Staatliche Kunstsammlungen Dresden

  • HINTERGRUND ZU GESCHICHTE UND SANIERUNG

    Seit 2013 wurde der Semperbau am Zwinger umfangreich und in mehreren Etappen renoviert. Bauphysikalische Faktoren und altersbedingte Verschleißerscheinungen machten eine komplette Sanierung des Gebäudes notwendig. Grundlage des Umbaus bildete die Anlehnung an das ursprüngliche Museumskonzept: Nach Plänen des Architekten Gottfried Semper (1803-1879) entstand 1855 die Galerie als zu ihrer Zeit hochmoderner Museumsbau. Architektur und Kunstschätze verschmolzen hier zu einer Einheit, wie sie selten zu sehen war. Diese Wirkung ist sowohl der zielgerichteten Sammeltätigkeit der sächsischen Herrscher August des Starken und August III. als auch dem sensiblen Gespür Sempers für museale Inszenierung zu verdanken. Gottfried Sempers wegweisender Bau übte somit einen großen Einfluss auf die nachfolgende Museumsarchitektur in ganz Europa aus.


    Nach verheerenden Schäden durch den Zweiten Weltkrieg gelang es, den Semperbau in Hinblick auf die Rückkehr der Kunstwerke aus der Sowjetunion in den 1950er-Jahren wiederaufzubauen und dieses wichtige architektonische Zeugnis für die Nachwelt zu er-halten.


    Der Semperbau wurde nun umfassend modernisiert. Bei der aktuellen Überarbeitung blieb die historische Grundstruktur des Gebäudes bestehen, Optimierungen erfolgten in den Bereichen Raum- und Klimatechnik, Brandschutz und Besucherführung. Ein barrierefreier Zugang war hierbei wichtiges Anliegen baulicher Maßnahmen. Eine unterirdische Verbindung zwischen Ost- und Westtrakt erhöht nun die Zugänglichkeit des Gebäudes von verschiedenen Seiten und erleichtert die Besucherführung. Der Raum für Kassen und Garderobe erhielt ein optisch beruhigtes Erscheinungsbild. In den Ausstellungsflächen imponieren vor allem die energieeffizientere Vollklimaanlage und das gut durchdachte Lichtkonzept. Trotz intensiven Umbaus ermöglichten die SKD während der Bauarbeiten einen Zugang zu den Meisterwerken der Gemäldesammlung in paralleler Teilöffnung des Ostflügels, der in der ersten Bauphase bis 2015 erfolgreich erneuert wurde.

  • Die Österreichische Tageszeitung Kurier hat ein Interview mit dem Direktor der Dresdener Gemäldegalerie Alte Meister geführt, denn Herr Stephan Koja kommt aus Wien. Er war bis 2016 Kurator am Belvedere. In Dresden ist er seit 2016 als Direktor tätig.

    Der Artikel " …. wie man ein Museum einrichtet" hinter der Bezahlschranke wurde von mir gekürzt, um das Copyright nicht zu verletzen...

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    Die Dresdener Gemäldegalerie: Eine Sammlung von Gemälden und Skulpturen, die bereits von Johann Wolfgang Goethe in höchsten Tönen besungen wurde. Eine Institution, die ihre Schätze bereits 1747 der Öffentlichkeit zugänglich machte und damit als Prototyp des modernen Museums gilt. Und schließlich ein Gebäude des 19. Jahrhunderts, das selbst diverse Museumsbauten, vom Frankfurter „Städel“ bis zum Wiener KHM, inspirierte.

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    Kojas Intention: Harmonische Räume

    „Mir war immer wichtig, dass jeder Raum neu anregt – und dass man sich auch an einzelne Räume erinnert“.

    Mit den einst von den sächsischen Kurfürsten August dem Starken (1670-1733) und seinem Sohn August III. (1696-1763) zusammengetragenen Werken – „die Dresdner Sammlung ist doppelt so groß wie die des KHM, was man im Österreich nicht so am Schirm hat“ – konnte der Kunsthistoriker mit seinem Team Säle genauestens komponieren: Man achtete etwa auf die Stimmigkeit bei den Farben oder die Blickrichtungen von Figuren auf einzelnen Gemälden.

    "Wir haben natürlich das Glück, dass wir mit der Sixtinischen Madonna eine Ikone der europäischen Kunstgeschichte haben“, sagt er. „Das ist eine glückliche Ausgangslage. Dann versuchen wir mit der neuen Präsentation, die Schönheit so offensichtlich vorzuführen und Vergleiche so anzulegen, dass ich gar keinen Text lesen muss. Dann wird mir etwas offenbar – ich glaube, dass diese Freude des Erkenntnisgewinns gut funktioniert.

    Ein Novum an Kojas Konzept ist, Skulpturen und Gemälde in der Präsentation zu mischen* – so sollen Inspirationen und formale Vorlagen, wie sie etwa Peter Paul Rubens von antiken Vorbildern erhielt, nachvollziehbar werden.

    Die im 18. Jahrhundert eingeführte Gepflogenheit, Werke nach regionalen „Schulen“ zu gruppieren, behielt das Dresdner Museum bei – auch wenn diese Praxis heute hinterfragt wird: „Es gibt gute Argumente dafür – doch viele Museen haben nicht unseren Reichtum des Bestands“, sagt Koja. „Wir können das Beste innerhalb jeder Schule herausholen.“

    Die Lichtregie lag dem Museumsmann so sehr am Herzen, dass die ursprünglich bereits für Dezember 2019 geplante Eröffnung verschoben wurde: Eine Großspende ermöglichte den Einbau zusätzlicher Beleuchtung, die es nun erlaube, in dem hauptsächlich mit Tageslicht erhellten Sälen „dramaturgisch einzugreifen“.

    Ein bisschen erhaben darf ein Museumsbesuch schon sein: „In einer Zeit, die so viel nivelliert, sind das schon Ausnahmeerfahrungen, wenn man ein schönes Gebäude betritt und den Höhepunkten europäischer Kunstgeschichte gegenübersteht. Ich habe keine Angst, dass die Kunst nicht anspricht und verführt.“

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    Ich finde es wunderbar, dass ein Museums"Macher" in Zeiten von Brüchen und Dissonanzen die Schönheit einer Gesamtschau in den Fokus nimmt. Und tatsächlich ist dieses Konzept für den Dresdener Bau wohl das einzig richtige...  


    * Das Berliner Bodemuseum verfolgt dieses Konzept von gemeinsamer Präsentation von "Ölschinken" und Skulptur freilich schon länger... Neu dürfte höchstens sein, dass man mehr oder weniger DIREKTE Bezüge zwischen Skulpturalem Vorbild und Gemäldeinhalt zeigt, statt "nur" Werke beider Gattungen aus einer Zeit in räumlicher Einheit zu präsentieren.

    Doch im Dresdner Albertinum stehen schon seit Jahren Degas Tänzerinnen und seine Tänzerin-Skulptur nebeneinander.

