Museumsinsel Berlin - Neues Museum

  • Ich bin Dir, Benni, dankbar für die neuen Fotos.
    Aber was ich sehe, das erschüttert mich... :(

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Das ist ja echt grausig. Von weitem dachte ich an einen Plattenbau mit diesen fiesen Kieselsteinen statt Beton, von der Nähe aus gesehen ist man einfach nur fassungslos, wie man für solche Rohbauaktivitäten fast ne halbe Milliarde ausgeben kann. Die breite Masse wird denken, die Handwerker hätten die Schaufeln und Kellen nach der Hälfte der Bauzeit beseite gelegt und seien in den Streik getreten. Ich frage mich, wie man den Menschen dieses Werk verkaufen will. Die meisten Menschen sind über das Endergebnis doch gar nicht informiert und werden denken, dass da noch was dran gemacht wird, bis dann das bittere Ende kommt, wenn alle feststellen, das es so bleiben soll und am Ende ist natürlich niemand verantwortlich. Schön dass der verantwortliche Architekt gleich noch in die Schlosskommission berufen wurde :augenrollen:

    APH - am Puls der Zeit

  • Was mich interessiert, ist, ob bei deinem letzten Foto, Benni, die erhaltenen Putzfragmente und die unverputzte Ziegelmauer plan zueinander sind oder sie (die Ziegelmauer) etwas zurück steht, sodass das Verputzen dieser Wand und somit eine Rekonstruktion theoretisch möglich wäre.

  • es ist einfach nicht zu fassen, das ist doch ein witz...
    die herren oberklever haben eine brandneue kriegsruine gebaut.

    ich könnte mir die haare raufen, konfrontiert mit soviel einfalt und talentlosigkeit, soviel pseudointellektueller niveaulosigkeit.

    wenn man den chippie live in person sieht, macht er den eindruck einer durchschnittlich intelligenten, alten saufnase. auf gut deutsch gesagt:
    der sieht aus wie ein alter, unsensibler irishpub penner.

    aber vielleicht ist er ja auch ein toller, kluger kerl der mit viel opportunismus noch mehr geld verdient und sich seinerseits heimlich über die deutschen trottel totlacht, die sich auch noch die letzten kümmerlichen reste ihrer ehemaligen kulturschaetze ausgerechnet von einem britischen architekten verschandeln lassen.

  • Zitat von "Wissen.de"

    . Schön dass der verantwortliche Architekt gleich noch in die Schlosskommission berufen wurde :augenrollen:


    Ja, vielleicht bricht ihm dieser Wolpertinger das Genick. :P

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • ich moechte dazu so viel sagen dass mir da jetzt einfach die woerter fehlen...
    wie ist es moeglich dass man dieses entwurf von chipperfield gutbefunden hat:
    wer hatte interesse daran und wer hat viel geld damit verdient??
    es gibt besteimmt eine reihe von instanzen bezw. beamten die mit deisen Sch...s entwurf viel geld bekommen haben auf Ihr Bank Konto in der schweiz , und dann sofort mit diesem entwurf einverstanden waren :!:

  • Ja ja eine nette Kriegsruine für 500 Millionen, fast die Kosten des Schlosses!!!

    .......und Herr Chipie darf weiterklotzen und vielleicht auch noch das Schloss verarschen...... (dieselbe Schutzherren wollen nochmal etwas extra verdienen, oder....?).

    Die Engländer bekommen was sie gerne sehen möchten: Berlin wird kein bedrohung für London darstellen. Es bekommt seine schönste Bauten nicht mehr zurück. Chipperfield ist dabei der 5. Kolonne.

    Ich nenne dass Hochverrat an der Deutsche Interessen endlich wieder etwas schönes zu schaffen. Oder hat mann einfach Angst für ein Wiedergeburt des alten Preussen???

  • Ich kann mir auch kaum vorstellen, das insbesondere das Äußere auf Dauer so bleiben wird. Alle Touristen, die sich nicht mit der Baugeschichte dieses Gebäudes auskennen, werden den Sinn wohl nicht verstehen. Und schön sieht es nun wirklich nicht aus. Ich bin mir sicher, dass diese halbfertige Verputzung keine 5 Jahre bestehen wird. Man wird hier wohl zumindest was eine einheitliche Verputzung angeht, nachbessern. Mit den Bäumen wird das aber wohl eher nichts, plant Chipperfield doch bereits seine nächste Tat. Wobei dann wohl das eine Übel das andere verdecken wird.

    APH - am Puls der Zeit

  • weshalb denkst du dass man Bomber Harris in London ein Denkmal gemacht hat?

    ich glaube man hat einfach Chipperfield gewaehlt um die Welt zu zeigen wie ""international"" man in deutschland ist, und wie offen man steht fuer neue progressive,lusw.usw.entwurfe( Foster, Chipperfield, Liebeskind um nur einige zu nennen)
    das diese entwurfe auf sich kalt, haesslich und ""nichts sagend"" sind ,interessiert die dazu zustaendige behoerde nicht: hauptsache man wird weltweit sagen: schau doch mal wie progressiv usw. die deutschen sind , die verarschen sogar ihr eigenes Armee Museum in Dresden oder Schloss um uns, die Weltbuerger zu zeigen dass man fuer ewig mit der deutschen bewzw. preussischen geschichte, brecht.
    ist es nicht einzigartig??
    :gg:

  • Schließe mich den bereits gesagten Meinungen an.
    Was mich interessiert gibt es wirklich jemanden der so etwas ersthaft schön findet!? Was für eine Lobby steckt hinter so etwas, schließlich kann es kein Zufall sein das der gleiche Nichtskönner jetzt auch noch in der Stadtschloß Kommision Platz findet.
    Und die entscheidende Frage: steht er selber hinter dem was er da veranstalltet(unstalltet) oder ist es wirklich eine Abrechung mit Berlin und dem alten Preussen...

  • @ SevenUp

    ich kann jetzt nicht für die Architekturbranche, dafür aber für die Kunstbranche sprechen, die sich mit einer ähnlichen öffentlichen Kritik konfrontiert sieht. Der Kunstbegriff hat sich vom Ästhetikbegriff gelöst. Die Einheit von Kunst und "Schönheit", die insbesondere von der griechischen Kultur bestimmt wurde und bis ins Anfang des letzten Jahrhunderts nachwirkte, wurde aufgebrochen.
    Im Mittelpunkt der Kunst steht heute zunächst die ständige Revolution, d.h. Ziel ist es nicht, Vorangegangenes weiter zu entwickeln bzw. aufzunehmen, sondern die Welt immer neu zu erfinden, d.h. die Anknüpfung an die Ideale der früheren Epochen ist nicht gewünscht, sondern im Gegenteil, sie müssen überwunden werden. Der Markt will Neues, keine Imitate.
    Zweitens steht nicht mehr so sehr das Kunstwerk an sich, sondern vielmehr die Idee des Kunstwerks an erster Stelle, soll meinen, das Konzept und die intellektuelle Begründung der Idee ist viel wichtiger als das Werk an sich. Der Prozess steht über dem Produkt (auf die Spitze getrieben haben diese Idee die Happeningkünstler). Somit kann ich von dieser Seite die Idee von Chipperfield verstehen und die Idee als solche ist meiner Meinung nach sogar nicht schlecht. Allerdings ist die Frage, ob man die Entwicklung innerhalb der Kunst auf die Architektur übertragen kann und hier sehe ich das Problem. Die Kunst richtet sich an ein elitäres Publikum, das die notwendigen Kenntnisse in die Museen etc. mitbringt und daher zumindest in den meisten Fällen die Kunst unter Einbeziehung der Kontextbedingungen verstehen kann. Außerdem richtet sich die Kunst in ihrer Ausrichtung an bestimmte Gruppen, die dann entscheiden können, ob sie sich das Werk ansehen wollen oder nicht. Der Rest bleibt eben der Ausstellung fern. Architektur findet aber im öffentlichen Raum statt und so ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit davon betroffen.
    Somit stellt die Loslösung der Architektur vom Ästhetikbegriff und die intellektuelle Überhöhung des innerfachlichen Diskurses auf dem Kunstmarkt das eigentliche Problem dar. Man hat sich mittlerweile in einer derartigen Weise vom Schönheitsbegriff der klassischen Epochen entfernt, dass selbst das beste Konzept aufgrund seines grundsätzlichen ästhetischen Mangels nicht mehr überzeugen kann.
    Deshalb hatte O`Gehry mit seinem Museum in Bilbao einen solchen Erfolg, weil er versucht hat, Element der klassischen Ästhetik wieder aufzunehmen und sein Gebäude zur Skulptur gemacht hat, die auf Harmonie statt auf Kontrast setzt. Leider hat er sich nicht weiterentwickelt und lebt heute vom Ruhm dieses einen Gebäudes, dass er in seinen Projekten bis heute zitiert. Aber zweifellos ist das Museum in Bilbao eine Ikone der Moderne und zwar zu recht. Dies konnte es aber nur erreichen, weil dieses Gebäude auch von der breiten Masse akzeptiert wurde. Und dies geht nur, wenn zumindest der Versuch unternommen wird, Werk- und Ästhetikbegriff wieder zusammenzuführen.

