• Steht jetzt auch in vielen deutschen Medien, etwa hier: https://www.tagesschau.de/ausland/notre-dame-aufbau-101.html

    "(...) Präsident Emmanuel Macron stimmte einem Wiederaufbau des eingestürzten Spitzturms im historischen Stil zu. Der Präsident vertraue den Experten und habe die grundlegenden Entwürfe für das Projekt des Chefarchitekten Philippe Villeneuve genehmigt, teilte der Elysée-Palast in Paris mit."

    „Sollt ich einmal fallen nieder, so erbauet mich doch wieder!“ (Inschrift am Schwarzhäupterhaus in Riga)

    Nach Baden-Baden habe ich ohnedies immer eine Art Sehnsucht.
    Johannes Brahms (1833-1897)

  • Eine weise Entscheidung. Dort macht man zum Glück nicht so einen dummen Fehler wie in Köln, wo der intakte gotische Vierungsturm abgerissen und durch diese häßliche Warze ersetzt wurde, die natürlich, weil die so schön unpassend und störend wirkt unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der alte Vierungsturm war zu harmonisch und wäre daher wohl nie unter Denkmalschutz gestellt worden.

  • Steht jetzt auch in vielen deutschen Medien, etwa hier: https://www.tagesschau.de/ausland/notre-dame-aufbau-101.html

    Ah, danke! Dann könnte Babber50 seine Einschätzung von tagesschau.de her haben. Die französischen Medienberichte, die wir hier vorgestellt hatten, stützten diese Meinung nicht. Die Redaktion von tagesschau.de macht oft seltsame Sachen. Es ist schon sinnvoll, sich die Mühe zu machen, französische Medien zu nutzen.

    Hier noch ein Video von "Le Parisien" zum Thema Hölzerner Dachstuhl.

    Eine Gruppe "Charpentiers sans frontières" (Zimmerleute ohne Grenzen) übt schon mal in der Normandie und weist nach, dass man den Dachstuhl problemlos wieder in der bisherigen Art aus französischem Eichenholz herstellen könnte. Bei dem Versuch wurde weniger Holz verbraucht als angenommen. Man brauche dafür auch keine uralten riesigen Bäume. Der Aufbau des Dachstuhls von Notre-Dame könnte in 5 bis 8 Monaten zu schaffen sein. Über die Brandschutzproblematik wird dort nichts gesagt.

  • Eine weise Entscheidung. Dort macht man zum Glück nicht so einen dummen Fehler wie in Köln, wo der intakte gotische Vierungsturm abgerissen und durch diese häßliche Warze ersetzt wurde, die natürlich, weil die so schön unpassend und störend wirkt unter Denkmalschutz gestellt wurde.

    Ich denke nicht, dass man diesen Vergleich anstellen kann. Die Gestalt des Vierungsturmes war durch Kriegseinwirkungen stark beschädigt. Der Wiederaufbau erfolgte in einer Zeit, als Denkmalpflege und Kunstgeschichte den Historismus nicht als sonderlich erhaltenswert einstuften. Das änderte sich erst in den Jahrzehnten danach.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Hier noch ein Video von "Le Point" zum Thema Hölzerner Dachstuhl, vom 2. Januar 2020

    Darin heißt es: Die Fachleute wollen den Dachstuhl wieder aus Holz errichten. Auch Georgelin favorisiere diese Lösung. Es sei die Lösung, die am schnellsten und kostengünstigsten zu realisieren sei. Vor allem sei das die zuverlässigste Lösung. Ein Forscher vom CNRS schätzt, dass der alte Dachstuhl ohne den Brand noch tausend Jahre gehalten hätte. Auf die Brandschutzproblematik wird nicht eingegangen. Es werden nur positive Aspekte angeführt, darunter, dass man keine neuen Methoden oder Materialien erproben müsse. Der alte Dachstuhl wurde 2015 millimetergenau dokumentiert.