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/240971

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/166950

  • Die SKD haben weiteres Material zur Wiedereröffnung der Gemäldegalerie veröffentlicht: Klick.

    Den Text der Pressemitteilung hat eryngium oben schon veröffentlicht. Interessant sind für uns einige neue Pressebilder unten auf der Seite, namentlich der Blick in den Cranach-Saal im 2. OG (war bereits ein Highlight im Tagesschau-Beitrag, den eryngium oben verlinkt hat), dann der erste Blick in das Pastellkabinett. Die Wandbespannung ist hier ein grüner französischer Seidendamast mit dezenter Musterung. Bitte genau hinsehen! Die Wandbespannung ist hier anders als bei den Cranachs. Außerdem das erste Bild von französischer Malerei auf Blau. Herrlich! Ein intensives dunkles Blau. Bemerkenswert finde ich zudem, dass auch Hans Christian Krass schon in der Sempergalerie fotografiert hat, ein Spezialist für Museumsräume.

    Auf der Ausstellungsseite der Gemäldegalerie wurde das Angebot auch ausgebaut. Hier besonders interessant der Überblick über "Publikationen zur Wiedereröffnung". Hier könnt ihr euch zu informativen Einblicken in die Bücher durchklicken. Toll, dass die Publikationen rechtzeitig zur Wiedereröffnung fertig wurden!

    MDR-Sachsenradio hatte am Montag, 24. Februar, 20:15 Uhr (die Audio-Datei unter diesem Link) ein interessantes Interview mit Stephan Koja gesendet (halbe Stunde!). Ab Minute 30 folgt ein kürzeres Interview mit Marion Ackermann. Die letzten vier Sendeminuten geht es dann um Woods of Birnam und ihr Musikspektakel zur Wiedereröffnung. Eryngium hatte weiter oben bereits darauf hingewiesen, dass es patriotische Pflicht ist für "die Dresdner", sich zu diesem Event am Freitagabend im Zwingerhof einzufinden.

    Ich bin ein absoluter Fan von Stephan Koja. Das Radiointerview mit ihm ist großartig.

    Edit: eryngium hat den MDR-Link auch gerade gebracht. Bitte beachten: Das erste Foto ist von vor 2012! An der Wand hängt die Sixtinische Madonna noch in dem alten DDR-Rahmen. Auweia!

  • Filmbericht des MDR-Sachsenspiegels von gestern zur Gemäldegalerie, wahrscheinlich nur eine Woche verfügbar. Unbedingt anschauen! Klick.

    Ich kommentiere mal:

    Sendeminute 0:04

    Blick in den Saal mit der Sixtinischen Madonna. Zu ihren Seiten kleine Altarbilder, die theologisch gut passen. Diese Kombination war so noch nie zu sehen. An den Seitenwänden zwei große Correggios, die auch früher schon die Sixtina begleiteten. Doch wie die Werke und der ganze Raum jetzt strahlen! Kein Vergleich zu dem tristen Grau der vorherigen Wandbespannung. Man muss auch sehen: Die Bilder sind goldgerahmt. Und Gold macht sich gut auf Rot oder Grün, nicht aber auf Grau. Im weiteren Verlauf des Films fallen die goldenen Galerierahmen immer wieder ins Auge. Es wurde ja gemeldet, dass viele Rahmen restauriert, einige neu angefertigt wurden. In den letzten Jahren wirkten die Rahmen nicht mehr so golden wie jetzt, teilweise ging die Farbe mehr ins Rötliche. Die Sixtinische Madonna hat einen italienischen Renaissance-Rahmen, der zum Jubiläum 2012 neu angefertigt wurde. Davor hatte sie einen schlichten DDR-Rahmen. Die ursprüngliche Rahmung war nicht bekannt.

    Minute 0:07

    Marion Ackermann hält das Muster einer Briefmarke hoch: Giorgiones Schlummernde Venus. Der Herr rechts ist Galeriedirektor Stephan Koja.

    Minute 0:19

    Ein Blumenkorb, spanisches Gemälde des 17. Jahrhunderts. War zuletzt in der Sonderausstellung zur spanischen Malerei des 17. Jh. in der Berliner Gemäldegalerie zu sehen. Die Spanier hängen in Dresden nun auf Blaugrau. Dieser Filmbeitrag bietet den ersten Einblick in die spanische Abteilung.

    Minute 0:23

    Der Herkules Farnese in einem Saal mit flämischer Malerei.

    Minute 0:27

    Frau Ackermann in einem Italiener-Saal.

    Minute 0:42

    Rokoko. Anregende Kombination aus Skulptur und Malerei.

    Minute 0:46

    Blick in eine italienische Saalflucht. Es gibt eine solche Blickachse durch drei Hauptsäle, an deren Endpunkt die Sixtinische Madonna hängt. Die Blickachse durch die grünen Niederländer-Hauptsäle soll - wurde berichtet, war noch nirgends zu sehen - auf Rembrandts Ganymed in den Fängen des Adlers zulaufen. Wo die hier gezeigte Raumfolge sich befindet, weiß ich gar nicht genau. Eventuell im 2. OG. Sieht jedenfalls toll aus.

    Minute 0:49

    Spanische Abteilung. Links ein Ribera. Die Spanier sind in einigen Kabinetten der Nordseite (Fenster zum Theaterplatz) untergebracht.

    Minute 0:51

    Kameraschwenk. Die folgenden Kabinette gehören der niederländischen Malerei. Grüne Wandbespannung. Die Wandfarben helfen bei der Orientierung im Haus, und sie sorgen für Abwechslung im Seherlebnis.

    Minute 0:59

    Der zweite italienische Oberlichtsaal. Im Hintergrund die Sixtinische Madonna.

    Minute 1:01

    Kameraschwenk in den dritten italienischen Oberlichtsaal. Am Ende die Treppe zur Rotunde in der Mitte des Hauses. Dieser dritte italienische Saal ist der venezianischen Malerei gewidmet. An der Stirnwand rechts neben der Treppe ein Tintoretto (Erzengel Michael). Die hinteren Seitenwände zeigen die vier Bilder (je zwei übereinander) des Cuccina-Zyklus von Veronese. Diese Bilder zählen zu den vielen Werken, die mit Blick auf die Wiedereröffnung der Gemäldegalerie restauriert wurden. Sie wurden bereits in einer Sonderausstellung der Gemäldegalerie näher vorgestellt. Das war ein unvergessliches Erlebnis. Vorn rechts unten an der Wand ein Tizian oder Palma Vecchio. Sie haben recht ähnlich gemalt. Dieser Venezianer-Saal ist ein Höhepunkt des Hauses und überhaupt der abendländischen Kunst.

    Minute 1:03

    Die Kreuztragung aus dem Cuccina-Zyklus von Veronese. Der Herr links ist Stephan Koja. Besonders schönes Standbild bei Minute 1:04. Die Köpfe von Koja und Christus sind hier auf einer Höhe.