    APH - am Puls der Zeit

  • Zitat von "Wissen.de"

    @ SevenUp
    ...
    Der Kunstbegriff hat sich vom Ästhetikbegriff gelöst. Die Einheit von Kunst und "Schönheit", die insbesondere von der griechischen Kultur bestimmt wurde und bis ins Anfang des letzten Jahrhunderts nachwirkte, wurde aufgebrochen.

    Zweitens steht nicht mehr so sehr das Kunstwerk an sich, sondern vielmehr die Idee des Kunstwerks an erster Stelle, soll meinen, das Konzept und die intellektuelle Begründung der Idee ist viel wichtiger als das Werk an sich. Der Prozess steht über dem Produkt (auf die Spitze getrieben haben diese Idee die Happeningkünstler). Somit kann ich von dieser Seite die Idee von Chipperfield verstehen und die Idee als solche ist meiner Meinung nach sogar nicht schlecht. Allerdings ist die Frage, ob man die Entwicklung innerhalb der Kunst auf die Architektur übertragen kann und hier sehe ich das Problem. Die Kunst richtet sich an ein elitäres Publikum, das die notwendigen Kenntnisse in die Museen etc. mitbringt und daher zumindest in den meisten Fällen die Kunst unter Einbeziehung der Kontextbedingungen verstehen kann. Außerdem richtet sich die Kunst in ihrer Ausrichtung an bestimmte Gruppen, die dann entscheiden können, ob sie sich das Werk ansehen wollen oder nicht. Der Rest bleibt eben der Ausstellung fern. Architektur findet aber im öffentlichen Raum statt und so ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit davon betroffen.

    Somit stellt die Loslösung der Architektur vom Ästhetikbegriff und die intellektuelle Überhöhung des innerfachlichen Diskurses auf dem Kunstmarkt das eigentliche Problem dar.

    Man hat sich mittlerweile in einer derartigen Weise vom Schönheitsbegriff der klassischen Epochen entfernt, dass selbst das beste Konzept aufgrund seines grundsätzlichen ästhetischen Mangels nicht mehr überzeugen kann.

    ..., weil dieses Gebäude auch von der breiten Masse akzeptiert wurde. Und dies geht nur, wenn zumindest der Versuch unternommen wird, Werk- und Ästhetikbegriff wieder zusammenzuführen.

    Gut gesagt :!: Sehr zutreffende Analyse.

    :applaus:

    ... und es kommt auf das WIE in der Ausführung einer Idee an, ob sie als gut oder misslungen empfunden wird (und mit Empfinden meine ich alle Sinne und nicht ausschließlich den intellektuell geprägten Verstand, der in Konzepten denkt und das gut findet, was seinen Konzepten entspricht.)

