Bremen - östliche Vorstadt

  • Wir haben ja immer gelacht über die Unfähigkeit der Deutschen, so einen einfachen Namen wie Votava richtig auszusprechen.

    Aber schon Brahms hatte mit Smetana seine Mühe gehabt, weshalb ihm dieser über das Eröffnungsmotiv der Fidelio-Ouverture schrieb: Sm'etana, Smetana, Smetana heiß ich!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Entkernung in der Lüneburger Straße

    Die Ende Dezember 2019 weiter oben in diesem Themenstrang angekündigte Gebäude-Entkernung in der Lüneburger Straße

    RE: Bremen - Östliche Vorstadt

    ist mittlerweile vollzogen. Auch der Abbruch des Gebäues Hamburger Straße 2 ist durchgeführt worden. Dort befindet sich momentan die Baustellenzufahrt für die Betonmischfahrzeuge, die an der Erstellung des neuen Gebäudes, welches hinter der alten Fassade an der Lüneburger Straße hochgezogen wird, beteiligt sind. Alle folgenden Bilder vom heutigen Tage (und von mir; dürfen verwendet werden).

    Das bis auf die Fassade entkernte Gebäude:


    Gesamtansicht des Gebäudeblocks. Ganz rechts die Baustelleneinfahrt.

    Die Baustelleneinfahrt, für die das kleine Haus Hamburger Straße Nr. 2 weichen mußte.


    Blick von hinten auf die freigelegte Fassade.

    Fassadendetails:

    Zwei Gebäude, die einst eine optische Einheit bildeten. Ob der Neubau die Harmonie wird wahren können ???

  • Das neue Hulsbergviertel

    Das ca. 170 Jahre alte ehemalige St. Jürgen Krankenhaus - heute Krankenhaus Bremen Mitte - war lange Zeit eines der größten Krankenhäuser Deutschlands. Auf einer Fläche von fast 20 Hektar am Rande des Steintorviertels stehen noch eine Reihe historischer Gebäude. Ein großes Teil dieses in sich geschlossenen Areals - etwa 14 Hektar - soll nun für das neue Hulsbergviertel, ein reines Wohngebiet, geopfert werden. Bis zu 300 Bäume müssen nach Ansicht der grünen Bausenatorin gefällt werden, damit hier Wohnraum entstehen kann.

    Ich habe letzte Woche einige Fotos von einem Gebäude geschossen, das abgerissen werden soll. Ich glaube, es handelt sich hier um den ehemaligen OP-Trakt für die Augenklinik und die Urologie. Gebäudestil: wohl Gründerzeit, schätze ich.

    Leider war bereits - Bauvorbereitung - alles abgesperrt, sodass die Perspektiven der Fotos nicht besonders gut gelungen sind. Hier erst Mal das historische Gebäude, danach folgt ein Bild der Neubebauung.

    Die Neubebauung zeigt, ein kleiner historischer Teil wird erhalten bleiben. Das gibt uns die Möglichkeit, Baustile zu vergleichen und unter dem Kriterium "Schönheit" Bewertungen vorzunehmen. Im unten stehenden Foto wirkt der historische Rest wie ein Anker mit Scharnierfunktion, der auffällig als Blickfang ins Zentrum des Bildes gestellt wurde.

    Ästhetik der Scheußlichkeiten. Architekten im Kreativitätsrausch: Grau ist nicht nur alle Theorie, sondern auch - nach Weiß und Schwarz, inzwischen unglaublich trendy. Da will man den Zug nicht verpassen.

    Beworben wird das Ganze mit "ein Platz für alle" und "urbaner Lebendigkeit". Der Projektentwickler schwärmt von einem "der spannendsten Bremer Baugebiete in bester Lage". Verloren gehen historische Gebäude und deren Schönheit, viele Bäume, die den Stadtteil mit guter Luft versorgten und die parkähnliche Gestaltung zwischen den historischen Pavillons, die auch ein Teil des Heilungskonzepts darstellte.

  • Es ist schade um das Gebäude; mich stören auch diese an zentraler Stelle errichteten Parkplätze der BREPARK. Kiesschotter weit und breit, WTF. Da hätte man einen wunderbaren öffentlichen Platz draus machen können, der von Ost und West von Altbauten eingeschlossen wäre. Schade drum. Glücklicherweise bleiben aber viele Altbauten des Reals anscheinend erhalten und werden dann hoffentlich nur durch belanglose Bauten ergänzt.

    Ich muss aber hier Dinge richtig stellen. Es handelt sich oben nicht um den OP-Trakt des Augenklinikums. Ich bin mir recht sicher, dass es das frühere Pockenhaus ist (um 1900). Die Visualisierung mit den Neubauten kann zudem nicht dieses Gebiet zeigen, denn der Altbau in der Mitte ist meines Erachtens (das erkennt man am Giebel und den Rundbögenfenstern) das Ehemalige Mädchenheim, in dem heute der Betriebsrat ist. Dieses Gebiet ist zwei Straßen weiter nördlich, ergo haben auch die Neubauten nichts mit dem Pockenhaus zu tun.