  • Dort macht man zum Glück nicht so einen dummen Fehler wie in Köln, wo der intakte gotische Vierungsturm abgerissen und durch diese häßliche Warze ersetzt wurde {...].

    Das ist so aber auch nicht richtig. Die tragende Konstruktion war unbeschädigt, lediglich die gotischen Verzierungen waren teilweise zerstört worden.

    Unter dem lächerlichen Vorwand, man könne die Teile nicht reparieren, hat man dann bis auf die Spitze (die repariert wurde) alle Verzierungen abmontiert und durch die heutigen Art-Deco-Elemente ersetzt. Der Vierungsturm ist im Kern noch original aus dem 19. Jahrhundert.

    Man müsste also nur die hässlichen Verzierungen abbauen und wieder die bestens dokumentierten gotischen Verzierungen neu anfertigen und anbringen. Irgendwann wird man das auch, trotz dem absurden Denkmalschutz, davon bin ich fest überzeugt. Hoffentlich werde ich das miterleben dürfen.

  • Hier noch ein längerer Ausschnitt aus einer französischen Fernsehdoku vom 13. November 2019

    Wer mit der Sprache Schwierigkeiten hat, kann sich französische Untertitel anzeigen lassen. Gegebenenfalls kann man sich aber auch ganz auf die tollen Filmaufnahmen konzentrieren. Zu sehen ist eine Besichtigung der Kathedrale mit Philippe Villeneuve.

    Bei Minute 1:20 zeigt er die Reste der flêche. Oben hängt noch die Spitze.

    Bei Minute 1:30 - Nach dem Einsturz des Gewölbes brannte das Holz weiter und schädigte zwei Säulen im Chor, die deshalb besonders gesichert wurden.

    Bei Minute 3:20 - Die berühmte Madonnenstatue wurde von herabstürzenden Trümmern um einige Zentimeter verfehlt.

    Bei Minute 3:40 - Die Madonna steht jetzt in einer Seitenkapelle. Sie wurde noch nicht gereinigt. Ein kleines Wunder, dass sie praktisch unbeschädigt ist.

    Bei Minute 4:50 - Die Rosen aus dem 13. Jahrhundert sind unbeschädigt. Keine einzige Scheibe ist zerbrochen. Dies sei ein weiteres kleines Wunder, sagt Villeneuve. Die mittelalterlichen Fenster bleiben in situ.

    Bei Minute 6:20 - Die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Fenster im Chor haben kleinere Schäden und werden ausgebaut.

    Bei Minute 7:00 - Hauptsorge sind die Gewölbe. Es gibt einsturzgefährdete Bereiche, die nicht betreten werden dürfen. Dort setzt man Roboter ein. Messgeräte überwachen alles.

  • "Macron betonte, dass nun stattdessen bei der Umgestaltung der Umgebung der Kathedrale auf eine zeitgenössische Geste gesetzt werden solle."

    Nur hierfür soll es einen Architektenwettbewerb geben. Wobei man sich ausmalen kann, wie das am Ende aussehen wird. Irgendwo muß man Macron mit seinem Lieblingsspielzeug "Zeitgenössische Architektur" sich ja noch austoben lassen. Hatten doch seine Vorgänger mit dem "Centre Pompidou" der Stararchitekten Richard Rogers und Renzo Piano schon grausame Zeichen in der Altstadt Paris gesetzt. Ganz zu schweigen vom noch grausameren La Défense Mitterands. Jedem Präsidenten seine städtebaulicheDuftmarke.

    Bereits in der Zeit der Aufklärung begannen die Grausamkeiten der Freilegung der Kathedralen. Zu solchen, bei vielen Kathedralen, Domen, Münstern und Kirchen vollzogenen Freilegungen schreibt Karl Gruber in: >Die Gestalt der deutschen Stadt<, Callwey-Verlag 1952: "Deshalb kann man einem mittelalterlichen Dom keinen größeren Schaden zufügen als durch Zerstörung seines städtebaulichen Zusammenhangs, indem man ihn freilegt, um ihn, wie man solche Barbarei begründete, besser von alllen Seiten sehen zu können. Solcher Freilegung sind in der Zeit der Aufklärung viele der großartigsten Baudenkmäler zum Opfer gefallen. In Deutschland das Ulmer Münster....Auch in Frankreich....wie in Paris Notre-Dame, als Haußmann den viel zu großen Platz mit den maßstabslosen Häusern vor ihre Westfront setzte."


