepunkt des Ganzen...wäre ich der Architekt würde ich mich blamiert fühlen.. aber was solls.. irgendwie bekommt man ja ein dickes Fell...und gibt auch die Hoffnung nicht auf..

    Ein Frohes Neues !!!

  • Warnung vor der „McDonaldisierung“

    Zitat

    Mit dem Wiederaufbau und der Pflege der Warschauer Altstadt befasste Architekten und Denkmalschützer empfehlen Frankfurt, bei der geplanten Rekonstruktion der Fachwerkhäuser auf dem Dom-Römer-Gelände besonders auf eine Konzeption dieser neuen Altstadt als „normales Stadtviertel“ zu achten. Dies sei in Warschau nur bedingt gelungen. Die Altstadt der polnischen Metropole war im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört und anschließend originalgetreu rekonstruiert worden. Die Erfahrung in Warschau lehre, dass die Funktion einer Touristenattraktion mit dem Charakter eines Wohnviertels schwer vereinbar sei, warnen die Warschauer Experten.

    Nach Ansicht des Denkmalschützers Krzystof Pawlowski, der maßgeblich zur Anerkennung der rekonstruierten Altstadt als Unesco-Welterbe beigetragen hat, ist eine Touristenattraktion jedoch „in einem gewissen Sinne unvermeidbar“. Es sei wichtig, auch „normale Funktionen“ in dem Stadtviertel anzusiedeln. Beim Wiederaufbau zwischen 1949 und 1953 wurde in der polnischen Hauptstadt der Schwerpunkt auf die Wohnfunktion gelegt. Außer Wohnungen wurden auch eine Vorschule, eine Post, Museen und wissenschaftliche Institutionen in der Altstadt untergebracht. Kindergärten, Süßwarenläden, Apotheken und kleine Geschäfte prägten die Erdgeschosse.

    Interessen von Touristen und der Wohnbevölkerung kollidieren
    Diese Nutzung vertrug sich jedoch nicht mit den Besuchermassen, die seit den siebziger Jahren vermehrt die Altstadt für sich entdeckten. „Es wurde nicht vorhergesehen, dass die Altstadt eine Touristenattraktion wird“, berichtet der Kunsthistoriker und Direktor des erst in den siebziger und achtziger Jahren mustergültig rekonstruierten Warschauer Königsschlosses Andrzej Rottermund. „Seither ist das Leben dort sehr anstrengend.“

    Zitat

    „Man sollte zu starke Kontraste zwischen historischer und zeitgenössischer Architektur vermeiden und darauf achten, dass alte und neue Elemente nicht zusammenstoßen. Dies würde künstlich wirken.“

    Ein wahres Wort - möge es Gehör finden.

  • Man kann bestimmt nicht behaupten, dass die postmoderne Häuserzeile in der Saalgasse hässlich wäre. Es fällt mir allerdings schwer, mir die andere Strassenseite mit historischen Fachwerkhäusern vorzustellen. Irgendwie passt da etwas nicht zusammen. Das ist genau die Problematik, die ich auch beim Dom-Römer-Projekt sehe. Hier müssen auf jeden Fall die Rekonstruktionen das Bild bestimmen.

  • Bemerkenswert finde ich immer wieder die von den Medien inszenierte Angst, im Altstadtbereich könnten die Frankfurter Bürger nicht angemessen wohnen. Damit wären die Frankfurter Bürger weltweit die einzigsten Menschen, denen man nicht zumuten kann, in einer Altstadt zu wohnen. Wie machen das nur die tausenden Bewohner in den anderen Altstädten in Deutschland, Frankreich, Polen etc.? Haben diese ewigen Warner, vielleicht schon mal daran gedacht, dass es durchaus eine Nachfrage nach Innenstadtwohnungen jenseits von 100qm-Bankerpalästen gibt?

    ...

  • Das absurde daran ist, dass einerseits davon gesprochen wird, die Altstadt würde nach Ladenschluss zur Geisterstadt und andererseits heisst es dann wieder, die Touristen würden den Bewohnern den Schlaf rauben. Ein völliger Widerspruch. Am liebsten würden die Stadtplaner hier strenge Verhaltensregeln für Bewohner und Besucher aufstellen. Völliger Blödsinn. Das wird doch in anderen Stadtvierteln auch nicht gemacht. Und immer mit dem erhobenen Zeigefinger und dem „schlechten Beispiel“ Warschau. Das sind doch auch alles Bürokraten, die die Warschauer Altstadt schlechtreden wollen. Hat man mal die Bewohner gefragt?
    Ich habe vor einigen Wochen im spanischen Fernsehen eine Reportage gesehen über das Leben in den Altstädten von Valencia, Santander, Bilbao und anderen spanischen Großstädten. Die Menschen dort lieben ihre Altstadt, trotz Lärm, Dreck und Chaos.

  • @Lucas2011: Absolut richtig!

    Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge die Verwahrlosung, der Gestank und der ganze Schmutz und Dreck in der Altstadt. Dann die engen Hinterhöfe, die Überbevölkerung und dann noch die Horden von Touristen, die gaffend durch die Altstadt-Slums laufen. Es ist schon grotesk, wie sich einige eine im 21. Jahrhundert wiederaufgebaute Altstadt vorstellen...

    ...

  • Man braucht die Bespiele noch nicht einmal in Polen oder Spanien zu suchen. Zu meiner Zeit in Frankfurt war z.B. die Gegend um den Schweizer Platz ein sehr beliebtes Wohngebiet, obwohl Touristen und andere Ruhestörer nach ihrem Besuch beim Wagner oder im Gemalten Haus im Ebbelwoi-Rausch durch die Strassen gezogen sind. Ich denke, das wird heute noch so sein.

  • Zitat von "Wikos"

    Bemerkenswert finde ich immer wieder die von den Medien inszenierte Angst, im Altstadtbereich könnten die Frankfurter Bürger nicht angemessen wohnen. Damit wären die Frankfurter Bürger weltweit die einzigsten Menschen, denen man nicht zumuten kann, in einer Altstadt zu wohnen. Wie machen das nur die tausenden Bewohner in den anderen Altstädten in Deutschland, Frankreich, Polen etc.? Haben diese ewigen Warner, vielleicht schon mal daran gedacht, dass es durchaus eine Nachfrage nach Innenstadtwohnungen jenseits von 100qm-Bankerpalästen gibt?


    Es würde eigentlich schon genügen, wenn diese Experten sich einfach mal in der näheren Umgebung umsehen würden - Kronberg, Homberg/Efze, Fritzlar, Limburg/Lahn usw. Aber man geht eben blind durch die Welt und tingelt höchstens von Großstadt zu Großstadt...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Georg, Du hast sicher Recht, mit dem, was Du schreibst. Leider gibt es aber im Lager der Altstadtgegner viele Leute, die Vergleiche mit Limburg, Marburg etc. zum Anlass nehmen, Altstädte als kleinbürgerliche Provinzidylle abstempeln zu wollen. Deshalb habe ich mich in meinem Beitrag bewusst auf Altstadtviertel europäischer Großstädte bezogen.