Dresden - der Große Garten

  • Die Zeitgenossen habe ich auch nicht ernsthaft ins Spiel gebracht!

    Am erforderlichen bürgerschaftlichen Engagement hapert es bei der Rekonstruktion des Saales ja nun auch nicht, sondern an der Ideenlosigkeit des Freistaates als Besitzer.
    Es gibt ja noch ein Palais in der Stadt bei dem die Lage m.E. noch prekärer aussieht: das Japanische Palais. Hier sind die vorgeschichtlichen Sammlungen ja nach Chemnitz verschwunden und die Völkerkunde wird meines Wissens nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gehen. Große ungenutzte und teilweise wohl sogar ebenfalls noch im Rohbau befindliche Bereiche gibt es auch hier.
    Das Palais im großen Garten wird ja wenigstens noch im EG genutzt (Originalskulpturen von Permoser). Vor allem dient aber das Palais als grandiose Kulisse für den Kernbereich des Parks.

  • Der Festsaal des Palais wird ja vor allem für die alljährlich stattfindende großen Blumenschau im Frühjahr sowie als Aufführungsort für Konzerte genutzt. Meinem Kenntnisstand nach werden diese Nutzungen vor allem durch den Förderverein organisiert und vorangetrieben. Der Freistaat beteiligt sich daran mit Investitionen in homöopathischen Dosen, wie man etwa am Fahrstuhl sieht, der nun endlich nach langjährigen Querelen eingebaut wird. Leider steht das Palais bzw. der große Garten als Ganzes nicht wirklich im Focus des Freistaates, dessen kulturelles Engagement dennoch als enorm und unendlich wertvoll zu bezeichnen ist.

    Es gibt ja noch ein Palais in der Stadt bei dem die Lage m.E. noch prekärer aussieht: das Japanische Palais.

    Der Tillich hat ja in seinen wilden Anfangsjahren als Herrscher über's Sachsenländle angeregt, das Japanische Palais zum ehedem geplanten Porzellanschloss auszubauen. Obwohl diese Idee nicht wirklich vorangetrieben wird, beschäftigte sich wohl eine echte Koryphäe der Geschichte der Dresdner Barockarchitektur mit Grundlagenforschung zur Planungsgeschichte des Prachtbaus, die hoffentlich irgendwann in ein Nutzungs- und Sanierungskonzept einfließen wird/muss.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Eine echte Koryphäe in Sachen Dresdner Barock - verstehe!!! Da bin ich auf jeden Fall auf die Ergebnisse gespannt. (Sollte daraus auch wieder ein Buch resultieren - ich würde es kaufen!)
    Auf jeden Fall harre ich der Dinge die da kommen mögen für beide Häuser. Es wäre eben nur gut, dass sich mal wieder etwas Grundsätzliches bewegt. Im Prinzip wäre ich auch über blöde Ideen froh (wie seinerzeit das Spielcasino), denn dann könnte man darüber reden und daraus dann gute Konzepte entwickeln.
    Für beide Palais' ist m.E. das Problem die in Bezug auf die Haupttouristenpfade jeweils etwas abseitige Lage. Während sich z.B. um das Johanneum die SKD und das Verkehrsmuseum drängeln, sind Japanisches Palais und Palais im Großen Garten etwas außen vor. Für eine Verbindung der Altstadt zum Japanischen Palais müsste die Innere Neustadt entwickelt werden. Da hängt vieles an der Verkehrsbelastung. Dagegen ist das Palais im Großen Garten zum Festhaus ohne dauerhafte Nutzung geboren. Ob man sich aber den Luxus leisten kann? Schon unsere Altvorderen wollten das nicht und haben das Palais mit Nutzungen vollgestopft, die m.E. dort nicht hingehören. Allein der auf jeden Fall erforderliche Aufzug und die Sanitärbereiche im EG sind leider nicht gerade für die klare Struktur des Hauses verträglich.

