• ^ Interessant. Dann möchte ich nun noch einen anderen Aspekt einbringen, der für Euch nicht von Belang zu sein scheint.

    Da man beim Wiederaufbau zumeist auf regionaltypische Materialen, kleinteilige Parzellen und rot gedeckte Spitzdächer zurückgegriffen hat, ist in meinen Augen ein harmonischeres, historisierenderes und weniger austauschbares Ensemble entstanden als es über weite Strecken in den Braunschweigs und Frankfurts mit ihren Extremkontrasten der Fall ist. Mal ganz unabhängig von der jeweiligen Qualität der Einzelbauten.

    Mal ein etwas zugespitzter Vergleich:

    Braunschweig: http://farm1.static.flickr.com/196/441737989_1b4eddc50c_o.jpg\r
    farm1.static.flickr.com/196/4417 ... c50c_o.jpg
    Nürnberg: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/82/N%C3%BCrnberg_panorama.jpg/800px-N%C3%BCrnberg_panorama.jpg\r
    upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... norama.jpg

    Anpassungsbauten wie diesen Eckbau bevorzuge ich vor in sich vielleicht qualitätvolleren und originelleren, aber leider zumeist identitätsleugnenden und ensemblestörenden Kontrastbauten: http://imgpe.trivago.com/uploadimages/16/80/1680246_l.jpeg\r
    imgpe.trivago.com/uploadimages/1 ... 246_l.jpeg

    Der gesamten Block oberhalb der Lorenzkirche ist in meinen Augen einem harmonischen Ensemble zuträglich: http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg\r
    http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg

    Dieses Ensemble sähe völlig anders aus (bzw. wäre erst gar nicht vorhanden), wäre der mittige Steinbau in frankfurttypischer Manier von einfachen Glas-Stahlkuben umrahmt: http://i692.photobucket.com/albums/vv287/Youngwoerth/verschiedenes%20und%20diverses/nuern.jpg?t=1271066055\r
    i692.photobucket.com/albums/vv28 ... 1271066055

    Was wäre dieser Blick ohne die einfachen Steinfüllbauten im hinteren Abschnitt: http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg\r
    http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg :?:

    Was ich am durchschnittsdeutschen Wiederaufbau verabscheue, ist das hier: http://static.flickr.com/54/139014188_42f91bc1e5.jpg\r
    static.flickr.com/54/139014188_42f91bc1e5.jpg
    Und davon gibt es in Nürnberg vergleichsweise wenig.

    Zustimmen möchte ich Ursus auf jeden Fall darin, daß gerade die wichtigsten Plätze am stiefmütterlichsten behandelt worden sind und das ist zusammen mit der verschwindend geringen Anzahl an Rekonstruktionen auch mein größter Kritikpunkt an Nürnbergs Wiederaufbau. Der Hauptplatz ist wahrlich grauslig.

    Hätte man die im ersten Abschnitt beschriebenen Aspekte stringenter umgesetzt und zum Beispiel nicht gerade die Haupteinkaufsstraßen Karolinger und Breite so verdorben (Königstraße gefällt mir dagegen gut), wäre Nürnberg in Sachen Wiederaufbau im deutschlandweiten Vergleich bei mir recht weit vorne platziert (was in Anbetracht des westdeutschen Maßstabs sicher keine Kunst ist).

    Der Bereich um die Burg hätte in jedem Fall rekonstruiert werden müssen, ebenso der Hauptmarkt. Und natürlich muß man bei all diesen Überlegungen das alte Nürnberg völlig verdrängen, sonst verliert man schnell seine differenzierte Urteilsfähigkeit, was den Wiederaufbau betrifft.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Mal ein etwas zugespitzter Vergleich:

    Braunschweig: http://farm1.static.flickr.com/196/441737989_1b4eddc50c_o.jpg\r
    farm1.static.flickr.com/196/4417 ... c50c_o.jpg
    Nürnberg: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/82/N%C3%BCrnberg_panorama.jpg/800px-N%C3%BCrnberg_panorama.jpg\r
    upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... norama.jpg

    Nun ja, das ist alllerdings überhaupt kein passender Vergleich, da hier eine der wenigen weitgehend unzerstörten Nürnberger Altstadtstraßen (was man auf dem Foto sieht, ist größtenteils Vorkriegsbestand) mit einer totalzerstörten Braunschweiger Straße verglichen wird. Das ist ungefähr so, als würde man Bamberg mit Frankfurt vergleichen.

    Zitat

    Anpassungsbauten wie diesen Eckbau bevorzuge ich vor in sich vielleicht qualitätvolleren und originelleren, aber leider zumeist identitätsleugnenden und ensemblestörenden Kontrastbauten: http://imgpe.trivago.com/uploadimages/16/80/1680246_l.jpeg\r
    imgpe.trivago.com/uploadimages/1 ... 246_l.jpeg

    Eine absolute Ausnahme (und vermutlich ein ohenhin nur teilzerstörter Bau), wie man sie in Nürnberg ansonsten mit der Lupe suchen kann.

    Zitat

    Der gesamten Block oberhalb der Lorenzkirche ist in meinen Augen einem harmonischen Ensemble zuträglich: http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg\r
    http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg

    Das ist Postmoderne aus den 80'iger Jahren (der Karstadt-Neubau), als auch in Frankfurt so gebaut wurde (Römer und Saalgasse), wurde selbst da nur mit Müh' und Not vom damaligen Stadtheimatpfleger gegen den eigentlich geplanten Glaskasten durchgesetzt und ist dennoch immer noch meilenweit von der Qualität der Vorkriegsbebauung entfernt.

    Zitat

    Was wäre dieser Blick ohne die einfachen Steinfüllbauten im hinteren Abschnitt: http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg\r
    http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg :?:

    Das sind keine Füllbauten des Wiederaufbaus; die stammen aus den 20'iger und 30'iger Jahren und wurden im Krieg nur gering beschädigt.

    Zitat

    Ein Schrägdach, ein paar Dachgauben und die Beibehaltung des Stadtgrundriss zeichnen noch keine bauliche Qualität aus

    Ganz genau. Den Satz sollte man dick unterstreichen und in Nürnberg überall plakatieren.
    Aber sag das mal einem Nürnberger Verantwortlichen. Die glauben, daß genau das das Genialste und Großartigste war, was in Deutschland in Sachen Wiederaufbau geleistet wurde und an eben dieser Selbstbeweihräucherung scheitert in Nürnberg jedes Rekoprojekt ... schließlich hat man's ja nicht nötig.

  • EDIT leider ziemlich identisch mit philon.
    Sed scripsi quod scripsi.

    Den Herrn SektionsChef (bei uns durchaus amtlich SC abgekürzt) brauch ich nicht extra formal zuzustimmen. :zwinkern:

    Zitat

    Mal ein etwas zugespitzter Vergleich:

    Braunschweig: http://farm1.static.flickr.com/196/441737989_1b4eddc50c_o.jpg\r
    farm1.static.flickr.com/196/4417 ... c50c_o.jpg
    Nürnberg: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/82/N%C3%BCrnberg_panorama.jpg/800px-N%C3%BCrnberg_panorama.jpg\r
    upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... norama.jpg

    In der Tat äußerst zugespitzt. Von N. eine schöne Panoramaussicht aus der Höhe, um ja die Stadtdominanten im Bild zu haben.
    Aber das Beispiel gilt aus einem anderen Grunde nicht, youngi. zähle mal die Altbauten auf dem Bild, vor allem auf der linken Straßenseite. Wenn das alles wiederaufgebaut wäre, dann würde ich meinen Respekt zollen. ist aber nicht- hier blieb ganz einfach viel erhalten. Und schau dir die kümmerlichen Ergänzungsbauten an - dass sie

    Zitat

    Materialen, kleinteilige Parzellen und rot gedeckte Spitzdächer


    aufweisen, bedeutet doch (fast nichts), lässt nur

    Zitat

    in Anbetracht der über die Landesgrenzen hinaus bedeutenden Vorkriegsbebauung jene primitive Anbiederei an diese baulich ruhmreiche Zeit um so peinlicher


    erscheinen.
    (SC Zitat der neuen Syntax angepasst).
    Ein geschichts- und qualitätsbewusster Wiederaufbau hätte aus dieser Straße doch wahrlich anderes herausholen können.

    Zitat

    Der gesamten Block oberhalb der Lorenzkirche ist in meinen Augen einem harmonischen Ensemble zuträglich: http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg\r
    http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/h0629273.jpg


    mir ist dieser Block (gemeint wohl wohl um das Nassauerhaus?) völlig widerwärtig. Nicht modernistrisch, nicht altertümelnd, keine einzige stimmige Proportion, industriell gefertigte Sansteinplatten, kein Flair.
    Gut, das ist wie vieles eine Bewertungsfrage, ein ästhetisches Urteil. Vielen gefällt diese Zeile. Aber sie zählt nicht einmal zum Schlimmsten, wie einem das anschließende Neue Viatishaus belehrt.

    Zitat

    Dieses Ensemble sähe völlig anders aus (bzw. wäre erst gar nicht vorhanden), wäre der mittige Steinbau in frankfurttypischer Manier von einfachen Glas-Stahlkuben umrahmt: http://i692.photobucket.com/albums/vv287/Youngwoerth/verschiedenes%20und%20diverses/nuern.jpg?t=1271066055\r
    i692.photobucket.com/albums/vv28 ... 1271066055


    Wäre mE wirklich wurscht, vielleicht sogar besser, weil eine dezidierte Moderne einfach ein gewisses Spannungselement mit sich bringt. (Nicht sagen, dass sich hier noch irgendeine Harmonie zerstören ließe).
    Modernistische Bauten (äußerst schlechte noch dazu) gibt es übrigens leider genug, und zwar gerade dort, wo sie wirklich wehtun (Dürerhaus, Weinmarkt, Hauptmarkt...

