Rekonstruktionen im Fadenkreuz

  • Wir sollten trotzdem dieses Motiv, wenn auch in abgeschwächter Form, nicht völlig außer Acht lassen. Rechte wie linke Agitatoren nutzen jede nur denkbare Möglichkeit zur Meinungsbeeinflussung. Bis zur Wende geschah das im Osten an jeder öffentlichen Wandfläche durch Kampfaufrufe und Lob der sozialistischen Errungenschaften. Dafür braucht es gleichwertigen Ersatz, was manche Aktivitäten erklärt. Warum sollten Rechte diese Chance nicht auch nutzen, da ihre Plakate in der Regel kaum geduldet werden?

    Wie soll das funktionieren? Ich sehe als Betrachter das Schloss und erhalte dadurch eine rechte (radikale) Gesinnung?

    ...

  • Mal eine kurze Anmerkung zum Thema "Links-Rechts": Natürlich gibt es nicht nur eine Definition davon und natürlich gibt es viele Menschen, die sich weder auf der einen, noch der anderen Seite verorten (möchten).

    Was Heimdall in dem Beitrag wohl im Auge hatte, um den sich seit einigen Seiten die Diskussion dreht, ist diejenige Erscheinungsform der Linken, die man im englischen Sprachraum oft als "cultural left" bezeichnet. Deren ideologische Wurzeln sind zum einen der Poststrukturalismus und der Dekonstruktivismus und zum anderen ein moralisierender (wohlgemerkt: nicht moralischer!) säkularisierter Neo-Protestantismus.

    Mit der klassischen Linken des 19. und des größten Teils des 20. Jahrhunderts (vom Frühsozialismus über Marx bis zur klassischen Sozialdemokratie), der es vorwiegend um soziale Gerechtigkeit für die Arbeiterklasse ging, hat das nicht mehr viel zu tun (das sieht man alleine daran, dass die ökonomischen Klassen, die die "cultural left" tragen, sind vorwiegend die gehobene Mittelschicht und die Oberschicht - Stichwort: "woke capitalism").

    Die klassische Linke, wenn es sie denn noch in größerem Maßstab gäbe, wäre aufgrund ihrer Ausrichtung auf soziale statt kulturelle Fragen wohl neutral gegenüber dem Rekonstruktionsthema. Das erklärt auch, warum eine MLPD-Anhängerin Reko-Befürworterin sein kann oder warum die späte DDR das Nikolaiviertel rekonstruieren konnte. Der eher "klassische Linke" Pasolini (der in seinen späten Jahren auch sehr hellsichtig vor dem Aufkommen der "cultural left" gewarnt hatte), hat irgendwo mal was in der Art gesagt: "Die Kirchen und Paläste der Vergangenheit mögen Zeugnisse einer Gesellschaft sein, in der die Armen unterdrückt und ausgebeutet wurden. Aber in ihnen drückt sich doch der Schöpfergeist des Volkes aus und das Volk sollen wir als Linke lieben. Deshalb lieben wir auch die Bauwerke der Vergangenheit." (wie gesagt: alles nur sehr sinngemäß zitiert). Von einer solchen Warte aus kann ein klassischer Linker ohne weiteres ein Rekonstruktionsbefürworter sein.

    Nun leben wir heute aber eben in einer Zeit, in der die "cultural left" das "linke" Lager intellektuell dominiert, nach ihren Vorstellungen formt, vor sich her treibt und die Macht hat zu definieren, wer dazugehört und wer nicht.

    Der Grundkonflikt unserer Epoche ist dementsprechend der zwischen "cultural left" (oder "anywheres" oder "woken" oder wie immer man das nennen mag) und "cultural right". Und in diesem Grundkonflikt stehen Rekonstruktionen nun eben in Opposition zum Programm der "cultural left". Daher deren "Feinderklärung" und deren Zuspitzung der Rekonstruktionsproblematik auf "rechts" vs. "links".

    Das mag uns nun passen oder nicht und das mag dem Selbstverständnis einzelner Foristen, die sich vielleicht in einem anderen Sinn als links verstehen mögen, entsprechen oder nicht. Wir können das nicht ändern, ebenso wenig wie wir diesen Konflikt durch einseitige Deklarationen unsererseits für beendet erklären können.

  • Gibt es einen rechten Kulturtheoretiker, der in Deutschland eine Hochschulprofessur oder eine vergleichbare Position innehat?

