Paris - St. Germain - Allgemeines

  • Ich war vor kurzem ein Paar Tage beruflich in Paris und hatte eine Stunde Zeit um Handy-Photos zu machen. Die Photos stammen alle aus dem Viertel um Saint-Germain (6e). Die Bilder werden sicherlich einige APHler enttäuschen, denn nur wenige der Sehenswürdigkeiten der Stadt wurden photographiert. Ich möchte stattdessen zeigen, wie Paris vor den grossen Abrissen durch Hausmann ausgesehen hat. Die meisten kennen ja Paris als die Stadt der Boulevards. Viele vergessen dabei, wie radikal sich die Stadt binnen einige Jahrzehnte verändert hat. Unzählige Baudenkmäler wurden abgerissen: Palais, Klöster, Kirchen, Bürgerhäuser. Dennoch hat sich das alte Paris in Saint Germain ganz gut erhalten - und zeigt uns, was damals verschwunden ist.

    Vorher möchte ich ein Paar Fakten zur "Haussmannisierung" von Paris einstellen (leider nur auf Englisch:

    The Haussmann Renovations, or Haussmannisation of Paris, was a work commissioned by Napoléon III and led by the Seine prefect, Baron Georges-Eugène Haussmann between 1852 and 1870, though work continued well after the Second Empire's demise in 1870.
    The project encompassed all aspects of urban planning, both in the centre of Paris and in the surrounding districts: streets and boulevards, regulations imposed on facades of buildings, public parks, sewers and water works, city facilities and public monuments.

    Haussmann's approach to urban planning was strongly criticised by some of his contemporaries, ignored for a good part of the twentieth century, but later re-evaluated when modernist approaches to urban planning became discredited. His restructuring of Paris gave its present form; its long straight, wide boulevards with their cafés and shops determined a new type of urban scenario and have had a profound influence on the everyday lives of Parisians.[specify] Haussmann's boulevards established the foundation of what is today the popular representation of the French capital around the world, by cutting through the old Paris of dense and irregular medieval alleyways into a rational city with wide avenues and open spaces which extended outwards far beyond the old city limits.

    The plans were a reflection of the Empire's evolution: authoritarian until 1859, and more flexible after 1860. 20,000 houses were destroyed, and over 40,000 built between 1852 and 1872.

    Some of these projects were to continue under the Third Republic, after Haussmann and Napoleon III had stepped down.

    Als Beispiel für den Kahlschlag kann man die Keimzelle von Paris sehen, die Ile de la Cité:

    1771:

    Nachher (Blau und Rot: Neubau und Abriss)

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zuerst möchte ich aber sagen, dass ich das heutige Paris sehr gerne mag. Für mich ist diese Stadt schlichtweg die schönste Stadt der Welt.

    OK, wir fangen in der sehr gemütlichen Rue de Seine an. Die meisten Häuser stammen vermutlich aus dem 18 JH, einige sind aber auch älter.

    Ecke Rue de Buci: ich finde diese typische Pariser Häuser des 17/18 JH. sehr elegant:

    Details - die Gitter sind auch schön

    Hier sieht man deutlich, wie eng diese Strasse früher gewesen ist. Der Bau rechts ist ein Gründerzeitler

    Boulevard Saint Germain:

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Typischer Durchbruch der Haussmann-Ära:

    die Rue de Rennes (mit Tour Montparnasse)

    Eckbau am Blv Saint-Germain: hier sieht man deutlich den Unterschied zwischen 17/18 JH (rechts) und Gründerzeit (links):

    Am Blv. Saint-Germain haben einige ältere Häuser überraschender Weise überlebt:

    An einigen Stellen sieht es sogar provisorisch aus - der Eckbau wurde nie gebaut:

    Im Hintergrund ein Gründerzeitler:

    Schöne Strasse (überwiegend 18 JH). Ich glaube, dass es sich um die Rue Bonaparte handelt:

    Die Kirche Saint Germain und der Platz dervor:

    Die Kirche ist der kümmerliche Rest des grössten Klosters Paris. Dort gab es eine zweite "Sainte Chapelle", die leider zerstört wurde.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Typische Häuser am Blv. Saint Germain:

    Treppenhaus:

    Seitenstrasse mit Häuser des 18 JH:

    Wir gehen rechts in zur Kirche Saint-Thomas-D'Aquin:

    Wuchtiger Gründerzeitler an der Kirche:

    Und dann weiter...