    Zustand um 1900 und später um 1790

    Wenn man sich nunmehr zu einer Rekonstruktion des gotischen und neogotischen Originalzustands von Kirchendach und Vierungsturm und damit Restauration des Mittelalters und 19. Jahrhunderts entschieden hat, so ist es mehr als paradox, den ohnehin nicht mehr mittelalterlichen Platz durch eine "zeitgenössische Geste" noch weiter zu deformieren. Vielmehr sollte es Überlegungen einer Restauration auch des historischen Platzes in seinem ursprünglichen Sinne und Format geben. Ansonsten bleibt die Restauration der Kathedrale aus meiner Sicht eine, wieder einmal, nur halbherzige Angelegenheit zugunsten der Modernisten. Ohnehin schränkte bereits die neue Kulturministerin Roselyne Bachelot als die für den Wiederaufbau Verantwortliche "Mit Blick auf neue Techniken und Materialien" ein: "Es ist immer schwierig, von identisch zu sprechen".

    Das ist genau das, was ich schon weiter oben dieses Stranges befürchtet habe. Noch ist der Modernist Macron nicht vom Tisch. Zu groß ist noch immer die Macht und der Einfluß der Modernisten, die sich sicherlich noch nicht geschlagen geben.                               

  • Ein virtueller Flug durchs mittelalterliche Paris, natürlich inkl. Notre Dame:

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    Realisiert von der Firma Grez Productions, die anscheinend einige solcher 3D-Modelle am Computer erstellt haben.

  • Ein virtueller Flug durchs mittelalterliche Paris, natürlich inkl. Notre Dame

    Man erkennt deutlich, wie eng Notre-Dame umbaut war. Vom Mittelalter ist nur noch die Kathedrale selber übrig geblieben.

  • Alleine schon beim zeichnerischen Versuch, sich Viollet-le-Duc anzunähern, erkennt man: eine Rekonstruktion erfordert allerhöchstes baukünstlerisches und kunsthandwerkliches Können. Bis ins kleinste und filigranste Detail war alles in Blei gearbeitet.

  • Nichts Neues von Notre-Dame?

    Doch, ein klein wenig, und eher unbedeutend: VON ZIETEN hat vor ein paar Tagen ein formelles, detailliertes Bewerbungsschreiben an Général d´armée Jean-Louis Georgelin zur Planung und Bau des Wiederaufbaus von Notre-Dame eingesandt. Persönliche Anschrift des Generals und Macrons Sonderbeauftragten im Élyseepalast hatte ich noch von der Korrespondenz mit ihm.

    Er ist ja kein ausgewiesener Freund des Chefarchitekten Villeneuve, was den General und mich verbindet. Nicht aus persönlicher Animosität - Villeneuve ist ein ausgewiesen höflicher und freundlicher Mann - sondern wegen fachlicher Anschauungen. Nochmals ein Holzdachstuhl für das Hauptkirchendach kommt für mich zumindest nicht in Frage, weil die enorme Menge von Holz auf Kirchendachstühlen schon immer die Brandgefahr N° 1 war, siehe Chartres, Reims, Nantes, nicht zuletzt Notre-Dame. Und daher dort Eisen- oder Betondachstühle wieder aufgebaut wurden. Eisendachstühle schützten den Kölner Dom und Münster Ulm vor der Zerstörung im 2. Weltkrieg. "Niemand sieht einen Holzdachstuhl unter dem Kirchendach, aber dann, wenn er brennt. Brennt Notre-Dame nochmals, wird die Kathedrale für immer eine Ruine sein", schrieb ich dem General.