  • Ich hatte mal ein sehr interessantes, zugegebenermaßen sehr theoretisches Gespräch in einer Fachrunde zum allgemeinen und subjektiven Ästhetikbegriff in der Kunst. Es ging damals darum, ob der Schönheitsbegriff in der Kunst (Formen, Linien, Körper) rein subjektiv ist, d.h. sich auf einen gesellschaftlich konnotierten Zusammenhang stützend (d.h. Schönheit ist ein gesellschaftlich vereinbartes Phänomen) oder ob Schönheit einen objektiven Charakter besitzt. Ergebnis dieser langen Diskussion war am Ende, dass Schönheit beide Eingenschaften enthält. Schönheit ist zum großen teil subjektiv (man vergleiche das Schönheitsideal in Bezug auf den weiblichen Körper zu Rubens Zeiten und heute), aber es gibt auch Grundzüge die über alle Grenzen von Kultur und Religion als mehrheitlich schön empfunden werden. Die Griechen haben dieses Schönheitsideal manifestiert. Diese objektiven, über alle Grenzen als schön wahrgenommenen Strukturen, fehlen der Kunst heute oft. Aber sie fehlen ihr nicht unbewusst, sondern man will diesen Bruch.

    APH - am Puls der Zeit

  • @ wissen.de
    Die Leute, die diesen von Dir angenommenen bewußten Bruch wollen, sehe ich als solche, die das Leben schwerpunktmäßig aus der Kopfperspektive wahrnehmen, will heißen verstandesmäßig erfassen, was unter Abspaltung anderer Wahrnehmungs- und Gefühlsebenen nur möglich ist. Kunst- und Architekturproduktionen dieser Menschen sind dann Kopfgeburten, denen der Bezug zur Natürlichkeit und die Einfügung in das Ganze auffällig fehlen. In der Architektur strahlen sie diese kantige Gefühlskälte aus, es fehlt das weiche, weibliche Element.
    Ein mit allen Sinnen und vor allem mit dem Herzen sehender und fühlender Mensch erfaßt intuitiv die naturgegebene Schönheit in seinen Werken, weil er das Empfinden für Harmonie in sich trägt und es eine Freude ist diese auszudrücken.
    Ich hab' ja schon mal zu diesem Thema einige heftig kritisierte Äußerungen von mir gegeben und lasse das jetzt hier. Ist nicht der Ort. Evt. demnächst im Bereich "Architektur allgemein".
    Sonst setze ich mich wieder in die Nesseln... :augenrollen:

  • @ SchortschiBähr

    es geht nicht mal um das Weibliche, auch nicht um das Kantige. Es sei in diesem Zusammenhang auch einmal die Theorie vom goldenen Schnitt erwähnt (Verhältnis von Strecken, Abständen bzw. Verhältnisse im Allgemeinen). Dies jetzt näher auszuführen, ginge aber zu weit.
    Aber du hast recht in dem Punkt, dass Kunst heute Kopfsache ist. Es gibt ja auch dien Theorie, das es Kunst überhaupt nicht gibt, sondern das Kunstwerk entsteht erst im Kopf des Betrachters. D.h. das Kunstwerk ist ein rein individuelles Phantasieprodukt. Jeder nimmt Kunst mit seiner eigenen Entwicklungsbiographie anders war. Dies stellt eine immense Herausforderung für den Betrachter dar, muss er sich doch Kenntnisse über das Kunstwerk aneignen, um es verstehen zu können (hier seien die Kunstwerke von Joseph Beuys angesprochen: den Sinn von Filz und Fett und ihre Bedeutung im Kunstwerk selbst kann man nur verstehen, wenn man die Biografie des Künstlers kennt). Dies hat zur Folge, das die Rezeption von Kunst zum individuellen Akt wird, der gleichzeitig aber auch wesentliche Gruppen von der Kunst ausschließt, da das Kunstwerk so vielschichtig codiert ist, dass ein Großteil der Bevölkerung diese "Decodierarbeit" nicht leisten kann. Ähnlich verhält es sich beim neuen Museum. Das Kunstwerk entsteht erst im Kopf des Betrachters mit der entsprechenden Kenntnis der Baugeschichte. Dann kommt noch erschwerend hinzu, dass sowohl die Kunst, wie auch die Architektur den Gesetzmäßigkeiten der objektiven Ästhetik nicht mehr folgen, sondern gegensätzliche Ästhetikkonzepte erstellt haben, die der breiten Masse aber verschlossen bleiben und so auf mangelnde Akzeptanz stoßen.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich möchte meine Überlegungen mit zwei weiteren Punkten abschließen.


    Die Moderne – ein gesellschaftliches Gegenmodell


    Die Moderne kann in ihrer Intention nur verstanden werden, wenn man ihre Entwicklung in einen gesellschaftlichen Kontext rückt. Denn Kunst wie Architektur ist ohne die Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung nicht verständlich. Die Moderne ist keine willkürliche Laune der Natur, sondern ein gesellschaftliches Gegenmodell.
    Sie entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf die absolutistische Gesellschaft. Sie war eine avantgardistische Bewegung, die nicht mehr wollte als eine völlig andere Gesellschaft. Kunst und Architektur waren immer Symbol der Herrschenden. Die Königshöfe von Preußen oder auch von Frankreich waren Sinnbild, ja steingewordene Manifestation der „alten Ordnung“. Gleichzeitig repräsentierten sie aber die Ideale des klassischen Ästhetikbegriff (Symmetrie, die Ordnung der Elemente, aber auch die Grundgedanken der klassischen griechischen Ästhetik). Und genau dies wurde zum Problem. Man wollte die neue Ordnung, die Revolution. Und diese Revolution musste sich ausdrücken. Und dies tat sie in der völligen Abkehr vom bisher Gültigen, dem finalen Bruch mit allen geltenden Konventionen. Die Zeit des Nationalsozialismus hat diese Problematik noch weiter verschärft, knüpfte man doch wieder an die klassichen Elemente an und nicht nur dass, sie wurden idealisiert und zum Ausdruck des Regimes. Man denke nur an die Zurschaustellung des Körperideals in Leni Riefenstahls Olympiafilm (die Menschen als Abbild der griechischen Götter). Es kam zumindest in den Köpfen der Menschen zu einer Verknüpfung von Kunst und Politik. Mit dem Ende des Dritten Reichs setzte eine noch stärker werdende Gegenbewegung ein als Anfang des 20. Jahrhunderts. Man wollte die Distanzierung, die völlige Distanzierung, gesellschaftlich, künstlerisch, architektonisch. Somit ist die Moderne nicht primär ein künstlerischer, sondern vielmehr ein gesellschaftlicher Gegenentwurf, der sich aber in Form von Kunst, Literatur wie auch in der Architektur als Symbole der Gesellschaft manifestiert. Der künstlerische Bruch ist somit ein gesellschaftlicher Bruch. Dieser Gegenentwurf hatte somit auch eine Revision des Ästhetikbegriffs zur Folge. Meiner Meinung nach war die Abkehr vom traditionellen Ästhetikbegriff nie primäres Ziel, sondern vielmehr Mittel zum Zweck einer gesellschaftlichen Bewegung. Man könnte auch sagen, die traditionelle Ästhetik hatte einfach Pech, Pech als Symbol einer gesellschaftlichen Ordnung zu stehen, die sich selbst überlebt hatte.
    Und mit der Revision des Ästhetikbegiffs gingen die Begriffsinhalte mit den Jahren verloren. Bemerkenswert ist aber nicht nur die Verschiebung auf dem Bereich der subjektiven Ästhetik, auch die grundsätzlichen und als objektiv geltenden ästhetischen Strukturen wurden aufgebrochen und neu besetzt. Und hier liegt das eigentliche Problem der Moderne. Sie versucht, natürliche Gesetzmäßigkeiten außer Kraft zu setzen und dies muss scheitern. Lasst mich dies kurz erklären:

