Na ja, ich finde es immer wieder etwas befremdlich, wenn so getan wird, als werde "von oben" - in diesem Fall von der "bösen" DB etwas über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden - das ist einfach nicht der Fall. Sicher, ich finde es auch sehr schade um das denkmalgeschützte Bestandsbauwerk und die umgebenden Gebäude. Aber zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat und ein Planfeststellungsverfahren entspricht gewissermaßen dem demokratischen Entscheidungsprozess für oder wider ein solches Projekt.
In einem Planfeststellungsverfahren werden alle Betroffenen gehört und am Ende entscheidet die Planfeststellungsbehörde - in diesem Fall das EBA - nach eingehender Abwägung, inwieweit (a) auf die Einzelinteressen der Betroffenen einzugehen ist und (b) ob letztlich diesen Einzelinteressen (z.B. der Anlieger) oder den Interessen der Allgemeinheit (z.B. nach guter Schieneninfrastruktur) der Vorzug zu geben ist. Im Planfeststellungsbeschluss zur Sternbrücke wird auf mehr als 30 Seiten eingehend erläutert, warum man sich für die Vorzugsvariante entschieden hat und was gegen eine Sanierung des Bestandsbauwerks spricht (Abschnitt B4.3).
Natürlich gehört auch eine Klage zu den Möglichkeiten, die der Rechtsstaat bietet. Man braucht sich dann aber hinterher auch nicht zu beschweren, wenn Infrastrukturvorhaben in Deutschland 30 Jahre brauchen.
Aber es ist in diesem Falle ja nicht so, dass die DB die Möglichkeit einer Sanierung des Bestandsbauwerks nicht untersucht hätte. Laut Planfeststellungsbeschluss wurden alleine 4 umfangreiche Gutachten erstellt, die genau diese Frage untersuchen. Dagegen sprachen u.a. der Lärmschutz, die Betriebseinschränkung während der Sanierungsphase, der fehlende Platz, um das Bestandsbauwerk ausheben, zu sanieren und wieder einheben zu können und schließlich die Unsicherheit bzgl. der Restnutzungsdauer nach Sanierung. Die Gutachten gehen wohl alle davon aus, dass diese nur unwesentlich verlängert werden könnte, was im Klartext hießt: man würde die Brücke in situ aufwändig und mit großen Betriebseinschränkungen sanieren, nur um dann in wenigen Jahren wieder vor exakt demselben Problem zu stehen.
Der wichtigste Punkt aber, der gegen eine Sanierung spricht - und das muss man hier klar hervorheben - ist das Aufweitungsverlangen der Stadt. D.h. die Stadt als Straßenbaulastträger und Kreuzungspartner verlangt, dass die lichte Weite der Brücke erhöht wird und dass Zwischenstützen künftig entfallen sollen. Das macht ein Beibehalten des Ist-Zustandes unmöglich. Im Übrigen führt dieses Verlangen des Straßenbaulastträgers dazu, dass gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 EKrG (Eisenbahnkreuzungsgesetz) die Stadt einen Teil der Brücke mitfinanzieren muss. Dazu werden Fiktiventwürfe erstellt, auf deren Basis ein Kostenteilungsschlüssel ermittelt wird. Ich kenne die zu diesem Zweck erforderliche Kreuzungsvereinbarung zwischen DB und Stadt und die zugehörigen Fiktiventwürfe nicht, aber ich schätze, dass der Kostenanteil der Stadt bei ca. 50 bis 60 % liegt - oder konkret: von den 125 Mio. EUR Baukosten zahlt die Stadt vermutlich 65 bis 75 Mio. EUR und die DB nur den kleineren Anteil (zum Vergleich: würde die Stadt KEIN Aufweitungsverlangen äußern, dann müsste die DB nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 EKrG ALLES zahlen!). Das bedeutet, dieses Aufweitungsverlangen ist für die Stadt alles andere als trivial, sondern kostet sie richtig Geld!
Man kann daher auch sagen: Das Bahn-Bashing ist hier vollkommen unangebracht, denn letztlich entscheidend für den Abriss der alten Brücke und der umliegenden Gebäude ist das Aufweitungsverlangen des Kreuzungspartners Stadt und NICHT der Wunsch des Kreuzungspartners DB nach Sanierung ihres Bauwerks.
Vorhabenträger ist die DB in erster Linie deshalb, weil die Planfeststellung nach Eisenbahnrecht (§ 18 AEG) und nicht nach Straßenrecht - was auch möglich gewesen wäre - erwirkt wurde und die DB die Baudurchführung übernimmt. Nach EKrG - und damit finanzierungstechnisch - ist es aber ein Gemeinschaftsvorhaben der DB und der Stadt.
Ach ja: und was die Bäume betrifft: statt der 87 zu fällenden werden ja auch 215 neue gepflanzt.