  • Da ja keine Namen genannt werden, kann ich ganz stolz schon einmal berichten, dass ich schon etwas von dieser Grundlagenforschung zum "Porzellanschloss" inhaltlich sehen durfte - einfach grandios und auch ein bildhafter Augenschmaus. Wenn das Dresdner Schloss fertig ist, dann kommt hoffentlich...

    Fraglich ist bloß, was mit den von Semper gestalteten Räumen passieren wird? Und ja, wie man die Leute über die Augustusbrücke hinübertreiben wird können - ohne dass sie beim ersten Anblick der Platten vom Neustädter Markt nicht angewidert auf der Stelle umdrehend den Weg zurück zum Neumarktbereich flüchten? Aber vielleicht ist dann auch schon die Zeit für das Neustädter Rathaus und das Narrenhäusl reif...we will see!

  • Meine Güte, was ein schöner Innenraum! (Foto letzte Seite). Ich bin ja immer froh, wenn in Dresden wenigstens das Äussere wiederhergestellt wird, auch wenn es häufig innendrin nicht mehr hält was es aussen verspricht (siehe Kreuzkirche oder TaschenbergPalais etc), weil mir das Stadtbild wichtiger ist. Aber hier sehe ich zum ersten Male ein Gebäude von Innen bei dem ich das Innere so beeindruckend finde, und das gebe ich voll zu, dass ich seine sofortige Wiederherstellung fordere!!! Das ist mir ehrlich gesagt noch nie bei einem Gebäude passiert, vielleicht Ausnahme [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] oder Dresdner Schloss. Ich kenne das jetzige Innere vom Palais im Grossen Garten und dachte, na ja, reicht doch, hauptsache aussen schön und innen halt bischen Verputzen, dann kann man hier wiede rauschende Fester feiern, ich ging davon aus, das reichte. Aber nein, das muss unbedingt wiederhergestellt werden!!!! Bin total begeistert, bin noch jetzt ganz hin und weg !!! :harfe:

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Dagegen ist das Palais im Großen Garten zum Festhaus ohne dauerhafte Nutzung geboren. Ob man sich aber den Luxus leisten kann? Schon unsere Altvorderen wollten das nicht und haben das Palais mit Nutzungen vollgestopft, die m.E. dort nicht hingehören. Allein der auf jeden Fall erforderliche Aufzug und die Sanitärbereiche im EG sind leider nicht gerade für die klare Struktur des Hauses verträglich.


    Der auf jeden Fall erforderliche Aufzug - nun kommt er. In einer ganz aktuellen Pressemitteilung des SIB (24.11.2015, 16.00 Uhr) wird Folgendes vermeldet:

    Zitat

    Großer Garten - Palais erhält neuen Aufzug
    Ein neuer Aufzug verbindet Erdgeschoss und Obergeschoss des Palais im Großen Garten und sichert damit künftig einen barrierefreien Zugang zu den Veranstaltungen im Festsaal des Gebäudes ab. Seit September dieses Jahres wurde der Aufzug im Auftrag des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement eingebaut. Pünktlich zur diesjährigen Spielsaison des Christmas-Carol wird er fertiggestellt. Der Freistaat Sachsen stellte für diese Arbeiten rund 170.000 Euro zur Verfügung.
    Der Baumaßnahme gingen umfangreiche Abstimmungen mit dem Denkmalschutz voraus. Diese bedingten einen intensiven Planungsprozess, um beispielsweise die Entscheidung zum Standort des Aufzuges zu treffen. Die Aufzugskonstruktion steht auf einem der Kellergewölbe des Palais, was statische Abfangkonstruktionen und eine besondere Aufzugstechnik erfordert. Der Aufzug überwindet eine Höhe von etwa 6,50 Meter.

    Ziemliches Dilemma: Eine reguläre öffentliche Nutzung des Festsaales (was wiederum Grundvoraussetzung für die Rekonstruktion der Innenarchitektur ist) erfordert natürlich die Schaffung eines barrierefreien Zugangs (Stichwort heutige Bauvorschriften). Aber ich kann mir beim besten Willen keine Aufzugslösung vorstellen, die dort nicht massiv störend wirken wird.