    Den Vierungsturm von Violett-le-Duc nachzubauen, habe ich zwar, wie oben zu sehen, zeichnerisch versucht, aber es ist bei der Ausführung eine unheimliche Sisyphusarbeit und Zumutung für jeden heutigen Architekten. Der Turm war großartig, einzigartig, vollkommen, unerreicht, aber immer in der Geschichte wurde Zerstörtes durch Neues ersetzt. Das legen schon heutige Techniken fest. Wer hat heute noch das zeichnerische Können und die Handwerkskunst der Zeit der Erbauung? Man baut nur noch auf Computer, die Violett zum Glück nicht brauchte und hatte, und baut damit eine Menge Verfälschungen ein, wie das bei Rekonstruktionen in der Frankfurter Altstadt von Fachleuten beklagt wurde. Dort wurden deswegen sogar beauftragte Architekten ausgetauscht. Nein, es geht heute nicht mehr historisch identisch zu, was auch die neue französische Kulturministerin bei ihrer Bewertung zum Wiederaufbau N-D unlängst gesagt hat: "Es ist heute immer schwierig, von identisch zu sprechen." Da hat sie wohl jemand Kompetentes beraten. Wenn es "schwierig" ist, warum verfolgt man es dann und nimmt in Kauf, nicht mehr identisch zu rekonstruieren?

    Ja, richtig, es ist heute schwierig, davon zu sprechen, weil so gut wie nichts mehr identisch ist, was rekonstruiert wurde.

    Daher bekenne ich mich zu meiner Neubaulösung, die wenigstens identisch mit mir selber ist. Ob ich einen Auftrag erhalte, bezweifle ich sehr, nein, daraus wird nichts. Ich bin doch nur eine ganz kleine Nummer in diesem großen Reich, wo ganz andere Nummern spielen.

    Ist auch egal, ich habe Freude an diesem Projekt gehabt, an eigenen Überlegungen, die ohne Viollet-le-Duc nicht möglich gewesen wären, und an seiner irren ornamentierten Kunst. Alleine beim Nachzeichnen seiner Kunst habe ich die Großartigkeit gespürt und hieraus das Neue in Wahrung des grundlegenden Erscheinungsbilds geschaffen.

    Und eine solche Freude zu haben, ist die erste Voraussetzung für ein gutes Gelingen des Wiederaufbaus, egal, in welcher Form.

    Wir Architekten können und dürfen niemals im Vergangenen verharren, sollten es aber respektieren, achten und daraus Neues, Bahnbrechendes schaffen, wie die Begründer der Renaissancebaukunst Leon Batista Alberti und Filippo Brunellesco, die sich an der römischen Antike orientierten und hieraus großes Neues schufen. Wie Violett-le-Duc selber, der nicht nur mit seinem neo-gotischen Vierungsturm die Gotik der Kathedrale maßgeblich veränderte, sondern auch viele Teile der Kathedrale in einem Sinne, die ihm auch Kritik - ein restaurateur vandalisme zu sein - einbrachte. Was ihm möglich war, sollte uns heute verboten sein? Nein, aber Violett würde es genau so machen wie wir heute.

    Vierungsturm. 1. und 2. Galerie Komplette Bleiverkleidung.

  • Lieber Von Zieten, (...), den Vierungsturm von Notre-Dame zu rekonstruieren. Andere können es und werden die Arbeit machen. Die Rekonstruktion ist beschlossene Sache und das ist gut so.

    Was ich jedoch als sehr störend empfinde, ist die pauschale Herabwürdigung von Rekonstruktionen und damit der Arbeit von Denkmalpflegern und Restauratoren. (...) Du stimmst in den Chor modernistischer Architekten ein, denen es hauptsächlich um Selbstverwirklichung geht. Einen Vierungsturm, der "wenigstens identisch mit Von Zieten ist", braucht niemand - außer Von Zieten. Dein Plan verfälscht das Kunstwerk weit mehr, als es durch geringfügige Unzulänglichkeiten im Rahmen von Rekonstruktionen vorkommen kann.

    Wir beschäftigen uns hier im Forum sehr viel mit Rekonstruktionen zerstörter Bauwerke, Architekturteile und Innenräume. Da wurde und wird Bedeutendes geleistet. Zum Glück gibt es die Menschen, die bescheiden genug sind, ihre Fähigkeiten in den Dienst von Künstlern früherer Zeiten zu stellen. Das ist weder unkünstlerisch noch unkreativ.

    Was die Wahl des Baumaterials für den Dachstuhl und die Frage des Brandschutzes betrifft, so sind alle Aspekte dieses Themas in Paris bekannt. Vertrauen wir darauf, dass die Verantwortlichen dort gute Entscheidungen treffen werden!

    Moderationshinweis: Beitrag gekürzt. Es leistet keinen Beitrag zum friedlichen Miteinander in diesem Forum, Mutmaßungen über Motive, Interessen und Befähigungen anderer Diskussionsteilnehmer anzustellen.

    Snork

  • Snork, Der gesamte Beitrag von Rastrelli leistet keinen Beitrag zum friedlichen Miteinander, schon gar nicht zum Sachthema. Mit meinem sachlichen Vorbeitrag habe ich niemanden persönlich angegriffen, verletzt oder pauschal herabgewürdigt. Bei meinem Einstellen hier wußte ich aber, dass diese Antwort erfolgen wird. Es ist nur ein weiteres Beispiel, wie man mit Mitforisten hier umgeht. Mich hätte aber interessiert, was denn Rastrelli noch geschrieben hat. Ich scheue keine sachliche Auseinandersetzung, aber "Mutmaßungen über andere" sind mir ein Gräuel.

  • Bewahren wir mal einen kühlen Kopf und bleiben bei der Sache:

    Niemand bestreitet, dass andere den Vierungsturm rekonstruieren können. Die Frage ist, wie. Wie wird es am Ende aussehen.

    Nicht ich habe da Zweifel an Rekonstruktionen geäußert - auch nicht pauschal herabgewürdigt - sondern die neue Kulturministerin, gleich nach der Entscheidung von Macron. Und die Kompetenz für das Projekt liegt nun mal in ihren Händen. Insofern ist da noch Diskussionsbedarf vorhanden. Auch die Frage der Materialgebung der Dachstühle ist noch keine definitiv beschlossene Sache. Dafür müssen erst weitere Erkenntnisse über die Frage der Holzgewinnung und von Alternativen gesammelt werden.

    Man wird mir als Architekt wohl zubilligen, einen Standpunkt in Fragen der rekonstruktion zu vertreten, ohne dabei gleich eine Herabwürdigung zu wittern. Ich kann und muß nicht in den Chor dieser und jener einstimmen, schon gar nicht Modernisten. Wo, an welcher Stelle habe ich das getan? Um was es denen geht , weiß ich nicht, aber Viollet-le-Duc, dem restaurateur vandalisme ging es nicht um Selbstlosigkeit, sondern Selbstverwirklichung, abzulesen an einem Apostel, der sogar sein Antlitz trägt. Der Architekt als Heiliger Apostel Jesu Christi, ganz schön vermessen. Ich würde mich jedenfalls nicht so darstellen, würde ich den Turm bauen.

    Man sollte Violett-le-Duc daher nicht als Geheiligten der Architektur sehen, sondern Mann seiner Zeit, der nichts, aber auch gar nichts von anno dazumal rausholte, sondern vieles wegrestaurierte. Auch den mittelalterlichen Vierungsturm, dessen Gestaltform er genau kannte. Er hat das nicht rekonstruiert, wie man das heute von uns akribisch verlangt.

    Meine Turmversion nähert sich wieder dem schlichteren mittelalterlichen Bild, zugleich Viollet-le Duc, obwohl seine Details für mich sehr schwer nachzuzeichnen waren. Da wünsche ich den Computer-Architekten viel Spaß, die zeichnen nicht mit der Hand Aquarelle. Das lernt heute kein Architekt mehr, so wie ich, der ich noch wie an der Kunstakademie Handzeichnen lernen, darin die Aufnahmeprüfung zur Universität ablegen mußte. Gehen Sie heute in eine Architekturschule, da stehen reihenweise Computer, habe ich bei meinem Sohn in Stuttgart gesehen, mit der Hand gezeichnet hat da kein Mensch mehr. Er ist Architekt in London und arbeitet für den Stararchitekten Renzo Piano (Centre Pompidou Paris, The Shard London, neue Autobahn-Brücke Genua). Der große weltberühmte Architekt lässt alles mit dem Computer machen. Wie 99,99 % der Architekten. Resultate sieht man. Beklagen Sie doch als Selbstverwirklichung.

    Die Entscheidungen in Paris fallen so oder so aus. Man wird abwarten. Ich habe schon häufig erlebt, dass Projekte definitiv und unwiederbringlich entschieden waren - und nicht oder nicht so gebaut wurden wie entschieden. Wie das von mir im Ansgari-Strang eingestellte Projekt Stad Bibliotek Stockholm. Alles in trockener Tüchern gewesen, und doch gestoppt.


  • General Georgelin hat sich am 22. Juli 2020 erneut für einen Dachstuhl aus Holz ausgesprochen. Die Sache sei entschieden, man habe alles wohl bedacht, entgegnete er auf Versuche einiger Experten, unter dem Eindruck des Brandes von Nantes die Wiedererrichtung eines hölzernen Dachstuhls in Paris doch noch zu verhindern.

    La charpente de la cathédrale Notre-Dame de Paris sera bien reconstruite en bois car "il existe des procédés et des méthodes dans la construction, dans la manière dont on compartimente les choses, pour que le risque d'incendie soit pris en compte", a ajouté Jean-Louis Georgelin. "En aucune façon, l'incendie de la cathédrale de Nantes n'est à même de remettre en cause ce choix" d'une charpente en bois à Paris. La réflexion avait été faite bien avant. L'exemple de l'incendie de la cathédrale de Paris est "un élément suffisant en soi pour réfléchir autour de cette question", insiste Jean-Louis Georgelin.

    Lieber Von Zieten, du verstehst ja Französisch. Der Text ist eindeutig. Georgelin hat sich für Holz entschieden. Man wird aber den Brandschutz verbessern. Gedacht ist wohl an ein Schottensystem.

    Zu deinen Andeutungen in Richtung der neuen Kulturministerin Roselyne Bachelot konnte ich nichts finden. Es gilt nach wie vor die Parole vom 9. Juli: "reconstruction à l'identique".

    Niemand bestreitet, dass andere den Vierungsturm rekonstruieren können. Die Frage ist, wie. Wie wird es am Ende aussehen.

    Na so, wie vorher. Schließlich ist es eine Rekonstruktion. Und auf jeden Fall wird es besser aussehen als ein Entwurf, bei dem die Schenkel eines rechtwinkligen gleichschenkligen Dreiecks den Spitzbogen ersetzen sollen. Diese Idee ist sowas von ungotisch! Und welches Problem sollte damit gelöst werden?

    Die flêche muss auch weiterhin zu den übrigen gotischen Teilen der Kathedrale passen. Außerdem steht sie in einem Dialog mit der flêche der Sainte-Chapelle. Und beide Kirchen gehören zum Weltkulturerbe. Aber die Sache ist ja nun entschieden: Es wird Viollet-le-Duc rekonstruiert.

    Zu den Dachfiguren an der Vierung: Es sind unten die Symbole der vier Evangelisten und darüber in drei Ebenen die zwölf Apostel. Der Apostel Thomas trägt die Züge Viollet-le-Ducs. Thomas ist der Schutzheilige der Architekten. Versteckte Selbstdarstellungen von Künstlern in ihren Werken haben Tradition.

    Und noch etwas: Denkmalpflege ist ein Spezialgebiet.