    An schönen Ladeneinbauten vorbei..

    Es sind die kleinen Details, die das ganze ausmachen, z.B. Türen:

    Wir erreichen dann die Rue de Bac - die Häüser sind hier um 1900-1910 erbaut:

    Etwas versteckt ein Rest der älteren Bebauung - ein Palais des 18 JH.

    Im Hintergrund das Louvre:

    Hier gibt es Strassen des 18 JH: Rue de Lille, Rue de Verneuil:

    Eckhaus, ich vermute 16/17 JH:

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Wir erreichen dann die Seine - hier die Pont du Carrousel - Das Louvre ist so gross, dass eine Strasse quer durch das Schloss führt!

    Gegenüber die Akademie von Mazarin (17 JH):

    Louvre:

    Blick zur Ile de la Cité

    Wir verlassen die Seine und geht in die Mittelalterliche rue de Nevers ein:

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Weiter gehts - die Bebauung ist wohl aus dem 17 JH - die zwei schönen Eckbauten in der Rue Christine auf jeden Fall:

    Portal (18 JH.):

    Weitere Aufnahmen der Strassen zwischen Rue Christine und Rue Saint-André-des-Arts:

    Rue des Grands Augustins:

    Mittelalterliches Haus (Fachwerk)

    Wir erreichen jetzt die ehm. Hauptstrasse des Viertels - die Rue Saint-André-des-Arts:

    Im Quartier Latin...

    Wir kommen dann zum ersten Durchbruch: Die Rue Danton am Place Saint Michel:

    Place Saint Michel:

    Weiter die Seine entlang habe ich dieses Haus entdeckt - wahrscheinlich aus dem Mittelalter:

    Gegenüber:

    Um die älteste Kirche in Paris - St. Julien-le-Pauvre - haben sich einige sehr alte Häuser erhalten:

    Hier ist Bebauung zumindest teilweise sehr alt:

    Zwei sehr seltene Giebelhäuser aus dem Mittelalter:

    Schöner Erker:

    Und zum Abschluss die Gründerzeitbauten an der Rue Lagrange:

    Bleibt nur zur sagen:

    Paris,

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zitat

    Weiter die Seine entlang habe ich dieses Haus entdeckt - wahrscheinlich aus dem Mittelalter:

    Das ist wohl nicht das einzige direkt am Seineufer. Als ich vor fünf Jahren mal dort war, wurden in der Ecke mehrere Häuser gerade renoviert und es war dabei unter mehreren Putzschichten deutlich normannisches Fachwerk, vermutlich aus dem 14. oder 15. Jahrhundert erkennbar. Würde man den Putz runter nehmen, käme das Fachwerk vermutlich auch bei dem Haus links im Bild zum Vorschein
    Die Verputzung und die Dachgestaltung (Mansarden) aus der Barockzeit täuschen darüber hinweg, daß es sich wohl bei einem Großteil der Häuser in der Ecke um mittelalterliche handelt.

  • Tolle Bilder - dieses Konglumerat an Bauten verschiedenster Stile ist einfach unvergleichlich. Vor allem, weil es eben nicht vollkommen gründerzeitlich ist, sondern sich so viele wertvolle Bauten aus dem Barock und dem Mittelalter erhalten haben. Dazu diese engen Gassen, in denen die Zeit stehen geblieben scheint, man kann die Pariser nur beneiden. :harfe:

    P. S.: Irre ich mich, oder gibt es faktisch keine Bausünden? Die Bilder suggerieren dies zumindest...

  • Bausünden gibt es nur beschränkt in die historisch wertvollen Grosstädten im Ausland. In Deutschland kommt die Bausünde ofters vor weil es so wenig Altbau gibt. Wenn es doch "Kaputt" ist und keine Satzung vorschreibt was gebaut werden kann/ muss/ soll dann geht es weiter Bergabwärts.

