Karmelitenkirche St. Nikolaus (profaniert)
Karmeliterstraße 1
Erbaut 1657-60
Typus: Basilika mit Seitenkapellen und Querhaus
Auf obigem Bild sieht man am linken Bildrand die Ostseite von St. Michael, auf dem nächsten Bild am rechten Bildrand die Dreifaltigkeitskirche; ein Beispiel dafür, wie nah in der Altstadt Münchens manchmal die Kirchen beieinander stehen:
Fassade mit Parcus-Haus (Promenadeplatz):
Nordseite der Karmelitenkirche an der Pacellistraße in Richtung östlicher Promenadeplatz:
Baugeschichte:
- 1657 Grundsteinlegung; Baumeister Max Schinnagl nach Plänen von Hans Konrad Asper
- 1660 Weihe
- 1802 Aufhebung des Karmelitenklosters, klassizistische Umgestaltung durch Nikolaus Schedel von Greifenhagen, seit 1808 Studienkirche; 1840-42 drei neue spätklassizistische Altäre
- 1943/44 schwer zerstört: Verlust des Dachstuhls, Einsturz des Vierungsgewölbes sowie der Tonne des Nordarms, teilweise auch des Südarms
- 1955 äußerliche Wiederherstellung; innen Neuaufteilung: Chor als Diözesanbibliothek (dabei Verwendung der erhaltenen Sakristei mit wertvollen frühbarocken Stuckaturen als Lesesaal), und Langhaus als Veranstaltungssaal
Von 1654 bis 1660 wurde unter Kurfürst Ferdinand Maria das Kloster und die Kirche der Karmeliten erbaut. Die Karmeliterkirche befindet sich am Übergang zwischen Renaissance und Barock, Norbert Lieb schrieb über sie: „Der basilikale, mit zwei kurzen Querarmen versehene Langbau der Kirche hält sich an die Formierung italienischer Ordensrenaissance. Die Zuordnung der Flankenkapellen, das Pfeilersystem und die Wölbung leiten aber zum Barock über.“ Die Karmeliterkirche ist auf jeden Fall nach dem Dom zu Salzburg das zweite Beispiel einer Saalkirche mit tonnengewölbten Abseiten im altbayerischen Raum (allerdings noch ohne kreuzförmigen Grundriss und Kuppel), weshalb man in diesem Sinne feststellen kann, dass die Karmeliterkirche die erste Barockkirche Münchens war. Die schlichte, fast dekorlose Original-Ausstattung dürfte den Ordensregeln der Unbeschuhten Karmeliten geschuldet gewesen sein, Norbert Lieb glaubte darin allerdings auch die eher nüchterne Tradition des Schweizer Baumeisters Hans Konrad Asper zu erkennen.
In der schönen, um 1715/19 neugestalteten Sakristei (heute Lesesaal) finden sich feiner Ranken- und Akanthusstuck von Francesco Marazzi sowie Deckenfresken von Johann Georg Gumpp; die Fresken waren übrigens 1802, weil schadhaft, übertüncht worden und wurden erst 1980/81 wieder freigelegt und restauriert.
1802 wurde die Kirche klassizistisch purifiziert; die ursprüngliche Fassade samt Karmelitenkloster überliefert ein Stich von Wening von 1701:
Auch innen wurde die Kirche im Sinne des Aufklärungsklassizismus umgestaltet und die Barockausstattung entfernt; auf diese Weise haben sich ein paar barocke Ausstattungsteile erhalten, so u.a. das von Karl Pfleger gemalte Altarblatt des ursprünglichen Hochaltars von Marx Schinnagl von 1662/63, welches sich heute im Depot der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen befindet (http://www.sammlung.pinakothek.de/en/artwork/9pL…-allen-heiligen), ein Tabernakel von 1780, das in die Allerheiligenkirche am Kreuz und die berühmte Schutzengelgruppe von Ignaz Günther von 1762, die in die Bürgersaalkirche gelangte. 1840-42 wurden drei neue spätklassizistische Altäre aufgestellt.
Im 2. Weltkrieg wurde die Kirche samt Ausstattung stark zerstört; danach wurde das Äußere wiederhergestellt und direkt nach dem Krieg im gesamten Kirchenraum sogar auch die Gewölbe wieder eingezogen, so dass in dem renovierten Inneren, in dem außerdem der von 1840 stammende Hochaltar und die Kanzel erhalten geblieben waren, auch wieder gelegentlich Gottesdienste gefeiert werden konnten. 1955-57 aber wurde das Innere der Kirche durch Sep Ruf komplett umgestaltet, profaniert und neuen Nutzungen zugeführt: der frühere Chor wurde, in mehrere Magazingeschoße unterteilt, als Diözesanbibliothek, die im Krieg unversehrt gebliebene Sakristei als Lesesaal verwendet; das Langhaus wurde mithilfe von mehreren vertikalen und horizontalen Unterteilungen zu Veranstaltungs-, Ausstellungs- und Lagerräumen umgebaut (z.B. befinden sich Lagerräume oberhalb der heutigen Flachdecke des Hauptraums, d.h. direkt unterhalb der wiedereingezogenen Gewölbe). Aus kunsthistorischer Sicht muss man diesen Umbau natürlich sehr bedauern, vor allem die damit einhergehende Vernichtung des erhaltenen spätklassizistischen Hochaltars und der Kanzel, auch wenn man auf der anderen Seite anerkennen muss, dass die Kirche als Sakralraum heute nicht mehr unbedingt benötigt wird: in unmittelbarer Nachbarschaft stehen Dreifaltigkeitskirche, St. Michael und auch Frauenkirche und Bürgersaalkirche.
Von der ursprünglichen Ausstattung sind in der Kirche nur die Pilaster mit Gebälk sowie die Musikempore erhalten, welche 1720 mit einer vorkragenden Brüstung samt reichem Stuckdekor sowie einem prächtigen schmiedeeisernen Gitter als Abtrennung zur Vorhalle erweitert worden war.
Das ehem. Kloster wurde nicht wiederaufgebaut, sondern dessen Areal (durch Sep Ruf) 1954-56 modern (und ziemlich unansehnlich) wiederbebaut.
Innenansicht vor der Zerstörung:
Ansichten nach der Kriegszerstörung:
https://www.bildindex.de/document/obj22005533
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Heute:
Hauptraum, sogenannter Veranstaltungsraum:
Die Empore von 1720:
Die ehem. Sakristei, heute Lesesaal der Diözesanbibliothek, mit dem wertvollen barocken Gewölbe:
Weitere Fotos der Karmelitenkirche hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312943955