    Minute 1:07

    Kameraschwenk. Wir gehen aus dem Venezianer-Saal in den Skulpturengang. Er befindet sich an der Südseite (Fenster zum Zwingerhof).

    Minute 1:08

    Durch das linke Fenster ist die Silhouette des Schauspielhauses zu sehen. Die Fenster sind abgedunkelt, weil das Sonnenlicht Probleme bereitete. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Skulpturen. Es sind aber auch einige Gemälde eingestreut.

    Minute 1:10

    Der unterirdische Verbindungsgang vom Kassen- und Servicebereich (hinter uns) zur Antikenhalle (vor uns die Treppe). Er ist ein Neubau der jüngsten Sanierung und war bisher grau und blau.

    Minute 1:11

    Aufgang zur Antikenhalle. Die Wände wurden jetzt zur Einstimmung auf die Sempersche Halle in Pompejanisch-Rot gestrichen. Die Skulptur rechts bildet einen tollen Auftakt da, wo sonst nur ein Wachmann stand.

    Minute 1:13

    Jetzt sind wir die Treppe hinaufgegangen und in der Antikenhalle angekommen. Schönes Detail für Koja-Fans: Sein Kopf ist in der Menschenmenge zu sehen, und zwar genau vor dem hell leuchtenden Marmortorso an der hinteren Wand. Ganz rechts vor dem Pilaster ist ein antiker Sarkophag zu erkennen.

    Minute 1:16

    Herr Koja in Nahaufnahme vor dem MDR-Mikrophon.

    Minute 1:19

    Ein ganz neues Erlebnis der Halle. Die Fenster zum Hof wurden geöffnet. Durch das erste Fenster ist wieder das Schauspielhaus zu erahnen. Im Hintergrund vor dem zweiten Fenster zwei antike Vasen. Sie waren in dem gestrigen Tagesschau-Beitrag (von eryngium verlinkt) in Nahaufnahme zu sehen. Gezeigt werden in der Antikenhalle also nicht nur richtige Skulpturen, sondern einige weitere Teile der Antikensammlung.

    Minute 1:24

    Szenenwechsel. Stephan Koja in einem flämischen Oberlichtsaal. Rechts von ihm der Trunkene Herkules von Rubens. Die Türöffnung gibt den Blick in einen weiteren flämischen Saal frei. Dort, nur angeschnitten, aber groß und leuchtend der Heilige Hieronymus, ein Frühwerk des Rubens-Schülers Van Dyck.

    Minute 1:27

    Noch einmal der spanische Blumenkorb von vorhin.

    Minute 1:29

    Antikenhalle. Ganz hinten die drei Herkulanerinnen. Absolute Hauptwerke. Ganz vorn schließen sich an den Bildausschnitt links der Dresdner Zeus, rechts die Athena Lemnia an. Das weiß ich von anderen Abbildungen. Die Skulpturen sind hervorragend in den Raum hineinkomponiert worden.

    Minute 1:40

    Blick in den Skulpturengang. Die Folge kleiner Kuppeln erinnert mich an einen Saal in der Ermitage. Es handelt sich um ein schönes Motiv der klassischen italienischen Renaissance-Architektur.

    Minute 1:43

    Antikenhalle. Im Hintergrund zwei römische Paludamentumbüsten, eine Spezialität der Dresdner Sammlung.

    Minute 1:45

    Blick in einen flämischen Saal. Hinter dem Herkules Farnese der Aufgang in die Rotunde (Gebäudemitte), links ein Blick in ein spanisches Kabinett der Nordseite. Hier wie auch schon vorher sieht man, dass vielen Werkbeschriftungen zusätzliche Erläuterungen - erst deutsch, dann englisch - beigegeben wurden. Die Beschriftungen sind hier sehr elegant und dezent gelöst. Der Gesamteindruck des Saales und seine Gemäldeausstattung ist grandios. Das kann nur eine alte fürstliche Sammlung bieten. Besser kann man einen Gemäldesaal nicht einrichten. Ich sinke anbetend auf die Knie.

    Minute 1:48

    Adam und Eva von Lucas Cranach im Cranach-Saal des 2. OG. Das Grün der Wandbespannung hat hier einen anderen Ton als bei den Niederländern. Der Cranach-Saal war in eryngiums Tagesschau-Beitrag genauer zu sehen. Er ist einmalig.

    Minute 1:58

    Spanische Malerei des 17. Jahrhunderts. Auch hier wieder Werkbeschriftungen mit näheren Erläuterungen.

    Minute 2:02

    Kameraschwenk. Weitere Spanier. An der Wand links ein Bildnis von Velazquez, daneben ein Frühwerk von El Greco, Die Heilung des Blinden. Eine absolute Rarität. Es stammt aus seiner italienischen Phase.

    Minute 2:07

    Kabinett mit holländischen Stillleben.

    Minute 2:09

    Kabinett mit flämischen Landschaften.

    Minute 2:12

    Ein holländisches Seestück.

    Minute 2:15

    Auch das prunkvolle Treppenhaus ist mit Gemälden geschmückt.

    Minute 2:27

    Das Schokoladenmädchen von Liotard im Pastellkabinett. Man beachte den französischen Seidendamast, auch eine nachträgliche Ergänzung auf Initiative Kojas. Das Dresdner Pastellkabinett ist weltweit einmalig.

    Zitat von Marion Ackermann

    Die Frage: Wie stellt man aus. Man könnte sagen: Einerseits ist es vielleicht klassischer wieder, also die Wandbespannungen beziehen sich auch auf traditionelle Farbgebungen. Auf der andern Seite aber ist es vielleicht sehr zeitgemäß und vielleicht noch mehr als bei anderen, weil wir etwas auch in den Vordergrund stellen, was man vielleicht als die Fragen des Menschseins bezeichnen kann.

    Zitat von Stephan Koja

    Also diese Möglichkeit, mit Spots eingreifen zu können, dramaturgisch lenken zu können, das war mir wahnsinnig wichtig. Das ist gelungen, eben mit der Hilfe privater Sponsoren. Aber traurigerweise sind durch die Deckelung der Baumaßnahme auch wichtige Elemente oder Bauteile weggefallen.

