Gehsteig- und Straßenbeläge

  • Wie qualitätvoll Gehsteige und Straßen belegt sind, macht viel aus im Hinblick auf den Eindruck, den eine Stadt bei ihren Besuchern hinterlässt. Ein ungepflegter, kaputter Beton- oder Asphaltbelag beeinträchtigt selbst die großartigste Architektur.

    Hochwertige Gehsteig- und Straßenbeläge aus Natursteinen sind meist auch äußerst haltbar und für eine Stadt generell eine gute Investition, nicht nur in ihrem historischen Zentrum. Ich beginne diesen Themenstrang mit einem in meinen Augen besonders positiven und einem besonders negativen Beispiel.

    Sehr gut gewählte Bodenbeläge findet man oft in den östlichen Bundesländern. Ein wichtiger Grund hierfür ist sicherlich, dass dort seit den 1990ern praktisch alle Stadtzentren grundhaft saniert wurden. Hinzu kommt meiner Ansicht nach, dass dort das baukulturelle Niveau und Qualitätsbewusstsein allgemein höher entwickelt ist als im Westen.

    Dresden:

    Besonders schön und qualitätvoll sind die Gehsteigbeläge im Altstadtbereich: meist präzise gesägte Granitplatten mit leichten Farbton- und Breitenvariationen. Die Straßenbeläge aus Granit und Basaltstein sind meist so präzise geschnitten, dass auch Rad- und Rollstuhlfahrer sie ohne starkes Rütteln passieren können.

    Das absolute Negativbeispiel nach meiner persönlichen Erfahrung war leider Köln, wo es meist nur Asphalt als Gehsteigbelag gibt, im besseren Fall Betonplatten:

    Festgetretene Kaugummis scheinen mit Gehplattenbeton eine praktisch unlösbare Verbindung einzugehen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Danke, also ich genieße es auch, auf schöne Wege und Straßenbeläge zu laufen. Ich hoffe, ich werde in Zukunft diesen Strang auch tatkräftig mitunterstützen können. Ich achte nämlich sehr darauf.

    Weil Du von den neuen Bundesländern sprichst. Ich kann mich an einer Schlagzeile erinnern, dass man sich nach der Wende hier in Bayern furchtbar aufgeregt hatte, man würde im Osten unnötig das Wiederaufbaugeld für die feinsten und teuersten Bürgersteige verschleudern, welche "wir" zu bezahlen haben. Und ich muss jetzt sagen, dass haben sie im Osten absolut richtig gemacht: Steuergeld für nachhaltige ästhetische Infrastruktur verwenden!

    Ein Link nach Grabow. Es war nicht das einzige Städtchen in dieser Gegend mit wunderbaren Straßenbelägen. Für weitere Stränge hatte ich leider damals nicht die Zeit. Ich kann aber nicht sagen, ob ein Teil des Straßenbelags schon zur DDR-Zeiten gab. In den anderen Städtchen waren die Bürgersteige auf alle Fälle neu und hochwertig, ich muss mal nach den Bildern suchen.

    Beauty matters!

  • Hier passend ein Verweis zum Gestaltungshandbuch für den öffentlichen Raum in Dresden, das präzise festlegt, in welchen Stadträumen welche Beläge, Stadtmöbel, etc. zu verwenden sind. Sowas hilft enorm, wenngleich es auch in Dresden nicht immer eingehalten wurde, z. B. am Freiberger Platz, was dann sehr oft beliebig wirkt:

    1280px-Freiberger_Platz%2C_Dresden%2C_November_2015.jpg
    Bildnachweis: ubahnverleih, CC0, via Wikimedia Commons

    Für den Innenstadtbereich sollen demnach nur Natursteinbeläge verwendet werden. Ausschließlich Beton (Borde, Pfaster) und Asphalt ist ausschließlich für Gewerbegebiete und Verkehrsachsen vorgesehen. Der ländliche Raum im Stadtgebiet soll ebenfalls nur mit Naturstein auskommen. In Gebieten dazwischen wird eine Mischung aus Betonplatten oder -pflaster und Granitborden verwendet.

  • Hier drei Beispiele aus Potsdam für Gehsteig- und Straßenbeläge, die so noch mindestens ein paar Jahrhunderte liegen bleiben können:

    Brandenburger Straße:

    Nebenstraße der Brandenburger Straße:

    Luisenplatz:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Hier drei Beispiele aus Potsdam für Gehsteig- und Straßenbeläge, die so noch mindestens ein paar Jahrhunderte liegen bleiben können:

    Brandenburger Straße:

    Naja, die Beläge der Brandenburger Straße wurden in den 1990er-Jahren gelegt, mit China-Granit. Und werden gerade erneuert - mit Blindenleitstreifen und (natürlich) wieder China-Granit, der einmal um die Welt gefahren wurde. Eine Reihe von Platten waren auch gebrochen - zu dünn, zu billiges Zeug, zu belastet mit Lieferverkehr.

    Also leider nix mit "Jahrhunderten". Der Blindenleitstreifen aus Beton sieht schon nach 15 jahren in der Regel grausam und ausgebrochen aus. Aber die neuen Vorschriften für eine Fussgängerzone sind eben so....

  • Gibts für Blindenleitstreifen noch keine Lösung in Stein? Zumindest hier und da schonmal gesehen. Mag ja in der Erstellung deutlich teurer sein, aber dafür um ein Vielfaches haltbarer.

    Doch klar, werden einfach Furchen in den Naturstein gefräst. Geht auch nachträglich noch bei verlegten Steinen.

  • Bei den Blindenleitstreifen ist allerdings auch die Kontrastbildung zu anschließend verlegtem Material zu beachten.

    Konstantindegeer hatte dies vor geraumer Zeit am Beispiel des Schloßhofes im Brandenburger Landtag dargelegt.

    Einfach Furchen einfräsen wird wahrscheinlich keine zulässige Lösung zu sein.

  • Die DIN 18040-3 und DIN 32984: 2023-04 sagen eindeutig, dass die taktilen Maßnahmen (Rillen, Noppen) nicht reichen, sondern auch ein visueller Maximalkontrast durch einen weissen Streifen erzeugt werden muss. Also nix mit fräsen, es sei denn man verlegt weissen Marmor. Und die DIN ist für die öff. Hand wie das Baugesetzbuch.

    "Blinde und sehbehinderte Menschen benötigen für ihre Wegeführung taktil und visuell durch Maximalkontrast gut erkennbare Leitelemente, wie z. B. strukturierte Gehflächen oder seitliche Wegebegrenzungen, die sie zur Orientierung und Leitung nutzen können. Fehlen eindeutige Leitelemente, dann lassen sich für blinde und sehbehinderte Menschen durch den Einsatz von Bodenindikatoren (speziell profilierte Bodenelemente) in öffentlichen Räumen eindeutige Signale geben und Orientierungsprobleme reduzieren."

    "Bodenindikatoren haben Zeichencharakter. Durch die Anordnung von zwei verschiedenen Strukturen - Rippe und Noppe - ermöglichen sie blinden und sehbehinderten Menschen, z. B. am Fahrbahnrand zwischen Haltestellen und Überquerungsstellen sowie zwischen gesicherten und ungesicherten Überquerungsstellen zu unterscheiden und unterschiedliche Ziele, Gefahrenstellen u. ä. zu erkennen bzw. zu finden. Hierfür ist eine einheitliche Gestaltung von Leitsystemen Voraussetzung (DIN 18040-3:2014-12, 4.1). Auch bei notwendigen Anpassungen sollten Bodenindikatoren der vorliegenden Norm folgen."
    [Quelle: DIN 32984: 2020-12]

    Wer richtig Lust auf Bauen in Deutschland hat, dem sei hier diese Seite empfohlen.

  • Hast du Fotos vom Zustand?

    Man beachte zum einen die Markierungen für die Bushaltestelle ohne farbliche Abhebung. Zum anderen wurden später in der längs verlaufenden Vertiefung die parallel zur Straße hinter der Bushaltestelle entlang verläuft Rillen eingefräst.

    Siehe Detail-Bild in der Süddeutschen:
    1200x675?v=1686556567

  • Wo kein Kläger ist ist keine Klage. Ein Behindertenverband würde wegen des mangelnden Konstrastes sofort gewinnen, so ist das ja eher eine Stolperfalle. Aber in Bayern gehen ja viele Uhren anders.

  • Sofern Freising an die brandenburgische Bauordnung gebunden ist (wasich bezweifle) oder die entsprechenden Bestimmungen in der bayrischen Bauordnung gleichlauten (was möglich ist, ich aber nicht weiß). Andererseits ist es gut möglich, dass die bayrische Bauordnung andere Normen - oder aber Ausnahmen kennt.

  • Ich gebe zu, dass ich da nicht ausreichendes Wissen besitze, aber: inwieweit sind staatliche Stellen an DIN-Normen gebunden, inwieweit ist es möglich, staatlicherseits Ausnahmen von DIN-Normen gesetzlich zuzulassen? Ist die Bindung an die DIN-Norm einfachgesetzlich oder erfolgt sie durch Verordnung? Bundes- oder landesrechtlich?

  • DIN-Normen stellen keine gesetzliche Verpflichtung dar, wie es etwa Gesetze oder Verordnungen tun. Aber sie sind Teil der sog. "anerkannten Regeln der Technik", auf die in vielen Gesetzen und Verordnungen verwiesen wird. Sie stellen sozusagen eine Mindestanforderung dar. Insbes. Bauunternehmen, die in einer öffentlichen Ausschreibungen mittels der VOB beauftragt werden, haben sich daran zu halten. In § 4 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B etwa heißt es: "Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten." Halten sich Bauherr und Unternehmer nicht daran, haben sie im Zweifel ein Haftungsproblem.

  • Nun ist im öffentlichen Bereich der Bauherr meist der Staat, und der Unternehmer u.U. ebenfalls (Stadtbauamt). Meine Frage wäre hier, inwieweit die Kommune (z.B.) von den DIN-Normen abweichen darf, z.B. aus Denkmalschutzgründen.

  • Selbst in diesem Falle müsste es ja genügen, in den Stein zu fräsen und die Leitstreifen farblich abzuheben, etwa durch Anstrich wie bei Fahrspuren. Eine Notwendigkeit für die Betonfertigteile erkenne ich aus der DIN-Norm nicht.

    Die Streifen aus Granit zu fräsen und dann mit Straßenmarkierungsfarbe zu streichen ist viel zu teuer. Zumindest für Kommunen wie Potsdam ist das keine ernsthafte Alternative. Zuffenhausen, Freising oder Dingolfing, die wegen der Gewerbesteuer von Porsche, dem Flughafen MUC oder BMW nicht wissen wohin mit ihrem Geld, mögen das machen wollen, aber für das Gros der Kommunen ist die Idee wenig attraktiv.

    Die DIN-Normen sind als "anerkannte Regeln der Technik" heute für die öff. Hand verbindlich. Ist z.B. ein Zebrastreifen nicht nach der DIN errichtet und kommt eine Person zu Schaden wäre die Stadt in der Haftung. Das gilt auch für die Blindenleitstreifen.

    Im Wohnungsbau versucht die Bundesbauministerin ja gerade durch eine neue Gebäudeklasse beim Wohnungsbau dem Joch der DIN zu entfliehen und es möglich zu machen, dass Bauherren und Bauunternehmen einen abweichenden Standard frei vereinbaren können. Hierzu muss allerdings das BGB mit den Haftungsbezügen auch geändert werden - das Gesamtvorhaben droht in der Gesetzgebeung festzustecken. Die Standesvertretungen, die ganz wesentlich im DIN-Ausschuß sind, wollen sich ihre Gestaltungskraft nicht nehmen lassen.