    Guter Punkt. Natürlich nicht, denn diejenigen, die an den Universitäten die Macht haben, sehen sich mehrheitlich eben der "cultural left" verpflichtet. Ein "rechter Kulturtheoretiker" hat daher in einem Bewerbungsverfahren auf eine Hochschulprofessur keinerlei Chance (es sei denn, er betreibt Camouflage).

    Der britische Historiker Niall Ferguson hat vor zwei oder drei Jahren mal in einem Interview mit der NZZ festgestellt, dass im englischen Sprachraum ein konservativer oder auch nur "nicht-linker" (wieder im Sinn der "cultural left") Geistes- oder Sozialwissenschaftler keinerlei Chance mehr auf eine akademische Laufbahn hat, ganz egal wie brillant er ist. Eher wird ein drittklassiger Wissenschaftler mit der richtigen politisch-gesellschaftlichen Gesinnung berufen als ein erstklassiger Wissenschaftler mit der falschen Gesinnung. Er hat deshalb Konservativen geraten, die akademische Laufbahn zu meiden.

    Das alles ist allerdings im deutschen Sprachraum nicht mehr viel anders. Ferguson hält übrigens die etablierten Universitäten in dieser Hinsicht nicht mehr für reformierbar.

  • Wie soll das funktionieren? Ich sehe als Betrachter das Schloss und erhalte dadurch eine rechte (radikale) Gesinnung?

    Das Thema wäre einen eigenen Strang wert und lässt sich nicht mit ein paar Sätzen abtun. Die DDR-Parolen bewirkten beim Lesen auch keine Spur von Resonanz, da nur Schall und Rauch. Schöne Architektur verkörpert aber reale Leistung und erzeugt beim konservativem Betrachter zumindest Bewunderung für die Altvorderen. Bis zur rechten Gesinnung ist es da aber noch meilenweit.

  • Zitat Rastrelli

    Gibt es einen rechten Kulturtheoretiker, der in Deutschland eine Hochschulprofessur oder eine vergleichbare Position innehat?


    Guter Punkt. Natürlich nicht, denn diejenigen, die an den Universitäten die Macht haben, sehen sich mehrheitlich eben der "cultural left" verpflichtet. Ein "rechter Kulturtheoretiker" hat daher in einem Bewerbungsverfahren auf eine Hochschulprofessur keinerlei Chance (es sei denn, er betreibt Camouflage). [...] Das alles ist allerdings im deutschen Sprachraum nicht mehr viel anders. Ferguson hält übrigens die etablierten Universitäten in dieser Hinsicht nicht mehr für reformierbar.

    Ich kenne Architekturtheoretiker, die ohne ,,Camouflage" sich nicht einer cultural left andienen mussten, um in der Universität ihren Platz zu finden. Insofern Stelle ich diese These in Frage. Es scheint mehr so zu sein, dass es eben gerade ein Trendthema ist, was die cultural left angeht, und wer Trends folgt, steigt schnell auf, bekommt mehr Aufmerksamkeit und Gelder. Das Thema Rassismus und Gender ist ja mittlerweile ein solches Mediending, dass man sich wundert, ob es noch überhaupt andere Probleme gibt in Deutschland.

  • Ich kenne Architekturtheoretiker, die ohne ,,Camouflage" sich nicht einer cultural left andienen mussten

    "Sich nicht andienen" und "Gegenposition beziehen" sind zwei verschiedene Sachen. Frag mal in der Soziologie, der Philosophie, der Geschichtswissenschaft oder den Literaturwissenschaften nach.

  • "Sich nicht andienen" und "Gegenposition beziehen" sind zwei verschiedene Sachen. Frag mal in der Soziologie, der Philosophie, der Geschichtswissenschaft oder den Literaturwissenschaften nach.

    Touché, jedoch habe ich hier ein Zitat, dessen Inhalt einer Gegenposition doch wahrlich entspricht:

    Der preußische König Friedrich Wilhelm IV., der die Bibelworte der Inschrift ausgesucht hat, wollte laut dem Architekturtheoretiker Peter Stephan zum Ausdruck bringen, dass kein Mensch vor einem anderen das Knie beugen solle und das Heil allein in Gott liege. Er distanzierte sich damit sowohl von absolutistischen Herrschern als auch von Autokraten oder Tyrannen. Dieser preußische König gehörte damit zu den fortschrittlichen Geistern seiner Zeit.

    Die Distanzierung der Institutionen im Humboldt Forum zeugt deshalb von eklatanter historischer Unbildung. In einer Mischung aus Naivität und Überheblichkeit projiziert sie hyper-moralische Maßstäbe von heute auf eine vergangene Geschichtsepoche.

  • Ja, so etwas kann man sagen, nachdem man eine unkündbare Professur auf Lebenszeit hat. Wenn man es vorher sagt, ist man in der Academia weg vom Fenster.

    Wenn Du das überprüfen konntest, dann ist dies wohlwahr. Aber das Problem sitzt womöglich tiefer, als bloß in reiner Postenvergabe oder ist die Konsequenz daraus(?): Ich habe ein paar Arbeiten von Architekturtheoretikern gelesen. Sie gehen stets wie selbstverständlich davon aus, dass die Architektur in ausgestalteten Symboliken tatsächlich Einfluss auf den Menschen hat. Also um beim Spruchband zu bleiben, dass es tatsächlich unweigerlich zu einer Einflussnahme auf den Menschen kommt (bis hin zum Weltbild), wenn solche Worte am Bauwerk stehen. Daher läuft die Angriffs- und Verteidigungslinie auch immer über die Bedeutung der Worte. Keiner diskutiert die Kontextualisierung als ,,altes" Gebäude für viele Betrachter oder allgemein eine eher hypothetische Wahrnehmbarkeit durch die Rundung und später die Figuren und den Farbkontrast.

    Da wäre aber doch eher die Frage, ob es hier wirklich ein Problem ist bezüglich Haltung bezogen auf cultural left/right, oder ob es systematisch eine Fehlinterpretation in dem Fachgebiet gibt, wie Architekturelemente funktionieren in Verbindung mit den Menschen, die das Gebäude eben nicht ,,fachmännisch" betrachten. Ich weiß, als blutiger Laie ist das ein etwas dreister Gedankengang, aber mir scheint es relevant festzuhalten, was mir auffiel.

  • Und jetzt überlege mal, tegula! Wenn du für die Reko des Schlosses bist, wer ist dann dein Gegner?

    Ich bin dir hier noch eine Antwort schuldig, auch auf die Gefahr hin, dass deine Frage rhetorisch gemeint war.

    Ich denke in diesem Fall nicht in Kategorien wie Freund, Feind oder Gegner. Ich kann die Meinung von Oswalt und Trüby ganz gut respektieren, auch wenn ich sie überwiegend nicht teile. Das unterscheidet mich wohl auch von vielen Foristen hier. Ich bin davon überzeugt, dass dies auch die Grundlage jedes fairen Diskurses ist.

    Deshalb sind sie für mich auch keine Gegner. Sorry, aber ich bin auch für ein Tempolimit auf Autobahnen, aber jeden, der das anders sieht, den Stufe ich trotzdem nicht als Gegner ein. Diese Emotionalisierung des Themas nimmt manchmal beängstigende Züge an, als würde man den Schlossbefürwortern persönlich an den Kragen gehen wollen. Ein bisschen mehr Sachlichkeit würde allen gut tun.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • tegula

    Es geht mir nicht um Emotionalisierung, sondern um Klarheit des Denkens. Ich bin wie du an einer sachlichen Diskussion interessiert.

    Ich frage mich seit ewigen Zeiten immer wieder - wtf ist "rechte Unterwanderung-Gefahr" bei einem Projekt, dass im Rahmen einer Stiftung mit definiertem Stiftungszweck ausgeführt wird?

    Das frage ich mich auch. Leider führt tegula das nicht näher aus.

    Was Trüby und Oswalt machen ist mir zu pauschal, unwissenschaftlich und zu einseitig in Richtung Rekonstruktionen. Beim Thema Schloss ist entscheidend wie die Motivation der Spender mit einer (radikal) rechten Einstellung ist.

    a) gespendet aus Begeisterung für traditionelle, historische Architektur

    b) gespendet aus Begeisterung für das Preußentum/Monarchie/Geschichte

    c) gespendet um ein autoritäres, völkisches oder geschichtsrevisionistisches Gedankengut unter das Volk zu bringen

    Das ist keine gute Argumentation. Denn du verlagerst die Gesinnungsprüfung nur von der Bewertung der Person des Spenders auf den Akt des Spendens und die Hintergedanken des Spenders dabei. Wie willst du die in Erfahrung bringen? Jedem einen Chip ins Gehirn pflanzen und die Gedanken auslesen? Grauenvolle Vorstellung!