    Der Mensch – ein Individuum gefangen im Dilemma des symmetrischen Systematismus

    Ist euch die bemerkenswerte Logik der natürlichen Gesetzmäßigkeiten schon einmal aufgefallen? Der Mensch ist ein symmetrisch gefügtes Lebewesen, er besteht sozusagen aus zwei annähernd gleichen Teilen, genau wie jedes andere Lebewesen, jede Pflanze, jedes Geschöpf auf dieser Erde, selbst jedes Blatt folgt dieser Gesetzmäßigkeit. Und dann ist es nicht verwunderlich, dass der Mensch diese Systematik aufgreift und nicht nur dass, er zelebriert sie. Ist euch aufgefallen, dass zumindest bis ins 20. Jahrhundert hinein fast jedes Schloss symmetrisch aufgebaut ist? Fast jedes Haus, jede Kirche ja selbst die prachtvollen Gärten des Barock, alle funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Es scheint, als besitze der Mensch einen einprogrammierten Code, der ihn dazu animiert. Symmetrie bedeutet Harmonie, ihre Vollkommenheit ist Perfektion. Symmetrie schafft Ordnung, schafft Regelmäßigkeit. Und die braucht der Mensch. Der Mensch denkt in Mustern und Schablonen. Nur so können die auf den Menschen einwirkenden Sinneseindrücke überhaupt bewältigt werden, d.h. der Mensch braucht Ordnung. Weicht ein Sinneseindruck von bestehenden Mustern ab, müssen die Denkmuster entweder differenziert oder ganz neu angelegt werden. Da der menschliche Geist aber bestrebt ist, mit so wenigen Mustern wie möglich auszukommen, bedeutet dies Denkarbeit und gegebenenfalls Unzufriedenheit, denn der Mensch zielt auf die optimale Passung der Muster. Erst wenn es unbedingt nötig wird, werden bestehende Muster revidiert. Und dieser Fakt erklärt viele Probleme mit moderner Architektur. Sie widersetzt sich dem Symmetrie- und Ordnungswillen des menschlichen Geistes. Die Moderne versucht zwanghaft, menschliche, natürlich codierte Muster zu unterlaufen und dies muss scheitern. Nehmen wir als Beispiele ein traditionelles Bürgerhaus und den neu errichteten Galeriebau von Chipperfield in Berlin. Chipperfields Neubau widersetzt sich bewusst den natürlichen Denkmustern des Menschen. Dadurch fällt er jedem zunächst auf, weil er nicht in das typische Raster eines traditionellen Hauses passt. Seine wahllos angeordneten Fenster lassen kein System, keine Ordnung, keine Symmetrie erkennen. Es fällt dem Menschen zwar als Abweichung auf, aber eben nicht positiv, sondern vielmehr als Störung bestehender Muster. Dies ist der Grund, warum die Moderne aus ästhetischen Gründen gescheitert ist. Im Streben nach gesellschaftlicher Veränderung hat sie die Natur des Menschen übergangen. Die Moderne verlangte eine Anpassung und Dehnung des Äthetikbegriffs, die der Mensch aufgrund natürlicher Beschränkungen nicht leisten kann. Ihre Ziele nach Kontrast, Beliebigkeit und Chaos widersprechen diametral der menschlichen Natur und ihrem Streben nach Harmonie, Ordnung und Perfektion.

    APH - am Puls der Zeit

  • @wissen.de
    Sehr schöne Ausführungen!
    Passend dazu stelle ich nochmal einen Essay ein,
    der vor kurzem in der Welt erschienen ist.

    http://www.welt.de/welt_print/art…er_Moderne.html


    Zitat

    19. November 2007, 04:00 Uhr Von Alexander Gauland
    Essay

    Zweifel an der Moderne

    Verachtung jedweder Tradition, Gender-Mainstreaming, Plattenbauten, industrieller Massenmord: Viele Erscheinungsformen der Moderne werfen grundsätzliche Fragen nach deren Legitimation und Humanität auf
    In Dresden findet die Abstimmung über die Moderne mit den Füßen statt. Seit sich die Dresdner entschlossen haben, den Neuen Markt rund um die Frauenkirche wiedererstehen zu lassen, wandern Heerscharen von Einheimischen und Touristen an Häusern vorbei, die den Ideen des Bauhauses Hohn sprechen: Vor moderne, industriell gefertigte Betonkerne werden ebensolche Fassaden gehängt, die - nach alten Vorlagen gegossen - dem von Bomben zerstörten Neuen Markt seine auf Canalettos Bildern festgehaltene Gestalt zurückgeben.Für die Anhänger der Charta von Athen, die Ästheten der Sachlichkeit und der baukünstlerischen Wahrheit ein Gräuel. Denn nichts stimmt hier, Material, Fertigungsweise und barocke Formen widersprechen sich, schließen einander aus. Doch die Menschen fühlen sich unwiderstehlich von der alten Formensprache angezogen und übersehen gern das allzu Neue, Glatte, den Mangel an Tradition und Patina. Und wie in das alt-neue Dresden strömten die Menschen in Peter Steins "Wallenstein", reines Texttheater ohne alle Regiemätzchen. Das Stück war immer ausverkauft, und Dresdens neuer Freiluftsalon ist immer voller Menschen. Und auf einmal ist es für die Besucher hier wie dort auch ohne Bedeutung, dass "fortschrittliche" Intellektuelle aller Richtungen über beides den Kopf schütteln, auf das vorgeblich Falsche, Antimoderne verweisen und von Kulissenarchitektur und Abspieltheater sprechen. Das erste Mal beginnt die Deutungshoheit der Modernisten zu wanken, wirken ihre Einwände formelhaft und fantasielos. Denn dass der jakobinische Terror nur eine Abirrung vom prinzipiell richtigen Wege, der nationalsozialistische Massenmord dagegen Ausdruck eines falschen Prinzips war, dass also immer noch fortschrittlich gegen reaktionär, prinzipiell richtig gegen ganz falsch steht, ist schon seit den bolschewistischen Morden zwischen 1917 und 1953 eine Mär derer, die in der Geschichte einen kontinuierlichen Prozess zu mehr Freiheit sehen wollen und Hitler und seine Ideologie deshalb in die Vormoderne verbannen möchten.Kann es nicht sein, dass die ganze Richtung nicht stimmt, dass Französische Revolution wie Bauhaus Fehlentwicklungen symbolisieren, an deren Folgen wir jetzt leiden? Martin Mosebach hat mit seiner Fastgleichsetzung des nationalsozialistischen Massenmords mit dem jakobinischen einen Tabubruch begangen, der wie alle Tabubrüche auch eine neue Freiheit verheißt, nämlich neu nachzudenken, ob diese Moderne wirklich alternativlos ist und der Weg zwingend von den fantasievollen Wohnhäusern Le Corbusiers zu den trostlosen Kastenbausiedlungen Kranichsteins, des Märkischen Viertels oder Bremens neuer Vahr führt. Hat es also einen Punkt gegeben, wo Innovation, Fantasie und Neuerung in Rechthaberei, Intoleranz und Unterdrückung umgeschlagen sind, wo die Moderne - um mit Karl Kraus zu sprechen - zu der Krankheit wurde, für deren Heilung sie sich heute noch hält.Diese Frage führt sofort ins Zentrum des mosebachschen Vergleichs - zur Französischen Revolution. Denn es war ja nicht nur der Terror als Ausdruck dafür, dass die Richtung nicht stimmte, es war die Revolution selbst, die ein Irrtum war. Schon früh haben deshalb die Kritiker, an ihrer Spitze Edmund Burke, auf das grundsätzlich Falsche dieser neuen Moderne hingewiesen. Sie wandten sich gegen die Abstraktionen vermeintlich rationaler Gesellschaftsentwürfe, gegen die Anrufung der Menschheit wider die Unvollkommenheiten des Menschen, gegen die abstrakte Freiheit, die sich nicht in Institutionen zur Sicherung der Freiheit des Einzelnen verwirklicht, gegen gesellschaftliche Entwürfe vom Reißbrett, die die Traditionen und Erfahrungen von Jahrhunderten außer acht ließen, gegen eine Räson des Staates, die den Staatszweck losgelöst von den Menschen definiert, gegen die Vergötzung der Nation sowie gegen alle Spekulationen, die, von einem neuen Menschen träumend, die menschliche Gesellschaft neu erfinden und Verfassungen auf ein leeres Blatt Papier schreiben wollten.Es war diese Maßlosigkeit, diese Verachtung von Traditionen und jahrhundertealter Erfahrung, die hier ihren Ausgang nahm und der Moderne jene intolerante, menschenverachtende Richtung gab, die sich - um nur zwei Beispiele zu nennen - im modernen Bauen ebenso wie im Gender-Mainstreaming ausdrückt. Es musste eben alles niedergerissen werden, der Unterschied zwischen Mann und Frau wie das Ornament an der Hausfassade, der gestaltete Platz wie der überlieferte Text eines Theaterstücks. Doch statt der schönen neuen Welt, die uns die Charta von Athen versprochen hat, haben wir graue Einförmigkeit bekommen, der die Menschen in die Disneywelt eines neuen barocken Dresden oder in das als Kaufhaus wiedererstandene Braunschweiger Schloss entfliehen. Die von der Moderne geschaffene Welt ist sachlich, trivial, einförmig, überraschungsarm und wenig faszinierend, Identität aber bedarf der Anschaulichkeit, der Symbole und der Ästhetisierung des Alltags. Die Moderne stellt dafür außer abstrakten Bildern und Plattenbauten nichts bereit. Dieser Mangel wurde früh erspürt - von den Romantikern wie Novalis und Eichendorff zu Beginn des 19. Jahrhunderts und von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Stefan George, Ernst Jünger und Walter Rathenau an der Wende zum 20. Die Kritiker der Moderne wollen nicht zurück hinter die Aufklärung des 18. Jahrhunderts, ihr Widerspruch richtet sich nicht gegen die Rationalität, sondern gegen deren Unvollkommenheit. "Vernünftiges Handeln", so hat es der Philosoph Dieter Henrich einmal formuliert, " kann nicht in Unkenntnis bisheriger Geschichte und der dekretierten Abkehr von ihr ins Werk gesetzt werden. Es ist darauf angewiesen, sich der Traditionen zu vergewissern, in denen es steht, der Situation, die es vorfindet, auch der Handlungsmöglichkeiten, die stets beschränkt sind durch die Existenz von Motivationszusammenhängen, welche nur durch Verständigung dauerhaft veränderbar sind, nicht durch Gewalt."Die heutige Moderne ist ein Irrweg, weil sie es versäumt hat, "die gewachsenen Strukturen des Lebens und des Glaubens als eine Quelle andersartiger Vernunft offenzuhalten", weil "sie Traditionen, Altersvernunft und Lebensklugheit nicht gegen das übermächtige Programm wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Zweckrationalität verteidigt hat" (Di Fabio), weil sie schon früh aus dem Gleichgewicht geraten ist. Verlust der Mitte hat das in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts Hans Sedlmayr genannt. Unser Unbehagen an der Moderne hat hier seinen Ursprung, und zu dieser Moderne gehören leider Robespierre wie Stalin, Hitler wie Pol Pot. Es ist schon richtig, diese Moderne hat das Tafelbild abgeschafft, unsere Städte ruiniert und das Texttheater zertrümmert. Das war nur möglich, weil im Verlaufe der Französischen Revolution Aufklärung zu Zwangsbeglückung wurde und Überwältigung Überzeugung ersetzte. Von Friedrich von Gentz stammt das Bild von dem großen, alles zermalmenden Rad des Fortschritts, das viele Menschen weitertreiben. Deshalb müsse es immer einige wenige geben, die in die Speichen greifen und seinen Lauf verlangsamen, damit es gleichmäßig rollt und niemand zu Schaden kommt.In den letzten 200 Jahren hat es zu wenige gegeben, die dem Rad der Moderne in die Speichen gegriffen haben. Doch die Hoffnung wächst bekanntlich mit der Not.

    "Europa wurde von den Bürgern erbaut und von den Proleten zerstört."
    - Sándor Márai