    Hier wird die völlig andere finanzielle Situation bei kulturellen Bauvorhaben außerhalb Berlins angesprochen. Es ist aus provinzieller Sicht kaum noch nachvollziehbar, welche Unsummen der Bund in kulturelle Bauprojekte in Berlin steckt. Und welche gigantischen Baukostensteigerungen dort einfach so hingenommen werden. Wer da kritisch nachfragt, gilt da manchen schon als Kulturfeind. Ich finde es zum Beispiel dreist, jetzt bereits den Umbau des Berliner Schlosses zu fordern (Ostfassade), obwohl der Bau ohne die spendenfinanzierten Teile die deutschen Steuerzahler mehr Geld kostet als der gesamte Wiederaufbau des Dresdner Schlosses. Die Ergebnisse bei Bauvorhaben der Staatlichen Museen zu Berlin sind dabei oft suboptimal, gerade wenn man den exorbitanten Mitteleinatz berücksichtigt. Die Sanierung der Dresdner Gemäldegalerie wurde aus Mitteln des Freistaats Sachsen finanziert. Ich will das nur als Hinweis verstanden wissen, dass Geld eben doch eine Rolle spielt. Im vorliegenden Falle ist es natürlich schade, dass nicht noch ein paar Millionen Euro nachgeschossen wurden. Um sehr viel Geld wäre es sicherlich nicht gegangen. Möglicherweise wäre es aber auch schwierig gewesen, die jetzt nicht ausgeführten Arbeiten ohne größere Zeitverzögerungen auch noch zu erledigen.

    Zitat von Stephan Koja

    Wir sind sehr sehr froh. Es ist unglaublich viel gelungen. Wir konnten so viel umsetzen.

    Ich will noch ergänzen, dass vieles in diesem und anderen Bildbeiträgen noch gar nicht gezeigt wurde. So gibt es einen Raum mit flämischen Tapisserien, sächsischen spätgotischen Schnitzplastiken und dem Dresdner Altar des Jan van Eyck. Koja schwärmt von diesem Raum. Er wurde noch nirgends gezeigt. Ebenso der neue Bellotto-Saal mit 21 Veduten aus Dresden und Pirna, mehr als früher zusammen gezeigt wurden.

    Zitat von Marion Ackermann

    Das ist für mich auch ein Fest der Augen. Toll geworden!

    Ja, toll geworden! Ich sage es mal auf Neudeutsch: Best Gemäldegalerie ever!

  • Soweit mir bekannt, hat es für die Sanierung des Semperbaus so gut wie gar keine direkte Finanzierungshilfe durch den Bund gegeben. Die Kosten haben fast ausschließlich der Freistaat und private Geldgeber geschultert.

  • Auch die Deutsche Welle berichtet über die Wiedereröffnung der Sempergalerie mit einigen schönen Bildern: Klick.

    Der Merkur ebenfalls. Der Text ist für uns uninteressant, weil nicht neu, aber der Beitrag zeigt erstmals den neuen Rembrandt-Saal - Klick.

    An der Stirnwand in der Mitte "Ganymed in den Fängen des Adlers", auch "Der Raub des Ganymed" genannt. Links davon "Saskia mit der roten Blume", dann "Selbstbildnis mit Saskia im Gleichnis vom verlorenen Sohn". Beide Bilder waren bislang in einem der Kabinette untergebracht. Die neue Hängung überrascht mich ein wenig. Rechts vom Ganymed "Der Rohrdommeljäger", ein subtiles Selbstbildnis Rembrandts, daneben eine Szene aus dem Alten Testament: "Simson an der Hochzeitstafel das Rätsel aufgebend". Das große Bild an der linken Wand ist "Das Opfer des Manoah", ebenfalls eine ergreifende alttestamentarische Szene. In Berlin ist Rembrandt auch ein großer, zentraler Saal gewidmet. Er funktioniert sehr gut. Rembrandts Bilder überzeugen bei unterschiedlichen Raumgrößen. Der Saal bietet die Möglichkeit der Zusammenschau und des Vergleiches der vielen Meisterwerke von Rembrandt und seinem Umkreis. Ungünstig, um die Wirkung der Hängung einzuschätzen, ist der hohe Kamerastandpunkt. Vom dpa-Fotografen Sebastian Kahnert haben wir das ja schon öfter gesehen. Von den Fotografen Hans Christian Krass und David Brandt kenne ich diesen Blickwinkel nicht. Die wissen schon warum.

    Die Frankfurter Rundschau hat auch das Bild vom Rembrandt-Saal und dazu einen sehr guten Text von Nikolaus Bernau. Klick

    Doch es geht nicht um Traditionalismus, sondern um das Betonen des Besonderen. In der Münchner Alten Pinakothek ist die nationalromantische Konstruktion einer „nordischen“ Malerei im Kontrast zu den „romanischen“ das Hauptthema der Sammlung. Berlins Gemälde- und Skulpturensammlung ist von einer streng bürgerlich-wissenschaftlichen, gewissermaßen lexikalischen Systematik geprägt. In Dresden dagegen ging es vor allem darum, zu zeigen, was aus der Perspektive ihrer Zeit vollendet war und als „schön“ galt.

    Deswegen finden sich dort kaum mittelalterliche Werke, die in Berlin und München so goldglänzend vertreten sind. Die wenigen aber werden vorzüglich inszeniert: So sind goldschimmernde flämische Bildteppiche in einem Raum zusammen mit einigen spätmittelalterlichen Skulpturen aus Sachsen und dem Dreiflügelbild einer Madonna in der Kirche von Jan van Eyck zu einem sakralen Raum vereint.

    Dominant bleibt die Feier der Renaissance und des Barock, ihrer immer wieder mit antiken Originalen vor neuzeitlichen Gemälden belegten Antikensehnsucht und der Suche nach einer Kunst, die die Natur mit Farben und Perspektive erkennen will.

    Nachtrag: Die fünf Rembrandt-Werke an der Stirnseite des Saales. Auf den ersten Blick denkt man: Da haben sie einfach die besten Rembrandts an diese exponierte Stelle gehängt. Lässt man den ersten Eindruck sacken, so werden einem subtile Bezüge zwischen den Bildern bewusst. Da ist der parallele Bildaufbau zwischen Saskia mit der roten Blume und dem Rohrdommeljäger. Beide Figuren halten uns etwas entgegen, das von Leben und Vergänglichkeit erzählt. Parallelen gibt es auch zwischen den beiden äußeren Bildern: Mann und Frau an einem reich gedeckten Tisch in einem Augenblick des Glücks, der sein Scheitern bereits in sich birgt. Und der Raub des Ganymed antwortet tatsächlich auf die Sixtinische Madonna, die ihm gegenüber am anderen Ende des Hauses hängt. Es besteht hier keine direkte Blickbeziehung, da der Raum der Rotunde erhöht liegt. Doch kann der aufmerksame Besucher den Dialog beider Bilder nachvollziehen, der mir bislang nicht bewusst war. Die Madonna, sie trägt ihr Kind aus dem Himmel auf die Erde. Während Zeus als Adler ein Kind von der Erde in den Himmel hebt. Gegensätzliche Bewegungen zwischen Himmel und Erde, gegensätzliche Farbstimmungen - warme Töne bei Raffael, kühle Töne bei Rembrandt - und die Gegensätze zwischen der christlichen und der antiken griechischen Religion stehen sich hier gegenüber.