    Die klassische Linke, wenn es sie denn noch in größerem Maßstab gäbe, wäre aufgrund ihrer Ausrichtung auf soziale statt kulturelle Fragen wohl neutral gegenüber dem Rekonstruktionsthema. Das erklärt auch, warum eine MLPD-Anhängerin Reko-Befürworterin sein kann oder warum die späte DDR das Nikolaiviertel rekonstruieren konnte. Der eher "klassische Linke" Pasolini (der in seinen späten Jahren auch sehr hellsichtig vor dem Aufkommen der "cultural left" gewarnt hatte), hat irgendwo mal was in der Art gesagt: "Die Kirchen und Paläste der Vergangenheit mögen Zeugnisse einer Gesellschaft sein, in der die Armen unterdrückt und ausgebeutet wurden. Aber in ihnen drückt sich doch der Schöpfergeist des Volkes aus und das Volk sollen wir als Linke lieben. Deshalb lieben wir auch die Bauwerke der Vergangenheit." (wie gesagt: alles nur sehr sinngemäß zitiert). Von einer solchen Warte aus kann ein klassischer Linker ohne weiteres ein Rekonstruktionsbefürworter sein.

    Ganz richtig. Die Argumentation von Pasolini entspricht derjenigen in den Staaten des Warschauer Paktes. Die herrschende Weltanschauung dort war der Marxismus-Leninismus (ML). Von dem klassischen ML, wie ich ihn in der Schule gelernt habe, ist die heutige "cultural left" meilenweit entfernt. Sahra Wagenknecht weist auch immer wieder auf die Diskrepanz zwischen der klassischen Linken und der kulturalistischen Linken hin.

  • Also es ist nicht das erste Mal, dass du hier einfach Dinge behauptest, die du mit zwei Mausklicks besser wissen könntest.

    (meistens ist es mir inzwischen zu müßig, darauf einzugehen).

    Es ist erschreckend, wie schlecht du liest. Mit zwei Mausklicks hättest du Belegstellen für meine Behauptungen gefunden. Erster Klick: Wiki-Artikel zu Oswalt; zweiter Klick: taz vom 2. März 2014 .

    Wenn Du etwa die betreffenden Artikel der SZ, der MAZ, des Focus usw. liest, ist nicht ansatzweise etwas "Verheerendes" hineinzuinterpretieren. Es wird ziemlich nüchtern der Ablauf geschildert.

    https://www.sueddeutsche.de/politik/kultur…131122-99-05229

    Der von dir verlinkte Artikel auf sueddeutsche.de stammt aus dem dpa-Newskanal, ist also eine Agenturmeldung. Es ist charakteristisch für diese Textsorte, dass das Thema des Artikels sachlich und nüchtern behandelt und von verschiedenen Seiten beleuchtet wird.

    Man kann den Konflikt zwischen Oswalt und dem Kultusministerium natürlich noch differenzierter diskutieren. Aber das war nicht das Thema. Es ging nur darum, welche Bedeutung Oswalt hat und ob sein Ansehen durch die Nichtverlängerung seines Vertrages in Dessau gelitten hat. Hierzu kannst auch du keine Belege bringen, die das Gegenteil von dem besagen, was ich geschrieben habe. Weil du Deutschlandfunk Kultur zitiert hast, hier noch zwei Beiträge von dort:

    deutschlandfunkkultur.de/bauhaus-ratlosigkeit-in-dessau (25. Nov. 2013)

    deutschlandfunkkultur.de/abschied-kampfeslustig-bis-zuletzt (27. Febr. 2014)

    Also ich brauche keinen ständigen rechts-links Kompass, um mich im politischen Gelände zu orientieren. Außer den Anhängern der radikalen Ränder links und rechts ist dieses eindimensionale Denken für die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung überholt

    Wieder hast du nicht richtig gelesen. Es ging mir nicht um eine Rechts-links-Dichotomie, sondern darum, dass wir nicht ohne Kategorienbildung und Gruppenzuordnungen auskommen, wenn wir über Politik reden. Bei "rechts" und "links" geht es auch nicht per se um "radikale Ränder". Es gibt einen Unterschied zwischen "rechts" und "rechtsextrem", ebenso wie zwischen "links" und "linksextrem". Es gibt weitere Differenzierungen wie "Mitte-Links" oder "linksliberal". Ich schrieb außerdem:

    Man kann natürlich auch andere Begriffe zur Charakterisierung der unterschiedlichen politischen Strömungen verwenden, zum Beispiel: "Sozialisten" - "Volksparteien" - "Liberale" - "Konservative" - "Rechtspopulisten".

