Frankfurt a. M. - Alte Börse am Paulsplatz

  • In den nächsten Tagen tritt die "Expertenkommission Paulskirche" unter dem Vorsitz des CDU-Politikers Volker Kauder zusammen. Sie wird die Zukunft der Paulskirche und wohl auch eines möglicherweise erst zu bauenenden "Demokratiezentrums"/"Hauses der Demokratie" entwickeln.

    Zur Erinnerung. Solche Glaskästen auf dem Paulsplatz wurden als erste Idee für ein solches Zentrum ins Gespräch gebracht: https://images.app.goo.gl/x4ym2TTqtyrUnsQw8

    In dieser "Expertenkommission" ist auch der spezielle Freund Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums auf Lebenszeit, Mitglied, ein eingefleischter Rekonstruktions-Gegner. (Siehe hier)

    Das bedeutet, dass es nicht nur definitiv keine Rekonstruktionen in der Paulskirche geben dürfte, sondern Cachola Schmal vermutlich auch eine Rekonstruktion der Alten Börse zu verhindern trachten wird. Er wird wahrscheinlich seinen Einfluss dort für ein modernistisches "Demokratiezentrum" nutzen. Zudem besteht die Gefahr, dass dessen Baukörper eine künftige Rekonstruktion des Gebäudes bewusst unmöglich machen soll, da der Ort dann in irgendeiner Weise besetzt wird.

    Das ist meine Zukunftsprognose. Ich kann mich irren. Aber, weshalb sollte ich es? Die Faktenlage spricht dafür.

    Wachsamkeit ist also angesagt.

  • In den nächsten Tagen tritt die "Expertenkommission Paulskirche" unter dem Vorsitz des CDU-Politikers Volker Kauder zusammen. Sie wird die Zukunft der Paulskirche und wohl auch eines möglicherweise erst zu bauenenden "Demokratiezentrums"/"Hauses der Demokratie" entwickeln.

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    Eine Ansammlung von akademischen Eliten, Professoren. Kein Mensch aus der Mitte der Gesellschaft darf an der Entscheidung wie das Demokratriezentrum aussehen soll, mitentscheiden.

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  • Ein „Demokratiezentrum“, bei dessen Beschluss und Umsetzung das Volk keinerlei Mitspracherecht haben wird. Bringt den Zustand der „Deutschen Demokratie“ doch ganz wunderbar zum Ausdruck.

  • Ein „Demokratiezentrum“, bei dessen Beschluss und Umsetzung das Volk keinerlei Mitspracherecht haben wird. Bringt den Zustand der „Deutschen Demokratie“ doch ganz wunderbar zum Ausdruck.

    Woraus leitest du her, dass eine Abstimmung durch das (frankfurter/hessische/deutsche?) "Volk" als Ergebnis die Rekonstruktion der alten Börse haben wird. Ich fürchte, dass wird kaum so sein. Bestenfalls (und das halte ich am wahrscheinlichsten) wird sich eine Mehrheit für den Status Quo aussprechen. Der Paulsplatz wird ja durchaus von Einheimischen und Touristen genutzt und für einen Neubau, egal welchen, müssten die Platanen gefällt werden.

  • Es geht hier um ein Demokratiezentrum, das undemokratisch und -wie eh und je- durch obrigkeitliche Beschlüsse zustande kommen wird. Daher sagte ich, dass es ein schönes Abbild der ‚Demokratie‘ deutscher Prägung sein wird. Vielleicht würde die Alte Börse vom Volk abgelehnt. Vielleicht auch nicht. Aber dazu müsste man es erst vor die Wahl stellen.

  • Ein „Demokratiezentrum“, das den Souverän von der Entscheidungsfindung ausschließt und damit das wesentlichste Prinzip der Demokratie missachtet, ist kein Demokratiezentrum. Volker Kauder und sein „Expertenteam“ können dieses Mahnmal (etwas anderes wird es wohl kaum werden) ja gerne bauen, aber mit gelebter Demokratie hat das in etwa so viel zu tun, wie die Neue Reichskanzlei oder der Palast der Republik. Nur waren die letzteren beiden ehrlicher.

  • Eastwood meinte doch "deutscher Prägung". Wenn es "schweizer Prägung" wäre, dann wäre hier eine direkte Volksabstimmung/Befragung bekanntlich leicht auch möglich, wie es in der CH nicht unüblich ist, wenn es um so manche (wie hier zB finanziell) relevanten Fragen geht.

    Vielleicht nennen wir es, um etwas Luft aus den Segeln zu nehmen, einmal "Dresdner Prägung". Wenn die GHND in DD sich hoffentlich durchsetzt, dann soll der Bürger hier über die Entwicklungsrichtung des Neustädter Markts entscheiden! Für die Politiker wäre das auch eine Erleichterung und vor allem eine Legitimierung durch den Bürger. Bei der Waldschlößchenbrücke hat es ja auch funktioniert...auch wenn ich dort alles andere als happy über diese Entscheidung war, aber sie war durch den Willen des Volkes legitimiert und somit kann und musss man als Demokrat auch damit leben.

  • Eastwood meinte doch "deutscher Prägung". Wenn es "schweizer Prägung" wäre, dann wäre hier eine direkte Volksabstimmung/Befragung bekanntlich leicht auch möglich, wie es in der CH nicht unüblich ist, wenn es um so manche (wie hier zB finanziell) relevanten Fragen geht.

    Man könnte auch von direkter und indirekter Demokratie sprechen. Das macht es noch einfacher. :smile:

  • Woraus leitest du her, dass eine Abstimmung durch das (frankfurter/hessische/deutsche?) "Volk" als Ergebnis die Rekonstruktion der alten Börse haben wird. Ich fürchte, dass wird kaum so sein. Bestenfalls (und das halte ich am wahrscheinlichsten) wird sich eine Mehrheit für den Status Quo aussprechen. Der Paulsplatz wird ja durchaus von einheimischen und Touristen genutzt und für einen Neubau, egal welchen, müssten die Platanen gefällt werden.

    Ich wäre da nicht ganz so pessimistisch. Bei der Online-Bürgerbeteiligung zum Frankfurter Stadtentwicklungskonzept 2030+ befassten sich die sechs am besten bewerteten Vorschläge mit Rekonstruktionen: https://www.fnp.de/frankfurt/w…ich-buerger-10533736.html Im verabschiedeten Stadtentwicklungskonzept wird das Thema Rekonstruktionen allerdings mit keinem Wort erwähnt. Mit anderen Worten: Es besteht immer die Gefahr, dass wenn man die Bürger mit einbezieht, dass dann ein Ergebnis rauskommt, das weder die Stadtoberen noch die "Experten" möchten. Es ist daher viel bequemer eine "Expertenkommission" einzusetzen, als unliebsame Bürgervotings zu erhalten.

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  • "Experten" mögen sie ja sein, allerdings nur für ihren speziellen, aus subjektiven und ideogolischen Gründen favorisierten Architekturstil, nicht für Architektur allgemein. Dass das Ergebnis von solchen Bürgerbeteiligungen jedes Mal konsequent ignoriert wird, wenn es nicht zur eigenen Weltanschauung passt, spricht doch Bände. Demokratie ist, wenn die eigenen Vorstellungen durchgedrückt werden, und wem das nicht passt, der ist halt noch nicht reif für die Demokratie, dem müssen Dinge noch besser erklärt werden. Auch hier wird wieder dieser scheinbare Gegensatz aufgebaut: Historische Architekur, Rekonstruktionen = rechts, reaktionär, nationalistisch vs. moderner Betonklotz = demokratisch, weltoffen, menschenfreundlich... Verhinderung von Rekonstruktionen wird so zu Zivilcourage und Kampf gegen Rechts. Diese groteske Politisierung und Ideologisierung von Architektur, die geizigen Investoren in die Hände spielt, ist das, was unsere Städte zu menschenfeindlichen Orten gemacht hat, in denen man sich nicht mehr wohlfühlt. Man sieht es ja wunderbar am Senckenberg-Umbau. Selbst ein Grüner Politiker findet es furchtbar, aber traut sich nicht gegen die sogenannten "Experten" und ihre mächtige Lobby aufzubegehren.

  • Die "Experten" werden aber die Entscheidung nicht treffen. Wenn dies durch gewählte Vertreter erfolgt, ist dies schon demokratisch. Wenn die Gewählten allerdings gehen ihre Überzeugung stimmen, ist dies etwas, was man bei seiner nächsten Wahlentscheidung berücksichtigen sollte.

  • Die "Experten" werden aber die Entscheidung nicht treffen. Wenn dies durch gewählte Vertreter erfolgt, ist dies schon demokratisch. Wenn die Gewählten allerdings gehen ihre Überzeugung stimmen, ist dies etwas, was man bei seiner nächsten Wahlentscheidung berücksichtigen sollte.

    Natürlich ist das ein demokratischer Prozess. Ich glaube noch nicht einmal, dass die meisten Politiker gegen ihre Überzeugung abstimmen, sondern ganz einfach dem "Expertenurteil" folgen. Ich würde mir allerdings mehr basisdemokratische Mitbestimmung für die Bürger wünschen. Die hohen Hürden von Bürgerentscheiden, zeigen z. b. das dieses Element der Bürgerbeteiligung eher unbrauchbar ist.

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  • Das scheint mir auch so. Effektiver ist es wahrscheinlich einzelne Politiker persönlich anzusprechen. In kleineren Kommunen geht das wahrscheinlich einfacher als in einer Stadt wie Frankfurt.

  • FAZ vom 22.9.2022, Druckausgabe. Überschrift "Die Alte Börse könnte rekonstruiert werden".

    Ich zitiere:

    Zitat

    „Jetzt wird die alte Idee wieder relevant im Zusammenhang mit dem Haus der Demokratie“, sagt die Architektur-Professorin Anne Christin Scheiblauer. Sie hat die Geschichte der Alten Börse in einem materialreichen Buch zusammengetragen, mit dem sie auch die Diskussion um die Gestaltung des Paulsplatzes voranbringen möchte. Scheiblauer kann sich vorstellen, das 1843 nach Plänen von Friedrich August Stüler fertiggestellte und später mehrfach umgebaute Gebäude zu rekonstruieren.

    (...) Scheiblauer hat ein detailreiches Modell der Börse aus Pappe angefertigt, in ihrem Buch sind außerdem Skizzen für einen „schöpferischen Nachbau“ abgedruckt. Zu sehen ist darauf auch eine modern gestaltete Südfassade. Denn die Gebäude, die an dieser Stelle früher an die Börseanschlossen, will Scheiblauer aus städtebaulichen Gründen nicht wieder aufbauen.Denn sonst werde der Blick vom Römerberg zur Paulskirche verstellt, meint sie. Ein Architekturwettbewerb könne Vorschläge bringen, wie sich Alt und Neu verbinden lassen.(...)

    Der Börsensaal könnte ihrer Ansicht nach für Gastronomie genutzt werden.Moderne Räume für das diskutierte Haus der Demokratie fänden in den Obergeschossen Platz. (...)

    Am 27. September stellt Anne Christin Scheiblauer ihr Buch „Paulskirche und Alte Börse in Frankfurt am Main“ beim Kuratorium Kulturelles Frankfurt zur Diskussion (19 Uhr, Evangelische Akademie, Römerberg 9, Frankfurt).

  • FAZ vom 22.9.2022, Druckausgabe. Überschrift "Die Alte Börse könnte rekonstruiert werden".

    Ich zitiere:

    „Jetzt wird die alte Idee wieder relevant im Zusammenhang mit dem Haus der Demokratie“, sagt die Architektur-Professorin Anne Christin Scheiblauer (...)."


    Toll!

    Ich kenne Frau Scheiblauer von vor ca. 10 Jahren, als es mit dem Dom-Römer losging, persönlich. Total sympatisch, versiert und engagiert. Endlich eine Architektin, die sich auch fürs Alte interessiert und einsetzt und dieses und das moderate Neue miteinander verbinden will...!

    Der Säulensaal war so d e r m a ß e n spektakulär [schau an: Resurrectus erwärmt sich auch fürs 19. Jh...! :wink: ], weniger das Gebäude von außen... Hoffentlich kommt beides wieder!!!

  • Frau Scheiblauer ist in der Tat klasse - sowohl menschlich als auch fachlich. Ich hatte das Vergnügen, vor einiger Zeit im ausgiebigen Austausch mit ihr über eine virtuelle Rekonstruktion des historischen Börsengebäudes zu stehen und wir haben uns regelmäßig in stundenlanger Fachsimpelei verloren. Wenn ihr Buch auch nur halb so informativ ist wie die Gespräche mit ihr, ist es die Lektüre in jedem Falle wert!

    Nebenbei - auch wenn die virtuelle Rekonstruktion sich ärgerlicherweise ein wenig verzögert hat und auch erst jetzt wieder richtig ins Laufen gerät - ein paar erste Impressionen des gegenwärtigen Arbeitsstandes kann ich ja schon mal durchsickern lassen: