Beiträge von Civitas fortis

    Das kommt darauf an, welches Prinzip im jeweiligen Bundesland angewendet wird. Beim konstitutiven System benötigt es zur Eintragung in die Denkmalliste eines Verwaltungsaktes, den grundsätzlich nur die zuständige Behörde erlassen kann. Der Eigentümer kann die Prüfung veranlassen oder die Behörde selbst. Dritte können einen von beiden nur darauf hinweisen. Beim deklarativen System ist alles, was den Schutzkriterien des Gesetzes entspricht, ohne Verwaltungsakt automatisch geschützt - sogar, wenn es noch gar nicht bekannt, verschollen, vergessen, oder was auch immer ist.

    Soweit ich weiß, wendet Berlin das deklaratorische Prinzip an, d. h. alles laut Gesetz Denkmalfähige unterliegt prinzipiell dem Denkmalschutz, soweit nicht explizit als nicht denkmalwürdig festgestellt. Möglich, dass entsprechende Auflagen nur bei ausdrücklicher Feststellung des öffentlichen Erhaltungsinteresses gelten. Soweit jedenfalls meine angelesene Kenntnis; die Experten mögen mich korrigieren.

    In der Deutschen Fotothek kann man ja ziemlich genau suchen. Wer am Wochenende viel Zeit zum Stöbern hat, hier der Direktlink zur Suche nach Architektur-bezogenen Fotos von Dresden zwischen 1949 und 1990, aus deren Ergebnis die beiden Aufnahmen sind.

    Ich kann übrigens noch dieses Buch sehr empfehlen: Straßenbahnen in Dresden – Die Linien in den Westen der Stadt - derzeit leider nur antiquarisch zu bekommen.

    Es enthält unglaublich viele Fotos entlang der Straßenbahnstrecken vom Postplatz ausgehend nach Cossebaude, Löbtau, Wölfnitz, Leutewitz, Cotta, Gorbitz, und zum Schlachthof aus der Nachkriegszeit bis ca. 1990. Die Bildfolgen sind jeweils streng geografisch und zeigen einige Orte daher aus mehreren Perspektiven, bzw. in mehreren Zeitabschnitten. Die schiere Menge der Aufnahmen (die zwar immer auf die Straßenbahn bezogen, aber natürlich dennoch fast immer Stadtansichten sind) lässt einen die Verwandlung mancher Orte sehr direkt nachempfinden. Viele der Aufnahmen scheinen in dem Buch erstmals veröffentlicht worden zu sein.

    Man muss allerdings dazu sagen, dass das Museum auch in einer Rekonstruktion des Portalgebäudes und mindestens eines Teils der Halle hätte untergebracht werden können; das wurde nur nicht in Erwägung gezogen. Das Paradebeispiel für eine solche abweichende Nutzung ist Paris, Gare d'Orsay.

    Für die restliche Bahnhofshalle hätte sich zur Not auch eine andere Nutzung gefunden, z. B. auch für den vorhandenen Sportplatz.

    Das Argument, einen Bahnhof nicht zu rekonstruieren, weil er nicht mehr als Bahnhof genutzt werden würde, ist keins, wenn man das Gebäude wegen seiner architektonischen Qualitäten hätte wiederaufbauen wollen. Und wenn man gewollt hätte, wäre eine Rekonstruktion thematisch auch mit der Nutzung als Exilmuseum vereinbar gewesen - hätte man doch einen plastischen Eindruck bekommen, wie die Geschichte an diesem Ort ablief. In Museen wird doch heutzutage so viel Kulisse und Illusion aufgebaut, damit die Besucher "mittendrin" sein können - hier wäre es nicht nur Kulisse gewesen.

    Man hätte auch die völlig unnötige Beseitigung der Ruine für nie umgesetzte Planungen heilen können. Es hätte viele Gründe für eine Rekonstruktion gegeben - allein: man wollte nicht. Dass das jetzt Weinen über vergossene Milch ist, ist klar, aber man sollte nicht so tun, als wäre das alles unausweichlich und alternativlos gewesen.