    Und was mein Demokratieverständnis betrifft: Wir haben in Deutschland nunmal keine direkte Demokratie, in der das Volk über zahlreiche Themen direkt entscheidet. Deshalb ist es in der Realität von untergeordneter Bedeutung, was die Bevölkerungsmehrheit will. Zumal Laien auch gar nicht die Zeit haben, sich mit allen möglichen Politikfeldern zu befassen und die jeweilige Thematik wirklich zu verstehen.

    (Genauso wie du die Thematik der slawischen Völker nicht verstehst - im Gegensatz zu Slawisten. Wir hatten dazu ja mal eine Kontroverse.)

  • Das frage ich mich auch. Leider führt tegula das nicht näher aus.

    Dann möchte ich das gerne nachholen: Was meine ich mich einer "rechten Unterwanderung"?

    Wenn einzelne Spender mit rechter (was auch immer man darunter zu verstehen ist - das kann hier nicht explizit erörtert werden) Gesinnung auftauchen, sehe ich keinen tiefergehenden Handlungsbedarf, solange diese Spender über die reine Geldleistung keinen Einfluss auf das Projekt nehmen. Gleichwohl können die Projekte dadurch in Misskredit gebracht werden, wie wir es nun am Berliner Schloss erleben.

    Wirklich kritisch sehe ich es, wenn solche Personen Entscheidungsgewalt erlangen, Einfluss auf die Handlungen bekommen, Posten besetzten. Dann kann ein Projekt unterwandert werden und im schlimmsten Fall für eine z. B. antidemokratische, antisemitische, rassistische, völkische, nationalistische etc Weltanschauung instrumentalisiert werden. Bisher sehe ich diese Linie aber noch bei keinem Rekonstruktionsprojekt überschritten, gleichwohl sollte diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, wie die immer wieder auftauchenden Enthüllungen nicht nur am Berliner Schloss nahelegen. Hier sollte ein wachsames Auge wichtige Prämisse sein. Ich glaube aber, dass die Entscheidungsträger das mittlerweile verstanden haben. Zumindest im Fall Bödecker hat die Stiftung Humboldt Forum konsequent gehandelt. Ein nicht konsequentes Handeln gegen rechte Tendenzen könnte die gesellschaftliche Akzeptanz von Rekonstruktionsprojekten im Allgemeinen erheblich beschädigen.

    Kommen wir noch einmal zu der Einschätzung von Oswalt und Trüby zurück. Ich habe hier zu häufig Ansichten gelesen nach dem Motto: Wer sich gegen Rechts engagiert und auch noch gegen Rekonstruktionen wettert, kann nur links sein. Solche Stereotype sind natürlich Unsinn. Tatsächlich kommt der Widerstand gegen Rechts aus der Mitte des Gesellschaft. Es ist auch kein Zufall, dass im Bundestag auch die konservativen Parteien nicht neben der AfD sitzen möchten. Das ist lediglich Ausdruck der gesellschaftlichen Ablehnung rechter Strukturen.

    Insofern widerstrebt es mir Oswalt und Trüby irgend einem politischen Spektrum zuzuordnen. Dazu weiß ich zu wenig von den beiden und es sollte auch keinen Unterschied bei der Beurteilung ihrer Thesen machen. Es ist bedauerlich, dass dies nicht von allen beherzigt wird.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Ich kann normalerweise die Beiträge nicht lesen, da deaktiviert. Somit antworte ich in der Regel schlicht aus diesem Grund nicht. Aber, da ich gerade die Ermahnung der Moderation gelesen habe, wollte ich wissen, welcher andere Forumskollege persönlich beleidigt wurde und klappte die Beiträge mal auf. So stieß ich auf diese Frage:

    Gibt es dafür auch eine seriöse Quelle?

