Potsdam in alten Bildern

  • Gab es einen Grund warum dieses Gebäude 1970 abgerissen wurde. Es schien ja von außen nicht beschädigt gewesen zu sein.

    Ich konnte es dem Beitrag nicht entnehmen. Hing es mit dem Stadtumbau in der DDR zusammen (Sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam) ?

  • Gab es einen Grund warum dieses Gebäude 1970 abgerissen wurde. Es schien ja von außen nicht beschädigt gewesen zu sein.

    Ich konnte es dem Beitrag nicht entnehmen. Hing es mit dem Stadtumbau in der DDR zusammen (Sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam) ?

    Ja, in den 1970er wurde das Neubauviertel östlich der Nikolaikirche vervollständigt mit einer einheitlichen Front Am Kanal. Dazu mussten die letzten Altbauten fallen.

    Artikel: https://storyofpotsdam.wordpress.com/2013/02/23/sub…in-potsdam-sud/

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "FS 21636: Potsdam, Zentrum Süd" last modified 2023-06-13. https://brandenburg.museum-digital.de/object/67986

  • Weiter mit den Häusern im "Zentrum Süd", genauer Blücherplatz 2.

    Das Haus Blücherplatz 2 (der Platz östlich vom Alten Rathaus verschwand in den 1960er Jahren beim Aufbau des Zentrums Süd) wurde von Johann Gottfried Büring und Andreas Krüger 1755 errichtet. Vorbild war das Haus von General Wade in London, das 1723 nach dem Entwurf des adligen, Architekten und Palladio-Anhängers Richard Earl of Burlington and Cork entstand. Die Vorlage entnahm Friedrich II. dem Architekturtraktat "Vitruvius Britannicus". Die Fassade wurde zwar in den Maßen und Proportionen ähnlich ausgeführt, jedoch musste das in Potsdam für eine Witwe Craatz geschaffene Wohnhaus den hiesigen Verhältnissen angepasst werden. So erhielt es u.a. vier statt zwei Geschosse. Die Fassade Burlingtons verlor durch den Einzug der typischen Potsdamer Zwischengeschosse viel von ihrer Nobilität. Auch Rustika und Profile sind verflacht und spannungslos umgesetzt worden, "als wenn alles blos mit Pappe daran geleimet wäre", so Manger. Das dennoch bemerkenswerte Haus wurde 1945 zerstört. (Thomas Sander, 2014)

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "FS 1449: Potsdam, Blücherplatz 2" last modified 2023-06-13. https://brandenburg.museum-digital.de/object/2651

    838px-BfAuK_V_55_Kraatzsches_Haus_Potsdam.jpg?uselang=de

    Der ursprüngliche Entwurf in Potsdam hatte halbrunde Lünettenfenster in den Mezzaningeschossen, später wurden diese quadriert.

    Bei einer 1822 für 3.630 Taler erfolgten Sanierung wurden die Lünetten dann zu Rechteckfenstern umgebaut, was die Belichtung sicher verbesserte, Palladios Architektur aber endgültig verdarb. [Thomas Sander]

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "81-221-K3: Fassade des Hauses Blücherplatz 2 mit montierter Klappe für den Umbau der Mezzaningeschosse" zuletzt bearbeitet 2021-11-26. https://brandenburg.museum-digital.de/object/9074

    Müsste dieses Haus (markiert) am Blücherplatz sein.

    Der angesprochene Plan des General Wade Hauses von 1723 in "Vitruvius Britannicus" publiziert.

    Gemeinfrei: https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1880-1113-2068

    Ein Gemälde des Hauses von 1746 an der 29 Old (Great) Burlington Street, London. Das Haus scheint heute nicht mehr zu existieren? An der Adresse befindet sich ein modernes Haus.

    Gemeinfrei: https://www.rct.uk/collection/407…of-general-wade

    In Dublin steht noch eine Kopie: das Provost's House. Bilder hier.

  • Bei einer 1822 für 3.630 Taler erfolgten Sanierung wurden die Lünetten dann zu Rechteckfenstern umgebaut, was die Belichtung sicher verbesserte, Palladios Architektur aber endgültig verdarb.

    Ich bin conträrer Auffassung. Dieser Letztzustand gefällt mir am besten, er hat so etwas erzpotsdamisches. Gerade der Kontrast zwischen dem Mittelbogen und den stumpfen Randachsen ergibt ein beträchtliches, fast modernes Spannungspotential, das dem Original völlig fehlt. Auch die sich durch die Zwischengeschosse ergebenden zusätzlichen kleinen Fenster tragen das Ihrige dazu bei und lassen die Fassade wilder, detailreicher erscheinen. Die Uniformität der Bögen des Originals ist dagegen langweilig.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Weiter geht es mit römischem Barock in Potsdam in der Charlottenstr. 54, 54a, 55 im Dreifachhaus an der Südseite des Bassinplatzes. Als Architekten werden gleichzeitig Unger und Gontard genannt im Jahr 1775. Friedrich hatte wieder einen römischen Palast gefunden und der Baukontor in Potsdam musste loslegen.

    Vorbild war der Palazzo Mancini (-Salviati) in Rom in der engen Stelle der Via del Corso. Architekt war Carlo Rainaldi, Baubeginn ca. 1662. Das imposante Bauwerk ist auch bekannt als Palazzo dell'Accademia di Francia, da zeitweise die Akademie von Frankreich in Rom dort ansässig war.

    Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. "KPM D 252 42: Ansicht des Palazzo del Accademia di Francia in der Via del Corso von Süden" last modified 2021-11-26. https://brandenburg.museum-digital.de/object/11915

    Hier steht Palazzo Duca di Nivers, da einer der Mancini ein Fürst der Stadt Nevers war.

    1024px-Palazzo_dell%27ecc._sig._Duca_di_Nivers_su_la_Via_del_Corso_by_Alessandro_Specchi_%281699%29.png

    Das römische Original steht noch unverändert (GMaps). Das Haus gehört heute der Banco Sicilia. Ein vollständiges Photo (mit freien Rechten) gibt es im ganzen Internet nicht, aber wenigstens ein paar (genau ein Paar) Teilaufnahmen sind in der Wikipedia. Beim nächsten Rombesuch kann ein Forist dies vielleicht nachholen.

    Im Rom war das zweite Geschoss als Mezzanin ausgeführt, in Potsdam dagegen als Vollgeschoss, was untypisch ist.

    1024px-Via_del_Corso_-_pal_Mancini_Salviati_1250777.JPG

    Ansonsten wurden zahlreiche Details der Fassade für Potsdam übernommen, etwa die Grotesken im Gesims oder die Muscheln unter den Fenstergiebeln. Auf das Attikageschoss mit Fenstern hat man aber in Potsdam verzichtet.

    1024px-Via_del_Corso_pal_Mancini_Salviati_cornicione_1250775.JPG

  • Ich meine mich erinnern zu können, dass die Gestaltung des Potsdamer Palais auf dem ersten Bild nicht mehr dem ursprünglichen Zustand entspricht sondern, dass dieser mehr dem römischen Vorbild entsprach.

  • Die Lage in Potsdam läßt sich einfach in diesem schönen Stick von Andreas Ludwig Krüger verstehen - hier stehen heute Genossenschaftsbauten mit Massenwohnungsbau aus DDR-Tagen.

    Links die Französische Kirche, halbrechts erkennbar die Einmündung der Französischen Straße. Der Palast selbst stand in der Charlotten- aka Pflugstraße.

  • Nun, die Einheitlic0hkeit des Straßenraums blieb gewahrt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der Potsdamer Palazzo Mancini hatte dem Stich zufolge also ursprünglich gar kein zweites Geschoss, weder als Mezzanin noch Vollgeschoss? Ungewöhnlich, dass man bei der Erbauung darauf verzichtet hatte und dass später ein so homogener Umbau stattfand, was bei drei verschiedenen Häusern (nur ein Eigentümer?) ja auch untypisch war.

  • Im Photo von 1912 gibt es ein zusätzliches Geschoss, was zw. das Erdgeschoss und das ehemalige zweite Geschoss eingefügt wurde (falls der Stich akkurat ist).

  • Ebenfalls an der Südseite des Bassinplatzes befand sich dieses Bauwerk in der Charlottenstraße 45-47 aus dem Jahr 1773 nach Plänen von Carl von Gontard. Es bildete das Gegengewicht zum oben vorgestellten Palazzo Mancini(-Salviati) wenige Häuser weiter. Es wird auch als "Seidelsches Haus“ bezeichnet nach einer Familie, die dort wohnte.

    "Das dreizehnachsige Wohnhaus Charlottenstraße 45-47 am Südrand des Bassinplatzes wurde 1773 nach Entwurf Carl von Gontards für die Familien Seidel, Polthorn und Moshammer errichtet. Der Bau hatte daher anfangs drei Portale und zwar in der dritten, siebten und elften Achse; doch wurde später das Portal in der dritten Achse entfernt und die anderen zu Durchfahrten erweitert. Die im klassizierenden Barock französischer Prägung gehaltene Fassade war über einem genuteten Sockel mit einer korinthischen Kolossalordnung und einem Mittelrisalit gegliedert. Links und rechts des Frontons standen auf der Attika zwei Statuengruppen der aus Bayreuth stammenden Gebrüder Räntz. Sie zeigten Vertumnus und Pomona sowie Zephir und Flora. Spätestens seit 1892 war in der Nr. 46/47 die 1859 gegründete Potsdamer Creditbank ansässig, um 1908 kam die Nr. 45 hinzu. Danach kam es vor allem im Erdgeschoss zu baulichen Veränderungen. 1945 wurde das Haus vollkommen zerstört; heute steht hier ein DDR-Wohnblock. (Thomas Sander, 2014)"

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "FS 1435: Potsdam, Charlottenstraße 45-47" last modified 2023-06-13. https://brandenburg.museum-digital.de/object/2690

    "Nordseite beim Bassin" meint wohl die Nordseite den großen Quarrees, was also die Südseite des Bassinplatzes darstellt.

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "79-100-K2b: Das Seidelsche Haus am Bassinplatz" last modified 2021-11-26. https://brandenburg.museum-digital.de/object/3942

    Das Naturkundenmuseum (ehemals Haus der Landstände) an der Breiten Str. 13 wirkt wie der kleine Bruder, allerdings vorher 1770 vom Schüler Unger errichtet (falls die Datierungen von Wendland und Sanders stimmen).

    1024px-Naturkundemuseum%2C_Potsdam_20130630_1.jpg

  • Ein Hinweis auf die Internetpräsenz "Stadtmodell Potsdam 1912" mit interaktiver Karte und früher-heute-Vergleichsbildern:

    Stadtmodell Potsdam von 1912 im Vergleich zu heute (stadtmodell-potsdam-1912.de)


    Der historische Potsdam-Kalender für das Jahr 2024 steht unter dem Motto "Potsdamer Tierwelt", auch Kamele und Elefanten sind vertreten:

    historischer Potsdam-Kalender 2024: Potsdamer Tierwelt (potsdamkalender.de)

    Promobild - Pferdegespanne auf der Langen Brücke

    Hintergrundbild_2024.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Beginn des Denkmalschutzes in Potsdam. Diese Karte von 1920 gibt Vorschläge zum Erhalt der Potsdamer Innenstadt.

    Rot = Bauwerk zu erhalten

    Strich = Charakter ist zu wahren

    Der Alte und Neue Markt und die Breite Straße waren demnach weitgehend geschützt, aber an anderen Stellen gab es erstaunlich wenig Schutz. Viele barocke Bauten wurden als austauschbare Füllbauten angesehen. Die Acht-Ecken-Kreuzung, der Wilhelmsplatz oder die Wilhelm-Staab-Str. (Hoditzstr.) waren bspw. nicht geschützt. Nördlich der Charlottenstr. wären nur die Stadttore, Schinkels Zivilkasino, Kommandantenhaus und die Große Stadtschule als Bauwerk geschützt.

    Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte. "AK-2018-45: Kartierungsplan der Potsdamer Innenstadt mit Vorschlägen zur künftigen Denkmal- und Stadtbildpflege" last modified 2021-11-27. https://brandenburg.museum-digital.de/object/9363

  • Der Beginn der Potsdamer Denkmalpflege liegt weit früher. Schon Kronprinz Friedrich (der spätere Kaiser Friedrich) erwirkte eine Gestaltungssatzung, die den Einbau von Schaufenstern etc. in barocke Fassaden untersagte.

  • Potsdam ca. 1912, Blick in die Berliner Straße mit dem Berliner Tor. Rechts ist ein Bürgerpalais von Unger von 1777. Das Haus ist sogar relativ ausführlich im Dehio (2012) beschrieben:

    Zweigeschossiges Wohnhaus mit palastartiger Fassade, 1777 von G. Chr. Unger, seit E.18.Jh. mit dem anschließenden Haus Am Kanal 7 verbunden. Nach Kriegszerstörung rest. 1948. Gebändertes Sockelgeschoss, über den Fenstern des Obergeschosses Tuchgirlanden mit Bildnismedaillons. Am dreiachsigen Mittelrisalit Kartuschen, auf seiner Attika ehem. vier Puttengruppen, davon zwei erhalten mit Attributen der Astronomie und der Musik.

    ...und heute eine der zerfahrensten Bausituationen in Potsdam.