    Mit dieser Fuge ist ohnehin nichts für den Denkmalschutz des Hotels Bellevue gewonnen. Bei einem lückenlosen Anschluss einer Rekonstruktion wird genauso viel Substanz des Denkmals beeinträchtigt, wie mit der Fuge: gar keine. Das ist ein ebenso fadenscheiniges Argument, wie damals mit der angeblich benötigten Schleppkurve in der Galeriestraße.

    Das Hotel würde im Gegenteil durch eine dann vollendete Einbettung in den Blockrand gewinnen. Immerhin wurde es ja aus genau diesem Grund mit Mansarddach und dem der Straße folgenden Knick in der Fassade, der gleichen Traufhöhe und der an den Bestand angepassten Achsen- und Geschossgliederung der Fassade entworfen.

    Der Tourismus ist Hauptwirtschaftszweig in der Region. Da kann man sich ja schon fragen, ob dieses Teil positiv dazu beiträgt, diese Branche in Stadt Wehlen zu entwickeln. Im besten Fall kommen im ersten Jahr ein paar zusätzliche Besucher, "um ma zu guggn", im schlechtesten Fall kommen weniger Touristen, weil dieses Parkhaustreppenhaus von überall im Ort und darüber hinaus sichtbar sein wird.

    Positiv für Stadt Wehlen wäre es, eine Attraktion zu schaffen, die sich in das vorhandene Umfeld einfügt, welches bis heute weitestgehend frei von solchen "modernen" Störfeuern ist und mit der einzigartigen Landschaft ein beschauliches aber lebendiges Bild abgibt. Schaut's euch an:

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    Aus dem Artikel ergibt sich das Ausmaß dieses Vorhabens:

    Elbabwärts reicht die Sichtachse über die Dächer von Stadt Wehlen hinweg bis zur nächsten Flussbiegung, elbaufwärts bis zum Kurort Rathen.

    Man muss trotzdem sagen, dass mehr als zwei übereinander liegende gleichartig gestaltete Geschosse nicht ausgewogen erscheinen; das Auge kann die häufige Wiederholung nicht auf einen Blick erfassen. Wegen der heutzutage geringeren Geschosshöhen bin ich eigentlich fast immer für die optische Zusammenfassung von EG und 1. OG und eine abweichende Gestaltung des obersten Geschosses (z. B. andere Fensterformate), was bei diesem Gebäude noch drei Mittelgeschosse übrig gelassen hätte, die man mit einem Gesims und z. B. unterschiedlichen Fensterrahmungen o. ä. noch hätte voneinander unterscheiden können. Diese Änderungen würden sicher nur wenig Mehraufwand und bzgl. der gestalterischen Grundkonzeption keine grundlegende Abweichung bedeuten, zumal das Architekturbüro sein Handwerk bzgl. traditioneller Gestaltung ja versteht.

    Alter Leipziger Bahnhof

    Zuletzt hier:

    Civitas fortis
    23. Oktober 2023 um 13:48

    Das Preisgericht hat einen Gewinner im Wettbewerb gekürt, wie die Stadt in einer Pressemitteilung berichtet, ebenso wie daraufhin die Sächsische Zeitung. Zu sehen ist das Ergebnis auch auf der Informationsseite der Stadt.

    Zitat von Landeshauptstadt Dresden

    1. Preis: KOPPERROTH Architektur & Stadtumbau PartGmbB mit Fabulism GbR und Station C23
    2. Preis: Yellow Z – Abel Bormann Koch Architekten und Stadtplaner PartGmbB mit RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten
    3. Preis: rheinflügel severin mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten
    4. Preis: Machleidt GmbH Städtebau + Stadtplanung mit UKL – Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten

    Am 21. März 2024 werden die Ergebnisse präsentiert und anschließend bis 13. April ausgestellt.