    Einmal editiert, zuletzt von BautzenFan (25. November 2015 um 03:31)

  • Der Aufzug wird doch nicht direkt im Festsaal stehen. Da er aber nun bereits eingebaut ist, kann ja mal jemand nachschauen gehen. :foto:

    Missverständlich von mir formuliert, lieber bilderbuch. Ich meinte mit *dort* die Festsaaletage, nicht explizit den Festsaal. Zur Verdeutlichung des Raumzuschnittes hier ein Grundriss der oberen Etage mit dem Festsaal (Bild kann durch Draufklicken vergrößert werden):
    http://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/dk/00…_dk_0003913.jpg

    Der Aufzug wird wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einem der 4 kleinen Ecksäle liegen. Hier ein Foto der Deckengestaltung des südwestlichen Eckraumes:
    http://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/wm/00…_wm_0004780.jpg

    Ich möchte auch kurz darlegen, was mir beim schnellen Schreiben zu nächtlicher Stunde durch den Kopf ging und zu dem Wörtchen *dort* führte. Ich hatte immer gehofft – dass (wann auch immer) die obere Etage insgesamt rekonstruiert wird. In den Statements der Befürworter hieß es stets *angestrebte Wiederherstellung der Festsaaletage*. Nun deuteten aber schon seit langem zunehmende Indizien darauf, dass die Eckräume wohl nicht in ihrer alten Pracht wieder kommen werden (vor allem wegen der Dokumentationslage). Naja und wenn nun dort ein Aufzug eingebaut wurde, ist das eine gewisse Bestätigung.
    An dieser Stelle möchte ich Euch noch eine interessante Arbeit vorstellen, die im Rahmen der vielen vorbereitenden Maßnahmen durchgeführt worden. Im Jahr 2007 wurden Muster des Festsaalstucks hergestellt (Künstler: Jan Hooss). Hier die Ausgangssituation:
    http://janhooss.de/wp-content/gal…hooss_pgg_2.jpg

    Und hier das gleiche Fassadenteil im Jahr 1946:
    http://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/haupt…0314993_029.jpg

    Die drastische Verschlechterung ist unübersehbar. Zu diesem Sachverhalt hatte ich früher schon einmal aus einem SäZ-Artikel zitiert:

    Zitat

    …einige Informationen über die Wiederaufbau-Aktivitäten und Planungen zu DDR-Zeiten:
    Dazu auszugsweise ein Artikel aus der Sächsischen Zeitung vom 30. April 1987
    Titel: Das barocke Palais im Großen Garten zu Dresden
    Von Winfried Werner
    […] In den Jahren 1953 bis 1970 erfolgte die teilweise Wiederherstellung der Fassaden, von deren Sandsteinarchitektur inzwischen etwa zwei Drittel restauriert sind. Eine neue Stahldachkonstruktion konnte 1964 bis 1966 aufgebracht werden. Im Anschluss daran begann man mit der Kupfereindeckung, die im Bereich des Nordflügels bereits fertiggestellt ist. Der bis zu diesem Zeitpunkt erhalten gebliebene Schmuck wurde 1965 gesichert. [Anm.: Das ist ein dezenter Hinweis darauf, dass die Sicherung viel zu spät erfolgte. Deutlicher durfte man das damals nicht formulieren]. […]

    Das Ergebnis der Arbeit von Jan Hooss sieht man hier [betitelt: Herstellung von Musterobjekten zur geplanten Rekonstruktion des Dekors im Festsaal (mit M. Siller).]:
    http://janhooss.de/wp-content/gal…hooss_pgg_8.jpg

    Abschließend, weil's so schön ist:
    http://fotothek.slub-dresden.de/fotos/df/wm/00…_wm_0004739.jpg

  • Ich glaube, erst mal hat das Schloß den Vorrang, aber das Palais darf auf keinen Fall vergessen werden. Ich wünsche auch, das der Festsaal möglich genau rekonstruiert werden sollte. Eine ädequate Nutzung dürfte doch gefunden werden. Bälle, Empfänge usw. würden doch in so einem Raum besonders reizvoll sein. Natürlich gibt es da das Problem der sanitären Anlagen. Aber könnte man da nicht mal außerhalb Sachsens/Deutschlands bei ähnlichen schwierigen Bauwerksnutzungsproblemen nachfragen und nach Möglichkeiten um deren Behebung/Lösung nachschauen?
    Was wird eigentlich aus den noch fehlenden Kavaliershäusern? Ist deren Wiederaufbau vom Tisch?

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Ziemliches Dilemma: Eine reguläre öffentliche Nutzung des Festsaales (was wiederum Grundvoraussetzung für die Rekonstruktion der Innenarchitektur ist) erfordert natürlich die Schaffung eines barrierefreien Zugangs (Stichwort heutige Bauvorschriften).

    Da möchte ich ergänzen, dass Barrierefreiheit auch der Inhalt einer UN-Konvention ist, deren Umsetzung sich u.a. die Stadt Dresden auf die Fahnen geschrieben hat. Deutschland hat die Konvention meines Wissens ratifiziert und sich damit selber verpflichtet, sie umzusetzen. Das all die heutigen Vorschriften (Barrierefreiheit, Brandschutz, Wärmeschutz, Arbeitssicherheit) und die Nutzeranforderungen mitunter nur unter großen Schmerzen mit historischer Substanz zusammengehen, steht dabei auf einem anderen Blatt....

  • Gerhard Glaser hat einen großartigen Artikel geschrieben, in dem er die baldige Rekonstruktion des Festsaals im Palais anmahnt.

    Nicht unbeträchtliche Spendengelder in fünfstelliger Höhe stehen auch weiterhin zur Verfügung, die natürlich nicht ausreichen, etwa den gesamten Festsaal in Stuck und Kunstmarmor zu ergänzen, wohl aber einen weiteren Schritt in diese Richtung zu gehen, nicht zuletzt auch im Interesse der Tradierung der kunsthandwerklichen Fertigkeiten, die in Sachsen über Jahrzehnte durch praktisches Tun bewahrt werden konnten. Der Wiederaufbau der Oper, die Wiederherstellung des historischen Grünen Gewölbes im Schloss oder der Wiederaufbau der Frauenkirche wären ohne diese Tradition in solcher Authentizität nicht möglich gewesen. Die Weitergabe dieser Fertigkeiten von Spezialhandwerker zu Spezialhandwerker ist unerlässlich für die Bewahrung der Kulturlandschaft Sachsens.


    Den politisch heute dafür Verantwortlichen ist das offenbar noch nicht ausreichend bewusst. Das segensreiche Handwerkerfortbildungszentrum in Trebsen bei Grimma wurde im vergangenen Jahr geschlossen, dem in Görlitz droht die Schließung. Spätestens in 20 Jahren werden die Folgen bitter bewusst werden. Man könnte fast annehmen, es setzen sich zunehmend Kräfte durch, die sich in einer perfekten, übersatten Gesellschaft am Ruinösen begeistern – keine neue Erscheinung im Laufe der Geschichte. Auch diese Erscheinung ist einer Diskussion wert. Was im Lipsiusbau, im Ausstellungsgebäude an der Brühlschen Terrasse überzeugt, gereicht dem Palais im Großen Garten zum Schaden, mindert seine historische Botschaft, verballhornt das Gesamtkunstwerk.


    Dazu findet am 31.10.2016 eine Diskussionsrunde mit Gerhard Glaser, Hans Joachim Meyer, Eberhard Pfau und Karl-Siegbert Rehberg statt.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ja, da hat Mr. Glaser wohl sicherlich viel Richtiges geschrieben. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er am Neumarkt zu den totalen Gegnern des historischen Aufbaus gehört und zahlreiche Entscheidungen auch in dieser fatalen Richtung mitgetragen hat.
    Wer den Artikel aufmerksam liest, wird auch (mal wieder) einen verbalen Schlag gegen die GHND bemerkt haben - als wäre es die Schuld der GHND, dass am PiGG nichts läuft.... Nun ja - Pippi Langstrumpf lässt grüßen:

    Die gänzlich verlorene Fassade des Palais Riesch in der Rampischen Gasse hat sicher keinen außerordentlichen Symbolwert. Dennoch wurde dazu in der Öffentlichkeit eine Diskussion geführt, als handle es sich hier um ein Denkmal von nationaler Bedeutung. Niemand diskutiert darüber, warum die Turnierkampfbahn im Stallhof, um 1600 errichtet, die wohl einzige noch in der Welt, nicht mehr aufgestellt wird, warum die weitere Wiederherstellung der noch brachliegenden großartigen Säle des Palais im Großen Garten abgebrochen wurde. Welche Schieflage in der öffentlichen Wahrnehmung

  • Das stimmt. Hoffen wir, dass es was bringt. Aber es ist wirklich auch ein Aspekt der Finanzen. Der Freitstaat hat erst noch die Paraderäume im Residenzschloss fertigzustellen - das kostet doch viel.
    Und dann soll ja jetzt auch noch was Schönes am Zwinger passieren....
    Ich denke, man wird beim PiGG mindestens noch 10 Jahre warten müssen. Hauptsache, es wird nichts verbaut. Insofern kann ich mit der Ruine gut leben.

  • Der Förderverein Palais Großer Garten e.V. macht mobil (im Schulterschluss mit der sächsischen Denkmalpflege). Die Dresdner Neuesten Nachrichten berichteten gestern über eine Podiumsdiskussion zur Zukunft des Gebäudes (die politischen Vertreter– Fachministerien, Landtagsfraktionen – glänzten freilich trotz ergangener Einladungen durch Abwesenheit).

    Zitat von DNN

    Es klingt schon mehr als kurios: Da gibt es Geld zu verschenken und der Spender bekommt es nicht los. Geld, das seit Jahren einem wertvollen Baudenkmal zugute kommen soll und nun Gefahr läuft, anderweitig eingesetzt werden zu müssen, weil das Kapital zu lange brach lag. Mit diesem Problem plagt sich der Förderverein Palais Großer Garten e. V., und nicht zuletzt weil es um Spendengelder in Höhe von 67000 Euro geht, die der denkmalgerechten Wiederherstellung des Palais dienen sollen, hatte er zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion geladen. […]
    Der Verein hatte vorgeschlagen, mit seinen Spendenmitteln die im Festsaal vorhandene Probeachse nach neuesten Erkenntnissen fortzuführen. Das wurde vom bauausführenden Staatsbetrieb SIB ebenso abgelehnt, wie die Verputzung des nördlichen Langsaales im Erdgeschoss. Offenbar sollen derzeit gar keine Begehrlichkeiten erst geweckt werden. Denn: Der Freistaat Sachsen als Besitzer der Immobilie „plant auf absehbare Zeit keine investiven Baumaßnahmen im Palais.“

    Auf die beiden vom Förderverein vorgeschlagenen Maßnahmen möchte ich noch etwas näher eingehen. Beginnen wir der Probeachse (großer Festsaal im Obergeschoss).
    Im Zeitraum von1968 – 1974 war eine Architekturachse des Festsaales als Rekonstruktionsprobein Weißstuck, Kunstmarmor und Sandstein realisiert worden. Eine Fotoaufnahme von 1984 (kann ich leider nicht einstellen) zeigt, dass dabei auch ein kleines Teilstück der Decke nachgestaltet worden ist – mit der hohen Deckenkehle und einer der charakteristischen Stichkappen.
    Wie auf neueren Fotos unschwer zu erkennen ist, fehlt der ehemals vorhandene Deckenbereich, die Gewölbekappe ist in ihrem unteren Teil „abgeschnitten“ worden. Dies hängt vermutlich mit einer in den 1990er Jahren vorgenommenen „Korrektur“ zusammen (Zitat aus den Mitteilungen der Sächsischen Denkmalpflege, Jahrgangsheft 2002):

    Zitat von Winfried Werner

    Darüber hinaus wurde vom Staatshochbauamt noch der Einbau einer Decke [Anm.: Decke im Sinne eines neuen oberen Abschlusses] im Festsaal realisiert. Das in möglichst leichter Bauweise ausgeführte Gewölbe (Brettschicht-Holzbinder mit Hochlochziegel-Ausfachung) entstand bis Ende 2001, nachdem unbedingt notwendige Korrekturen an der in den 1960er Jahren eingebrachten Stahlbinder-Dachkonstruktion vorgenommen worden waren, deren Untergurte etwa 50 cm zu tief lagen. Damit ist zukünftig eine dem originalen Vorbild entsprechende Raumgeometrie gewährleistet, was insbesondere für die Wiederherstellung der Stuckdecke mit ihrer hohen Voute große Bedeutung hat.

    Hier noch einige Fotos.
    Blick in den Festsaal, die Probeachse im Bildhintergrund: Klick

    oberer Bereich der Probeachse:


    Foto von Harmonica (2007)

    Nahansicht einer der Säulen: Klick


    Um die Weiterführung dieser Probeachse kämpft der Förderverein schon lange. Im Jahr2006 konnte man Folgendes auf der HP des Vereins lesen (jetzt natürlich nicht mehr):

    Zitat von Förderverein

    Gleichzeitig wird vom Förderverein in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege der Gedanke der Herstellung einer neuen Probeachse forciert, die zur Zeitplanerisch vorbereitet wird und die im Winterhalbjahr 2006/2007 begonnen werden soll. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wird die Ausführung der Probeachsemit 30.000 EUR unterstützen.

    Die Notwendigkeit einer Weiterführung ist deshalb gegeben, weil durch umfangreiche kunstwissenschaftliche und restauratorische Untersuchungen, die nach 1990 erfolgten, nunmehr viele neue Erkenntnisse vorliegen.


    Nun zur zweiten vorgeschlagenen Maßnahme, der *Verputzung des nördlichen Langsaales im Erdgeschoss*.
    Hier zunächst ein Grundriss für das EG (Bild kann nach dem Öffnen vergrößert werden): Klick

    Die folgenden Bilder dürften den südlichen Langsaal zeigen, denn hier gibt es nichts mehr zu verputzen (Raum ist von gleicher Kubatur wie sein nördliches Pendent):
    Klick
    Klick
    Klick

    Hier blicken wir von einem der kleinen Ecksäle offenbar in den nördlichen Langsaal (man beachte den „Verputz-Bedarf“): Klick
    (nördlicher?) Langsaal: Klick


    Und hier natürlich noch der Link für den eingangs genannten Zeitungsartikel von gestern: Klick

    Einmal editiert, zuletzt von BautzenFan (5. November 2016 um 07:35)

  • Es gibt neue Infos zur Laternenthematik im Großen Garten. Heut steht folgendes in der Bezahlversion der Sächsischen Zeitung.

    "Insgesamt 4,45 Millionen Euro stellt der Freistaat in den kommenden zwei Jahren für verschiedene Bauprojekte im Großen Garten zur Verfügung. Das hat der Finanzausschuss im sächsischen Landtag jetzt beschlossen. Rund eine Million Euro will der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) für neue Lampen ausgeben. Derzeit säumen Straßenlaternen aus dem Jahr 1967 die Wege in der barocken Anlage. Mittlerweile hat sich das SIB für eine moderne Lampenvariante*entschieden. Insgesamt 120 Stück sollen im kommenden Frühjahr an der Quer- und Hauptallee sowie rund um das Carolaschlösschen und die Freilichtbühne Junge Garde aufgestellt werden."

    Quelle: "Millionen für den Großen Garten" - SZ vom 25.11.2016SZ vom 25.11.2016.


    *wahrscheinlich des Köttnitz geliebte Peitschenlampen a la LED.

  • Anlässlich der Veröffentlichung von 41 Panoramen im Bereich des Großen Gartens hier mal ein paar kleinere Screenshoots. Wer einen virtuellen Rundgang um das Palais und durch den Garten unternehmen möchte kann das auf Arstempano gern tun. Weiterhin möchte ich auf den Blogbeitrag mit einer Kurzgeschichte der Anlage hinweisen und die Galerie mit historischen Ansichtskarten erwähnen.


    irgendwie ist es schon ein prachtvoller Bau!


    Die Vase im übrigen eine Abformung der Firma Zehrfeld / das Original ist eingelagert


    Das Osttor; das Westtor sah bis 1812 im übrigen genauso aus


    Die Vase stammt im übrigen ehemals aus dem Garten Brühls in der Friedrichstadt. Die überwiegende Mehrheit der einst 161 Skulpturen des Großen Gartens wurde im Siebenjährigen Krieg leider von preußischen Truppen zerstört. Das geschah im übrigen weit vor der Plünderung in Charlottenburg, die angesichts der sächsischen Verluste vor Herbst 1760 nur eine Lappalie war. Das sag ich deshalb, weil die reparablen Schäden in Charlottenburg von preußischer Seite gern als Begründung für die Plünderung von Hubertusburg herangezogen werden, was schlichtweg nicht zu rechtfertigen ist!


    Herkulesallee im herbstlichen Frühnebel

    Die Zeit enthüllt die Wahrheit von A. Corradini

  • Das geschah im übrigen weit vor der Plünderung in Charlottenburg, die angesichts der sächsischen Verluste vor Herbst 1760 nur eine Lappalie war. Das sag ich deshalb, weil die reparablen Schäden in Charlottenburg von preußischer Seite gern als Begründung für die Plünderung von Hubertusburg herangezogen werden, was schlichtweg nicht zu rechtfertigen ist!

    ?( Ich verstehe nicht, was solche 250 Jahre alten "Begründungen" heute noch für eine Relevanz haben, und wer da was rechtfertigt? Welche "preußische Seite" soll das denn sein? Aus heutiger Sicht reicht es doch eigentlich aus, wenn man feststellt, dass die Preußen das damals zerstört haben - warum und wieso ist doch (heute) akademisch.

  • Tut mit leid, aber so lange falsche Sichtweisen in der Literatur von heute zu finden sind, die falsch sind, werde ich dies ansprechen! Wenn dann mal endlich auch in der Literatur die Sachen richtig gestellt sind, muss man nicht mehr darauf hinweisen... Von preußischer Seite meint daher eher auf das Heute bezogen, diverse Historiker von heute, die noch immer der Polemik eines Friedrich auf den Leim gehen und die ollen falschen Kamellen predigen... Das ist nun schon 250 Jahre so... Genauso, wie ich letztens in der SZ wieder lesen durfte, dass der Lebensstil eines Brühl schuld an der sächsischen Finanzmisere gewesen sei... und nicht in erster Linie die Politik Friedrich des Großen... schreibt man auch schon so seit 250 Jahren, wovon der Blödsinn nicht richtiger wird! Immerhin entstand Sachsen durch Friedrich und seinen Krieg damals ein Schaden von 1.200 Frauenkirchen... Da wird der Lebensstil eines Brühl völlig nebensächlich, den er im übrigen zu nicht unerheblichen Teilen nicht aus dem Steuersäckel beglich, sondern aus Immobiliengeschäften finanzierte. Was damals geschah, wird leider bis heute in der geschichtlichen Darstellung zumeist zuungunsten Sachsen völlig falsch und verzerrt dargestellt.