Potsdam - Garnisonkirche

  • @ Heimdall

    genau darum ging es mir eigentlich nicht. Man braucht keine tausendste NS-Aufarbeitungsgelegenheit. Geschichte heißt in Deutschland scheinbar automatisch Hitler. Man könnte sich z.B. mit der Zeit davor auseinandersetzten, z.B. was hatten Garnisonkirchen für eine Bedeutung, wie steht die Garnisonkirche im Kontext zu anderen Kirchen. Man könnte alles unter den kunstgeschichtlichen Wert betrachten. Man könnte auch generell mal darüber diskutieren, ob die Garnisonkirche nicht mal ein Ort wäre, um über die aktive städtebauliche Zerstörung in unterschiedlichen Systemen zu sprechen. Daneben kann und soll die Kirche aber auch Kirche sein.

    Ich finde es schade, dass bei jeder Diskussion reflexartig in jedem Kontext auf die NS-Zeit angesprungen wird. Natürlich könnte man auch die Bedeutung des Widerstands thematisieren und die Doppeldeutigkeit, die der Kirche zu käme: Als Ort der Inthronisation und des Widerstands. Damit würde auch die Mehrdimensionalität deutlich. Aber wie gesagt, es gibt so viele Aspekte, für die die Garnisonkirche wichtige Anstöße liefern könnte. Die alleinige Verkürzung auf das 3. Reich kann ich nicht mehr hören, wird aber egal von welcher Seite bei dem Wort Geschichte aber schon fast zwingend voraus gesetzt. Typisch für Deutschland eben. Ich kenne kein Land, das so wenig über die eigene großartige Geschichte weiß wie Deutschland und welches solche Komplexe hat, positive Errungenschaften der eigenen Geschichte anzuerkennen.

    APH - am Puls der Zeit

  • Der Symbolgehalt für die Propaganda ergab sich daraus, dass es die Grablege der alten preussischen Könige, darunter Friedrich II zu diesem Zeitpunkt war. Der Friderikusmythos ist bis heute weitgehend durch NS-Propaganda bestimmt. Man sollte sich dennoch mal genau die Goebbelspropaganda anschauen und sehen, was sich da machen lässt, um das Gebäude von dieser PR-Offensive zu trennen und den Leuten, die darauf mit gespiegelten Vorzeichen anbeissen.

  • ^... ein kluger und wahrer Hinweis. Es ging der NS-Propanda darum ihren Kanzler in die Reihe von FII und Bismarck zu stellen. Mit dem abschließenden Wiederbegräbnis FII's auf der Terrasse von Sanssouci ist diese Kette unterbrochen - es bleibt nur noch das Abziehbild des Handschlages zwischen Hindenburg und Hitler.

    Ein ähnliches Abziebild ist vom Brandenburger Tot geblieben: Schlanken fackelntragender Marschierer des 30.1.1933. Selbst die deutschen Streitkräfte haben für den Großen Zapfenstreich am Brandenburger Tor ihre Choreographie angepasst und darauf geachtet, dass An- und Abmarsch fackeltragender Soldaten nicht durch das Tor stattfinden. Das Brandenburger Tor ist jedoch am 9. November 1989 neu mit Bildern aufgeladen worden, sodass die älteren Symbolfotos verblassten.

  • Hallo,

    an dieser Stelle möchte ich nochmal auf den Leserbrief aus der MAZ verweisen (veröffentlicht auf S.51, Beitrag 603), in dem ein Bürger mit klaren Worten unter der Überschrift "Der Sakralbau ist missbraucht worden" Stellung genommen hat zu den verschiedenen Fehldeutungen die Kirchengeschichte betreffend. Vielleicht doch mal interessant für den einen oder anderen, der noch nicht mitgelesen hat.

    Und noch ein Hinweis:

    Zitat

    Konstantindegeer

    ...Wiederbegräbnis FII's auf der Terrasse von Sanssouci...

    Fritz ist dort oben nicht "wiederbegraben" worden. Sein ursprünglicher "Standort" war die Gruft der Garnisonkirche. Aber das ist sicher allgemein bekannt

    Grüße aus Potsdam...

  • Meines Wissens entspricht der derzeitige Standort den Wünschen von FII. Zur "Umtopfung"

    http://www.deutschlandfunk.de/beerdigung-nac…ticle_id=127428
    http://www.spiegel.tv/filme/friedrichs-heimfahrt/

    In der Spiegel-Doku klingt auch der Radikalismus der damaligen Kritiker an, die gar Kohl gleich noch mit ins Grab wünschten, und Bundeswehrsoldaten mit dem damaligen Topf auf dem Kopf.

    Um aber zum Thema zurück zu kommen:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13488171.html

    Zitat

    Nachfolger Friedrich Wilhelm II. ...brachte es sogar fertig, Friedrich nicht, wie gewünscht, in seine Gruft mit den geliebten Windspielen zu senken, sondern... in der Potsdamer Garnisonkirche neben dem gehaßten Vater...

  • Zitat

    Schon 1600 Stimmen gegen Garnisonkirche


    Nach sieben Tagen sind schon rund 1600 Unterschriften für "die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche" zusammengekommen. Die Bürgerinitiative selbst ist darüber hocherfreut und könnte bei dem Tempo schon bald die nötige Anzahl an Stimmen zusammen haben. Doch die Unterschriftensammler bekommen nicht nur Zuspruch.

    "Wenn es weiterhin so läuft, haben wir in 50 Tagen die Unterschriften zusammen", sagte MaxDalichow der MAZ. Insgesamt will die Bürgerinitiative 13.500 Unterschriften gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche sammeln. Theoretisch hätte sie dafür ein Jahr Zeit. Sollten die Unterschriften zusammenkommen, müssen sich die Stadtverordneten mit dem Bürgerbegehren beschäftigen.

    Dalichow und die Geschichtsstudentin Bastian engagieren sich aus ähnlichen Gründen gegen den Wiederaufbau. Sie sind vor allem besorgt wegen der symbolische Ausstrahlung, die die Garnisonkirche in ihren Augen weit über Potsdam hinaus hätte. "Sie steht für Militarismus, Krieg und am Ende für die Geburt des Dritten Reiches", so Dalichow.


    http://www.maz-online.de/Lokales/Potsda…irche-zufrieden

    APH - am Puls der Zeit

  • Leider nein. Man wird die Unterschriften auch locker zusammen bekommen. Man kann aber froh sein, dass das Grundstück nicht mehr im Besitz der Stadt ist und die Baugenehmigung vorliegt. Vielleicht findet sich ja auch gerade jetzt ein potenter Spender, der ein Zeichen setzt und den Startschuss gibt. Es wäre wichtig, dass man einfach mal anfängt zu bauen, denn wenn der Turmstumpf erst mal steht, gibt es kein zurück mehr, ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Stadt hier auf Jahrzehnte eine Baustelle hinnehmen will. Daher ist es natürlich schön, dass die Wetterfahne und andere Schmuckelemente schon fertig sind. Auf der anderen Seite wäre es zu überlegen, ob man die begrenzten Mittel in Zukunft nicht dafür einsetzt, um mit dem eigentlichen Bau zu beginnen.

    Zudem sollte man sich angesichts der doch zurückhaltenden Spendeneingänge mal überlegen, ob man mit der vorherigen Stiftung nicht doch noch ins Gespräch kommt und versucht, die bereits eingenommenen Spenden doch noch dem Projekt zuführen zu können.

    APH - am Puls der Zeit

  • Bürgerbegehren gegen private Bauprojekte sind immer schwierig umzusetzen. Es handelt sich hier nicht um die Neue Reichskanzlei oder Hitlers Privaträume. Das Argument mit der Geburtskirche des Dritten Reichs dürfte damit auch nicht verfangen. Dass irgendwelche rechten Hohlköpfe zu einer wiederaufgebauten GK pilgern werden ist leider nicht auszuschließen aber damit muss unsere ach so wehrhafte Demokratie dann leben. Auch gibt es Mittel und Wege solcherlei Aufmärsch nicht zuzulassen. Das Gebäude stellt auch eine Bereicherung für Potsdam und das Weltkulturerbe dar. Auch aus diesem Grund dürfte es für die Verhinderer schwer werden.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Dann geh ich von aus, dass das die endgültige Fragestellung sein soll?

    Zitat


    Sind Sie dafür, dass die Stadt Potsdam alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten nutzt, um auf die Auflösung der Stiftung [lexicon='Garnisonkirche Potsdam'][/lexicon] hinzuwirken?


    http://ohnegarnisonkirche.files.wordpress.com/2014/03/unters…stiftung_gk.pdf

    Interessanterweise findet sich nirgends, was genau diese "rechtlich zulässigen Möglichkeiten" sein sollen. Wie hier schon erläutert wurde, düfte es solche Möglichkeiten kaum bis überhaupt nicht geben. Die Leute werden hier von den Garnisonkirchengegnern recht gründlich verarscht und zur Meinungsmache missbraucht, wenn man ihnen vorgaukelt, die Stiftung könnte durch die Stadt aufgelöst und so der Bau der Kirche verhindert werden.

  • Ich glaube, es geht den Gegnern gar nicht darum, dass Projekt rechtlich zu verhindern, weil man auch da weiß, dass man juristisch keine Chance haben wird. Vielmehr geht es darum, ein Klima zu erzeugen, was eindeutig klar machen soll, dass die Mehrheit der Bürger die Kirche nicht will. Dieses wird durch die Medien dann weiter getragen und dieses Klima wird es der Stiftung dann natürlich schwer machen, die Spenden einzutreiben, weil die Gegenseite immer laut schreien wird, dass niemand die Kirche will. Also wenn das Projekt scheitert, wird es wohl nicht auf dem juristischen Weg passieren, sondern wenn dadurch, dass die Stiftung unter Umständen irgendwann aufgibt und das Grundstück freiwillig zurückgibt. Daher wäre es wichtig, dass auch die Befürworter mal die Menschen mobilisieren und klar machen, dass es auch Pro-Kräfte in beträchtlicher Zahl in der Stadt gibt. Ein bisschen Sorge macht mir einfach, dass man die Befürworter in der Öffentlichkeit leider kaum wahrnimmt, was natürlich auch den ortansässigen Medien geschuldet sein mag. Trotzdem sollte man den Gegnern den Marktplatz der öffentlichen Meinung nicht kampflos überlassen!

    APH - am Puls der Zeit

  • Der "Marktplatz der öff. Meinung" gehörte auch in Berlin den Schloßgegnern und es wird doch gebaut. Gegen eine Abstimmung ist auch nichts einzuwenden.

    Ob die GK-Stiftung wirklich knapp 30 Mios für die Kirche zusammenbekommt scheint momentan noch unklar. Ein Jauch oder Plattner wird sicher nicht in dieses strittige Projekt investieren.

  • Eine Unterschriftensammlung mit dem Ziel der Auflösung der Garnisonkirchenstiftung mag zwar wohl rechtilch zulässig sein und die erforderlichen Stimmen dürften allein schon durch die Wähler der Partei Die Linke zusammenkommen. Folgt aber die Mehrheit der Stadtverordneten ihrem ursprünglichen Ziel, dass der Grundbesitz zur Wiedergewinnung des Stadtgrundrisses verschenkt worden ist, müssten die Garnisonkirchengegner faktisch "die Hosen runterlassen."

    Welcher Bau soll denn da errichtet werden, der die Kraft besäße, genau an dieser Stelle den historischen Stadtgrundriss wiederzugewinnen?

  • Daher wäre es wichtig, dass auch die Befürworter mal die Menschen mobilisieren und klar machen, dass es auch Pro-Kräfte in beträchtlicher Zahl in der Stadt gibt. Ein bisschen Sorge macht mir einfach, dass man die Befürworter in der Öffentlichkeit leider kaum wahrnimmt, was natürlich auch den ortansässigen Medien geschuldet sein mag. Trotzdem sollte man den Gegnern den Marktplatz der öffentlichen Meinung nicht kampflos überlassen!

    Bravo!


  • Ich glaube, dass die "Mobilisierung" weder so herum noch anders herum "funktioniert". Es wird keine so bezeichnete Volkserhebung für oder gegen die Garnisonkirche geben, aber Sperrminoritäten werden die Herzensangelegenheit engagierter und couragierter Bürger ggf. noch weiter verlangsamen oder im schlmmsten Fall gar ausbremsen können. Wenn die Kirche in ihrer Schönheit dann irgendwann doch steht, werden selbstverständlich alle geflissentlich behaupten, schon immer dafür gewesen zu sein.

    :blink:

  • Wenn die Kirche in ihrer Schönheit dann irgendwann doch steht, werden selbstverständlich alle geflissentlich behaupten, schon immer dafür gewesen zu sein.

    Ich kann die Selbstsicherheit, mit der manche Forumskollegen dem Wiederaufbau entgegensehen, leider nicht teilen.
    Es sei denn, das "Wenn" am Beginn Ihres Satzes war im Sinne von "Falls" gemeint.

    Ich persönlich glaube bei der derzeitigen Sach- und vor allem Stimmungslage nicht an einen Wiederaufbau in absehbarer Zeit.
    Von einer Baugenehmigung und Eigentumsrechten am Grundstück bis hin zur fertigen Kirche ist es noch ein langer Weg.

  • Auch wenn ich mit ganzem Herzen für die Wiedererrichtung der Garnisonkirche bin - vor allem aus Gründen der Stadtgestalt - so kann ich die Realisierungschance tatsächlich nicht einschätzen.

    Darum war es mir bei meinem Wenn auch nicht gegangen. Zumindest nicht vordergründig. Selber liege ich da irgendwo im weiten Feld zwischen dem vorhersagenden "Wenn" und einem eher hypothetischen "Falls". Allerdings sollte es schon ein Argument wert sein, dass scheinbar festgefügte Meinungen so festgefügt wiederum nicht sind, wenn es um die konkret Sichtbare geht.

  • Ob die GK-Stiftung wirklich knapp 30 Mios für die Kirche zusammenbekommt scheint momentan noch unklar. Ein Jauch oder Plattner wird sicher nicht in dieses strittige Projekt investieren.

    Da bin ich mir nicht so sicher. die werden irgendwann auch mal die Schnauze voll haben und frei nach dem letzten sächsischen König sagen: Dann macht mal euren Dreck alleine...

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.