    Die ganze Konzeption des Museums zeichnet sich dadurch aus, dass Besucher mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen dieses Museum genießen können. Der eine wird sich einfach an Schönheit und Harmonie erfreuen, der andere lässt sich durch die intellektuellen Bezüge zwischen den Werken zu Entdeckungen anregen, die durchaus überraschende Erkenntnisse bieten. Die Einrichtung der Sempergalerie ist selbst ein Meisterwerk. Das Museum präsentiert sich als ein Gesamtkunstwerk, das viel mehr bietet als die Summe seiner Exponate.

  • Gestern Abend haben um die 3000 Besucher die Sammlung für sich wieder in Besitz genommen.
    Schöne Stimmung und v.a. unglaublich beeindruckende Präsentation. An vielen Stellen habe ich mich gefragt, warum man die Überfülle an Werkgruppen von ganz großen Namen früher nicht sehen konnte. Neue Canalettos, neue Bellottos, unendlich viele Cranachs. Die farbigen Räume, die Skulpturen. Einfach nur WOW.

    Ein bisschen erhaben darf ein Museumsbesuch schon sein: „In einer Zeit, die so viel nivelliert, sind das schon Ausnahmeerfahrungen, wenn man ein schönes Gebäude betritt und den Höhepunkten europäischer Kunstgeschichte gegenübersteht. Ich habe keine Angst, dass die Kunst nicht anspricht und verführt.“

    Herr Koja bleibt hinter seinen Ansprüchen tatsächlich nicht zurück.

    Ganz Groß!

  • Der MDR bringt ein neues Radio-Interview mit Stephan Koja, dem Galeriedirektor. 25 interessante Minuten. Für die Allgemeinheit ist die interessanteste Aussage Kojas folgende: Er hoffe, dass der Ausbau des modernen Untergeschosses für die Präsentation der altägyptischen Sammlung in zwei bis drei Jahren erfolgen könne. Dafür müsse nochmal etwas Geld organisiert werden.

    Das Radio-Interview gibt es auf dieser Seite: mdr.de/kultur/alte-meister-gemaeldegalerie-dresden-100.html

    Dort auch der von eryngium bereits verlinkte Filmbeitrag aus dem Kulturmagazin artour.

    Ich kommentiere mal:

    Am Anfang wird behauptet, 7 Jahre lang sei Rembrandts Ganymed nicht zu sehen gewesen. Das stimmt nicht. In der Interimsausstellung im sanierten Ostflügel war er in den letzten Jahren in einem der drei verfügbaren Oberlichtsäle an der Wand einer Schmalseite rechts neben der Tür zu sehen.

    Minute 0:39

    Hier sieht man die Wand mit den fünf Hauptwerken Rembrandts (vgl. meinen vorigen Beitrag hier).

    Minute 0:51

    Rechts "Dianas Heimkehr von der Jagd" von Rubens. Während München den katholischen Rubens der Gegenreformation in großartigen Werken präsentieren kann, ist Dresden auf den weltlichen und sinnenfrohen Rubens spezialisiert. Berlin besitzt dagegen keine so herausragenden Werke von Rubens. Die Skulptur daneben war mir - wie so viele der jetzt gezeigten Plastiken - bislang unbekannt. Vor der Sanierung des Albertinums, wiedereröffnet im Jahre 2010 als Haus für die Kunst ab 1800, wurde dort die ältere Plastik gezeigt, aber in einer relativ kleinen Schau.

    Minute 0:56

    Der bronzene Reiter ist August der Starke und nur bemalter Gips, aber wunderschön. Daneben das Bildnis seines Sohnes, des Kurprinzen, gemalt von Hyacinthe Rigaud, der das große Staatsportrait des Sonnenkönigs Ludwig XIV. geschaffen hat.

    Minute 0:58

    Das Gemälde ist "Der Tugendheld" von Rubens. Die Stärke dieses Filmberichts ist das Einfangen von Blickbeziehungen zwischen Skulpturen und Gemälden. In dieser Form wurden Gemälde und Skulpturen meines Wissens noch in keinem Museum aufeinander bezogen.

    Minute 1:01

    Das Gemälde am Ende des Skulpturengangs ist Die Opferung Isaaks von Andrea del Sarto. Links daneben eine verkleinerte Bronzereplik der berühmten Laokoon-Gruppe. Es gibt vielfältige Bezüge zwischen Bild und Plastik. Besonders anregend hier auch der Vergleich zwischen antikem Mythos und biblischer Erzählung.

    Minute 1:13

    Die beiden Männer, die die Sixtinische Madonna hier bewegen, sind links Andreas Henning, Kurator für italienische Malerei, und rechts Christoph Schölzel, der als Restaurator an Vermeers Briefleserin herumpuzzlet.

    Minute 1:17

    Das erste Bild einer flämischen Tapisserie. Die ältere Dame ganz links ist Marlies Giebe, die Chefrestauratorin.

    Minute 1:20

    Hier sieht man besonders schön, wie die von Semper geschaffene Architektur der Osthalle mit den darin aufgestellten Antiken korrespondiert. Früher befand sich dort die Ausstellung der Rüstkammer.

    Minute 1:21

    Der Venezianer-Saal. Die Treppe führt zur Rotunde hinauf. So habe ich diesen zentralen Raum des Gebäudes über dem Durchgang vom Zwingerhof zum Theaterplatz genannt, er ist aber oktogonal. Hier ist eine Sicherheitstür zu diesem Raum geschlossen. Vergleichbar mit einem Schott bei einem Schiff.

    Minute 1:23

    Rechts wieder ein Bild von Rubens, ein riesiges Format mit Neptun.

    Minute 1:24

    Venezianer-Saal. Links Bilder von Tintoretto, rechts Veronese, zwei Bilder aus dem Cuccina-Zyklus. "Die Madonna der Familie Cuccina" hängt unten, die "Anbetung der Könige" oben. Wenn die Fresken an der Loggia im Großen Schlosshof einmal fertig sein werden, wird man nicht nur Parallelen zwischen den beiden Gemälden entdecken, sondern auch zwischen den Gemälden und den Fresken der Loggienrückwand.

    Minute 2:00

    Ein wunderschönes Arrangement. Vater und Sohn in Malerei und Skulptur. Rechts das Reiterbildnis Augusts des Starken von Silvestre und seine Marmorbüste von Paul Heermann, links der Sohn, gemalt von Rigaud, und August der Starke als plastischer Reiter. Durch diese wunderbare Verschränkung von Malerei und Plastik gewinnen die Bilder nochmal an Lebendigkeit und an räumlicher Wirkung.

    Minute 2:06

    Und hier der Sohn als gemalter Reiter.

    Minute 2:08

    Veronese, Madonna der Familie Cuccina. Hier konnten bei der Restaurierung nicht alle Farbveränderungen behoben werden. Betroffen ist vor allem das Blau des Himmels. Und doch: Wie festlich das Bild auf dem warmen Rot der Wand wirkt! Der Kunstfreund kann es hier nur den Heiligen Drei Königen und der Signora Cuccina gleichtun und anbetend und ergriffen auf die Knie sinken.

    Minute 2:29

    Bildnisse von Anthonis van Dyck.

    Minute 3:05

    Restaurator Christoph Schölzel bei der Arbeit.

    Minute 4:03

    Die Athena Lemnia.

    Minute 4:04

    Der Kopf der Großen Herkulanerin.

    Minute 4:07

    Die drei Herkulanerinnen.

    Minute 5:01

    Schöner Blick an die Lichtdecke. Die Leuchten, die das allgemeine Tageslicht ersetzen sollen, wenn es draußen dunkel wird, befinden sich oberhalb der Glasscheiben. Die Spots für die Akzentbeleuchtung wurden direkt unter die Decke gehängt, besonders gut bei Minute 5:05 zu sehen.

    Eine Schwierigkeit für die Präsentation von Werken der Malerei und der Skulptur in einem gemeinsamen Raum waren bisher die unterschiedlichen Lichtbedürfnisse der Werke. Hier in Dresden ist die perfekte Ausleuchtung offensichtlich gelungen. Das Kunstlicht dabei mit dem veränderlichen Tageslicht zu kombinieren ist schon eine Meisterleistung.

  • Und hier der Link zur ORF-SENDUNG
    https://tvthek.orf.at/profile/kultur…-Glanz/14654850

    Komisch, dass Arte und 3sat sich hier bisher noch ziemlich uninteressiert gezeigt haben im Programm.

    Ein KulturZeit-Beitrag von 3:30 Minuten auf 3Sat ist inhaltlich auch schon alles...

    Umfangreichere Infos gab es nur regional auf MDR.

    Die Berichte in Deutschlandfunk sind auch ein Witz.

    Immerhin hat Arte am Freitag das wirklich beeindruckende Konzert zur Eröffnung übertragen.

    https://www.arte.tv/de/videos/0955…ear-a-painting/

    Woran mag das nur liegen?

    Übrigens hatte die Gemäldegalerie zuletzt nach Aussage der SKD einen Besucheranteil von 75% ausländischer Touristen.
    Bedenkt man, dass in 2018 nur 21% der Touristen in Dresden aus dem Ausland kamen, dann wird klar, dass hier irgendwas falsch läuft...

  • Am Dienstag konnte ich einer Führung durch die Alten Meister von Herrn Dr. Koja persönlich beiwohnen. Er erläuterte ca. 30 anwesenden Besuchern sein Konzept.

    Informationen, die bereits in den diversen Film-Beiträgen erläutert wurden, lasse ich hier jetzt unerwähnt. Neu für mich war:


    Skulpturensammlung allgemein:

    - Die Dresdener Skulpturensammlung umfasst ca. 28.ooo Objekte! Somit kann nur das aller bedeutendste gezeigt werden und die Zahl der gezeigten Objekte umfasst keine 3% der Sammlung.


    Antikensammlung:

    - Die Antikensammlung zeigt ausgewählte Hauptwerke antiker Skulptur, die in ihrem perfekten Erhaltungszustand - nahezu ohne Fehlstellen - sehr bedeutend sind. An einer der Herkulanerinnen fehlt beispielsweise nur ein Finger und die Fußspitze, sie ist also nahezu ohne neuzeitliche Ergänzungen, was für Antiken sehr selten ist. An der linken Herkulanerin ist tatsächlich sogar noch antike Farbe (!) in einer Falte (Rötel).

    - Einige Skulpturen sind Referenzobjekte für die Wissenschaft, weil sie die besterhaltendsten ihres Typs sind. Da ja römische Kopien nach griechischen Originalen weltweit in mehrfacher Ausführung in Museen stehen, spricht man Skulpturen des gleichen Typs beispielsweise als :

    + Typ Dresdener Zeus

    + Typ Dresdener Knabe

    + Typ Dresdener xxxx (da war noch was, aber ich hab`s nicht verstanden.... :-))

    an und verweist auf die Dresdener Sammlung.

    + Herkulanerin

    + Athena Lemnia (in Dresden einzige mit Kopf erhaltene)

    haben es ohne den Dresden-Zusatz zum "Role Model geschafft".

    Dass die Römer griechische Skulptur "am Fließband" in Marmor kopierten, wird in der Ausstellung auch deutlich gezeigt. Zwei nahezu identische antike und trotzdem ewig junge Männer stehen im linken Seitenschiff nebeneinander...


    Leider war die Antiken-Sammlung seit dem Krieg ja komplett unterrepräsentiert. Eine Führerin (neudeutsch LiveSpeaker(in), weil man Führer ja nicht mehr sagen darf) erzähle mir nur, dass sich viele Guides geweigert haben, für die Festwoche in der neuen Sammlung zu stehen. Kaum jemand weiß etwas und alles muss erst neu gelernt werden... Somit konnte ich für die nächsten 3 Monate auch noch keine Spezial-Führung zu den Antiken im Programm der SKD entdecken.

    Die Dame meinte nur, wir wüssten gar nicht, welche Schätze wir in Dresden besäßen! Beispielsweise hätten zur Eröffnung am Freitag mehrere Direktoren von Antikensammlungen vor einer (eher unscheinbaren) kleinen Vitrine gestanden und darüber gefachsimpelt, dass der hier gezeigte Bestand von Kykladischen Idolen wohl einer der weltweit bedeutendsten wäre, denn es gäbe zahllose Fakes und nur wenige Originale... Keine Ahnung, was man davon halten soll. (Auch Wikipedia weiß - wie fast immer - nichts oder nicht viel von Dresden....)


    Die Mengssche Abgussammlung:

    - wird wohl am 13.03. für Besucher geöffnet.

    - von den ehemals über 1.000 Abgüssen der Mengschen Sammlung wurden 840 Gipse im Jahr 1784 erworben. Heute sind noch etwas über 400 Abgüsse in der Skulpturensammlung vorhanden. (Ich habe mal gelesen, dass Teile der Sammlung an die Kunstakademie gingen. Näheres entzieht sich meiner Kenntnis.)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Mengssche_Abgusssammlung

    - Bedeutend ist die Sammlung, weil viele antike Objekte noch ohne spätere Ergänzungen und Restaurierungen zu Mengs Zeiten abgeformt wurden. Teilweise gibt es auch Gipse von Objekten, die mittlerweile im Original durch widrige Umstände verloren sind...


    Renaissance-Kleinbronzen:

    - Bei dieser Werkgruppe wurde erwähnt, dass man mit Filaretes "Marc Aurel" die älteste neuzeitliche Kleinbronze weltweit besitzt.
    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/165939

    Mit ihr begann dieser Zweig skulpturaler Kunst.

    - Zu Giambolognas "Mars" war übrigens aus dem Jahresbericht der SKD zu erfahren, dass sein Schätzpreis für die Londoner Auktion bei 3 bis 5 Mio. Pfund lag. Die derzeitige Sonderausstellung erwähnt einen über 50-seitigen Auktions-Katalog von Sotheby´s nur zu diesem Werk. Es soll ein vergleichbarer Betrag in Euro an die BayerAG geflossen sein, die das Werk ja erst in den 1980-ern geschenkt bekommen hatte...


    Barock-Skulptur:

    Im Eingangs-Vestibül unter den Bögen der Treppe ins 1. OG sind zwei große Statuen von Permoser (Sächs. Marmor, ursprünglich im Grottensaal des Zwingers - Jetzt Math.-Phys. Salon) neu aufgestellt. Apoll und Minerva. Beeindruckende Hauptwerke.

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/863255

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/863255

    Für die beiden übergewichtigen Objekte musste jeweils der darunter befindliche Gewölbebogen extra mit Stahl verstärkt werden.


    Gemäldegalerie Alte Meister:

    - Etwa 700 Bilder hängen, um die 3.500 sind im Depot und werden - mit etwas Glück - mal in einer Sonderausstellung zu sehen sein.

    - Von den 64 Cranachs werden 32 in der Dauer-Ausstellung gezeigt.

    - Die "neu aufgetauchten" Flämischen Tapisserien wurden mit Mitteln der Oetker-Stiftung restauriert und werden in ihren Spezial-Vitrinen nun dauerhaft gezeigt. Ein weiteres Set wird im Metropol. Mus. in NY ausgestellt.

    - Die früher im Gobelin-Saal gezeigten Teppiche nach Raffael werden dieses Jahr in einer Sonderausstellung wieder gezeigt, gehen dann in die USA auf Reisen und werden zukünftig alle 6/7 Jahre "rausgekramt", weil man sie wegen Platzmangels nicht dauerhaft zeigen kann.

    Der frühere Gobelin-Saal ist zukünftig mit den umliegenden Räumen Sonderausstellungsfläche.

    - Von den 36 Dresdener Bellottos sind 23 in der Dauer-Ausstellung. Demnächst werden alle in einer Sonderausstellung zu sehen sein.

    - Die zahlreich weiterhin benannten Sonderausstellungen habe ich nicht alle mitgeschrieben, war aber alles sehr beeindruckend... Nur als Beispiel:

    Wenn man demnächst 400 Niederländer aus dem eigenen Bestand mal "auskramt" und zeigt, wird das sicher interessant...


    -----------

    Herr Koja ist zuversichtlich, dass man demnächst wieder an der Gemäldegalerie bauen wird. Von den 57 Mio. geplanten Gesamtkosten für das Gesamtprojekt wurden nämlich bisher nur 49,8 freigegeben und verbaut.

    Für die Ausstellung

    - solls noch eine rote Bespannung unter den Bellottos sein (jetzt grau) und

    - Assyrien und Ägypten ziehen in etwa 3 Jahren ins Tiefgeschoss (so Finanzminister Vorjohann - der mir vorher bei der Stadt Dresden eher als Knauser und ohne Sinn für Kunst und (Stadt)-Gestaltung auffiel - will).

    Weiterhin plant man:

    - einen größeren Empfangsbereich im Tiefgeschoss,

    - neuen behindertengerechten Eingang ins TG vom Zwingerhof aus (????) und

    - die Toiletten sind auch noch so was von 90-er...

    Die Stoffbespannung wurde wohl tatsächlich recht kostenneutral von Grau in Farbig geändert. "Alle Beteiligten" trugen ihren Teil dazu bei: teils Gewährleistung des Raumausstatters, teils Lieferanten, teils SIB... ??? Klingt etwas nebulös. Aber ein riesen Glück, dass es so ist.

    Und genau so glücklich sind alle, dass die Herren Fischer (jetzt British Museum) und Maaz (Pinakotheken in M) jetzt anderswo - in hoffentlich erfolgreicheren Versuchen - wirken können. Das der Dresdener "so gar nichts" war, sprach Herr Koja selbst unmissverständlich an: viel zu dunkel, ohne Spannung und Abwechslung, ermüdend.

    Die neue Beleuchtung haben wir Privatspendern aus USA und Japan zu verdanken. Wer den Kontakt dorthin hatte, war Herrn Koja nicht zu entlocken. Namen sowieso nicht.

    Insgesamt macht er einen unprätentiösen und bescheiden Eindruck; spricht immer von "WIR" und nicht von "ICH", was ihn mir persönlich sehr sympathisch macht. Es war - von anderer Stelle - zu hören, dass die Mitarbeiter wohl nicht immer ganz so glücklich waren, weil er seine Konzepte selbst ausbrütet, aber nur wenig kommuniziert... Sei´s drum: der Erfolg gibt ihm Recht.

    Und nach gestalterisch wenig fähigen vorherigen Verantwortlichen war man vielleicht im Staff auch besonders skeptisch bezüglich neuer Veränderungen.

  • Als braver Chronist will ich hier noch kurz über die Festliche Wiedereröffnung der Sempergalerie am 28. Februar informieren.

    dpa-Bericht (vermittelt über die Rheinpfalz)

    Bericht der Sächsischen Staatskanzlei

    Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte betonte das kulturelle Fundament der niederländisch-deutschen Freundschaft. Wolfgang Schäuble wies als Festredner darauf hin, dass Museen eine europäische Erfindung seien. Die Kultur eine die Europäer. Die Dresdner Gemäldegalerie sei beispielhaft für Europa, ein Ort der gemeinsamen europäischen Kultur.

    Warum wir die Alten Meister eigentlich so lieben und weswegen wir diese Kunst so unmittelbar für unser Leben brauchen? Es ist eine Choreographie der großen existenziellen Themen der Menschheit, alles ist darin enthalten: die Liebe und die Schönheit, die Gewalt der Natur, die Weltenschlachten und die Sintflut, der Abgrund und der Alptraum, die Stille im Tod und die Ode an das Leben.

    Von der Führung für die hohen Gäste durch die Gemäldegalerie wurden einige Fotos veröffentlicht.

    Bild 1 (Bildrechte: SKD, Oliver Killig)

    Personen von links nach rechts: Marion Ackermann, Wolfgang Schäuble, Mark Rutte, Michael Kretschmer und Sachsens First Lady Annett Hofmann. Das Grün ihres Kleides entspricht der sächsischen Nationalfarbe. Schäuble betrachtet die Sixtinische Madonna. Im Hintergrund rechts ein Altarbild von Correggio.

    Bild 2 (Bildrechte: SKD, Oliver Killig)

    Die Gruppe im Venezianer-Saal. Im Hintergrund Giorgiones Schlummernde Venus.

    Bild 3 (Bildrechte: SKD, Oliver Killig)

    Venezianer-Saal. Frau Ackermann gibt Erläuterungen zur Kreuztragung von Veronese. Das große Bild rechts ist von Tintoretto: Der Kampf des Erzengels Michael mit dem Satan. Im 18. Jahrhundert hätte man daraus eine schöne Allegorie abgeleitet. Heißt unser Ministerpräsident nicht auch Michael? Geleitet von der grün gewandeten Saxonia hält er alles Böse vom Sachsenlande fern. Im Hintergrund (der Kopf zwischen den beiden Galerierahmen in der Ecke) ein gutgelaunter Kurator für italienische Malerei Andreas Henning. Aber wo ist Galeriedirektor Koja?

    Bild 4 (Bildrechte: Sächsische Staatskanzlei, Pawel Sosnowski)

    Die Staatskanzlei hat ein Foto veröffentlicht, das ich besonders passend finde. Die Führung ist hier im Raum der Leidener Feinmaler angekommen. Galeriedirektor Koja hatte diesen Raum in Interviews mehrfach erwähnt. Dies ist das erste Foto, das ich davon sehe. Hier haben wir es nicht nur mit holländischer Malerei zu tun, sondern überdies mit einem Teilgebiet derselben, das die beiden sächsischen Augusti über alles liebten und mit besonderer Leidenschaft sammelten. Das Foto birgt zudem eine Anspielung auf Mark Rutte. Er hat in Leiden studiert.

    Das Konzert von Woods of Birnam ist auf arte verfügbar. Ich finde es enttäuschend. Welcher junge Mensch soll sich von dem visuellen Durcheinander anregen lassen, die alten Meister im Original zu betrachten?

    Am Ende des Abends begehrten dann die kulturbegeisterten Volksmassen Einlass.


    Theaterplatz, Wiedereröffnung der Gemäldegalerie Alte Meister, 28. Februar 2020 (Foto: Bybbisch94, Christian Gebhardt, CC-BY-SA-4.0)

    Das Galeriegebäude präsentierte sich festlich mit postraffaelitischen Neonengelchen geschmückt.


    Theaterplatz, Wiedereröffnung der Gemäldegalerie Alte Meister, 28. Februar 2020, mit Neonengeln von Peter Baldinger
    (Foto: Bybbisch94, Christian Gebhardt, CC-BY-SA-4.0)

  • Lieber eryngium, vielen Dank für den Bericht über die Sonderführung mit Herrn Koja!

    Barock-Skulptur:

    Im Eingangs-Vestibül unter den Bögen der Treppe ins 1. OG sind zwei große Statuen von Permoser (Sächs. Marmor, ursprünglich im Grottensaal des Zwingers - Jetzt Math.-Phys. Salon) neu aufgestellt. Apoll und Minerva. Beeindruckende Hauptwerke.

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/166674 (Apoll, Edit Rastrelli: habe den Link korrigiert)

    https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/863255 (Minerva)

    Für die beiden übergewichtigen Objekte musste jeweils der darunter befindliche Gewölbebogen extra mit Stahl verstärkt werden.

    Die beiden Fotos der Online Collection stammen aus der alten Skulpturenausstellung im Klingersaal des Albertinums. Die hatte mir gut gefallen. Nach Umbau und Wiedereröffnung im Jahr 2010 ist das Albertinum aber das Haus für die Kunst ab 1800.

    Hier ein Foto mit der aktuellen Aufstellung der beiden Permoser-Götter entsprechend der Beschreibung von eryngium:


    Sempergalerie, Apoll und Minerva von Balthasar Permoser im Vestibül (Foto: SchiDD, 3. März 2020, CC-BY-SA-4.0)

  • eryngium

    Der behindertengerechte Zugang vom Zwingerhof ins TG wird doch garantiert mit dem neuem Aufzug für die Zwinger-Experience realisiert. Der neue Aufzug befindet sich ja am Übergang zur Sempergalerie.

    Meine Vermutung.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Maecenas

    Die Neonengel bleiben bis Ende Juli. Dann gehen sie nach Columbus, Ohio. Es ist grässlicher Kitsch. Ein Kunstmuseum sollte eigentlich zur Geschmacksbildung beitragen. Können sie so Besucher anlocken?

    Ich möchte hier noch einige Vergleiche zur Veränderung der Präsentation der Gemäldegalerie Alte Meister und der alten Skulpturen anstellen.


    Saal mit der Sixtinischen Madonna während der Interimsausstellung im sanierten Ostflügel, graue Wandbespannung, Juli 2016
    (Foto: Go2saxony, CC-BY-SA-4.0)


    Saal mit der Sixtinischen Madonna bei der Wiedereröffnung, 28. Februar 2020 (Foto: Bybbisch94, Christian Gebhardt, CC-BY-SA-4.0)

    Die Sixtinische Madonna hängt in beiden Fällen an der Stirnwand eines Oberlichtsaales, flankiert von zwei kleineren Gemälden. In der Interimsausstellung wurde sie von zwei Heiligenbildern (Michael und Georg) der Dossi-Brüder begleitet. Diese Kombination erschien mir auch nach längerem Nachdenken nicht besonders passend. Beide sind gute Werke, aber sie passen nicht zu Raffael. Die beiden aktuellen Begleiter kannte ich noch nicht, aber die Sujets sind leicht zu erkennen: die Taufe Christi und die Kreuztragung. Beide Bilder strahlen eine Ruhe aus, die zu Raffael passt. Beide sind ungewöhnliche Darstellungen des Sujets. Auch darin ähneln sie der Sixtinischen Madonna. Die Bildauswahl ist wirklich gekonnt. Lässt man sich jetzt auf die beiden populären Engel zu Füßen der Sixtinischen Madonna ein, so teilt sich ihr nachdenklicher Gesichtsausdruck mit. Die Engel sind nämlich nicht kitschig oder witzig gemeint, in ihnen drückt sich vielmehr die Vorahnung dessen aus, was da noch kommen wird. Die beiden begleitenden Bilder korrespondieren viel besser mit der Sixtina. Es entsteht eine Harmonie, die nicht brav oder langweilig ist.

  • Und genau so glücklich sind alle, dass die Herren Fischer (jetzt British Museum) und Maaz (Pinakotheken in M) jetzt anderswo - in hoffentlich erfolgreicheren Versuchen - wirken können.

    Das unterschreib ich mit ganz fettem Filzstift!

    Es war wirklich ein Graus diese offensichtlichen Möglichkeiten der Sammlungen und des Hauses aus zu viel Eigenliebe besagter Herren unbeachtet daliegen zu lassen.

    Betrifft aber auch alle anderen Sammlungen. Grad Fischer hat mächtig schlechten Eindruck hinterlassen.

    Bisher scheinen die SKD etwas besser aufgestellt zu sein. Mal sehen ob die aus den Depotmöglichkeiten noch den ein oder anderen Coup landen können. Porzellanmuseum im Japanischen Palais, Erweiterung ins Johanneum, Neubau?! Wer weiß?! Aber viele hoffen.