    Eigentlich kann das jeder selbst googlen. Wer das nicht will, will nicht. Aber hier präsentiere ich eben eine Quelle.

    https://de.statista.com/statistik/date…epraesentanten/

    Dann noch zur SPD. Diese bezeichnet sich immer wieder selbst als linke Partei bzw. Partei, die eine explizit "linke Politik" betreiben wolle. Das hatten wir aber auch schon. Jeder kann selbst googlen.

    Für die Faulen dennoch ein paar Links als schnelle Auswahl.

    Juso-Chef Kevin Kühnert

    „Ohne Umverteilung gibt es keine linke Politik“

    https://www.welt.de/politik/deutsc…ke-Politik.html

    ---

    Ralf Stegner für Fusion von SPD und Linkspartei

    https://www.zeit.de/politik/deutsc…w.google.com%2F

    Zitat daraus:

    Zitat

    Stegner rief daher zu einer "zivilen Debatte" über eine Fusion von SPD und Linkspartei auf. "Ich empfinde es nicht als Normalzustand, dass die politische Linke aufgesplittert ist."

    ---

    Unsere SPD – linke Volkspartei im 21. Jahrhundert – Positionspapier der neuen jungen SPD-Bundestagsabgeordneten

    https://josephine-ortleb.de/unsere-spd-lin…gsabgeordneten/

    Zitat daraus:

    Zitat

    Wir fordern ein klares Profil und eine soziale, linke Politik mit der wir bei der nächsten Bundestagswahl Mehrheiten erkämpfen”, erklärt Ortleb.

    In dem Papier heißt es: “Wir sind davon überzeugt, dass nur eine starke Sozialdemokratie die sozialen Herausforderungen und wichtigen Zukunftsfragen verantwortungsvoll beantworten kann. Nur die SPD muss und kann die linke Volkspartei im 21. Jahrhundert sein.

    ---

    50 Jahre Parlamentarische Linke

    https://www.parlamentarische-linke.de/50-jahre-parlamentarische-linke/

    Zitat daraus:

    Zitat

    Die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion wird 50 Jahre jung. Das ist natürlich ein Grund zu feiern. Und wir dürfen uns im Blick zurück durchaus auf die Schultern klopfen: Als linke Kraft haben wir den sozialdemokratischen Bundesregierungen und Fraktionsspitzen oft genug auf die Finger geklopft, wenn sie ihren Kompass zu verlieren oder bei ehrgeizigen Reformprojekten auf halbem Wege schlapp zu machen drohten.

    ---

    Nahles: Linke Politik muss sich "konkreter Probleme in Gesellschaft annehmen"

    https://www.ots.at/presseaussendu…schaft-annehmen

    Zitat:

    Zitat

    aufgeworfene Frage "Links geht noch was, oder?":

    "Ich denke ja!", hielt Nahles bei der Diskussionsreihe "Genial dagegen" von Robert Misik im Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog fest. Linke Politik müsse - wolle sie "Gestaltungsmacht zurückgewinnen" und erfolgreich "gesellschaftliche Verhältnisse gestalten, statt sie bloß anzupassen" - bei den "konkreten Problemen in der Gesellschaft ansetzen und sich dieser realen Konfliktpunkte annehmen", so Nahles zur "Grundfrage" linker Politik. Angesichts der Tatsache, dass "immer mehr Menschen abgehängt werden", gebe es für sozialdemokratische Politik eine klare Aufgabe...

    Das soll reichen. Wer nicht selbst googeln will, will eben Blinde Kuh spielen.

    - Fin -

  • ist diejenige Erscheinungsform der Linken, die man im englischen Sprachraum oft als "cultural left" bezeichnet

    Sehr richtig, "Philon". Und man muss das im Zusammenhang mit einer sehr tiefgehenden Kulturrevolution sehen, der Auswirkungen und Ende noch nicht ganz absehbar sind. Ich glaube aber nicht, dass sie uns ins gelobte emanzipierte Zeitalter führen wird, sondern in eine Katastrophe aus Gewalt und Verfall. Aber, das kann natürlich jeder anders bewerten. Gestern war ich beim Neugeborenen eines Freundes. Der Kleine wird die Auswirkungen dessen sehen, das heute beginnt.

  • Dann kann ein Projekt unterwandert werden und im schlimmsten Fall für eine z. B. antidemokratische, antisemitische, rassistische, völkische, nationalistische etc Weltanschauung instrumentalisiert werden.

    Wie "instrumentalisiert" man denn den Wiederaufbau eines Schlosses, einer Kirche oder von ein paar frühneuzeitlichen Bürgerhäusern für eine "antidemokratische, antisemitische, rassistische, völkische, nationalistische etc. Weltanschauung"?
    Das ist keine rhetorische Frage; mir ist wirklich nicht ganz klar, was damit konkret gemeint ist.

    Insbesondere: wie sähe eine Instrumentalisierung denn aus, die spezifisch nur durchgeführt werden könnte, wenn jemand einen Posten in einer Rekonstruktionsinitiative hätte?

  • Vermutlich auf die gleiche Art, wie sie auch sonst versuchen sich zu inszenzieren, als diejenigen, die staatliches Versagen auffangen:

    „Rechtsextremisten, Hooligans und Rocker wollen uns vorgaukeln, dass sie für Recht und Ordnung sorgen.“ Dabei versuchten sie bloß, die Gruppen für sich zu instrumentalisieren.

    Das wird dann sehr zielgerichtet in den neuen Medien weiter verbreitet und ausgeschlachtet:

    "Intern sensibilisiert die Polizei aber in Anbetracht der insbesondere auf Social-Media-Kanälen verbreiteten Aktivitäten entsprechender Gruppierungen nachgeordnete Organisationseinheiten.

    Am besten natürlich ist das, wenn dann solche Personen in irgendeiner Form breite gesellschaftliche Anerkennung erhält, z.B. eine Ehrentafel oder eine Nennung in der Zeitung. Das kann man natürlich noch besser zum Vermischen seiner politischen Ambitionen nutzen. Aber das halte ich persönlich nur bei viel kleineren Projekten für realistisch.

    Wenn sich Rechtsextreme aber als die ,,Retter gegen die Moderne" inszenieren könnten, und als die Einzigen, die das womöglich realisieren können durch einen Systemwechsel, dann wäre wohl eine Unterwanderung erfolgt.

    K.A. ob das etwas ist, was Tegula meint, aber das wäre mein Versuch es nachzuvollziehen.

  • Wenn sich Rechtsextreme aber als die ,,Retter gegen die Moderne" inszenieren könnten, und als die Einzigen, die das womöglich realisieren können durch einen Systemwechsel, dann wäre wohl eine Unterwanderung erfolgt.

    Also das Szenario wäre: Die Mehrheit will Rekonstruktionen, aber die etablierte Politik reagiert nicht darauf. Daraufhin nehmen sich Rechtsextremisten, denen Rekonstruktionen aber eigentlich egal sind und die in Wirklichkeit nur die Demokratie abschaffen und rassistische Gesetze etablieren wollen, des Themas an und versprechen umfassende Rekonstruktionen.

    Weil die Mehrheit aber Rekonstruktionen so unbedingt und dringend will, dass ihnen alles andere egal ist, wählen sie daraufhin die Rechtsextremisten an die Macht???

    Sorry, aber das halte ich nun wirklich für ein abwegiges Szenario. Wenn es wirklich eine Mehrheit gäbe, der Rekonstruktionen nicht nur wichtig sind, sondern die davon ihre Wahlentscheidung abhängig würde, dann würden sich auch andere Parteien des Themas annehmen. Ich halte das skizzierte Szenario wirklich für pure Polit-Fantasy.

  • Philon Du überspitzt es jetzt etwas sehr, gerade meine Zitate zeigen doch, dass es eben nicht monothematisch ist. Da fällt dann zusammen, dass man vielleicht gegen Ausländer ist und gut findet, dass die selbst aktiv werden, dass man sieht, die versuchen bei der Strafverfolgung was in die eigene Hand zu nehmen, die helfen den Flutopfern, und dann gibts noch die Option auf ein Stadtbild aus Zeiten vor diesen ganzen Brüchen, von ein paar netten Herren, die einfach mal etwas wirklich bewegen wollen und nicht ,,immer nur reden".

  • Ideal wäre,wenn Oswald und Trüby in diesem Strang öfter mal mitdiskutieren würden.Es ist doch besser und interessanter mit Oswald und Trüby direkt zu diskutieren als immer nur über die beiden.Dann würden alle Diskussionsteilnemer die Meinung von Trüby und Oswald aus erster Hand erfahren statt immer zu diskutieren wie könnte Oswald dies oder jenes gemeint haben. Architekturforen wie dieses müssten den beiden sicherlich bekannt sein.Am Ende würden dann vielleicht alle besser einander verstehen.Meine Meinung:smile: