Frankfurt a. M. - Altstadt - Dom-Römer-Areal

  • Letztendlich kommt es ja auf die Erwartungshalt an. Ich hatte eigentlich gar nicht von so ein Projekt in die heutige dominante Diskurs erwartet. Besonders auch nicht von ein Stadt wie Frankfurt.
    Dabei ist es doch erfreulich.

    Ich finde auch die Arbeit mit Neumarkt grossartig (Uberlegt mal ein Zeit wo solche Projekten in Stadten wie LubeckNurnberg oder Augsburg moglich waren).

  • Am Stadthaus hängt alles

    Zitat

    Die Dom-Römer GmbH hat die Gunst der Stunde genutzt, noch einmal für den Bau des Stadthauses zu werben. Sie hat zweimal zwei Simulationen veröffentlicht, die die „Goldene Waage“ und das „Rote Haus“ jeweils mit und ohne das benachbarte Multi-Funktions-Gebäude zeigen. Und tatsächlich belegen die Abbildungen für die, die sehen wollen, dass es ohne Stadthaus nicht geht. Die beiden wichtigsten Rekonstruktionen der Altstadt stünden andernfalls wie amputiert herum. Wenn die Gegner einer Überbauung des Archäologischen Gartens behaupten, diese Lücke sei durch kosmetische Eingriffe zu kaschieren, dann muss ihnen deutlich widersprochen werden. Der ahistorische freie Blick auf den Dom ist dieses Opfer nicht wert.

    Bemerkenswerterweise hat diese Einsicht auch die hartleibigsten Befürworter einer möglichst weitgehenden Wiederherstellung der Fachwerkaltstadt dazu gebracht, ihren Frieden mit dem von ihnen zuvor als zu modern verschrienen Stadthaus zu machen. So viel erfreulicher Gemeinschaftssinn sollte jedoch den Blick für die Schwächen des Ensembles nicht trüben. Das Stadthaus kann von seiner städtebaulichen Figur her zwar überzeugen, weil es den Nachbargebäuden Halt gibt und gemeinsam mit diesen attraktive Plätze schafft. Doch es wirkt zu groß, die Architektur fällt etwas zu beliebig aus, und die Ausführung in Naturstein will nicht recht zu den Fachwerk- und Putzfassaden der übrigen Gebäude passen.

    Auch wenn es für den Architekten und die Dom-Römer GmbH die siebte oder achte Überarbeitung wäre: Die von der schwarz-grünen Koalition fahrlässig angezettelte Debatte um das Stadthaus, dessen Bau nach dem Willen einer Sparkommission aufgeschoben werden soll, bietet die Chance, noch einmal nachzubessern. Der Geschäftsführer der Dom-Römer GmbH, Michael Guntersdorf, hat sich an die Fraktionen im Römer mit dem Vorschlag gewandt, das Stadthaus in verkleinerter und damit verbilligter Form zu realisieren.


    Wenn die Fassade an der Goldenen Waage niedriger und weniger wuchtig wird und andere, symmetrische Fensterfomate bekommt, könnte ich mich am Ende vielleicht sogar mit dem Ding anfreunden.

  • Das Haus Cafe Stolze sieht sogar extrem billig aus. Das Haus rechts daneben ist sehr extravagant, ich fürchte es wird mehr stören als dass man die Qualitäten erkennt.

    Gefährlich ist auch das Haus Markt 32. Das hängt sehr von den Details ab, ob es passen wird, oder ob man es gar als scheußlich ansehen wird. M.E. müsste das Verbindende zu den Nachbarhäusern etwas stärker herausgearbeitet werden, und man sollte soweit möglich auf hochwertige Materialien achten.

    Die Nachbarn der goldenen Waage finde ich nach dem Stand der Dinge beide in Ordnung! Sie wirken zwar beide modern, aber ohne plump zu sein.

  • Dieser Hintergrundartikel dürfte doch wohl manchen interessieren...

    Zitat

    Fachwerk-Experte Dominik Mangelmann sorgt sich um die Qualität der neuen Altstadt
    Kaum jemand kennt die alten Häuser zwischen Dom und [lexicon='Römerberg'][/lexicon] so gut wie Dominik Mangelmann. Doch beim Wiederaufbau der Altstadt wird das Fachwissen des Offenbacher Bauingenieurs offenbar nicht gebraucht.
    [...]Aufgrund seiner Quellen könne er bei den meisten Gebäuden die ursprüngliche Fachwerkkonstruktion einschließlich der Balkenlage nachvollziehen, betont Mangelmann. Deshalb könnten die Häuser originalgetreu rekonstruiert werden, auch was die Bauweise betrifft. Das aber hat die Dom Römer GmbH nicht vor. In der Baubeschreibung, die Kaufinteressenten erhalten haben, ist von tragenden Holzbauwänden und vorgesetzten, nicht tragenden Fachwerkständern die Rede. Viele Details bis hin zur Innenverkleidung und den Fensterbrettern entsprächen nicht dem historischem Vorbild, schimpft Mangelmann. "Den Leuten wird für viel Geld Bauträgermist verkauft." Und es würden halbe Sachen gemacht. Etwa beim Roten Haus. Dessen Rekonstruktion sei nur mit dem Nebengebäude sinnvoll; dieses soll aber im modernen Stil gebaut werden (siehe Abbildungen rechts). [...]


    "Mein Rat ist nicht mehr gefragt" | - Frankfurter Neue Presse - Frankfurt

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Es ist immer wieder schade wie kurzsichtig bei Rekonstruktionen gehandelt wird. Es gibt mittlerweile einiges an Erfahrung mit Rekonstruktionen von Fachwerkbauten, sei es in Hildesheim (wo die wohl prächtigsten und aufwendigsten Totalrekos stattfanden) oder auch Braunschweig. Spart man jetzt an der falschen Ecke und gaukelt nur vor es handele sich um ein Fachwerkhaus was hier entsteht wäre das in meinen Augen der Genickschuss.

  • Ja, da frisst mal wieder die Revolution ihre Kinder. Trotzdem darf man das Erreichte nicht schmälern und jetzt auf allerhöchtem Niveau jammern. Wir sollten bei diesem Projekt allerdings allerdings auf der Hut sein, damit keine fachwerkverkleideten Betonkerne, sondern, zumindest bei den Rekonstuktionen, echte Fachwerkhäuser entstehen. Mit Stahl ind Betonträgern im Innern wird man wahrscheinlich leben müssen, schon aus Brandschutzgründen, die Fassaden aber müssen echtes Fachwerk sein, sonst wird die Sache unglaubwürdig und liefert den Gegnern Öl zum ins Feuer gießen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Da geht es nicht um Jammern auf allerhöchstem Niveau, sondern um Qualität und Authentizität der Rekonstruktionen. Mangelmann hat völlig recht in seiner Kritik. Und natürlich ist der momentan geplante Anbau an das Rote Haus schon ein recht banaler Füllbau, der an dieser Stelle besser durch die historische Situation ersetzt werden sollte.

  • Wenn man sich die Kommentare mal genauer durchlesen würde, müsste man nicht immer gleich so dünnhäutig reagieren.
    Ich habe meinen Standpunkt oben deutlich dargelegt und meine mit "Jammern auf höchstem Niveau", dass man jetzt schon mit Fensterbänken und Innentreppen anfängt, anstatt sich darüber zu freuen, dass sowas wie die "Neue Altstadt" in FFM überhaupt möglich ist. natürlich dürfen solche Fensterbänke nicht aus Blech oder Beton sein, aber wenn sie in etwa in der Bretterdicke abweichen oder aus 50-jährigem statt aus 100-jährigem Eichenholz bestehen und man sich darüber echauffieren würde, könnte ich nur noch den Kopf schütteln.
    Ich bin mir darüber im klaren, dass man Dominik Mangelmann nur ewig dankbar sein kann und finde es schade, wie er jetzt ausgeschlossen wird, dass das mal geklärt ist smile:)

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  • Aber das ist doch Standard. Die GHND wird in Dresden schon seit einem Jahrzehnt ausgeschlossen und ein fachkundiger Kunsthistoriker wie Stefan Hertzig behandelt wie ein lästiges Übel. Im deutschen Städtebau haben nur studierte (bzw. gehirngewaschene) Architekten und Städteplaner das Recht, wertend und beratend mitzuwirken.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Hmmm... wirklich sehr schade, aber erfreuen wir uns mal am Erreichten, ohne das gleich wieder schlecht zu reden. Ich glaube nicht, dass die Rekonstruktionen nur Vorblend-Fachwerk erhalten. Warten wir mal ab, bis näheres bekannt wird. Am [lexicon='Römerberg'][/lexicon] wurde auch "echtes " Fachwerk gebaut. Auch die Rückseiten zum Drachengässchen sind in Fachwerk ausgeführt, ich glaube allerdings verputzt. Ich finde es übrigens nicht schlimm, dass man über das alte Fachwerk größtenteils nichts sagen kann und die Fassaden wieder verputzt und in den bunten Farben gestrichen werden, die für die Frankfurter Altstadt typisch waren. Dieser Zustand ist der, der am stärksten in unsere Vorstellung von der Altstadt geprägt, und jetzt auch noch durch Jörg Otts virtuelles Altstadtmodell ein allgemein zugängliches Gesicht verliehen bekommen hat.
    Weiß irgend jemand wie es zu dieser Farbgebung gekommen ist? Hat das Tradition oder ist die Farbigkeit eine Erfindung der Altstadtsanierung in den 20ern und 30ern? Das Rote Haus an den Metzgerschirnen wurde ja immer wieder mit Ochsenblut gestrichen, das hab ich mal gehört.

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  • Daß Dominik Mangelmann (alias Kardinal) so ausgebootet worden ist, macht mich doch ein bißchen wütend. Ich hatte gedacht, wenn - (was ja lange genug umstritten war und zunächst von einem preisgekrönten Modernisten ganz anders entworfen worden war) am Ende zwischen Dom und Römer wirklich Rekonstruktionen entstehen, dann ist Dominik Mangelmann mit seinem jahrelang in akribischer Arbeit angesammelten Fachwissen über die Frankfurter Altstadt erster Ansprechpartner und wertvollster Berater. Stattdessen - wird nun alles anders gemacht. Und dabei ist doch genau das immer der Hauptkritikpunkt gewesen: Man baut ja keine richtigen, sondern nur vorgetäuschte Fachwerkhäuser... disgust:)

    Vielleicht berichtet Kardinal hier im Forum ja noch einmal ein bißchen aus erster Hand. Sein letzter Beitrag liegt leider schon ein Jahr zurück...


    Ansonsten: Wer sich wieder beruhigen will, zur Erinnerung: So und so sahen die Siegerentwürfe von KSP Engel aus dem Jahr 2005 aus. Damit wäre das ganze Vorhaben für den A...... gewesen. Alles in allem sind wir da doch jetzt Lichtjahre weiter gekommen. smile:)

  • Ansonsten: Wer sich wieder beruhigen will, zur Erinnerung: So und so sahen die Siegerentwürfe von KSP Engel aus dem Jahr 2005 aus.

    Das pure Grauen, tja, das kommt halt davon, wenn man sich mit unerträglicher Arroganz über jeden historischen Bezug und den Genius Loci hinwegsetzt und den Leuten immer wieder den gleichen austauschbaren Investorenmüll vorsetzt. Wie arrogant und selbstverliebt muss man eigentlich sein und an einem so sensiblen Ort, der nicht weniger als der Frankfurter Gründungskern ist SO bauen zu wollen?!? Da haben sich die Modernisten selbst ins Fleisch geschnitten. wären sie etwas gemäßigter aufgetreten, wäre bestimmt so gebaut worden. ein paar Spitzgiebel, etwas Schiefer und Sandstein, eingestreute Spolien... aber mann musste den Leuten ja den Hammer ins Gesicht hauen. Bemerkenswert was wenige erreichen können, wenn sie es schaffen die Politik und die Bürger auf ihre Seite zu bekommen :ueberkopfstreichen: Großes Lob an Dominik Mangelmann, Jörg Ott und natürlich alle nicht genannten vor Ort, die sich für das Projekt stark gemacht haben.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Die Warschauer Denkmalschützer hatten am 03.01.2010 im FAZ-Artikel "Warnung vor der "McDonaldisierung" eindringlich darauf hingewiesen, traditionelle Materialien zu verwenden: Frankfurt und Warschau: Warnung vor der „McDonaldisierung“ - Frankfurt - FAZ

    Dass der Fachverstand von Dominik Mangelmann nicht mehr einbezogen wird ist natürlich ein absoluter Witz. Ohne ihn hätten wir nicht den Wiederaufbau.

    ...

  • Sehr schöner Artikel, spricht mir aus der Seele. Dass in einer Stadt wie Frankfurt, die sich selbst als zukunftsorientiert sieht, von Auswärtigen aber eher als geschichtsvergessen und hässlich wahrgenommen wird, sowas möglich ist, zeigt mir deutlich, dass ein breites Interesse an Verortung besteht. Weg von der globalisierten Architektur! Das Projekt macht Hoffnung, dass es danach noch weiter geht. Vielleicht darf man ja von Garküchenplatz, Roseneck und Schmittstube träumen... Aber jetzt muss erst mal dieses Projekt durchgezogen werden. smile:)

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Der Artikel ist gut, aber bei den Leserkommentaren haben sich offenbar mal wieder die knallharten Ideologen nicht zurücknehmen können.

    Zitate:

    Zitat

    Vor 65 Jahren ging der II. Weltkriegs zu Ende, der zur Zerstörung der Frankfurter Altstadt geführt hat. Zu meinen, man müsse heute wieder dort anknüpfen, um die Innenstadt mit einer kostspieligen und völlig unzeitgemäßen Disneylandbebauung im Zuckerbäckerstil zu überziehen, verkennt die Geschichte des Wiederaufbaus und zeugt von einer Geringschätzung des demokratischen und rechtsstaatlichen und wirtschaftlichen Aufbaus in Deutschland. Wer historisierende Frankfurter Stadthäuser aufbauen will, soll das tun wo sie hinpassen: im Freilichmuseum Hessenpark in Neu Anspach im Taunus.

    Zitat

    Der Vergangenheit "naturgetreu" nachempfundene Bauten mögen die Touristen erfreuen, sind aber ein Greuel für moderne Bewohner des 21. Jahrhunderts. Die potemkinschen Nachkriegsfachwerkhäuser von Celle, in deren winzigen Kämmerchen niemand hausen möchte, bilden ein abschreckendes Beispiel. Sogar Venedigs einstmals riesige Bevölkerung sank auf kaum 50.000, weniger noch als Celle. Menschen von heute sind einfach nicht bereit, in Museen zu leben. Wohnbauten für moderne Familien gehören deshalb nicht in die Hände von Denkmalschützern, sondern Städteplanern.

    Zitat

    Meines Erachtens kann man die Zerstörung und den sofortigen, gelungenen Wiederaufbau Warschaus nicht mit einer nach 65 Jahren beginnenden Rekonstruktion von Frankfurt vergleichen. Letztere halte ich, falls die überschuldete öffentliche Hand hierfür Geld ausgibt, schlicht für ungezügelte Verschwendung durch Politiker, die sich mal wieder ein Denkmal setzen wollen.
    Ich finde, wir sollten ihnen ein Preis verleihen, benannt nach dem letzten Board-Vorsitzenden von Lehman Brothers.

    Tja, was soll man dazu sagen? Selig sind die arm im Geiste? baby2000:)

  • Ja, ja, wir sind alle rückwärts gewandt, wollen alle in winzigen Kämmerchen hausen, lieben das was anderen ein Greuel ist (wer so was schreibt macht bestimmt auch gerne in Rotterdam 3 Wochen Urlaub), ach ja und fließendes Wasser, Strom, Handys, Autos, Fernsehen, Computer lehnen wir selbstverständlich auch ab. Wir kleiden uns in Gewänder aus dem Mittelalter und verrichten unsere Notdurft auf dem Donnerbalken im Hof. Noch Fragen :tongue: :lachen: :blah: .

    Wer so einen undifferenzierten gehirngewaschenen Dünnpfiff von sich gibt, sollte sich ernsthaft mal auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen. Im Gegensatz zu denen regen wir uns nicht über jede Glasfassade und jeden neuen Wolkenkratzer in FFM auf, akzeptieren diese sogar als Bestandteil des neuen Frankfurt. Ohne die Skyline wäre Frankfurt heute einfach nur deprimierend

    Gleich mal wieder zu unterstellen man würde kein Verständnis für die demokratische Nachkriegsentwicklung haben nehme ich allerdings persönlich :gehtsnoch:

    Natürlich darf das böse D-Wort mal wieder nicht fehlen, aber darüber lache ich inzwischen. Im Gegensatz zu solch hirnlosen, verbohrten Ideologen kann ich mich für jede Form von guter Architektur begeistern, ja doch, sogar wenn sie nicht aus Lehm und Holz besteht, man mags kaum glauben :lachentuerkis:

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.