    Du warst doch auf der Webseite und hast dort die Visualisierung gefunden. Auf der gleichen Seite findet man einigermaßen brauchbares Material, u.a. auch diese Übersicht: https://neues-hulsberg.de/wp-content/upl…Steckbriefe.pdf

    Auch wenn ich dem Vorhaben kritisch gegenüberstehe, vor allem wegen der von Dir zu recht kritisierten banalen Neubauvorhaben, so bin ich angesichts des vorherrschenden Zeitgeists in der Architektur (siehe zum Beispiel das aktuelle Geschehen in Hamburg: Abriss von Gründerzeitlern in der Zeughausstraße und Johannisbollwerk) der Meinung, dass wir in Bezug auf dieses Areal - sofern die Nachnutzungsempfehlungen von 2012 eingehalten werden - noch mit einem "blauen Auge" davongekommen sind, denn es werden vor allem die scheußlichen Nachkriegsbauten beseitigt.

  • An guten Tagen bin ich ja der Glas-halbvoll-Typ, und so ist es heute. Ich finde, dass angesichts des enormen Verwertungsdrucks, der auf dem Grundstück lag - immerhin sollte sich der gesamt Klinikneubau ja über Grundstücksverkäufe finanzieren (was natürlich nicht geklappt hat) das Ergebnis nicht so schlimm wie befürchtet ist. Überraschend viele der alten Klinikbauten sollen erhalten bleiben, und nicht nur die denkmalgeschützten. Sicher erhalten bleiben u.a. die alte HNO, die Urologie und die Augenklinik (alle zur St- Jürgenstraße), die Pathologie (zur Straße "Am Schwarzen Meer") und die Kinderklinik an der Ecke Bismarckstraße/Friedrich-Karl-Straße sowie das oben gezeigte kleine Haus, das zuletzt den Personalrat beherbergte und Quartiersmittelpunkt mit Café werden soll. Hinzu kommen hochwahrscheinlich die alte Dermatologie und die MTA-Schule sowie manche der kleineren Nebengebäude, wobei ich für letztere einen Abriss befürchte, das hier z.B., in dem zuletzt Werkstätten und Verwaltung saßen, sehe ich als gefährdet an:

    p107045874svg.jpg

    Vom Vorkriegsbestand sicher abgerissen werden soll in der Tat nur das von findorffer abgebildete "Pockenhaus" sowie ein stark baulich veränderter OP-Trakt der Urologie. Hinzu kommt ganz viel Nachkriegskram, der komplett abgeräumt wird:

    Der von Dir erwähnte Schotterparkplatz ist an Stelle dieser alten Schwesternwohnanlage entstanden und nur ein Provisorium:

    img_3546vojle.jpg

    bis das neue Parkhaus am Ort des Chirurgischen Bettenhauses fertiggestellt ist. Auf diesem Gelände sollen in weiteren Schritten ebenfalls Wohnungen entstehen. Die Baugemeinschaft "Karl" auf dem alten Bunkergrundstück an der Friedrich-Karl-Straße hat folgendes Rendering veröffentlicht:

    20210709_karlecksichtmwkvj.jpg

    Quelle: bauundumwelt.bremen.de /Praeger Richter Architekten

    Dies zeigt auch das Problem mit solchen sonst durchaus lobenswerten Projekten. Der Preisdruck ist aufgrund der natürlich limitierten Mittel nochmal viel größer als bei Investorenbauten, so dass dann ästhetisch oft Kompromisse gemacht werden müssen.

  • Ich muss aber hier Dinge richtig stellen. Es handelt sich oben nicht um den OP-Trakt des Augenklinikums. Ich bin mir recht sicher, dass es das frühere Pockenhaus ist (um 1900). Die Visualisierung mit den Neubauten kann zudem nicht dieses Gebiet zeigen, denn der Altbau in der Mitte ist meines Erachtens (das erkennt man am Giebel und den Rundbögenfenstern) das Ehemalige Mädchenheim, in dem heute der Betriebsrat ist. Dieses Gebiet ist zwei Straßen weiter nördlich, ergo haben auch die Neubauten nichts mit dem Pockenhaus zu tun.

    Du warst doch auf der Webseite und hast dort die Visualisierung gefunden. Auf der gleichen Seite findet man einigermaßen brauchbares Material, u.a. auch diese Übersicht: https://neues-hulsberg.de/wp-content/upl…Steckbriefe.pdf

    Vielen Dank für die Richtigstellung MAK. Ich war mir unsicher, ob es sich hier um den OP-Trakt handelt. Ich las davon in der Zeitung und hatte das Gebäude dann entsprechend zugeordnet. Vor Ort war die Situation, wie die Bilder zeigen, ziemlich unübersichtlich. Ob sich noch ein Gebäude hinter der Augenklinik befindet, war nicht erkennbar.

    Aber nichts destotrotz: Es ist schade, dass dieses wirklich schöne Haus gegen diesen Neubaumist ausgetauscht wird. Ich hänge sehr an dieser Architektur und der Abriss wirkt auf mich sehr emotional. Ich bin dann einige Zeit nicht in der Lage, mich dem Areal zu nähern.

    Ein weiterer Punkt: Ich war nicht auf der Webseite, sondern hatte schon vor längerer Zeit das Bild mit den Neubauten aus dem MIX gescannt und jetzt erst mitsamt der von mir gemachten Fotos eingestellt.