    Zitat

    Was wäre dieser Blick ohne die einfachen Steinfüllbauten im hinteren Abschnitt: http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg\r
    http://www.manfredwirth.de/nbg06.jpg :?:

    [/quote]
    so sch... wie er vis-á-vis tatsächlich ist. auch hier also nur Stückwerk, das besonders pointiert verdorben wurde, ein Musterbeispiel für einen der seltenen, dafür regelmäßig verdorbenen guten Ansätze.
    Auf der relativ akzeptablen Königstraße war einfach mehr erhalten geblieben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ein Beispiel für ein nach dem Krieg teilzerstörtes, erst behelfsmäßig gedecktes und dann vorbildlich wiederaufgebautes Bürgerhaus ist das Schürstabhaus:
    http://www.baukunst-nuernberg.de/epoche.php?epoche=Gotik&objekt=Schuerstabhaus\r
    http://www.baukunst-nuernberg.de/epoche ... erstabhaus

    allerdings eben eine der ganz wenigen Ausnahmen in positiver Hinsicht, wenn auch zumindest an städtebaulich wichtiger Stelle. Ansonsten kann ich mich dem von Ursus, Philon etc geschriebenen 1x mehr nur anschließen.

    Auf der Lorenzerseite bin ich eigentlich noch immer mit den geringsten Bauchschmerzen unterwegs, dort gibt es zwar auch genug Grausamkeiten, aber zumindest auch immer wieder zwischendrin noch ein bisschen Alt-Nürnberg und so bedeutsam waren Teile dessen vor 1945 auch nicht. Besonders schlimm finde ich in diesem Teil heutzutage neben dem Kornmarkt die Adlerstraße und den Bereich Viatishaus und Fleischbrücke, da wird mir immer ganz besonders schlecht.
    Das immer wieder angeführte Braunschweig finde ich vom Wiederaufbau in vieler Hinsicht (bzgl. Zerrissenheit und extremer Kontraste) noch schlimmer als N. Die fürchterlich belanglose, an München-Milbertshofen erinnernde heutige östliche Sebalderstadt empfinde ich aber am allertraurigsten deutschlandweit.
    Ohne das dortige Vorher zu kennen, mag man das durchaus als Wiederaufbau durchgehen lassen und wer von den Nürnbergern weiß schon wie es dort vorher ausgesehen hat? Welcher amerikanische oder englische Tourist weiß es oder läuft dort gar herum?
    Insbesondere in diesem Viertel N müsste endlich was geschehen und dafür bräuchte es eine Initiative parallel zu den Altstadtfreunden. Mit Vorher-Nachher-Vergleichen und konkreten Verbesserungsvorschlägen, die aber nicht nur irgendein Straßenpflaster oder das Anlagen von Brunnen, Entfernen von Autos oder veränderte Straßenführung zum Ziel haben kann, sondern wiederaufgebaute, essentiell für N wichtige Bürgerhäuser und Ensembles.

  • Man soll sich ja nicht nur den Bildvergleich anschauen, sondern auch meine Ausführungen dazu lesen! Ich sprach von Ensemble - und genau das zeigt das Nürnberg-Bild doch ganz beeindruckend, und zwar unabhängig von der Straße im Vordergrund (in der durchaus auch Nachkriegsbauten zu sehen sind). Die Dachlandschaft und die insgesamt relativ homogene, historisch und regionaltypisch wirkende Materialität - wie soll sowas mit den im anderen Bild gezeigten Braunschweiger Flachdachstahlkisten zustande kommen? Braunschweig hat im Grunde genau den Weg gewählt, den Ursus propagiert und da kommt dann in unmittelbarer Nähe zum Altstadtmarkt sowas zustande:


    Wikipedia

    Oder das hier: http://de.locr.com/photos/000/8f/66/8f6661cf1bafd1352c9e4c368082a6a2_M.jpg\r
    de.locr.com/photos/000/8f/66/8f6 ... a6a2_M.jpg

    Auf solche Art und Weise ist meines Erachtens ein harmonisches Ensemble, eine spezifische Aura unmöglich. Und Nürnberg hat diese spezifische Aura bis zum heutigen Tage!

    Zitat von "Ursus"

    Nicht sagen, dass sich hier noch irgendeine Harmonie zerstören ließe

    Doch, und zwar gerade hier! Die Königstraße halte ich - auch dank des Wiederaufbaus - für eine der angenehmsten Straßen von Lorenz. Gibt hier noch ein paar gelungene Beispiele, leider habe ich keine Bilder. Würde ich in Nürnberg wohnen, würde ich jetzt glatt mal losziehen und meine Argumente visuell untermauern.

    Philon, das mit den 20er-Jahre Bauten wusste ich nicht. Ich habe in Nürnbergs Innenstadt aber viele einfache Steinfüllbauten in Erinnerung (ist doch bezeichnend, daß ich in diesem Fall Vorkriegsbauten dafür gehalten habe), von denen sicherlich die meisten nach dem Krieg errichtet worden sind. Warum alles schlecht machen, wenn nicht alles schlecht ist?

    Zitat von "ursus carpaticus"

    Wäre mE wirklich wurscht, vielleicht sogar besser, weil eine dezidierte Moderne einfach ein gewisses Spannungselement mit sich bringt.

    Siehst Du, und genau hier differieren wir nunmal völlig. Ob es die Dresdner Seestraße ist oder die Ulmer Neue Mitte, ob der Jenaer Marktplatz oder Nürnberg - pupsegal. :zwinkern:

    Aber auf meine Ausführungen zum Gesamt-Ensemble und der steinernen Identität (im konkreten Vergleich zu Frankfurt o. Braunschweig oder Kassel oder Ulm oder...) ist ja nun niemand wirklich eingegangen. Und hierauf:

    Zitat von "youngwoerth"

    Was ich am durchschnittsdeutschen Wiederaufbau verabscheue, ist das hier: http://static.flickr.com/54/139014188_42f91bc1e5.jpg\r
    static.flickr.com/54/139014188_42f91bc1e5.jpg
    Und davon gibt es in Nürnberg vergleichsweise wenig.

    auch nicht.


    EDIT: Die Dachlandschaft ist echt der Hammer. Von oben stört selbst der mißratene Hauptmarkt das Ensemble nur wenig: http://www.knast.net/lag/grafik/nuernberg.jpg\r
    http://www.knast.net/lag/grafik/nuernberg.jpg
    Blick von der Kreuzkirche in Hannover: http://data68.sevenload.com/slcom/fs/px/jjgefgd/sicbjlpjhige.jpg~/Ausblick-vom-Turm-der-Kreuzkirche-21.jpg\r
    data68.sevenload.com/slcom/fs/px ... che-21.jpg

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Lieber youngi, ich propagier außer Rekos gar nix und schon gar nicht Karstadtbauten à la Braunschweig (hat übrigens mit Wiederaufbau nix zu tun, da dieses abstoßende Beispiel erhaltene Gründerzeitbauten ersetzte).

    Zitat

    Die Dachlandschaft ist echt der Hammer.


    Nun ja, referentia longitudinis, wie der Ami sagt (aus der Ferne besehen, ist alles schön)
    Oft genug wird dieses Bild ja denn auch gezeigt (realiter nämlich stört da einiges im Vordergrund Herumstehendes wie das neue Viatishaus ganz beträchtlich. du hast dich selbst gegen ein derartiges Vorzeigebild aus Würzburg gewehrt).

    Zitat

    Und davon gibt es in Nürnberg vergleichsweise wenig.


    Kommt halt nur drauf an, wie man vergleichsweise defininert, jedenfalls war es klug von dir, dieses Wörtlein einzufügen, denn die Liste der zu nennenden Beispiel ist lang. Ich finde, dass es in N. skandalös viel davon gibt, und zwar durchaus an wichtigen Stellen.
    Und was soll uns das hier?

    Zitat

    Ich sprach von Ensemble - und genau das zeigt das Nürnberg-Bild doch ganz beeindruckend, mal ganz unabhängig von der Straße im Vordergrund, in der aber durchaus auch Nachkriegsbauten zu sehen sind.


    In Zeitlupe: Auch dieses Ensemble kriegt man realiter, dh aus Fußgängerperspektive nie zu Gesicht. Es lebt von Erhaltenem. Die Neubauten ind hässlich und platt wie in anderen Städten, nur, dass sie halt Dächer haben. Auch schon was.
    unabhängig von der Straße im Vordergrund? Was soll uns das? Dass das Nürnberger Stadtpanorama schön ist, wissen wir. Sollen wir jetzt loben, dass die türme von St. Sebald ihre Spitzen wieder erhielten (von st. Lorenz blieben sie eh erhalten)?
    Und was die zu sehenden Nachkriegsbauten anbelangt - Nürnberger Variante von Nachkriegsschrott - dh Schrott mit Dach als Reverenz an Standort bzw Vorbestand. In Recklinghausen oder Stuttgart hat man flach gebaut, in N. ein Dach drauf gesetzt. Bravo.
    ...

    Zitat

    zahllose einfache Steinfüllbauten in Erinnerung , von denen sicherlich die meisten nach dem Krieg errichtet worden sind


    so sicher ist das gar nicht, wie man sieht...

    Zitat

    ist doch bezeichnend, daß ich in diesem Fall Vorkriegsbauten dafür gehalten habe!),


    klar ist es bezeichnend, nämlich für deine Fehleinschätzung des Wiederaufbaus. Übrigens ist es mir zunächst auch so gegangen, wenn dir das ein Trost ist. Tatsächlich muss die Zwischenkriegszeit hier ganz schön unter den Gründerzeitlern aufgeräumt haben (ohne Zweifel ein Verlust, womit wir wahrscheinlich übereinstimmen werden, aber immer noch ein wohltuender Unterschied zur Wirtschaftswunderzeit, die nicht einmal derartig Minderwertiges - kastrierten Historismus - hervorzubringen im Stande war).

    Zitat

    Ausführungen zum Gesamt-Ensemble und der steinernen Identität


    Genau das ist mein Hauptkritikpunkt, gerade daran bemessen ist N so enttäuschend und mickrig. Gerade das Gesamtensemble ist so wenig steinern und unerträglich banal. Hier hätte sich mit einfachen Mitteln viel mehr Wirkung erzielen lassen.
    Imgrunde ist der gleiche Mist passiert wie überall, nur dass man um des fremdenverkehrswirksamen Vorzeigepanoramas willen halt ein Dach draufgesetzt hat. Und das beileibe auch nicht immer (und allzu oft ein unpassendes).