    Hier nochmal der Entwurf:

    Kopperroth Architektur & Stadtumbau PartGmbB mit Fabulism GbR und Station C23

    ALB_Pers7_Kopperroth.png

    Bildnachweis: © Kopperroth Architektur & Stadtumbau PartGmbB mit Fabulism GbR und Station C23 in: dresden.de

    Das wäre doch ein Präzedenzfall für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bzgl. Unterstützung einer Rekonstruktion und evtl. gibt es Versicherungsleistungen, denn laut Artikel ist die Verpuffung dadurch begründet gewesen, dass ein Anwohner unerlaubt in das Gebäude zurückgekehrt ist. Inwiefern das als (fahrlässige) rechtswidrige Zerstörung eines Kulturdenkmals oder als Unfall einzuordnen ist (bis zu 500.000 Euro Geldbuße nach § 28 Abs. 2), wird dabei eine Rolle spielen, aber wenn sich z. B. die Gemeinde für einen Wiederaufbau positionieren würde und es Fördermittel gäbe, könnte es theoretisch eine Chance auf Wiederaufbau geben.

    Zwischen der Reichenbachstraße und der Bahn ist in den letzten Jahrzehnten so viel Kraut und Rüben entstanden, dass ein einheitliches Bebauungskonzept (Villengegend oder Blockrand) gar nicht mehr möglich ist, höchstens etwas Kosmetik an freien Blockkanten oder durch Ersatz von Plattenbauten. Vor allem letzteres kann man sich mittlerweile abschminken. Statt jeden Block gesamtheitlich zu beplanen hat man einfach alle freien Stellen mit irgendwas (Zweckbauten, Einfamilienhäuser, Kindertagesstätten, Parkplätze, etc.) zugestellt. Das Projekt (bei dem ich mir aber nicht sicher bin, ob die Visualisierung aktuell ist oder überhaupt dem in der Gestaltungskommission vorgestellten Vorhaben entspricht) reiht sich da wunderbar ein.

    So sah's an der Ecke übrigens vor 1945 aus (rechts Eckgebäude, Blick Richtung Strehlener Platz):

    stre0531.jpg

    Bildnachweis: altesdresden.de

    Hier noch ein Senkrechtluftbild des Gebiets.

    Ich durfte Prora als Teenager in den 90-er Jahren bereits kennenlernen.

    Wahrscheinlich als einer von denen, die uns damals hinterm Parkplatz zum heimlichen Rauchen verführen wollten :wink:

    ... und doch stellt man sich diesen Komplex vor dem inneren Auge vollständig und in lebhaftem Betrieb vor, wenn man kopfschüttelnd davor steht. So ging es mir in den 90ern, als ich dort als Grundschüler schon wegen der damaligen Kasernenhaftigkeit der Jugendherberge, der Ausmaße des Komplexes, und der Trostlosigkeit des Areals immens beeindruckt war, und so ging es mir letztes Jahr, als ich knapp 30 Jahre später den Ort nochmal ausgiebig erkundete, um meine Erinnerung zu überprüfen.

    Man steht dort und sucht nach Vergleichen, und seltsamerweise würde man insgeheim sogar diese Anlage in Funktion, allein wegen der Faszination, die diese Gigantomanie auslöst - nur, um zu sehen, wie es gewesen wäre - einem gesichtslosen Mittelmeerstrand mit aneinandergereihten Beton-Bettenburgen vorziehen - logischerweise ohne den ideologischen Hintergrund und logischerweise unabhängig davon, dass die idyllische Insel Rügen für diese Art Tourismus absolut der falsche Ort ist.

    Die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen mit Balkonen, Terrassen, Vorplätzen, Anbauten, usw. wirken völlig verloren und man merkt dem Komplex und der Umgebung immer noch an, dass keiner wirklich etwas damit anzufangen weiß; dass man damit vielleicht auch gar nichts anfangen kann. Als authentischste Nutzung erschien mir noch der Sandparkplatz am Nordende, wo sich am Wochenende die örtliche Jugend mit ihren aufgemotzten Karren zum Feiern vor den Ruinen traf. Noch "authentischer" wäre wohl nur die ursprünglich geplante Nutzung, mit Zaun drumherum und Kassenhäuschen, als Themenpark für ideologischen Irrsinn.