    Und Heinzer: Ich würde mich freuen, wenn Du an einem schlechten Tag als Glas-halbleer-Typ noch Mal einen Beitrag über das Krankenhausgelände bringen könntest.

  • Mach ich gerne. Mir ging es noch gar nicht um die Neubauten, ich glaube auch, dass die in Deinem Beitrag abgebildeten nur Platzhalter sind, denn die entsprechenden Wettbewerbe sind noch gar nicht gelaufen. Mir ging es erstmal nur um den Umgang mit dem Bestand, da finde ich, ist angesichts des in Bremen immer großen wirtschaftlichen Drucks eine einigermaßen gute Lösung gefunden worden. Man muss natürlich sehen, was nun genau mit den nicht unter Denkmalschutz stehenden Klinikbauten am Ende geschieht, Garantien für den Erhalt gibt es hier anscheinend keine - aber meine Hoffnung ist schon, dass zumindest die alte Hautklinik und diese MTA-Schule ebenfalls erhalten bleiben, zumindest ist der gesamte Flächenplan inkl. Grünflächen- und Wegeführung darauf ausgerichtet und das erklärte Ziel, dass diese Gebäude erhalten bleiben.

    Dass viele der Neubauten Schrott werden, ist wohl ausgemachte Sache, leider. Da werde ich mich zum gegebenen Zeitpunkt dann auch drüber aufregen. Noch gibt es außer dem gezeigten Projekt "Karl" und dem verkorksten Ärztehaus aber davon keine Bilder.

  • Die Baugemeinschaft "Karl" auf dem alten Bunkergrundstück an der Friedrich-Karl-Straße hat folgendes Rendering veröffentlicht:

    20210709_karlecksichtmwkvj.jpg

    Quelle: bauundumwelt.bremen.de /Praeger Richter Architekten

    Dies zeigt auch das Problem mit solchen sonst durchaus lobenswerten Projekten. Der Preisdruck ist aufgrund der natürlich limitierten Mittel nochmal viel größer als bei Investorenbauten, so dass dann ästhetisch oft Kompromisse gemacht werden müssen.

    Dabei könnte man auch ein solches Projekt zumindest ein wenig ästhetisch verbessern. Z.B.:

    a. weniger knallige Farbe.

    b. schmale Faschen um die Fenster.

    c. etwas ornamentierte Balkongitter oder Brüstungen.

    d. ein, zwei waagerechte Gesimse zur Gliederung des Wandkörpers.

    e. Attika-Gesims.

    Mit wenigen Handgriffen und kaum zu Buche schlagenden Kosten würde man ein halbwegs ansehnliches Gebäude hinbekommen, das nicht nur wie ein ungeschlachter Klotz aussieht. Da liegt die Schuld klar beim Architekturbüro.

  • Mit wenigen Handgriffen und kaum zu Buche schlagenden Kosten würde man ein halbwegs ansehnliches Gebäude hinbekommen, das nicht nur wie ein ungeschlachter Klotz aussieht. Da liegt die Schuld klar beim Architekturbüro.

    Also, das verstehe ich nicht mehr. Hansolol hatte uns doch als "Insider" folgendes zu diesem Thema mitgeteilt:

    Architekten sind in der Bauwirtschaft ein kleines Rädchen. Bevor ein Gebäude steht, haben schon unzählige andere Gruppen Vorgaben beschlossen, die der Architekt dann nur noch mit dem Baurecht in Einklang bringt. Das Entwerfen selbst nimmt im Arbeitsalltag nur einen kleinen Teil ein, da man sich mit unzähligen anderen Dingen herumschlagen muss. Wie viel Zeit haben die Architekten früher damit verbracht die Bauordnung zu lesen? Wie viele textliche Festsetzungen gab es 1900 in Bebauungsplänen? Früher hat man einfach voneinander abgeguckt, genau wie heute auch. Das so gebaut wird, wie eben gebaut wird, ist kein architektonisches Thema, sondern ein gesellschaftliches.

    Liegt nun "die Schuld klar beim Architekturbüro", wie Du schreibst, oder lassen sich Deine Vorschläge, hinter denen ich voll stehe, gar nicht mit dem Baurecht in Einklang bringen.

  • "findorffer", ich habe ja nur kleine optische Verbesserungen vorgeschlagen. Bei diesen, z.B. der Auswahl der Balkongitter und der Anbringung von zwei Gesimsen, gehe ich nicht davon aus, dass diese baurechtlich nur kompliziert bzw. mit hohem Aufwand durchzusetzen wären.

  • "findorffer", ich habe ja nur kleine optische Verbesserungen vorgeschlagen. Bei diesen, z.B. der Auswahl der Balkongitter und der Anbringung von zwei Gesimsen, gehe ich nicht davon aus, dass diese baurechtlich nur kompliziert bzw. mit hohem Aufwand durchzusetzen wären.

    OK, Heimdall (puhhhhhhhhhhhh, endlich richtig geschrieben), warum werden dann diese architektonischen Gestaltungsmittel nicht mehr zur Verschönerung der vielen Gebäude, die zurzeit entstehen, eingesetzt? Ich würde es gut finden und bestimmt viele andere auch.

