"Der Charme der Betonstelzen"

  • gestern in der faz erschien folgender artikel http://www.faz.net/s/Rub5C3A58B4511B49148E54275F4B025915/Doc~EC94E0ECD56AF433CB3D4AE05E4EB35B9~ATpl~Ecommon~Scontent.html\r
    http://www.faz.net/s/Rub5C3A58B4511B491 ... ntent.html

    ein interview mit professor von buttlar, mitbegründer von "denkmal!moderne" und vorsitzender des landesdenkmalrates berlins.

    zitat:
    Dennoch gilt diese Ästhetik vielen als fad, etwa wenn es sich um überbreite Gebäuderiegel handelt mit schier endlos wirkenden Rasterfassaden. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?

    Nein, prinzipiell stimmt das so ja auch nicht. Wir müssen genauer hinsehen und einen Sinn für die formalen Qualitäten entwickeln. Dann entdeckt man wunderbare Beispiele von rationaler, ja poetischer Ordnung. Die Rasterfassaden sind oft Varianten einer mathematischen Typologie, von mehr oder minder robust oder elegant differenzierten Rhythmen, mit viel Glas und filigranen Stahlprofilen. Mit sparsamen Mitteln und elementaren Formen sollten homogene Baukörper entstehen, die als Großformen im Stadtraum wirken.

    poetische ordnung?
    hier? http://www.pressestelle.tu-berlin.de/fileadmin/a70100710/Fotos/Pressestellenarchiv/pi210_Corbusierhaus.jpg\r
    http://www.pressestelle.tu-berlin.de/fi ... erhaus.jpg
    corbusierhaus, berlin, 1957 - 58

    na dann. :augenrollen:

  • Ich bitte um Verzeihung, aber da muste ich erstmal :übelkeit:

    Die Sache mit den wunderbaren Beispielen von rationaler, ja poetischer Ordnung war mir bis jetzt voellig entgangen! Muss wohl an meinem ungeschulten Auge liegen. :gg: Gleichfalls waren mir die mehr oder minder robust oder elegant differenzierten Rhythmen verborgen. Diese angebliche Eleganz sehe ich als Einfoermigkeit, und obwohl ich musikalisch bin kann ich in der neueren Architektur kaum Rhythmen identifizieren; das wirkt mir alles viel zu monoton. In anderen Worten, des Professors formale Qualitaeten koennen mir gestohlen bleiben. Meine sehen anders aus.

    Hier wird uns mal wieder eingeredet, dass wir als Laien ja keine Ahnung haben aber dass die erlauchte Architektenschaft weiss, was gut fuer uns und unsere Staedte ist. :augenrollen:

    Und dieser Mann ist Vorsitzender des Landesdenkmalrates in Berlin? :schreckgrau:

  • Einige Bauten aus der Nachkriegszeit gefallen mir schon. Kongresshalle Berlin, Audimax in Hamburg und vergleichares.
    Als Wohnungsbau im großen Stil nach Art des Bauhaus hat die Zeit gezeigt, dass Nachkriegsarchitektur im großen Maßstab nicht funktioniert. Da muss man sich Gedanken um neue Nutzungskonzepte machen. An vielen Stellen bleibt nur Abriss.

    Unsere heute so beliebte Gründerzeitarchitektur war vor ein paar Jahrzehnten ja auch noch in einer Phase des Nicht-Mehr-Funktionieren. Versiffte, verdreckte Innenhöfe. Ein Klo für mehrere Wohnungen auf dem Flur. Das waren ja alles berechtigte Kritikpunkte an Altbauten, die heute durch Umbau oder Abriss gelöst sind. Heute ist eine Wohnung aus der Zeit von 1850 bis 1939 die bestmögliche aller Wohnarten.

    Vielleicht wird die Nachkriegsarchitektur ja irgendwann mal die bestmögliche aller Bürobauten...

  • Was all diese "kunstsinnigen" Freunde moderner Ästhetik gemeinhin übersehen, ist, daß es sich bei diesen Raster-Blocks nicht um geschmäcklerisch zu bewertende Großskulpturen handelt, sondern um konkrete Lebenswelten, in denen Menschen täglich wohnen und arbeiten müssen.

    Das ist ja oft so, daß diese Bau-Ästheten die Gebäude wie ein Foto oder Gemälde betrachten und sich darin verlieren, womöglich einige verquaste Eindrücke und Eingebungen formulieren, sich danach aber wieder zurück in eine Lebenswelt verdrücken, in der sie selber sich viel lieber aufhalten.

    Hier zeigt sich die Unmenschlichkeit dieser Moderne, denn was haben die Bewohner einer Stadt davon, daß diese zum Beispiel aus der Vogelperspektive nach Funktionsarealen optisch geordnet ist? Oder auch: gewinnen Bewohner der Anordnung von Quadratsegmenten eines Hochhauses auch noch nach Wochen, nach Monaten, nach Jahren, nach Jahrzehnten so viele interessante und belebende Aspekte ab, wie ein Herr von Buttlar bei der Kurzvisite?

  • Also ich finde man sollte schon differenzieren. ES gibt durchaus gelungene Nachkriegsarchitektur.

    Es ist aber leider eine Unsitte immer zwei Jahrzehnte zusammenzufassen...die 50er UND 60er....die 70er UND 80er....

    Aber das ist grober Unsinn.

    Denn die 50er haben durchaus elegante Bauten im Stil der klassischen Bauhaus-Architektur zustande gebracht.

    Das war in den 60ern aber bereits vorbei.

    Das George C. Marshall-Haus aus dem FAZ-Artikel halte ich durchaus für ein gelungenes Bauwerk. da es wie ich meine, einfach eine gewisse Eleganz ausstrahlt.

    Beim Corbusierhaus aber....

    :schild3: :schild6: :schild5: :schild4:

  • Hören wir da doch lieber auf Herrn Kollhoff, der folgendes sagt:

    Frage: Warum hat für einen großen Teil des Publikums das überkommene, vormoderne Formenvokabular größere Anziehungskraft als die Sprache der Moderne?

    Kollhoff: Weil es konventionellen Charakter hat im Gegensatz zu belanglosen individualistischen Einfällen, die der spätmoderne Geniekult zutage fördert. Die Menschen spüren, dass da etwas von weit her kommt, sich über Generationen herausgebildet und verfeinert hat und Sie ahnen die Hybris zeitgenössischer "Visionäre", die sich am Ende doch nur als Handlanger und Profiteure hemmungslosen Marketings entpuppen.

    :) Klasse, der Mann.

    Das ganze Interview(möglicherweise schonmal geposted worden): http://www.wiwo.de/lifestyle/erin…ch-sein-306350/

    In dubio pro reko

  • Zitat von "Altmodernistenprof"


    Wir müssen genauer hinsehen und einen Sinn für die formalen Qualitäten entwickeln. Dann entdeckt man wunderbare Beispiele von rationaler, ja poetischer Ordnung. Die Rasterfassaden sind oft Varianten einer mathematischen Typologie, von mehr oder minder robust oder elegant differenzierten Rhythmen, mit viel Glas und filigranen Stahlprofilen. Mit sparsamen Mitteln und elementaren Formen sollten homogene Baukörper entstehen, die als Großformen im Stadtraum wirken.

    Formalismus reicht nicht aus, lieber Altmodernistenprof. Haben Sie sich denn nie die Frage gestellt, für wen Sie bauen ? Warum soll die Menschheit in betonierten Einheitsschuhkartons leben, wenn sie auch die Fähigkeit zu sympathischer und vielfältiger Architektur besitzt ? Der Altmodernismus ist vorbei und Sie sind sein Totengräber !

  • "Muss wohl an meinem ungeschulten Auge liegen."

    Das ist nur bedingt richtig. Es liegt daran, dass du kein Interesse hast für Architektur, die nicht wenigstens 100 Jahre alt ist. So wie Ihr hier überhaupt den Schritt ins 20. Jahrhundert noch nicht geschafft habt, geschweige denn ins Jahr 2009.

  • Zitat von "genova"

    So wie Ihr hier überhaupt den Schritt ins 20. Jahrhundert noch nicht geschafft habt, geschweige denn ins Jahr 2009.


    Danke für diese einfältige und allgemeine Unterstellung. Ich habe wohl ein (sehr anerkanntes) Architekturstudium hinter mir.

  • Wenn der User zuvor die Teilnehmer dieses Forums beleidigt, indem er auf die billige Polemik zurückgreift, sie hätten den Schritt in die Gegenwart nicht geschafft, zeige ich ihm gern die Tür. Interessant, gell?

    In dubio pro reko

  • Zitat von "genova"

    So wie Ihr hier überhaupt den Schritt ins 20. Jahrhundert noch nicht geschafft habt, geschweige denn ins Jahr 2009.

    Mag genotroll noch im 20. Jahrhundert verweilen, die aph-Diskutanten sind dagegen bereits im 21. Jahrhundert angekommen, und zwar weit über das Jahr 2010 hinaus... 8)

  • Ich sehe schon: Kritik ist hier "Trollverhalten". Das passt aber zu eurer Ästhetik: Zurück ins 19. Jahrhundert, am besten mit einem neuen Kaiser. Wozu den unterschiedliche Meinungen und Auseinandersetzungen? Wer kritisiert, wird als Troll diffamiert.

    Danke für diese kleine, aber lehrreiche Lektion.

  • Statt Dich hier angegriffen zu fuehlen und entruestet davonzustelzen, genova, wirf doch nochmal einen Bilck in den Hildesheim-Strang, in dem Dein "Illusions"-Beitrag zu mehreren weiteren Stellungnahmen gefuehrt hat. Es ist also keineswegs so, dass sich keiner mit Dir auseinandersetzen will. Beleidigungen und vorgefasste Meinungen allerdings sind hier nicht willkommen.

  • Zitat

    Ich sehe schon: Kritik ist hier "Trollverhalten".

    Wo hast du denn bitte hier "Kritik" geäußert? Ich habe allenfalls billige, platte Polemik gefunden. Das kannst du nun wirklich besser.