  • Wer das Paris des 18. Jh. oder noch frueher kennenlernen will, der begebe sich in den Marais, um den Place des Vosges herum. Dort gibt es eine ganze Menge Strassen und Haeuser aus dem 18. und 17. Jh.
    Auffaellig auf Daenes Bilder finde ich, dass der Uebergang der "Gruenderzeit"-Haeuser zur Aelteren Bebauung oft reibungslos verlaeuft. Es ergeben sich keine grossen Brueche.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    Tolle Bilder - dieses Konglumerat an Bauten verschiedenster Stile ist einfach unvergleichlich. Vor allem, weil es eben nicht vollkommen gründerzeitlich ist, sondern sich so viele wertvolle Bauten aus dem Barock und dem Mittelalter erhalten haben.

    Ja, diese Mischung ist einfach wunderbar und rundweg gelungen. Eine ähnliche Mischung muss es, den Fotos nach zu urteilen, vor dem Krieg in Köln oder auf der Lorenzer Seite in Nürnberg gegeben haben.
    Allerdings muss man wirklich einschränkend dazu sagen, daß sich eine solche Mischung nur auf der von Haussman eher verschonten rive gauche (quartier latin/St. Germain), im 3e Arrondissement (Marais) und teilweise auf der Île de la Cité findet. Auf der stark "haussmanisierten" rive droite muss man - eben abgesehen vom Marais - die wenigen verbliebenen mittelalterlich-frühneuzeitlichen Häuser mit der Lupe suchen. Insofern ist Paris mir auf dem rechte Seineufer eigentlich etwas zu eintönig 19. Jahrhundert.

    P.S.: das Picasso-Museum ist im 3e Arrondissement

  • @ Philon

    Na, ja. Auf Ile de la Cité hat nur sehr wenig überlebt. Hinter Saint Gervais-Saint Protais stehen noch einige Fachwerkhäuser. Sehr schön finde ich auch die Rue Saint-Honoré und die Ile Saint Louis. In der Rue Saint Martin und um Saint Merry gibt es auch einiges. Aber ansonsten muss man (leider) sagen, dass der gute Haussmann gründlich aufgeräumt hat.

    Was Paris durch die Revolution und Hausmann verloren hat ist einfach immens. Aber zumindest hat Hausmann ganz schön gebaut.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • ^ Man stelle sich mal vor, Le Corbusier hätte so eine weitreichende "Umgestaltung" vorgenommen :schockiert:

    Danke für die Bilder übrigens! Paris erfreut doch immer wieder das Auge. Wenn ich persönlich die Stadt auch ziemlich langweilig finde. Vielleicht teils auch der Haussmann-Monotonie geschuldet - und der Abstinenz (wirklich) interessanter Kneipen, Clubs, Bars, Szene-Ecken... Die Stadt ist weitgehend einfach zu gentrifiziert, um sich in die Richtung noch wirklich verbessern zu können. Wobei London schon als Vorbild dienen könnte.
    Bist du denn öfter in Paris unterwegs?

    Noch was in eigner Sache: Wär klasse, wenn du dann mal in meinem Neubrandenburg-Thread vorbeischauen könntest - das Palais ist auch am Start :zwinkern:

  • Zitat von "erbsenzaehler"

    ^ Man stelle sich mal vor, Le Corbusier hätte so eine weitreichende "Umgestaltung" vorgenommen :schockiert:

    Danke für die Bilder übrigens! Paris erfreut doch immer wieder das Auge. Wenn ich persönlich die Stadt auch ziemlich langweilig finde. Vielleicht teils auch der Haussmann-Monotonie geschuldet - und der Abstinenz (wirklich) interessanter Kneipen, Clubs, Bars, Szene-Ecken... Die Stadt ist weitgehend einfach zu gentrifiziert, um sich in die Richtung noch wirklich verbessern zu können. Wobei London schon als Vorbild dienen könnte.
    Bist du denn öfter in Paris unterwegs?

    Noch was in eigner Sache: Wär klasse, wenn du dann mal in meinem Neubrandenburg-Thread vorbeischauen könntest - das Palais ist auch am Start :zwinkern:

    Ich habe insgesamt 5 Jahre in Frankreich gewohnt (Lille und Nancy) und fühle mich deshalb auch dort zu Hause. Paris habe ich vielleicht 20 Mal besucht. Da ich in der Internationalen Abteilung der Stadtverwaltung arbeite bin ich sehr oft unterwegs. Leider habe ich selten viel Zeit für Fotos. Anfang Juni werde ich einige Tage in Liverpool verbringen - dort war ich noch nie. Vielleicht gibt es dann Bilder der Beatles-Stadt. Vielleicht kann ich auch bald einige Bilder von Avignon posten.

    Ich verspreche demnächst im Neubrandenburg-Thread vorbei zu schauen. Wäre schön, wenn du auch eine Neustrelitz und eine Greifswald-Galerie machen könntest.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Paris ist wohl die einzige Stadt der Welt, die durch Flächenabrisse und Neubebauung eigentlich noch schöner geworden ist.
    Für mich ist es auch die schönste Stadt der Welt. Die Mischung aus einheitlich gestalteten Straßenzügen, Boulevards, Prachtbauten und Straßencafes an jeder Ecke ergibt eine Urbanität, die ihresgleichen sucht.
    Mein Traum wäre ein Hausmann für Berlin. Es wäre doch einfach genial, wenn z.B. die Gebrüder Patzschke in Berlin ganze Viertel bauen dürften (z.B. die Fischerinsel) :zwinkern:

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Zitat

    und der Abstinenz (wirklich) interessanter Kneipen

    Abstinente Kneipen ... nee, das geht wirklich nicht. Ab und zu sollte auch 'ne Kneipe sich mal einen drink gönnen :zwinkern:

  • Zitat von "Philon"

    Abstinente Kneipen ... nee, das geht wirklich nicht. Ab und zu sollte auch 'ne Kneipe sich mal einen drink gönnen :zwinkern:


    Meinte natürlich Absenz. Wie man sieht, bin ich selber nicht so der abstinente Typ :gg:

    Zitat von "Däne"

    Ich verspreche demnächst im Neubrandenburg-Thread vorbei zu schauen. Wäre schön, wenn du auch eine Neustrelitz und eine Greifswald-Galerie machen könntest.


    Darauf freu ich mich schon wie ein Schnitzel :zwinkern: Wenn ich etwas mehr Zeit hab, stell ich sicher auch mal eine ausführliche Galerie mit aktuellen Bildern ein.

    In Neustrelitz war ich gerade am Wochenende, allerdings nur auf kurzen Besuch bei einem Kumpel, für Fotos war keine Zeit. Werd in naher Zukunft auch da mal was in Angriff nehmen, zur Zeit bin ich allerdings etwas im Stress. (In Neubrandenburg brummts!)
    Nach Greifswald komm ich nur sehr selten. Aber wie hier auch schon mal angekündigt, gibt's demnächst eine deftige Portion Usedom auf die Augen :zwinkern:

  • Hab mir das grad mal durchgeschaut, sonst hole ich nicht so alte Threads hervor;

    Sind diese Dächer der Haussmannschen Häuser eig. modern oder waren die immer so geplant? Teilweise sehen die sehr sehr modern aus (kein Ziegel, Terrassen)!

    lg

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940