  • Ich weiß nicht, ob die Frage rhetorisch gemeint ist. Jedenfalls hatte ich ja schon in einem anderen Strang versucht, darauf Antwort zu geben. Es wird nicht beigebracht, dazu kommt Gruppendruck, Angst vor "Lächerlichkeit" (gegenüber Kollegen mit "Disneyland"-Allergie oder Bauherren, denen es um den Cent geht), abhanden gekommen Phantasie, Leben in der Filterblase. Meine Mutmaßung.

  • Moderationshinweis: Diesen und folgende Beiträge aus dem Thema Bremen - Altstadt hierher verschoben.

    Man kann mit der Linie 3 von der Endhaltestelle in Hastedt bis zum Karstadt in der Obernstraße fahren, und wird sich fast durchgehend in Vorkriegsarchitektur befinden, das sind locker 5 km, abgesehen von einem Bereich in der Hamburger Straße, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt bebaut wurde und den nur im Steintorviertel mal flächigeren Kriegszerstörungen.

    Vielleicht kannst du mir mal auf die Sprünge helfen, ich kenne nämlich keinen flächigen Kriegszerstörungen im Steintorviertel. Zwar kenne ich flächige Zerstörungen, aber die kommen nicht vom Krieg, sondern sind das Ergebnis einer geplanten und in Teilen durchgeführten Schneise vom Steintor zur Mozarttrasse. Habe ich was übersehen?

  • Vielleicht kannst du mir mal auf die Sprünge helfen, ich kenne nämlich keinen flächigen Kriegszerstörungen im Steintorviertel. Zwar kenne ich flächige Zerstörungen, aber die kommen nicht vom Krieg, sondern sind das Ergebnis einer geplanten und in Teilen durchgeführten Schneise vom Steintor zur Mozarttrasse. Habe ich was übersehen?

    Das hast Du wohl. Da haben wir uns ja schonmal drüber unterhalten. Kommt auf die Definition von "flächig" an.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass es im Straßenzug "Vor dem Steintor" etwa von der Brunnenstraße bis zur Heidelberger Straße relevante Zerstörungen gegeben hat. Die ganze Ecke ist früher Wiederaufbau, also Häuser tlw. noch aus den 40er Jahren (der Block mit dem Schlachter drin zum Beispiel, die Häuser haben sogar noch kleinteilige Sprossenfenster, das wurde nur bis etwa 1950 noch so gemacht):

    p1020338csq2m.jpg

    Das ist ganz früher Wiederaufbau, geschätzt sogar noch aus den späten 40er Jahren. Auch sonst dominiert in diesem Abschnitt ganz viel erkennbare 50er Jahre-Architektur und eben nicht Sachen, die typisch für Nachkriegsabrisse wären (60er und70er Jahre), hier mal ein Luftbild:

    Oder nimm die Lübecker Straße:

    So sieht Bebauung nach "Flächensanierung" (also typischerweise einem Projekt aus dem 1960er und 70er Jahren), die Du hier insinuierst, nicht aus. Ich bestreite nicht, dass es Pläne auch fürs Steintor gegeben hat, autofreundlich neu zu planen und großflächig abzureißen. Aber abgesehen von dem seltsamen als Markt genutzten Platz am oberen Bildrand ist davon nicht viel umgesetzt worden. Der Straßenzug "Vor dem Steintor" jedenfalls ist unberührt gewesen von diesen Planungen. Es ist einfach eine früh wiederaufgebaute gründerzeitliche Geschäftsstraße.

    Es gibt für die Dominanz an Architektur aus der frühen Nachkriegszeit im gezeigten Abschnitt inkl. der zahlreichen immer noch vorhandenen einstöckigen typischen Nachkriegsprovisorien, die auch auf dem Bild oben zu sehen sind, keine andere logische Erklärungen, als Kriegszerstörungen. Ob man diese als "flächig" bezeichnen möchte oder nicht, ist natürlich Ansichtssache. Sie sind zumindest der einzige Abschnitt auf der von mir genannten Strecke von der Endhaltestelle der Linie 3 bis zum östlichen Ende der Obernstraße, in dem Nachkriegsarchitektur dominiert.

  • Heinzer, ich hatte mich ins Viertel begeben, um vor Ort zu recherchieren, wir betrachten ja hier nur das Gebiet zwischen der Straße VOR DEM STEINTOR und der Weser/Osterdeich. Nachdem ich mich in den letzten Tagen mit einigen Zeitzeugen unterhalten habe, kann ich Deine Angaben bestätigen - zumindest teilweise. Denn auch meine Aussagen sind nicht falsch. Wir haben hier sozusagen eine Mischsituation vorliegen, die zu großen Teilen auf Kriegszerstörungen zurückzuführen ist, aber eben auch auf die sogenannte Zweite Zerstörung:


    In dem Gebiet waren Häuser kriegsbedingt total zerstört, nur teilzerstört, will sagen, das Dach war kaputt oder Gebäude waren ausgebrannt, die Fassade und die rückwärtige Wand standen noch. Manche Eigentümer wollten ihre Häuser auch loswerden. Wie ich zu meiner Überraschung erfuhr, mochten viele die Altbremer Häuser nicht, weg damit. Den Stellenwert, den wir Ihnen im Forum zurechnen, hatten die damals noch nicht. Und dann gab es eben noch die Mozarttrassenplanung mit der Osttangente, die sich in den 60er-Jahren von der Mozartstraße quer durch das Ostertor- und Steintorviertel über die Heidelberger Straße Richtung Hamburger Straße bewegen sollte. Man muss sich das mal vorstellen: Parallel zum Ostertorsteinweg und zur Straße Vor dem Steintor sollte in Richtung Weser eine vierspurige Trasse durch ein seit Jahrhunderten bestehendes Wohngebiet geschlagen, ganze Straßenzüge mit Altbremer Häusern sollen abgerissen, Nachbarschaftsverhältnisse und Freundschaften zerstört werden, Kinder verloren ihre Spielkameraden, die Hauseigentümer, oftmals schon in dritter Generation, wurden enteignet, aus dem Viertel gedrängt und mussten sich woanders eine Wohnung oder ein Haus suchen. Für 30 000 DM hatte die Stadt die Häuser aufgekauft und bekam damit die Verfügungsgewalt, sprich: die Lizenz zum Abriss. Es durfte nicht mehr renoviert werden. Die Leute wurden total unter Druck gesetzt. Das war die Politik der Sozialdemokratischen Partei in den 60-Jahren.

    Über den städtebaulichen Verlust müssen wir hier im Forum nicht reden.

    Deine Argumentation und die Bilder sind sehr überzeugend, nur kannst Deine auf logischen Schlüssen basierende Meinung nicht verifizieren, z. B. durch entsprechende Bilder aus der Nachkriegszeit, Zeitzeugenberichte, Filmmaterial. So bleibt es spekulativ. Vielleicht gibt es da auch kein Material, ich habe ein wenig recherchiert, aussagekräftige Bilder aber bisher noch nicht gefunden, auch die erwähnten Umfragen bei den Zeitzeugen waren nicht allzu ergiebig. Ein Bewohner erzählte mir, er habe als Kind in den Ruinen am heutigen Mecklenburger Platz gespielt....


    Unklar ist Deine Bezeichnung der flächigen Kriegszerstörung. Da habe ich dann die Zerstörungen im Bremer Westen oder rund um die Stephanie Kirche vor Augen. Das gab es so nicht im Steintor.


    Um die Situation zu bewerten, könnte man die Freiflächen im Bereich des Rembertirings als Vergleich heranzeihen: Da stellte sich heraus, dass es zwei, drei Bombenzerstörungen gegeben hatte, aber 20, 30 Gebäude wurden im Zuge der Flächensanierung dem Erdboden gleichgemacht. Vielleicht war es im Steintor auch umgekehrt: es gab diese Kriegszerstörungen, die den Stadtplanern dann die Entscheidung erleichterten, von der Mozarttrasse quer durchs Viertel eine Schneise zu pflügen, was ich aber zumindest für den Bereich Ostertor nicht sagen kann. Die Planungen gab es schon unter den Nazis. Aber wir betrachten ja speziell das Steintor. Eine ältere Bewohnerin bestätigte, dass im Zuge der Mozartquerspangenplanung etliche Gebäude abgerissen wurden, aber es gab in diesem Gebiet eben auch viele Kriegszerstörungen.


    Mir geht es auch um folgendes, vielleicht ist dann mein Insistieren auf die Nachkriegszerstörungen verständlicher: Wir müssen hier im Forum aufpassen, dass wir nicht die Narrative der modernen Stadtplaner und Architekten aufnehmen, dass wir hier im Forum nicht wie in vorauseilendem Gehorsam die Arbeit der Modernisten verrichten. Ich kenne doch die Geschichten: der arme Krieg, er war an allem schuld. Viele teilzerstörte Gebäude wären noch zu retten gewesen - aber da war eben der Krieg, der hat alles kaputt gemacht. Die Zweite Zerstörung - nach dem Krieg - viele nehmen sie als kriegsbedingt war. Das gilt auch noch heute.


    Die Mozarttrasse ist ein Beispiel für die Zweite Zerstörung, war nicht nur städtebaulich, sondern auch menschlich ein unglaublicher Eingriff in das Leben der Bewohner durch die Partei des sozialen Ausgleichs (Martin Schulz: "Die Menschen und ihre Würde in den Mittelpunkt stellen".) Die SPD Bremen hat das durchgepeitscht, menschliche Schicksale für ein angeblich höheres Ziel in Kauf genommen. Und deshalb müssen wir bei der Beurteilung, ob Neubauten das Ergebnis von Kriegs- oder der Zweiten Zerstörung sind, genau hinschauen. Wie unterschiedlich die Erzählungen sind, dazu einige Beispiele:


    1.Bürgerschaftspräsident Christian Weber hatte vor einigen Jahren (inzwischen ist er ja verstorben) zur Einführung in den Vortrag eines Berliner Wissenschaftlers über die Geschichte des Bürgerschaftsgebäudes darauf hingewiesen, dass der Vorgängerbau, die Neue Börse, im Krieg völlig zerstört worden ist. Das entsprach aber nicht der Wahrheit. Zum Glück konnte der Vortragende später anhand von Bildern den Zustand der Neuen Börse nach dem Krieg dokumentieren. Das Gebäude war teilzerstört, das Dach fehlte. man hätte es gut instand setzen können, es wäre das neue, alte Bürgerschaftsgebäude geworden. Im Vortrag wurde erwähnt, dass in den 60er-Jahren eine Reihe von Bauelementen abgeschlagen wurden, das erleichterte dann einigen später wohl, für den Abriss zu stimmen. Eine Befragung von 50 000 Bürgern durch die Lüder von Bentheim Gesellschaft ergab, dass die Befragten das neue Gebäude nicht haben wollten, der damalige Denkmalpfleger Rudolf Stein ging gar vor Gericht, um die Bebauung zu verhindern und legte sich mit dem Senatsbaudirektor Franz Rosenberg an, mit dem er in einer Behörde saß. Bürgerabstimmung, Ablehnung durch den Denkmalpfleger, hoher Erhaltungsstatus des historischen Gebäudes - dennoch war in den Köpfen der Politik: Wir wollen den modernen Neubau, denn die Neue Börse wurde im Krieg völlig zerstört. Das war auch die Lieblingserklärung der modernen Stadtplaner, die das Ding weghaben wollten.


    2.Dem Lloydgebäude wurde vielfach attestiert, dass es im Krieg zerstört worden ist. Auch das entsprach nicht der Wahrheit, schließlich hatte die Baubehörde dort über Jahre ihren Sitz. Mir scheint, auch das ist eine Scheinbehauptung der Modernisten, um der Monsterbau des Hortenkonzerns schönzureden und von dem Abriss eines noch intakten Gebäudes abzulenken.


    3.Vor etwa 10 Jahren lud die Wilhadigemeinde in Walle zur Besichtigung ein. Das Gebiet um die Kirche war im Krieg stark zerstört worden und es gab auch hier die Erzählung, dass diese Kirche durch Bombardements zerstört wurde. Im Inneren des Gemeindehauses konnte man Fotos von der Geschichte der Kirche betrachten. Man sah am Anfang den leeren Platz, auf dem einst die Kirche gestanden hatte. Beim Weitergehen dann ein Bild mit dem erhaltenen Turm ohne Kirchenschiff, einige Meter weiter dann wohl der Zustand nach Ende des Krieges, ein intakter Turm mit einer teilweise zerstören Kirche. Es ähnelte sehr der hier im Forum eingestellten Michaelis-Kirche in Utbremen, bei der lediglich das Dach verloren ging.


    Allen diesen Beispielen - und es sind ja nur einige Beispiele - gemein ist: Es handelte sich um Gebäude aus der Epoche des Historismus, ein Baustil, der bei den Modernisten geringgeschätzt und nicht wohlgelitten war. Weg damit für die autogerechte Stadt, für neue, frische Architekturideen, die angeblich Aufbruch versprechen, für neue Wohnformen, für die aufgelockerte Stadt, für mehr Wohnraum, besonders nach dem Krieg, für mehr Kaufhäuser in der Innenstadt. Wenn wir jetzt den Sprung ins Steintor machen, können wir nicht ausschließen, dass auch hier mit Kriegszerstörungen argumentiert wird, obwohl es vielleicht andere Gründe geben könnte: Die Gesetze des Marktes galten auch 1945. Warum sich nicht von den damals unbeliebten Alt Bremer Häusern trennen, in denen - Hochparterre und 1. Stock - lediglich eine Familie wohnt, wenn man durch Abriss eins intakten oder teilzerstörten Gebäudes 4 Wohnungen daraus machen kann. Die Wohnungsnot war groß 1945, händeringend wurden Wohnungen gesucht, da freute sich die Politik über jeden Neubau, der auch noch Arbeit schaffte und die Wirtschaft anschmiss. Und vor allem: Auch die Architekten freuten sich über Aufträge, freuten sich, wenn sie neu bauen konnten, um ihre "Handschrift" zu hinterlassen.


    Zusammenfassend können wir also festhalten: an Deiner auf logischen Schlüssen basierenden Vermutung ist was dran, besonders betreffend die Gebäude, die direkt an der Straße vor dem Steintor stehen, das gilt auch für die Anfänge der Seitenstraßen und zu großen Teilen für die Lübecker Straße. Aber meine Einwände sind, wie ausgefüht, auch nicht ganz ohne, vor allem sind sie nachweisbar.


    Wir sollten diese Diskussion im Strang "Östliche Vorstadt" weiterführen, da gehört sie ja auch eigentlich hin.

  • Die hier geführte Diskussion zum Zustand des "südlichen Steintors" möchte ich wie von findorffer vorgeschlagen am richtigen Ort weiterführen.

    Es ist völlig klar, welche Tricks heute angewandt werden, um Nachkriegszerstörungen dem Krieg anzulasten. Das Beispiel Bürgerschaft ist sehr gut. Aber ich bleibe dabei, dass das südwestliche Steintor kein gutes Beispiel dafür ist. Hier war einfach erkennbar sehr viel kaputt. So sehen auch die Teile Hastedts aus, die vom Krieg weitgehend zerstört waren und wo es überhaupt keine Trassenplanungen gab. Das ist zu 80% reiner, "ehrlicher" 50er Jahre Wiederaufbau, bei dem die alten Wegebeziehungen meist erhalten wurden. Flächensanierungen sehen danach so aus wie der Bereich des fürchterlichen "Dobbendurchbruchs" im Ostertor. Einzige Ausnahme ist in der Tat der Mecklenburger Platz. Hier vermute ich eine relativ früh gesetzte Wiederaufbausperre aufgrund der Trassenplanungen, so dass dieses Gebiet unbebaut blieb, bis die Trassenplanungen begraben wurden - danach wurde die Fläche als Platz für das sehr dicht besiedelte Gebiet freigehalten und ja auch heute noch ganz gut genutzt.

    Ich glaube nicht, dass hier in einem größeren Ausmaß als üblich nach Kriegszerstörungen noch Häuser abgerissen wurden. Klar hätte man vielleicht einige mit heutigen Mitteln und Ressourcen retten können, die man damals aus Stabilitätsgründen abreißen musste, die Diskussion hatten wir ja auch im Faulenquartier. Ich bleibe aber dabei: Bis 1955 wurden in keinem Bremer Wohngebiet, das intakt war, abgerissen - warum hätte man das auch tun sollen bei dem Wohnungsmangel? Flächige Abrisse wurden erst mit der ersten Entspannung auf dem Wohnungsmarkt ab etwa 1960 möglich - dieser Zeit fiel dann ja auch das schöne Rembertiviertel weitgehend zum Opfer.

    Die Gebäude im thematisierten Bereich sind aber erkennbar und fast durchgehend Kinder der 1950er Jahre. Also: Für den kleinen Bereich um den Mecklenburger Platz gebe ich Dir recht, dass die Freifläche zumindest indirekt Folge der Trassenplanungen ist (vermute aber, dass diese nach Trümmerräumung auch schon 1950 frei war und hierfür keine intakten Häuser abgerissen wurden), für den großen Rest des Gebiets inklusive dem Straßenzug "Vor dem Steintor" sehe ich einfach nur typischen Wiederaufbau inkl. der typischen und in Bremen noch in überraschend großer Zahl vorhandenen einstöckigen Nachkriegsprovisorien.

    Interessant ist in der Tat das weitgehende Fehlen von Bildmaterial aus dem Areal. Man müsste nochmal bei diesen Luftbildern aus dem Sommer 1945 recherchieren, wie das da aussah.

  • Die Mozarttrasse

    Wir sollten die Entwicklung des Viertels in den 1960-Jahren vertiefen, indem wir uns näher mit der Mozarttrasse beschäftigen. Ich ziehe das Ganze aber aus Aktualitätsgründen von hinten auf und beginne mit den Veränderungen im Steintor der 60er-Jahre. Es berührt das von uns diskutierte Gebiet. Dazu eine Reihe von Fotos, die ich vor ein paar Wochen gemacht habe.

    Beginnen will ich aber trotzdem mit dem Ostertor und zwar mit dem Körnerwall. Zu sehen ist ein Platz mit einer Wiese im Vordergrund und dem Theodor-Körner-Denkmal. Im Hintergrund: zwei Neubauten - einer in der Mitte mit mit einem Giebel und ein zweiter halbrechts. In den Neunzigern waren hier noch Baulücken, die durch Bauvorbereitungsmaßnahmen, sprich Abrisse für die Osttangente, die auf dem breiten Rasenstück im Vordergrund Richtung Steintor verlaufen sollte, entstanden waren. Nachdem klar war, dass es keine Tangente mehr gibt, wurden die Grundstücke verkauft und wieder neu bebaut.

    Das nächste Foto zeigt im Vordergrund die Straße Sielwall - hinter dem Fotografen liegt sich der Körnerwall - , dahinter links das sogenannte Sielwallhaus, neben dem zwei Grundstücke unbebaut sind - da befindet sich ein Spielplatz. Hier standen früher zwei Altbremer Häuser, die im Zuge der Trassenplanung vorsorglich mal abgerissen wurden. Vom Körnerwall kommend sollte die Straße hier weiterführen.

    Weiter geht´s zur dahinter liegenden Linienstraße. Auch dort wurden westlich (Richtung Körnerwall) und gegenüber je zwei Gebäude abgerissen. Alles für die Trasse. Der Blick geht Richtung Sielwall/Körnerwall.

    Über die Linienstraße rüber - da fehlen auch wieder zwei Gebäude, abgerissen für die Trasse.

    Man sieht noch die Reste der alten Fassaden der abgerissenen Häuser an den Nebenhäusern kleben.

    Wir kommen nun an die Schmidtstraße/Im krummen Arm (was für ein phantasievoller Name). Letztere verdankt ihren Namen ihrer Form, denn hier kommt eine Rechtskurve. Geradeaus zu sehen drei Gebäude: Das linke Haus wurde im Krieg zerstört, war aber nur ausgebrannt, die Fassade vorne und hinten sowie die Brandwände standen noch. Daneben war das Dach zerstört. Mit hohem Aufwand hatten die neuen Eigentümer dann das Haus saniert, der vormalige Besitzer wollte die Bude loswerden.

    Hinter diesen Häusern befindet sich halblinks die Helenenstraße, Deutschlands erstes amtlich kontrolliertes Bordell im Deutschen Reich. Die Prostituierten wurden registriert, es ging darum, Geschlechtskrankheiten in Bremen zu unterbinden. Zuhälterei sollte vermieden werden. Tja, Bremen war schon immer irgendwie Vorreiter. OK, OK, der Begriff ist in diesem Zusammenhang vielleicht etwas doppeldeutig.

    Die geplante Trasse sollte nun einen Schwenk nach rechts vollziehen, um irgendwie auf dem Magdeburger Platz zu landen. Dazu musste aber noch mehr abgerissen werden und zwar in der dahinter liegenden Grundstraße.

    Zu sehen sind hier in der Grundstraße - westlich - zwei Neubauten, rechts ca. 80er-Jahre, Links vielleicht vor 10 Jahren gebaut, ich war lange nicht mehr da. Die Vorgängerbauten: abgerissen, die Lücken kenne ich noch. Etwas weiter nach links vom hellen Neubau stand neben der Lücke ein Altbremer Haus. Man schaute direkt auf die Brandwand, auf die der Eigentümer einen kapitalismuskritischen Satz aus dem kommunistischen Manifest aufgemalt hatte. Ich hatte damals immer den Eindruck, dass sich dieser Satz auf die Rigorosität der Trassenplaner und der Politik bezog. Nun ist dieses Gebäude also auch verschwunden und ich habe es gar nicht bemerkt. Schade eigentlich.

    Nun ein Sprung auf die andere Straßenseite der Grundstraße nach Osten. Das Vorgängergebäude des roten Ziegelbaus wurde für die Trasse abgerissen. Recht war lange Zeit die Post drin. Dieses Haus stammt ungefähr aus den 90ern. Ich kenne noch das leere Grundstück. Links und rechts war Trassengebiet.

    Wir bewegen uns jetzt Richtung Mecklenburger Platz, halbrechts hinter uns befindet sich der Neubau des ehemaligen Postamts.

    So bis hierher erst mal, demnächst geht es weiter, 4 Fotos folgen noch.

  • So, jetzt geht es doch früher weiter. Wir erreichen nun den Mecklenburger Platz, der sich für eine breite Schneise geradezu anbot.

    Linker Hand liegt der Mecklenburger Platz, hier recht ist die Straße Im Ring zu sehen. Was auffällt: Ob 76 Jahre nach Kriegsende oder ca 50 Jahre, nachdem die Trasse eingestampft worden ist - wirkt das Gebiet immer noch wie verloren. Leere Grundstücke - und das im so begehrten Viertel, derweil die grüne Bausenatorin eine Wiese nach der anderen bebauen will.

    Das nächste Fote liegt gegenüber des oben beschriebenen Gebiets. Hier hat man nach den Abrissen nicht neu gebaut sondern auf dem ehemaligen Trassengelände Parkplätze eingerichtet. Es sieht hier aus, als wäre es eine Gegen auf dem Mond. Im Vordergrund die Lübecker Straße, wenn ich das richtig erkenne.

    So, angekommen in der Lübecker Straße, bis hierher hatte sich die Trassenvorbereitung entwickelt. Soweit ich mich erinnere, sollte das Jugendstilgebäude mit dem Türchen an der Ecke auch weichen. Der Neubau dahinter besteht auch erst seit etwa 25 Jahren, davor war da kein Gebäude, denn da sollte ja die Trasse verlaufen. Der Klinkerbau im Vordergrund müsste etwas älter sein, aber wurde wahrscheinlich auch erst nach dem Bekanntwerden der eingestampften Trassenplanung erbaut. Es ist kein Nachkriegsgebäude. Von hier sollte die Trasse dann weiter verlaufen Richtung Heidelberger Straße und von dort in die Hamburger Straße.

    So, das war´s erstmal mit dem Seitenverlauf der Mozarttrasse/Osttangente ins Steintor als Beispiel politischer Fehlentscheidungen mit der Verneigung vor der autogerechten Stadt, dem damaligen Heiligtum der modernen Stadtplaner. Viele Gebäude sind dafür abgerissen worden, Familien wurden aus dem Viertel gedrängt, Kinder mussten in eine andere Schule und verloren so ihre Klassenkameraden.

    Das alles zeigt sich dann noch genauer, wenn ich mich mit der Mozarttrasse im Ostertorviertel beschäftige, was allerdings einiger Vorbereitung bedarf, da es ziemlich aufwändig ist.

    OK, ich hoffe, mein Text war einigermaßen fehlerfrei.............

    Nachträglich für die Auswärtigen sei hier noch eine Karte des beschriebenen Gebiets eingefügt:

  • Wo wir gerade beim Thema sind: Es gibt ja einen Dokumentarfilm von Konstanze Radziwill (wahrscheinlich die Tochter des berühmten Malers?) zu dem Thema namens "Trassenkampf". Ich wollte den immer mal sehen, aber er ist schwer zu bekommen. Hat jemand hier diesen zufällig?