    Zitat


    Siehst Du, und genau hier differieren wir nunmal völlig. Ob es die Dresdner Seestraße ist oder die Ulmer Neue Mitte, ob der Jenaer Marktplatz oder Nürnberg - pupsegal. :zwinkern:


    Richtig. Ich bin da zusehr Materialist. Ob Sch... mit Sahnehäubchen oder mit Petersilienkartoffel - der Aufputz ist mir wurscht, ich vermag s nicht zu fressen (oder für gut zu befinden). Andere sind da vielleicht doch etwas weniger heikel.

    Zitat

    Ein Beispiel für ein nach dem Krieg teilzerstörtes, erst behelfsmäßig gedecktes und dann vorbildlich wiederaufgebautes Bürgerhaus ist das Schürstabhaus:


    Ich hätte gesagt, dieser 'Wiederaufbau' war eine Selbstverständlichkeit. Auf allen Zerstörungsbildern ist das Haus als substanziell erhalten erkennbar.
    Im Gegenteil: Bis weit in die Achtziger war das Haus durch ein Flachdach verunziert bzw seiner Wirkung mehr oder weniger beraubt. Ich hab das damals als typischen N.er Umgang mit dem Erbe verstanden.
    Nein, das kann ich nicht gelten lassen.
    so etwas wie das FFer Steinerne Haus, von dem wirklich nicht mehr viel stand, möchte ich genannt wissen. Daran wollen wir den N.er Wiederaufbau messen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Lieber Ursus, ich würde liebend gerne Vergleichsbilder aus Fußgängerperspektive einstellen, nur habe ich diese leider nicht!

    Natürlich ist der Blick von oben beschönigend, wenn es eine intakte Dachlandschaft gibt - hast Du mein hannoveranisches Vergleichsbild entdeckt?
    Für mich persönlich ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht, ob ich durch Hannover laufe oder durch Nürnberg. In Nürnberg fühle ich mich wie in Nürnberg - und in Hannover fühle ich mich wie in Stuttgart wie in Kassel wie in Dortmund wie in... M.E. ist dies auch ein Verdienst des Wiederaufbaus, so banal er an vielen Stellen sein mag. Ist ja recht, wenn Du das anders siehst.

    Zitat von "Ursus"

    In Recklinghausen oder Stuttgart hat man flach gebaut, in N. ein Dach drauf gesetzt.

    ...und auf lokaltypische Materialität und Kleinteiligkeit geachtet. Für mich alles Punkte, die in Sachen Identität, Ensemble und Atmosphäre durchaus von Bedeutung sind.

    Was meine Verwexxxlung betrifft: Für gewöhnlich kann ich schon einschätzen, was Vor- und was Nachkriegsbau ist, will mich aber nicht festlegen. Falls viele der von mir mit relativem Segen bedachten Bauten aus Vorkriegszeiten stammen sollten, wendet sich das Blatt natürlich.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "youngwoerth"
    Zitat von "Philon"

    Nun ja, das ist alllerdings überhaupt kein passender Vergleich, da hier eine der wenigen weitgehend unzerstörten Nürnberger Altstadtstraßen (was man auf dem Foto sieht, ist größtenteils Vorkriegsbestand) mit einer totalzerstörten Braunschweiger Strasse verglichen wird. Das ist ungefähr so, als würde man Bamberg mit Frankfurt vergleichen.


    Ich habe momentan keine Zeit, mich so ausgiebig zu äussern, wie das andere hier gemacht haben, möchte aber trotzdem in nächster Zeit aufgesplittet einige Anmerkungen beifügen.

    Zuerst mal zum zweiten Bild aus obigem Zitat: Es zeigt die Ludwigstrasse, aufgenommen vom Spittlertorturm. Wie man selber auf der Vogelschauperspektive nachschauen kann, wurden vom Baubestand dieser Strasse nur etwa 30 bis 40% vor der Zerstörung verschont. Es handelt sich also bei diesem Strassenzug überwiegend um Bauten nach 1950! Sicher war dies im Vergleich mit andern Strassen, welche vollständig vernichtet worden waren, eine gute Ausgangslage für deren Wiederaufbau, sodass der Strassenraum wenigstens in seinen Proportionen wieder erstehen konnte. Und vor allem vermute ich, dass die einelnen Bauten vorwiegend durch Private erstellt wurden, und es kein (zeitlich beschränktes) Wiederaufbauverbot gab, bis "Stadtplaner" ihre Visionen einer neuen Stadt durchsetzen konnten.

    Aus Fussgängerperspektive zeigt sich die Strasse gemäss folgenden Bildern (da ich vor allem der historischen Bausubstanz in der ganzen Altstadt nachging, hatte ich zufällig diese Bilder, welche auch die neuen Nachbarbauten zeigen). Sicher nichts umwerfendes, aber dennoch fühlte ich mich in dieser Strasse auch wohl. Und ich denke, dass man die "Füllbauten" durch eine Renovation bestimmt verbessern könnte. Die Grundlage für diese Verbesserungsfähigkeit bildet ja gerade ihre Einfachheit und Belanglosigkeit, welche von vielen hier im Forum kritisiert wird:
    - gemauerte Fassaden
    - Einzelfenster
    - Schrägdächer
    - normale, differenzierte Geschosshöhen

    Die Wiederaufbauleistung privater Bauten in Nürnberg sehe ich gerade darin, dass nach dem Kriege mit den vorhandenen (wenigen?) Mitteln wieder etwas erschaffen worden ist, was mit wenig Aufwand auch in späteren Zeiten veränder- oder verbesserbar ist. Kann man dies von der Mehrheit deutscher Städte auch behaupten??



    Ludwigstr. 51; links ein Nachbarbau, welcher mit seiner Plattenverkleidung und ohne Schrägdach auch in München, Stuttgart oder Frankfurt stehen könnte. Zum Glück in dieser Materialisierung eine Ausnahme!


    Ludwigstr. 63; links und rechts "belanglose" Neubauten = Chance, mit wenig Mitteln etwas zu verbessern!


    Ludwigstr. 71, links ein Neubau, rechts ein stark entstellter Altbau


    Ludwigstr. 73, der stark entstellte Altbau aus obigem Bild, und 75, Rumpf eines historischen Hauses

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (20. Mai 2014 um 14:09)

  • Will nur einmal kurz anmerken, dass ich die hier teilweise geäußerte Kritik an Nürnbergs unmittelbarem Nachkriegswiederaufbau in keinster Weise gerechtfertigt finde. Neben Münster und Freiburg würde ich die Stadt im Gegenteil an vorderster Stelle zu den großen Wiederaufbauleistungen ihrer Zeit zählen.

    Meine im Strang "Nürnberg - Gestaltungssatzung & Leitbauten für das Zentrum" geäußerte Kritik bezieht sich einzig und allein auf das heutige Verlassen dieses vorbildlichen Wiederaufbau-Ideals. Stattdessen will Nürnberg auf Teufel komm raus "modern" werden und "alten mittelalterlichen Mief" abschütteln, was in dieser Weise natürlich genau kontraproduktiv ist.

    Das absolute Gros des Altstadtwiederaufbaus erfolgte in Nürnberg-typischer Materialität, auf den Parzellen der Vorkriegszeit (allein das schon besser als 99% des Rest-Wiederaufbaus in Deutschland!), mit steilen Dachneigungen samt anständiger Dacheindeckung, mit vorbildlichen stehenden Fensterformaten, mit Gauben oder Türmchen, mit der Verwendung zahlreicher Spolien wie Marienstatuen, Holzerker oder Bauplastik - bis in die heutige Zeit hinein, dank der Altstadtfreunde.

    Angesichts dessen gilt es eigentlich nur, den Ist-Zustand durch Maßnahmen wie Sprossenfenster, Teilrekonstruktionen und die Wiederherstellung stadtbildprägender Leitbauten (Toplerhaus, Pellerhaus etc.) zu vervollständigen. Nürnberg stünde damit bereits kurz vor Erreichen des Vorkriegs-Flairs, während man andere Innenstädte dafür nahezu komplett abreißen müsste!

    Allein schon der Blick auf und der Blick von der Burg machen doch deutlich, welchen Dienst man der Stadt mit der Wiederherstellung seiner Dachlandschaft erwiesen hat! So etwas findet man in sonst keiner deutschen Altstadt dieser Größenordnung - und das bei verheerendem Zerstörungsgrad.


    Wie gesagt, das Problem ist, dass Nürnberg in seinem Trott verharrt und sich nicht weiter bewegt, um das Stadtbild aufzuwerten.
    Das sollte aber keinen Anlass geben, die Wiederaufbauleistung völlig kleinzureden.

  • Zitat

    Meine im Strang "Nürnberg - Gestaltungssatzung & Leitbauten für das Zentrum" geäußerte Kritik bezieht sich einzig und allein auf das heutige Verlassen dieses vorbildlichen Wiederaufbau-Ideals. Stattdessen will Nürnberg auf Teufel komm raus "modern" werden und "alten mittelalterlichen Mief" abschütteln, was in dieser Weise natürlich genau kontraproduktiv ist.

    Zitat

    Wie gesagt, das Problem ist, dass Nürnberg in seinem Trott verharrt und sich nicht weiter bewegt, um das Stadtbild aufzuwerten.

    Siehst du in deinen zwei getätigten Aussagen auch einen Widerspruch?


    Ansonsten bleibe ich bei meiner Aussage. An die Vorkriegsbebauung angelehnte Schrägdächer, Dachgauben, Parzellen und Sandsteinplatten zeichnen noch keine architektonische Qualität aus. Auch mit Sprossenfenster, die in der Nürnberger Altstadt ja ohnehin weitestgehend fehlen, ist es nicht getan. Wenn die Proportionen nicht stimmen (zeige mir, Erbse, mal ein 50er-Jahre-Haus, wo die Fenster nicht klobig oder mickrig wirken), ist für mich ein Bau, egal ob modern oder traditonell, verpfuscht. Wenn man ein Faible für Autodesign hat, kann man den Nürnberger Wiederaufbau auch mit 'nem China-BMW vergleichen, ein peinlicher Abklatsch des orginialen BMW-Modells X5. Und klickt man auf dein gezeigtes Positiv-Beispiel auf die Großansicht, wird das ganze missglückte Ausmaß der Nürnberger Altstadt schon sehr deutlich. Bis auf zwei, drei Bürgerhäuser sehen alle Gebäude mächtig verhunzt aus.

  • Dann ist mir dieser "Abklatsch", wenn du ihn denn so nennen willst, aber weitaus lieber als ein zweites Stuttgart, Pforzheim oder Essen.
    Ich sehe die Nachkriegsbauten im Übrigen eher als passable Retro-Versionen denn als Klone.
    Und: Besser passabel kopiert, als schlecht neu gemacht (wie in 99% der wiederaufgebauten Großstädte).

    Zitat von "spacecowboy"

    Siehst du in deinen zwei getätigten Aussagen auch einen Widerspruch?


    Nein. Der einzige Widerspruch besteht darin, dass Nürnberg meint, durch diese modernen, dem Altstadtideal widerstrebenden Glasstahlbeton-Neubauten eine Aufwertung zu erreichen. Dem ist doch wohl ganz offensichtlich nicht so.
    Stattdessen wären einfühlsame, dem Stadtbild verpflichtete Neubauten und Rekonstruktionen angezeigt. Punkt.

  • @ Spacecowboy
    Worin besteht der Widerspruch? Ich sehe hier keinen.

    Zitat von "erbsenzaehler"

    Das absolute Gros des Altstadtwiederaufbaus erfolgte in Nürnberg-typischer Materialität, auf den Parzellen der Vorkriegszeit (allein das schon besser als 99% des Rest-Wiederaufbaus in Deutschland!), mit steilen Dachneigungen samt anständiger Dacheindeckung, mit vorbildlichen stehenden Fensterformaten, mit Gauben oder Türmchen, mit der Verwendung zahlreicher Spolien wie Marienstatuen, Holzerker oder Bauplastik - bis in die heutige Zeit hinein, dank der Altstadtfreunde.


    Ich kann diese Aussage nur unterstützen! Insbesondere auch, dass Du die Altstadtfreunde erwähnt hast, welche hier auch schon kritisiert worden sind. Eine solche Vereinigung kann man andernorts vergebens suchen, und nur weil die jetzige Vorsitzende nicht unseren Rekonstruktionszielen entspricht, gleich mit extremen Äusserungen wie "eine Gegenbewegung gründen" zu kommen (wie es ein paar Seiten vorher getätigt worden ist), finde ich schlicht daneben. Die Altstadtfreunde sind auch heute noch der einzige Motor, dem Nürnbergischen Trott, nicht in den Provinz-Mief zu fallen und modern wirken zu wollen, entgegenzuwirken. Sie reden nicht nur, sondern packten auch tatkräftig an, auch wenn es nur darum ging, einem banalen 50er Jahre Wiederaufbau mit einem einzelnen Dacherker oder Chörlein aufzuwerten. Und immerhin kann man es ihnen verdanken, dass in den 70er Jahren wenigstens der Abriss verbliebener historischer Bauten gestoppt worden ist.

    Zitat von "spacecowboy"

    An die Vorkriegsbebauung angelehnte Schrägdächer, Dachgauben, Parzellen und Sandsteinplatten zeichnen noch keine architektonische Qualität aus. Auch mit Sprossenfenster, die in der Nürnberger Altstadt ja ohnehin weitestgehend fehlen, ist es nicht getan. Wenn die Proportionen nicht stimmen (zeige mir, Erbse, mal ein 50er-Jahre-Haus, wo die Fenster nicht klobig oder mickrig wirken), ist für mich ein Bau, egal ob modern oder traditonell, verpfuscht.


    Da muss man sich aber sehr mit der historischen Architektur der einfachen Bürgerhäuser Nürnbergs beschäftigen, bevor man diese Aussage machen darf. Das 0815-Haus der historischen Altstadt war im Grunde auch recht banal, und dieses Haus gab es unzählige Male. Ein Beispiel: Obere Krämersgasse 22

    2 Mal editiert, zuletzt von Riegel (20. Mai 2014 um 14:14)

  • Eben. Und diese ^ Qualität erreicht eine nicht unerhebliche Zahl der Nachkriegsbauten ja wohl mindestens. Angesichts dessen kann man doch nicht allen Ernstes die Hände über den Kopf schlagen und Nürnberg abschreiben wollen.

    Was suchen wir hier im APH eigentlich? Die perfekte mittelalerliche Märchengroßstadt?
    Die gibt es in Deutschland nicht mehr. Wir müssen mit dem hausieren und das weiter entwickeln, was vorhanden ist. Und da bietet Nürnberg zweifelsfrei die besten Voraussetzungen unter allen deutschen Großstädten. Aufgewacht und mitgemacht!

  • Eben. Und diese ^ Qualität erreicht eine nicht unerhebliche Zahl der Nachkriegsbauten ja wohl mindestens.

    Nein, das tut sie nicht. Das gezeigte Beispiel von Riegel, so einfach es auch baulich ausgeführt scheint, ist dem Nürnberger Wiederaufbau haushoch überlegen. Dazu braucht man sich nur den linken Gebäudenachbarn anschauen, der viel eher die Nürnberger Realität widerspiegelt als gezeigtes Beispiel. Und selbst der rechte Gebäudenachbar, der zumindest, so scheint mir, in den 50ern stark verändert worden ist, kann dagegen nicht anstinken. Wenn die Qualität der Füllbauten nur annähernd so hoch wäre wie bei gezeigtem Beispiel, stünde Nürnberg m.E. ein paar Klassen besser da.

    Aber ich gebe zu, dass ich beim Thema Nürnberg nicht sehr objektiv bin. Gerade die fränkische Bescheidenheit der Nürnberger, vor Ort als Tugend propagiert, für mich eher Synonym für zugeknöpfte Humorlosigkeit, gähnende Langeweile und uninspirierte Trostlosigkeit, zeichnet den missglückten Wiederaufbau der Stadt aus.

  • Zitat von "spacecowboy"

    Nein, das tut sie nicht. Das gezeigte Beispiel von Riegel, so einfach es auch baulich ausgeführt scheint, ist dem Nürnberger Wiederaufbau haushoch überlegen.

    In dieser Hinsicht muss ich auch Dir recht geben.

    Zitat von "spacecowboy"

    Aber ich gebe zu, dass meine Meinung auch von Klischees und Vorurteilen getragen ist. Die fränkische Bescheidenheit der Nürnberger, vor Ort als Tugend propagiert, für mich Synonym für zugeknöpfte Humorlosigkeit, gähnende Langeweile und uninspirierte Trostlosigkeit, finde ich gerade im Wiederaufbau der Stadt wieder. Nu denn, ist sicher mein Problem...

    Die Mentalitätsfrage finde ich einen ganz interessanten Aspekt, welcher nicht unberücksichtigt bleiben darf. In einem andern Zusammenhang habe ich dazu mein persönliches Statement abgegeben (unterster Beitrag auf dieser Seite; leider wird aus offenbar technischen Problemen die URL des Beitrages nicht resp. falsch angezeigt. Das APH funktioniert zur Zeit sehr schlecht, es ist zum davonrennen!):

    Zitat

    [...] Auch wenn ich über St. Gallen noch nicht allzuviel hier veröffentlicht habe, so erstaunen mich immer wieder Gemeinsamkeiten! Auch ist mir als Schweizer die Nürnberger Mentalität näher als jene vom Norden oder Osten... irgendwie gemächlicher...


    Bei baugeschichtlichen Forschungen, insbesondere wenn es um die Wiederaufbauphase geht, versuche ich, mich in jene Zeit zu versetzen. Es interessiert mich, welcher Geist damals geherrscht hat. Als Beispiel dient der Beitrag über die Häuser Bergstr. 10 und 16, in welchem ich mich auch mit den verlustig gegangenen Nachbarbauten beschäftigt habe. Ein Bild daraus möchte ich hier aber direkt einstellen. Versetzt Euch mal in die Lage des Bauherrn der neuen Häusergruppe rechts unten. Bei diesen handelt es sich um sehr banale und einfachste Bauten, welche die Mindestanforderungen an die altstadtgerechte Bauweise erfüllen (Wiederholung vom Beitrag auf der letzten Seite):
    - gemauerte Fassaden
    - Einzelfenster
    - Schrägdächer
    - normale, differenzierte Geschosshöhen

    Mag er sich nicht sehr stolz gefühlt haben, modernen Wohnraum geschaffen zu haben, während gegenüber noch vergammelte Ruinen dastanden? Wäre damals mehr möglich gewesen (hinsichtlich qualitätsvollerer Architektur)? Nein, und deshalb bin ich mit Kritik an dieser Wiederaufbauleistung sehr zurückhaltend. Nürnberg wurde wirklich wiederaufgebaut, und nicht wie die meisten andern Städte neugebaut.


    Ausschnitt einer Luftbildansichtskarte vor 1967 (Stoja-Verlag Paul Janke, Nürnberg)

  • Der Unterschied von Original und Wiederaufbau kann dieses Aquarell vom alten Lorenzer Platz verdeutlichen:

    http://www.kovacek.at/fotos_neu/43015.m.jpeg

    Im Original war alles hochwertig (z. B. der Erker rechts) und genau richtig am Platz. Im Wiederaufbau ist alles gelinde gesagt weniger hochwertig und gerade falsch in Proportion und Platz. Die Ursünde: zu wenig Rekonstruktionen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Holzschuherstraße 3, Fabrikantenvilla "Zucker-Bär"

    Der neue Eigentümer hat vor, die seit Jahrzehnten verfallende Fabrikantenvilla wiederherzustellen:
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1051879&kat=10&man=3
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1186534&kat=10&man=3
    http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1202962&kat=11&man=3
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1206025&kat=10&man=3
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1206026&kat=10&man=3
    http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1206395&kat=11&man=3
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1206724&kat=10&man=3
    http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1207099&kat=11&man=3

    Bing Maps - Anfahrtsbeschreibungen, Verkehrsinfos und Straßenbedingungen

    Listentext der Denkmalliste:

    Zitat

    Fabrikantenvilla, zweigeschossiger Mansardwalmdachbau mit rustiziertem Sandsteinerdgeschoss, Sandsteingliederung, Dachgauben mit Spitzhelmen und Eckrisalit mit Volutengiebel, reiche Neurenaissance, bez. 1887

    (BayernViewer-denkmal?)