Zum Kulturpalast in Bitterfeld-Wolfen
Auch ohne Pandemie ist es mir schleierhaft, wie für ein so großes Haus (1000 Sitzplätze im großen Saal, 240 Räume) ein vernünftiges Nutzungskonzept entwickelt werden kann (von einer Entkernung einmal abgesehen, wo am Ende nur vier Wände und ein Dach Messestände vor schlechtem Wetter schützen) , dass eine Sanierung und einen wirtschaftlichen Betrieb rechtfertigt, zumal ja nur wenig weiter in deutlich urbanerer Umgebung das städtische Kulturhaus mit 600 Plätzen liegt.
Der Kulturpalast, so war es ja gewollt, wurde quasi in Werksanbindung errichtet, dem Eingangstor des Elektrochemischen Kombinates Bitterfeld (1968 ereignete sich dort einer der folgenschwersten Industriekatastrophen der DDR) gegenüber, damit die Arbeiterschaft der umliegenden Betriebe nach der anstrengenden Schicht gleich singen und tanzen konnte und liegt heute in einer so trostlosen Umgebung, die wohl kaum ein auch nur wenig anspruchsvolles Theaterpublikum ertragen will. Schon zu DDR-Zeiten, und ich kenne das Haus bewusst seit etwa 1968, war es nur selten zu füllen und ein zahlreiches kulturbeflissenes Bildungsbürgertum hat es in Bitterfeld nie gegeben.
Schade ist es natürlich, zumal das Foyer oder der große Saal auf ihre Weise schon beeindruckend sind, aber damit allein kann man keinen notwendigen Umsatz erwirtschaften. Und die in Bitterfeld-Wolfen seit Jahren negative Bevölkerungsentwicklung (immer weniger, immer älter) tut ihr übriges.
Die „neoklassizistische Monumentalarchitektur“ jedenfalls, wie im obigen Artikel vom MDR erwähnt, kann nicht verhehlen, welches Geistes Bruder oder Schwester sie ist:
(Neue Reichskanzlei in Berlin, Albert Speer)
Nur für ein leeres Denkmal einer verfehlten Ideologie („Bitterfelder Weg“) 10 Millionen € (dabei bleibt es dann unter Garantie nicht!) locker zu machen und mit dem zukünftigen Erhalt endlos weitere Kosten zu generieren, dafür spricht aus meiner Sicht wenig.
Hätte sich Walter Ulbricht rechtzeitig entschlossen, sich wie Lenin, Stalin, Dimitroff oder Mao einbalsamieren zu lassen und seine Ruhestätte als Mumie in den Katakomben des Palastes genommen, na dann hätten wir ja wie anderenorts mit dem Ritter Kahlbutz eine ziemliche Grusel-Attraktion als Publikumsmagnet. Aber so…